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- Parteienfinanzierung
- Geldsorgen in der CDU? Einfach Jens Spahn fragen
- Autorenprofilbild von Hans-Martin Tillack
- Von Hans-Martin Tillack
- Chefreporter Investigation
- Stand: 07:38 UhrLesedauer: 5 Minuten
- Jens Spahn, stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU, Anfang September vor einer Gremiensitzung
- Jens Spahn, stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU, Anfang September vor einer Gremiensitzung
- Quelle: Michael Kappeler/dpa
- Mit einem Kredit über 100.000 Euro rettete die CDU Borken unter ihrem Vorsitzenden Jens Spahn die CDU Köln vor der Pleite – das zeigen interne Unterlagen. Jetzt geht es um die Frage, wie sich Spahns Kreisverband diese Großzügigkeit leisten konnte.
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- Der Satz soll im September 2023 gefallen sein, am Rand eines Parteitags der Kölner CDU: „Wenn Du in der Partei Geld brauchst, musst Du Jens Spahn fragen“ – so habe sich der Kölner Christdemokrat Niklas Kienitz vor Parteifreunden geäußert. Das versichert der frühere Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete und Juraprofessor Heribert Hirte in einer Dienstaufsichtsbeschwerde, die er an den nordrhein-westfälischen Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) gerichtet hat.
- Kienitz – der als CDU-Fraktionsgeschäftsführer im Kölner Stadtparlament amtiert – sagte jetzt WELT AM SONNTAG, er könne „diese Aussage nicht bestätigen“.
- Sicher ist aber: Der von dem ehemaligen Gesundheitsminister und CDU-Vizechef Spahn geführte CDU-Kreisverband im westfälischen Borken rettete zuletzt mit einem stattlichen Kredit die CDU Köln vor der Pleite. Das sorgt nun für parteiinterne Nachfragen.
- Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte bei einer Pressekonferenz im Dezember 2021
- Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte bei einer Pressekonferenz im Dezember 2021
- Quelle: Jens Krick/Flashpic/picture alliance
- Ein ab Ende 2021 gewährtes Darlehen über 100.000 Euro sicherte den Christdemokraten in der Domstadt die Zahlungsfähigkeit - trotz hoher Schulden. Erst Mitte 2024 konnten die Kölner Christdemokraten den Kredit ablösen, weil sie größere Spendensummen eingeworben hatten, darunter im Juni 180.000 Euro von einem früheren Immobilienunternehmer.
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- Laut einer WELT AM SONNTAG vorliegenden internen Präsentation des Schatzmeisters der Kölner CDU war der Kreisverband bereits seit 2009 überschuldet. Das Protokoll einer Sitzung des geschäftsführenden Kreisvorstands der Kölner CDU vom November 2021 zeigt, dass damals entschieden wurde, „einen Kredit in Höhe von bis zu 120.000 EUR bei einem anderen Kreisverband aufzunehmen“. Auch die Bundestagsabgeordnete Serap Güler nahm laut Protokoll an der Sitzung teil.
- Der CDU Köln drohte Ende 2023 die Zahlungsunfähigkeit
- Der Kredit sollte dann zwei Jahre später, Ende November 2023, zurückgezahlt werden. Doch im Oktober 2023 warnte der Kassenwart der Kölner CDU in einer Vorlage für den geschäftsführenden Kreisvorstand: Wenn der Kredit wie vereinbart am 30. November 2023 an Spahns Kreisverband zurückgezahlt werde, habe dies die „Zahlungsunfähigkeit des CDU-Kreisverbands Köln“ zur Folge.
- Die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler in der ARD Talkshow „Hart aber Fair“
- Die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler in der ARD Talkshow „Hart aber Fair“
- Quelle: picture alliance/dpa/Horst Galuschka
- Zugleich beruhigte der Schatzmeister die Parteifreunde. Die CDU Borken habe bereits „zu erkennen gegeben“, dass sie das Darlehen bis Ende November 2024 verlängern könne, allerdings zu anderen Konditionen.
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- Bei Abschluss des Kreditvertrags hatte die CDU Borken von den Parteifreunden in Köln lediglich einen jährlichen Zinssatz von einem Prozent verlangt. Auf dem Markt wäre dieser damals kaum zu bekommen gewesen sein. Das legen Daten über von Banken Ende 2021 vergebene Privatkredite nahe, die die FMH Finanzberatung in Frankfurt gespeichert hat. Allerdings hätte die CDU Borken Ende 2021 noch weniger verdient, wenn sie ihre 100.000 Euro etwa als Festgeld angelegt hätte.
