Anschreiben an CDU-Landesgruppe

Sehr geehrter Herr Koeppen,

ich schreibe Ihnen in Ihrer Funktion als Vorsitzender der CDU-Landesgruppe Brandenburg im Deutschen Bundestag. Ich lebe in XXX in der Nähe von XXX, also im Wahlkreis 56 (Prignitz – Ostprignitz-Ruppin – Havelland I) und arbeite für einen Wirtschaftsverband.

Ich möchte Ihnen gerne mitteilen, dass mich die knappe Abstimmung zum Zustrombegrenzungsgesetz am vergangenen Freitag und auch das politische Agieren von Herrn Merz sowie seine Rhetorik rund um das Thema Migration, die aktuell stattfindenden Demonstrationen sowie den heute stattfindenden Parteitag stark beunruhigen.

Ich bin privat und beruflich viel in der Welt herumgekommen und der festen Überzeugung, dass uns Zuwanderung stark bereichert.

Ich kenne in meiner Generation der 20-40-Jährigen niemanden, der daran glaubt, dass es für uns noch eine Rente geben wird, wenn wir einmal alt sind. Wir bezahlen mit unseren Jobs derzeit die Rente unserer Großeltern, dann die Rente unserer Eltern, aber aufgrund der auf den Kopf gestellten Alterspyramide wird nicht genug im Topf sein für unsere Altersversorgung, wenn wir alt sind. Dieses Problem lässt sich nur durch Zuwanderung lösen.

Zudem plagt uns an allen Enden der Fachkräftemangel. Ich selbst habe Freunde aus Syrien, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, hier Ausbildungen gemacht haben und heute als Fachkräfte in handwerklichen Berufen (z.B. Zahntechnik) zu unseren sozialen Sicherungssystemen beitragen. Dieses Beispiel verdeutlich aus meiner Sicht, dass eine Trennung in "Geflüchtete" und "Fachkräftezuwanderung" keinen Sinn ergibt: Die Geflüchteten von heute sind die Fachkräfte von morgen.

Ich bin außerdem der Überzeugung, dass es reines Glück ist, dass ich in einem so reichen und sicheren Land wie Deutschland geboren wurde. Wenn ich mir vorstelle, dass ich gezwungen wäre, aufgrund von Krieg oder Klimakatastrophen in ein anderes Land fliehen zu müssen, würde ich mir wünschen, dass ich dort auf Menschen treffe, denen die Werte Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe noch etwas bedeuten. Ich würde mir wünschen, dass ich empfangen werde, Unterstützung erhalte und als Mitglied in der Gesellschaft aufgenommen werde.

Wenn ich an die aktuellen Debatten zur Migration denke, dann machen mir nicht vereinzelte Attentäter Sorgen. Denn im Verhältnis geschehen beispielsweise viel mehr Morde von Deutschen an Frauen innerhalb einer Partnerschaft oder bei einer Trennung. Zudem würde eine bessere psychische Versorgung von traumatisierten Menschen dieses Problem adressieren. Hierfür müsste aber deutlich mehr in die medizinische und psychische Versorgung in der Fläche investiert werden. Würden die Sicherheitsbehörden bestehenden Hinweisen besser nachgehen, würden auch auffällige Personen früher in den Blick genommen und Attentate könnten verhindert werden, das haben viele Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit gezeigt.

Was mir hingegen große Sorgen macht, ist die ausgrenzende, spaltende und kalte Rhetorik von Herrn Merz und Herrn Frei. Das Ausschließen von Koalitionspartnern in der demokratischen Mitte sowie das in Kauf nehmen von Allianzen mit der rechtsextremen AfD. Das sind die Themen, die mich nachts nicht schlafen lassen und mir große Angst vor der Zukunft machen.

Ich wünsche mir, dass sie mit Blick auf die christlichen und demokratischen Werte Ihrer Partei Mehrheiten mit demokratischen Parteien suchen und sich klar von einer Zusammenarbeit oder politischen Nähe zur AfD abgrenzen. Das ist aus meiner Sicht essentiell für unsere sichere und demokratische Gesellschaft sowie auch für die wirtschaftliche und politische Stabilität unseres Landes.

Ich freue mich, wenn Sie mein Anliegen zur Kenntnis und zu Herzen nehmen.

Mit besten Grüßen

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