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Aug 14th, 2021
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  1. PHILIPP HOFMANN IM INTERVIEW
  2. „Ich hätte keine Angst, in der Bundesliga unterzugehen“
  3. Seitdem Philipp Hofmann für den KSC stürmt, stimmen seine Zahlen als Torjäger: In 69 Spielen erzielte der 28-Jährige 34 Tore und gab 13 Vorlagen. Doch die Zahlen des Ex-Schalkers wecken auch Begehrlichkeiten.
  4. Von Konstantin Zitzke
  5. Lesezeit: ca. 8 min
  6. 12. August 2021
  7.  
  8. Philipp Hofmann, vor nicht allzu langer Zeit stand in Karlsruhe noch das Thema Insolvenz im Raum. Jetzt geht es sportlich und finanziell wieder bergauf: Sie sind derzeit Tabellenführer, der neue Wildpark ist bald fertig. Wie würden Sie die Stimmung im Verein gerade beschreiben?
  9.  
  10. Vor zwei Jahren haben wir gerade noch so den Klassenerhalt geschafft. Letztes Jahr sind wir dann schon auf dem sechsten Platz gelandet. Da steigen die Ansprüche im Umfeld und von den Fans natürlich. Uns ist klar, dass es schwierig werden wird, so eine Saisonleistung zu wiederholen – gerade auch, weil die Qualität in der zweiten Liga noch einmal gestiegen ist. Aber wir müssen uns mit unserer Mannschaft nicht verstecken. Der Saisonstart ist geglückt und wir genießen es, für zwei Wochen Tabellenführer zu sein. Wir sind allerdings auch gut beraten, auf dem Boden zu bleiben. So wie letztes Jahr wollen wir auch in dieser Saison wieder die Großen ärgern.
  11.  
  12. Oliver Kreuzer hat kürzlich im Doppelpass gesagt, dass Sie das erste Mal bei einem Verein so richtig angekommen sind. Sie selbst haben den KSC schon als Ihr „zweites Zuhause“ bezeichnet. Können Sie sagen, warum es beim KSC für Sie so gut läuft?
  13.  
  14. Zu meiner Zeit bei Schalke war ich oft für ein Jahr ausgeliehen. Da war es schwierig, so richtig anzukommen. Aber in den zwei Jahren hier in Karlsruhe hat bisher einfach alles gepasst. Unser Trainer Christian Eichner passt gut zu mir, unsere Spielweise kommt mir entgegen und ist sogar ein wenig auf mich zugeschnitten. Deshalb läuft es so gut. Ich kann mich hier zeigen und entfalten.
  15.  
  16. Christian Eichner ist das Gesicht des KSC. Seitdem er als Trainer zurück zum Verein gekommen ist, geht es sportlich wieder bergauf. Wie würden Sie ihn als Trainertypen beschreiben?
  17.  
  18. Er ist noch ein sehr junger Trainer. Deshalb kann er gut einschätzen, wie wir uns fühlen – auch hinsichtlich der Trainingsbelastung. Er geht wirklich gut mit uns um. Ich glaube, deshalb kommt er bei vielen Spielern in der Mannschaft so gut an. Er hat sehr viel Ahnung vom Fußball, das merkt man vor und nach den Spielen in der Videoanalyse. Obwohl „Eiche“ sonst eher der ruhige Typ ist, kann er aber auch ein Spaßvogel sein oder in der Halbzeitpause auch mal richtig ausrasten. Das habe ich auch schon erlebt. Man sieht es auch an der Seitenlinie: Er ist immer aktiv, versucht einzugreifen, wenn etwas nicht passt. Das ist eigentlich unsere Aufgabe – und Christian will uns auch vermitteln, dass wir das auf dem Platz selber steuern sollen. Seine Arbeit ist einfach erfrischend. Seitdem er hier ist, geht es nur noch aufwärts. Zudem harmoniert er mit Zlatan (Bajramovic, Co Trainer, Anm. d. Red.) richtig gut.
  19.  
  20. Auch abseits des Platzes tut sich beim KSC eine Menge.
  21.  
  22. Unser neues Stadion steht schon zur Hälfte und die neuen Trainingsplätze sind auch schon fertig. Man sieht einfach, dass in Karlsruhe gerade etwas entsteht. Jeder saugt das gerade auf. Diese positive Entwicklung und der Zusammenhalt im Klub machen uns derzeit so erfolgreich. Am besten machen wir einfach so weiter.
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  24. Es wirkt von außen so, als würden beim KSC derzeit alle von Euphorie getragen.
  25.  
