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Protest gegen Hafencity wächst

Jul 19th, 2013
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  1. Sächsische Zeitung online
  2. Freitag, 19.07.2013
  3. Protest gegen Hafencity wächst
  4. Betriebe auf dem Gelände fürchten um ihre Existenz. Sie fordern eine Überarbeitung der Pläne.
  5. Von Kathrin Kupka-Hahn und Bettina Klemm
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  7. Die Hafen-City könnte ein neues Streitthema in der Stadt werden. Das wurde gestern Abend zur Bürgerversammlung im Alten Schlachthof deutlich. Auf jede kritische Frage oder Anmerkung spendeten die rund 200 Zuhörer kräftigen Applaus. Schon vor Beginn verteilten Mitglieder des Vereins Freiraum Elbtal Programmheftchen. Schließlich gehe es auch um ihre Zukunft, sagten sie. Die Bürgerinitiative „Elbraum für alle“ hatte Karten drucken lassen, die das Gebiet bei Hochwasser zeigen. Sie fordert, die Hafen-City zu stoppen.
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  9. Zu Beginn der Veranstaltung hatte Stadtplanungs-Chef Stefan Szuggat sachlich über die Ziele und die bisherigen Planungen gesprochen. Vor ihm stand ein Modell im Maßstab von 1 : 200. Die Firma USD Immobilien möchte auf einer Fläche von 40.000 Quadratmetern hauptsächlich Wohnungen errichten. Der vordere Teil, unmittelbar am Elbufer, soll jedoch zu einem öffentlichen Raum mit Restaurants, Cafés, vielleicht einem gläsernen Vereinshaus und einem Infopavillon, aber auch mit Treppenstufen, alten Mauern und Bäumen werden. Um dort bummeln zu können, soll der vielbefahrene Radweg etwas höher vor die Wohnhäuser gelegt werden, erklärte der verantwortliche Architekt Martin Richter von Wörner+ Partner.
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  11. Die Baupläne verunsichern jedoch die bisherigen Nutzer der Flächen. So findet es Frank Weisbach zwar gut, dass die Brache verschwinden soll. „Allerdings macht mich traurig, was die USD hier bauen will“, sagt der 36-jährige Betreiber vom Citybeach und der Diskothek Showboxx. Er befürchtet, dass am Neustädter Hafen ungeachtet der jetzigen Versprechungen ein reines, dicht bebautes Wohngebiet entsteht. „Für mich ist eine Hafen-City aber etwas ganz anderes“, sagt er. Nämlich ein Mix aus Wohnen, Am-Wasser-Sitzen, Essen gehen, Musik hören und Party feiern.“
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  13. Seit 1998 arbeitet Weisbach am Neustädter Hafen. Damals veranstaltete er noch illegale Feten in dem Industriebau, in dem er heute seine Diskothek Showboxx betreibt. Inzwischen gehört ihm auch das Grundstück dazu, von der Elbe bis hinauf zur Leipziger Straße. Verkaufen will er das nicht. Im Gegenteil. Ihm ist schon seit einiger Zeit bewusst, dass die Tage des Citybeaches gezählt sind. Die Fläche dafür hat er nur angemietet – von der USD. Vorsorglich hat er vor zwei Jahren auf seinem Grundstück acht Volleyballplätze gebaut. „Wenn ich den Citybeach schließen muss, ziehe ich einfach nach nebenan“, sagt Weisbach. Und weil diese Fläche bisher zur geplanten Kulturspange der Hafen-City gehörte, bekam er auch Fördergelder für den Bau der Volleyballplätze – von der Europäischen Union und von der Stadt.
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  15. Doch nun soll ein Siebengeschosser fünf Meter neben den Volleyballplätzen entstehen. „Wir waren geschockt von der Höhe des Hauses“, sagt Weisbach.
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  17. Starke Bedenken hat auch Jürgen Langer. Er ist Werkleiter des italienischen Pharmaunternehmens Menarini – Von Heyden, das auf dem Gelände des früheren Arzneimittelwerks Dresden produziert. „Wir arbeiten im Drei-Schichtsystem. Tag und Nacht fahren Lkw auf unseren Hof, um Rohstoffe zu liefern und Medikamente abzuholen“, erklärt Langer. Daher sei eine Lärmbelastung nicht zu vermeiden. Da es bereits auf der anderen Seite des Pharmaunternehmens Wohnungen gibt, wurde die Rampe extra an der Grundstückgrenze zur Hafen-City angeordnet. Das Unternehmen fordert, dass Wohnhäuser nur in einem großen Abstand zum Werk entstehen können. Ein vom Hafen-City-Bauherrn USD Immobilien vorgeschlagener Grünstreifen mit einer Breite von 30 bis 35 Metern und löse das Problem in keinster Weise. Besonders kritisch sieht Langer den geplanten Zehngeschosser unmittelbar neben seinem Gewerbegrundstück. Um spätere Lärmschutzklagen von den Bewohnern zu vermeiden, dürften in dem Hochhaus keine Wohnungen entstehen, sagt er.
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  19. Um sein Gewerbe bangt auch Steinmetzmeister Michael Stäbe. Er hat das Grundstück an der Leipziger Straße 23 erst vor acht Jahren gekauft und dort seinen Betrieb aufgebaut. Rund 400000 Euro habe er investiert. „Die Pläne zur Hafen-City gefährden meine Existenz“, sagt er. Da er sein Grundstück nicht verkaufen will, hält er sie auch nicht für umsetzbar. Stäbe fragt: „Wie soll ich mir eine durchgängig viergeschossige Bebauung entlang der Leipziger Straße vorstellen? Die können doch auf mein Haus und die Produktionshalle nicht drei Etagen draufsetzen?“ Er hält es für ein Unding, wenn an seiner Grundstücksgrenze Wohnhäuser entstehen. Ein Steinmetz könne niemals leise arbeiten, das liege in der Natur der Sache. Der Steinmetzbetrieb wurde schon 1846 gegründet. Der Betrieb sei in der Familie immer vererbt worden.
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  21. Es gibt noch unzählige Fragen zu klären, das wurde zur gestrigen Bürgerversammlung auch zahlreich erschienenen Stadträten klar. Sie entscheiden über die Pläne. Bis zum Redaktionsschluss dauerte die Diskussion noch an. Die Dresdner können bis zum 26. Juli ihre Bedenken und Meinungen zu den Vorplanungen äußern.
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