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MZ Scheugenpflug

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Apr 2nd, 2020
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  1. Neustadt an der Donau.Mitten in die Coronakrise und die Meldungen über die schwierige Situation der Unternehmen kommt jetzt eine Nachricht, die auf den ersten Blick ins bekannte Schema der Nachrichten passt, tatsächlich aber nur bedingt passt: Die Scheugenpflug AG, Hersteller von Klebe-, Dosier- und Vergusstechnik mit Sitz in Neustadt an der Donau, hat in diesen Tagen 48 Beschäftigten die Kündigung ausgesprochen – zehn Prozent der Belegschaft. Die Kündigung erwischte die Mitarbeiter offenbar völlig unvorbereitet.
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  3. „Das Schreiben der Firma steckte am Samstag bei mir im Briefkasten“, sagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Weiter sagt der Mann: „Es hatte keine Vorankündigung gegeben. Es wurde aufgrund der Coronakrise lediglich spekuliert, ob es auch bei uns zu Kurzarbeit kommen könnte.“
  4. „Schmerzhafte Entscheidungen“
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  6. Gekündigt wurden, so ein anderer Mitarbeiter, mit dem die Mittelbayerische gesprochen hat, Arbeitnehmer „aus allen Abteilungen“ - u. a. aus der Fertigung, dem Lager, der Verwaltung und der Projektierung. Bei der Kündigung, betont er, sei auf eine Sozialauswahl geachtet worden. Gehen müssen jetzt die Arbeitnehmer, die dem Unternehmen noch nicht so lange angehören.
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  8. „Das sind wirklich extrem schmerzhafte Entscheidungen, die mir sehr an die Nieren gehen“, sagt Scheugenpflug-Vorstandsmitglied Olaf Leonhardt. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass uns die Krise in der Automobilindustrie leider viel härter und nachhaltiger trifft, als wir es noch vor einigen Monaten für möglich gehalten hätten“, räumt Leonhardt ein.
  9. Autoindustrie unter Druck
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  11. Scheugenpflug verkauft seine Produkte zur einen Hälfte an die Automobilhersteller weltweit, zur anderen an die Elektronikindustrie. Aber auch deren Endprodukte, wie Sensoren, werden zu einem großen Anteil wiederum in Fahrzeuge eingebaut. „Die Automobilindustrie ist ja wegen ‚Dieselgate‘ und dem Umstieg auf die Elektromobilität schon seit einiger Zeit sehr unter Druck“, erklärt Leonhardt. „Und zwar so sehr, dass 2019 letztlich weltweit fünf Millionen Autos weniger gebaut wurden als im Jahr davor.“
  12. Wirtschaft
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  14. Einen so krassen Rückgang, der vor allem im vierten Quartal vorigen Jahres noch einmal richtig Fahrt aufnahm, hätte sich in der Branche kaum jemand vorstellen können. Eigentlich nahm der Absatz in der Vergangenheit weltweit mit schöner Regelmäßigkeit zu. „Wir gingen davon aus, dass es spätestens 2020 wieder langsam aufwärts gehen und sich unsere Investitionen in Personal dann bezahlt machen würden!“ Doch die Wirklichkeit, insbesondere die aktuelle Corona-Pandemie, so Leonhardt, habe alle Prognosen auf einen Schlag Makulatur werden lassen.
  15. Aufträge deutlich reduziert
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  17. Dazu kommt ein hausgemachtes Problem. „Fakt ist, dass Scheugenpflug in den letzten Jahren sehr stark auf Wachstum ausgerichtet war und sich ambitionierte Ziele gesteckt hat“, sagt Leonhardt weiter. „Das gilt auch für den proaktiven Personalaufbau, und das alles wäre in normalen Zeiten – zumal mit den Chancen, die die Übernahme durch Atlas Copco bietet – sicher auch gerechtfertigt. Aber wir leben nicht in normalen Zeiten, und wir können momentan nicht langfristig planen.“
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  19. Klar sei für ihn derzeit nur, dass das geplante Wachstum ausgeblieben sei und sich nicht so schnell und in dem Maße, wie noch vor einem halben Jahr vermutet, einstellen werde. Vielmehr sei man inzwischen um mindestens ein Jahr zurückgeworfen worden. Die bestehenden Aufträge hätten sich binnen zwölf Monaten spürbar reduziert. „Wir müssen unser Unternehmen insgesamt aber schützen und auf eine wirtschaftlich gesunde Basis stellen, um auch in Zukunft handlungsfähig zu bleiben“, führt Olaf Leonhardt weiter aus. „Deshalb führte an dem schmerzhaften Personalabbau aus meiner Sicht leider kein Weg vorbei.“
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  21. Als weitere Maßnahmen kündigte er außerdem die Anmeldung von Kurzarbeit für voraussichtlich Mai an. „Mir ist klar, dass es für jeden Einzelnen, dem wir kündigen mussten, ein harter Schlag ist“, sagt Olaf Leonhardt. „Deswegen haben wir für die Entscheidung natürlich alle sozialen Kriterien herangezogen, also Faktoren wie Alter, Schwerbehinderung, Betriebszugehörigkeit oder die Anzahl der Kinder.“
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  23. Gerne hätte die Mittelbayerische auch mit einem Betriebsrat der Scheugenpflug AG gesprochen, doch den gibt es nicht. Der sollte jedoch demnächst gegründet werden. Ein Wahlvorstand für die Arbeitnehmervertretung besteht bereits, erklärte der Konzernbetriebsrat von Atlas Copco. Gegenwärtig hat die Scheugenpflug AG einen Tarifvertrag, der mit der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) abgeschlossen wurde, wie die CGM bestätigte. Dort wusste man zu Wochenbeginn noch nichts von den Kündigungen in Neustadt.
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