  26. Genau, aber es sind erst zwei Spieltage gespielt. Im vergangenen Jahr haben wir die ersten drei Spieltage kein einziges Tor geschossen. Es liegt noch eine lange Saison vor uns. Wir genießen den guten Start jetzt erst einmal. Aber wir müssen uns auch noch verbessern. Das erste Spiel in Rostock war nicht so gut, da hat nur das Ergebnis gepasst. Gegen Darmstadt war es besser, da haben wir auch die Tore gemacht. Es werden in den nächsten Wochen mit Bremen, Nürnberg oder Schalke aber auch noch ganz andere Kaliber auf uns zukommen. Da müssen wir dann zeigen, dass wir eine Mannschaft sind.
  27.  
  28. Um noch einmal auf den Wildpark einzugehen: Sie haben gesagt, dass Sie beim Warmmachen gegen Darmstadt schon eine Gänsehaut hatten. Was ändert sich konkret auf dem Platz, wenn wieder Fans im Stadion sind?
  29.  
  30. Als keine Fans im Stadion waren, konnten wir uns alle gegenseitig coachen. Da haben wir alles gehört, auch die Anweisungen von den Trainern. Jetzt wird das wieder schwieriger. In Rostock war die Hölle los, da haben wir kein Wort mehr verstanden. Ansonsten ändert sich natürlich die Atmosphäre. Vor der neuen Tribüne mit unseren Fans zu spielen - das hat mich im Heimspiel gegen Darmstadt echt richtig beeindruckt. Für junge Spieler kann das auch schonmal etwas schwieriger sein. Gerade wenn es mal nicht läuft und ein paar Pfiffe kommen. Damit müssen wir jetzt wieder umgehen. Ich als erfahrener Spieler werde aber nicht so schnell nervös, im Gegenteil, es freut mich, dass endlich wieder Fans da sind.
  31.  
  32. Die Anspannung vor und während des Spiels ist also wieder größer?
  33.  
  34. Ja, auf jeden Fall. Auch ich war gegen Darmstadt oder Rostock angespannter als noch in den vorherigen Spielen. Das war schon geil. Die Zuschauer zeichnen den Fußball aus. Ohne Zuschauer ist das nur halb so schön. Die Stadien können von mir aus auch gerne noch voller werden (lacht).
  35.  
  36. In der Vergangenheit ist der KSC häufig durch seine außergewöhnlichen Standardvarianten aufgefallen. Woher kommt die Karlsruher Stärke beim ruhenden Ball?
  37.  
  38. Zlatan lässt sich immer gerne etwas einfallen. Da schauen die Gegner dann auch mal genauer hin. Nach dem Training studieren wir mit ein paar Jungs öfters noch etwas ein. Es freut mich, dass Zlatan so kreativ ist, sodass wir an jedem Spieltag der Hingucker der Liga sind (lacht).
  39.  
  40.  
  41. Ihrem Führungstreffer gegen Darmstadt ging ebenfalls ein Freistoß voraus, allerdings landete der Ball in diesem Fall eher zufällig auf ihrem linken Fuß. Kann man auch solche Situationen, in denen man handlungsschnell die richtige Entscheidung treffen muss, trainieren?
  42.  
  43. Ja, das kann man schon trainieren. In der Situation habe ich aber auch einfach spekuliert. Pippo (Philip Heise, Anm. d. Red.) hat den Ball reingebracht.Weil es ein seitlicher Freistoß war, habe ich gehofft, dass er herausgeköpft wird und im Rückraum landet. Und dann kam der Ball tatsächlich perfekt auf meinen linken Fuß. Normalerweise positioniere ich mich bei solchen Freistößen für einen Kopfball immer in der Mitte. Aber dieser Ball kam etwas zu lang, deshalb habe ich mich etwas nach hinten abgesetzt. Das Tor vor unseren Fans zu erzielen, war richtig schön. Ein wichtiger Start für uns ins Spiel, weil wir wussten, dass wir ein frühes Tor brauchten.
  44.  
  45. Das heißt, Sie handeln in solchen Momenten bewusst? Vor Ihrem zweiten Tor wurde eine Hereingabe geblockt, dann machen Sie vier, fünf schnelle Schritte und gehen in den richtigen Raum, wo Sie nur noch die Innenseite reinhalten müssen.
  46.  
  47. Ich kenne Pippo ja auch ein bisschen (lacht). Der schießt ja nicht so oft aufs Tor. Deswegen bin ich einfach durchgelaufen. Ich wusste, der kommt jetzt in die Mitte. Solche Tore sind als Stürmer natürlich besonders schön. Dass ich nur den Fuß hinhalten muss, das habe ich bis jetzt noch nicht so oft gehabt. Also nehme ich solche Situationen dankend an.
