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Jinx_HH

Untitled

Apr 3rd, 2016
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  1. Es ist sachlich richtig, dass Selbständige Anrecht auf HartzIV-Leistungen (auch Aufstockung) haben. Mit dieser sachlichen Richtigkeit endet es dann aber auch.
  2.  
  3. Ich habe Menschen als Mitläuferin zum Jobcenter begleitet, die sich in einer prekären Selbständigkeit befanden, in die die Arbeitsmarktpolitik sie gezwungen hatte und die dieses Recht auf Unterstützung in Anspruch nehmen wollten. In der Praxis sieht das alles leider etwas anders aus.
  4.  
  5. Diese Menschen wurden von den Jobcenter-Angestellten mit sinnfreien Maßnahmen bombardiert, die wochenlang ganztägig liefen und somit eine Selbständigkeit de facto verhinderten. Auf Nachfrage, wie sie ihrer Tätigkeit nachgehen sollten, wenn sie sich im Dauer-Bewerbungstraining oder in einer wegen vorhandener Kenntnisse nicht notwendigen Excel-Schulung befänden, hieß es lapidar, dass das Ziel der Jobcentertätigkeit heißt, Menschen in Angestelltenverhältnisse zu bringen. Egal, wie prekär, stupide oder unwürdig diese sein mögen.
  6.  
  7. Bemühungen, die selbständige Arbeit weiterzuführen bzw. auszubauen, wurden regelmäßig und zielgerichtet torpediert. Was bedeutet das im Fall von Claudius Holler, der nicht selbständiger Heilpraktiker, Journalist oder Übersetzer ist? Es ist nicht möglich, eine Firma zu leiten, wenn man wochenweise ausfällt, um zum fünften Mal zu lernen, wie man Bewerbungen schreibt oder dauernd Termine beim Jobcenter wahrnehmen muss, die einen von der eigentlichen Tätigkeit abhalten und die letztendlich die eigentliche Arbeit verhindern.
  8.  
  9. Jeder, der mal eine Firma hatte, weiß, dass es gerade in der Anfangszeit gute und schlechte Zeiten gibt. Eine Aufstockung bzw. Unterstützungsleistung, die die schlechten Zeiten noch verschlimmert, ist keine Hilfe, sondern hilft, eine Existenz zu vernichten. Dass Claudius Holler in der angespannten Situation nicht mit einem Anwalt (der auch bezahlt werden muss) den mühsamen Gang durch die Institutionen antrat, ist verständlich und nachvollziehbar – gerade, weil es sich nicht um eine 1-Mann-Veranstaltung handelt. Dafür fehlt in dieser Lage nämlich Zeit, Geld und Kraft. Die braucht man, um seinen Laden am Laufen zu halten.
  10.  
  11. Fazit: Theorie (Recht auf Unterstützungsleistung) und gängige Jobcenter-Praxis sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.
  12.  
  13. Zu der Krankenversicherungs-Problematik und dem Recht auf Notversorgung kann ich nichts sagen, da mir hier die Erfahrungen fehlen. Es wäre hier hilfreich gewesen, auszuführen, in welchem Umfang diese Notversorgung im Fall einer akuten Krebserkrankung aussehen, bei der eine schnelle OP notwendig ist. Denn wenn es da aussieht wie bei den Jobcenter-Unterstützungsleistung für Selbständige in prekärer Situation, dann sind das auch nur theoretische Erwägungen ohne praktischen Wert für den Betroffenen.
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