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Beton zu Gold

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Jan 9th, 2014
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  1. Beton zu Gold
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  3. Was wird aus den Menschen, wenn Wohnen in der Stadt zum Luxus wird? Ein Lagebericht aus Dresden.
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  5. Von Johanna Lemke
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  7. Es gab eine Zeit, da konnte man sich freuen, im Osten zu wohnen. Besucher aus München, Köln oder Frankfurt warfen neidische Blicke auf Parkettboden, Stuck und Balkon – „Und so wenig zahlt ihr?“ Denn sucht man in diesen Städten nach einer Wohnung, wird man seines Lebens nicht mehr froh. Dagegen hatte man es in Sachsen noch gut. Selbst in Dresden.
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  9. Doch das ändert sich. Hohe Geburtenrate, steigende Einwohnerzahlen und eine stabile wirtschaftliche Lage heizen den Wohnungsmarkt in der Landeshauptstadt an. Auch in Dresden schlängeln sich die Wohnungssuchenden bei Besichtigungen bis auf die Straße hinunter. Die Mieten sind im letzten Jahr um bis zu 20 Prozent gestiegen, mehr als in den meisten anderen deutschen Städten. Als Wohngemeinschaft oder Familie eine größere Wohnung zu finden, ist schiere Glückssache. Dabei wird an jeder Ecke gebaut – Eigentumswohnungen im sogenannten Luxussegment. Niedrigverdiener bleiben schon lange auf der Strecke, inzwischen auch zunehmend Menschen mit mittlerem Haushaltseinkommen. Sie müssen an den Stadtrand ziehen.
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  11. Der Markt wird es schon regeln
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  13. So passiert das schon lange in vielen westdeutschen Städten. Wie zum Beispiel in Dresdens hochgeachteter Partnerstadt Hamburg. Passenderweise wird in Dresden-Mickten eine „Hafencity“ geplant – das Miniaturexemplar des großen Hamburger Prestigeprojekts gewissermaßen. Wen interessiert da, dass mit der Hamburger
  14. Hafencity ein riesiges städtisches Areal quasi zum Schutzgebiet für Vermögende wurde? Nebenbei gesagt: In keiner deutschen Stadt ist das Gefälle zwischen Arm und Reich so groß wie in Hamburg.
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  16. Nun ist „Gentrifizierung“, die Aufwertung von Stadtteilen durch massenhaften Zuzug einkommensstarker Bewohner, kein neues Phänomen. Auch die Folgen nicht: Familien mit nur einem Einkommen, Hartz-IV-Empfänger oder Rentner werden an den Rand verdrängt, die Zentren bleiben den Reichen vorbehalten. In ostdeutschen Städten gab es bisher oft noch eine lebendige Mischung, selbst in beliebten Stadtteilen herrschte ein Nebeneinander von Niedrig- und Gutverdienern. Doch Dresden setzt als Boom-Town Sachsens schon lange alles daran, dass sich das ändert. Wohnpolitik wird hier nicht nach sozialen, sondern nach marktwirtschaftlichen Kriterien gemacht. Mit dem Verkauf der kommunalen Wohnungen an das Immobilienunternehmen Gagfah hat die Stadt sich schon vor Jahren jeden Handlungsspielraum genommen. Es gibt keine Konzepte für sozialverträglichen Neubau. Dresden verlässt sich auf den Markt, der es schon regeln wird.
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  18. Und der Markt regelt es so: Herzogin Garten, Wasserwerk Saloppe und Hafencity sind nur einige der Namen großer Gebiete künftiger luxussanierter Eigentumsquartiere. Dresden verfügt über das, wonach sich größere, weitgehend zugebaute Städte die Finger lecken würden: gänzlich unbebaute Areale und leer stehende Gebäude. Aber nahezu jedes verbliebene städtische Grundstück, jede Brache und jedes baufällige Gebäude wird veräußert. Nicht, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sondern unter der Prämisse, den höchstbietenden Käufer zu finden – der seine Ausgaben auf künftige Mieter umlegen wird.
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  20. Das Wort „Betongold“ ist zum Symbol eines Systems geworden: Geld lässt sich besser mit Immobilien machen als mit Aktien, Sparen bringt sowieso nichts mehr. Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen steigt und steigt. In Dresden reißen sich die Investoren um Baugrundstücke. Und wo Miete auch Rendite bedeutet, werden Menschen zu berechenbaren Objekten. Wo es nur darum geht, Investoren anzulocken, vermarktet eine Stadt Lebensraum. Sie vernichtet damit das, was eigentlich Stadt bedeutet: Ein Ort, an dem Menschen anderen begegnen. Der weltoffen ist, weil Verschiedenheit nebeneinander existiert.
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  22. Vielleicht müssen wir uns nicht nur fragen, in welchen Städten wir leben wollen, sondern auch: Welche Menschen wollen wir in unseren Städten? Die Luxuswohnungen im künftigen Luxusareal Saloppe sollen durch einen Security-Dienst abgesichert werden, während Streetworker in Plattenbaugebieten für Ordnung sorgen. Die Dresdner Neustadt heißt nur noch auf den Immobilien-Portalen „Szeneviertel“. In Wahrheit können sich diejenigen, die einst die Szene prägten, die Mieten nicht mehr leisten. Die wenigen verbliebenen unsanierten und damit günstigen Häuser werden aufgehübscht. Das kann die Politik nicht immer verhindern, aber sie könnte sich an anderen Stellen engagieren. Sozialen Wohnungsbau vorantreiben, Baugemeinschaften fördern, nicht alles Tafelsilber verhökern – denn dann gewinnt das Höchstgebot. Kürzlich stand in der Neustadt eine alte Villa aus kommunalem Bestand zum Verkauf. Mehrere Wohnprojekte bewarben sich. Die Villa ging an einen Investor, die Wohnungen werden nun für bis zu 770.000 Euro verkauft. Man kann sich ausmalen, welche Klientel das anspricht. Dass Eigentumswohnungen den Bedarf decken, ist übrigens eine Mär. Sickereffekte würden sich, wenn überhaupt, erst in vielen Jahren zeigen.
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  24. Großinvestoren beherrschen die deutschen Städte. Anderswo beginnt man bereits umzudenken. In Hamburg müssen Neubauten mit mehr als 20 Wohnungen neuerdings mindestens ein Drittel Sozialwohnungen enthalten. Während anderswo also schon umgedacht wird, macht Dresden fleißig weiter mit der „Aufwertung“. Die räumliche Spaltung zwischen Arm und Reich schreitet voran. Und die Stadt sieht trotz genügend schlechter Beispiele weiter zu.
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  26. In fast allen großen deutschen Städten haben sich Bündnisse gegen den Mietenwahnsinn gebildet. Dresden hält still. Vielleicht, weil viele hoffen, die Lage würde sich doch noch entspannen. Weil jene, die am meisten betroffen sind, immer die Stilleren sind. Und weil, wer kann, selbst kauft. Und damit den Markt weiter anheizt.
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