  48.  
  49. In der Szene war das also reiner Torinstinkt?
  50.  
  51. Ja, auf jeden Fall. Ich bin jetzt 28 und habe schon ein bisschen Erfahrung gesammelt. Ich gehe anders ins Spiel und reagiere anders in solchen Situationen als noch vor sechs oder sieben Jahren. Ich rieche schon, wo der Ball hinkommen könnte. Dann ist das natürlich schwer zu verteidigen. Mit einer gewissen Erfahrung schätzt man die Bälle besser ein. Die Jungs im Team wissen auch, wohin ich die Bälle gerne haben möchte. Deswegen passt das derzeit so gut.
  52.  
  53. Wie wichtig ist es Ihnen, beim Abschlusstraining und beim Warmmachen vor dem Spiel gute Abschlüsse zu haben? Erkennen Sie dort schon ihre Tagesform?
  54.  
  55. Bei mir ist das tatsächlich so. Mit den Torschüssen vorm Spiel kann ich mir ein gutes Gefühl holen. Deshalb ist es für mich sehr wichtig, dass sie sitzen. Wenn ich vor dem Spiel gute Torabschlüsse habe, dann mache ich auch meistens ein gutes Spiel. Bei Testspielen, wenn ich müder bin, merke ich beim Aufwärmen oft schon, ob die Spannung da ist oder nicht. Das gilt auch für die anderen Spieler. Wenn wir Übungen zum Positionsspiel machen, sieht man direkt, ob alle wach sind, ob die Spannung da ist, oder ob man noch einmal lauter werden muss. Wenn Zlatan unsere Körpersprache beim Warmmachen nicht gefällt, spricht er das kurz vor dem Spiel an. Dann ist es wichtig, sich noch einmal richtig hochzupushen.
  56.  
  57. In ihrer Jugend haben Sie zunächst als Innenverteidiger gespielt. Profitieren Sie als Stürmer heute noch davon, weil Sie die „andere Seite“ besser kennen?
  58.  
  59. Bei Braunschweig war ich am letzten Spieltag mal durch die fünfte gelbe Karte gesperrt. Da habe ich im Training zu Thorsten Lieberknecht gesagt, dass ich mal Innenverteidiger gespielt habe und durfte es mal wieder ausprobieren. Trotzdem liegen die Zeiten nun schon länger zurück. Aber unbewusst hilft mir das heute glaube ich schon weiter. Häufig weiß ich, was der Innenverteidiger macht. Aber es ist auch sehr individuell, weil jeder Innenverteidiger andere Wege macht.
  60.  
  61. Bereiten Sie sich gezielt auf die gegnerischen Verteidiger vor?
  62.  
  63. Ja, das machen wir vor jedem Spiel in der Videoanalyse. Ich schaue mir aber auch selbst noch einmal das Verteidiger-Duo an. So kenne ich zum Beispiel den starken Fuß und weiß, von welcher Seite ich sie anlaufen muss, um ihnen den Aufbaupass schwerer zu machen. Dann orientiere ich mich bei langen Bällen meistens am kleineren Innenverteidiger. Lasse Sobiech von Darmstadt ist beispielsweise noch einmal ein paar Zentimeter größer als ich. Da halte ich mich dann eher fern (lacht).
  64.  
  65. Hatten Sie in ihrer Jugend ein Stürmer-Idol?
  66.  
  67. Ganz früher als Jugendlicher war das Fernando Torres. Die Spiele von Liverpool und Chelsea habe ich damals immer gerne gesehen. Den fand ich richtig geil, seine Laufwege im Strafraum waren immer richtig gut. Und vor dem Tor war er auch eiskalt. Heute ist Lewandowski natürlich der Maßstab. Robert hat einfach alles, was ein Weltklassestürmer haben muss: Tempo, Körper, der weiß wo das Tor steht, kann die Bälle halten, ist kopfballstark. Da versuche ich mir schon etwas abzuschauen.
  68.  
  69. In der zweiten Liga treffen Sie nun wieder auf Schalke 04. Mit der U19 der Gelsenkirchener sind Sie 2012 Meister geworden. Was sind Ihre Erinnerungen an die Zeit?
  70.  
  71. Ich habe wirklich sehr positive Erinnerungen an meine Zeit in der Knappenschmiede. Ich war ja schon mit 16 Jahren im Internat dort. Wir hatten damals bei der U19 eine geile Truppe und ich hatte mit Norbert Elgert den besten Jugendtrainer aus ganz Deutschland. Parallel dazu habe ich auch einige Spiele für die zweite Mannschaft in der Regionalliga gemacht. Als es dann in der U19-Bundesliga im westdeutschen Finale ernst wurde, bin ich wieder zurück. Im Finale haben wir die Bayern geschlagen und ich habe das entscheidenden Tor gemacht. Das war eine sehr schöne Zeit, die ich nicht vergessen habe.
  72.  
  73. Sie haben damals unter anderem mit Kaan Ayhan, Max Meyer und Sead Kolasinac zusammengespielt. Haben Sie noch Kontakt zu ihnen?
  74.  
  75. Mit Sead schreibe ich ab und zu mal, der ist nach seiner Rückkehr zu Schalke letzte Saison jetzt wieder in London. Aber sonst ist der Kontakt leider etwas abgerissen. Wenn ich auf Schalke bin, kenne ich aber noch viele von damals. Deswegen freue ich mich, wenn wir im September dort spielen. Da werde ich sicher einige alte Kollegen wiedertreffen. Ich war insgesamt vier Jahre dort und habe mich sehr wohl dort gefühlt. Ich war als Kind Schalke-Fan und es war immer mein Ziel, mal dort zu spielen. Jetzt freue ich mich, gegen Schalke zu spielen (lacht).
  76.  
  77. Wie sehr haben Sie in der letzten Zeit mit dem Verein gelitten?
  78.  
  79. Um ehrlich zu sein: sehr. Leider hat man hat es kommen sehen. Ich will gar nicht im Einzelnen darauf eingehen, was genau schief gelaufen ist. Vor zwei Jahren war die Rückrunde auch schon nicht so gut. Letztes Jahr hat es sich der Abwärtstrend dann bestätigt. Sie hatten eine zusammengewürfelte Truppe. Keiner hat sich so richtig mit dem Verein identifiziert. Dann ging es leider runter. Ich hoffe natürlich, dass sie sich schnell wieder fangen und aufsteigen. Schalke gehört einfach in die erste Bundesliga. Trotzdem wollen wir denen die drei Punkte aber auf keinen Fall schenken. Dennoch wünsche ich Schalke alles Gute für die Saison und hoffe, dass sie so schnell wie möglich wieder hochkommen.
  80.  
  81. Bei Schalke waren die Transfers eine großes Thema während des Absturzes. Wie sehr beeinflussen Sie Transfergerüchte als Spieler?
  82.  
  83. Ich persönlich kann das gut trennen. In den letzten Wochen wurde auch über mich wegen eines möglichen Wechsels viel geschrieben. Ich habe immer gesagt, dass es mein Traum ist, irgendwann einmal in der ersten Bundesliga zu spielen. Das wissen die Jungs bei mir in der Mannschaft, das verstehen die alle. Solange ich hier bin, konzentriere ich mich aber auf Karlsruhe. Deswegen interessiert es mich auch überhaupt nicht, wenn irgendetwas geschrieben wird. Ich glaube, an meinen Leistungen kann man das gut erkennen. Das versuche ich jetzt das ganze Jahr durchzuziehen, sodass wir wieder wie letztes Jahr eine geile Saison spielen.
  84.  
  85. Aber das Ziel in Karlsruhe bleibt es, die Liga zu halten?
  86.  
  87. Der Klassenerhalt ist natürlich das erste Ziel. Und dann mal schauen, wo es hingeht. Wer weiß, vielleicht sind wir ja dieses Jahr die Überraschungsmannschaft. Jeder redet von den großen Vereinen. Aber ich glaube, dass es auch dieses Jahr wieder ein, zwei Mannschaften wie Kiel oder Fürth in der vergangenen Saison geben wird, mit denen keiner so richtig rechnet und die oben mitmischen werden.
  88.  
  89. Wie wichtig ist es Ihnen, bei einem möglichen Wechsel in die erste Liga eine ähnliche Rolle in der Mannschaft zu spielen wie derzeit beim KSC?
  90.  
  91. Darüber mache ich mir natürlich Gedanken. Ich werde nächstes Jahr 29 Jahre alt. Hier in Karlsruhe habe ich mittlerweile ein gewisses Standing. Aber egal zu welchem neuen Verein man wechselt, man muss sich immer neu beweisen und sich im Training gegen die Konkurrenten durchsetzen. Das habe ich auch geschafft, als ich hier hingekommen bin. Von daher habe ich keine Angst unterzugehen, wenn ich in die Bundesliga wechseln sollte.
  92.  
  93.  
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