- Sicher scheint dennoch, dass der Kreisverband von Jens Spahn mit dem Kredit für die Parteifreunde im Rheinland ein Verlustgeschäft gemacht hat. Bereits im Jahr 2021 lag die Inflationsrate in Deutschland bei 3,1 Prozent. Im Jahr 2022 kletterte sie auf 7,9 Prozent und betrug im Jahr 2023 immer noch 5,9 Prozent.
- Die Inflation zehrte die Kreditsumme teilweise auf
- Zu Deutsch: Die Kreditsumme wurde von der Inflation teilweise aufgezehrt. Erstaunen kann überdies, dass der Kreisverband von Jens Spahn ausgerechnet am Ende des Bundestagswahljahrs 2021 die Summe von 100.000 Euro entbehren konnte. Wahlkämpfe sorgen bei Parteien normalerweise für leere Kassen.
- Woher stammte das Geld der CDU Borken? Der Geschäftsführer des Kreisverbands, der Spahn-Vertraute Markus Jasper, verweist auf Beiträge von Mitgliedern und Mandatsträgern sowie auf Spenden. Der Kreisverband wirtschafte „seit vielen Jahrzehnten sehr verantwortungsvoll, was es ihm ermöglicht, einen befreundeten Verband zu unterstützen“.
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- Solche parteiinternen Darlehen seien „üblich und vom Parteienrecht einwandfrei gedeckt“, fügte der Geschäftsführer hinzu. Die CDU Borken habe auch „keine Bedingungen an dieses Darlehen geknüpft“. Jasper ließ die Frage unbeantwortet, ob die CDU Borken anderen CDU-Untergliederungen bereits ähnliche Kredite gewährt habe.
- Der Investor Christian Angermayer bei einer Veranstaltung in München im Januar 2020
- Der Investor Christian Angermayer bei einer Veranstaltung in München im Januar 2020
- Quelle: Hubert Burda Media/Picture Alliance for DLD
- Debatten über Parteispenden für Spahns Kreisverband gab es bereits in der Vergangenheit. In seiner Amtszeit als Gesundheitsminister hatte er mit einer Abendveranstaltung Schlagzeilen gemacht, bei dem ein privater Veranstalter die Teilnehmer laut Berichten gebeten haben soll, jeweils 9999 Euro an die CDU Borken zu spenden – ein Betrag, der knapp unter der Grenze lag, ab der Spendernamen veröffentlicht werden müssen.
- Im Jahr 2021 spendete dann der schillernde Unternehmer Christian Angermayer, der mit Spahn gut bekannt ist, 60.000 Euro an die CDU – und zugleich etwas kleinere Summen an FDP und SPD. Es gibt keinen Beleg, dass Angermayers CDU-Spende ganz oder teilweise an den Kreisverband Borken ging; zugleich wollen die Beteiligten Fragen dazu nicht beantworten. „Grundsätzlich äußern wir uns aus Gründen des Datenschutzes zu einzelnen Spenden und Spendern nicht“, teilte der Geschäftsführer des CDU-Kreisverbands mit.
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- Dass „die Herkunft der dem CDU-Kreisverband Borken zur Verfügung stehenden Mittel ungeklärt“ sei, glaubt der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Hirte. Die Geldflüsse zwischen der CDU Borken und der CDU Köln sind Thema einer Strafanzeige, die er im vergangenen Jahr an die Kölner Staatsanwaltschaft gerichtet hat.
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- Quelle: Oliver Berg/dpa/picture alliance
- Sie sah allerdings keinen Grund für weitergehende Ermittlungen und stellte das Verfahren im April ein. Gegen diese Entscheidung wandte sich Hirte im Juni mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde an den Landesjustizminister Limbach. Dieser leitete die Beschwerde laut Auskunft eines Sprechers an den Leitenden Oberstaatsanwalt in Köln weiter. Sie werde gegenwärtig geprüft, bestätigte die dortige Ermittlungsbehörde.
- Die CDU Köln ließ Fragen zu den Vorgängen unbeantwortet. Die Abgeordnetenbüros von Jens Spahn und der Kölner CDU-Politikerin Serap Güler verwiesen auf die Antwort des CDU-Kreisverbands Borken.
- Wir sind das WELT-Investigativteam: Sie haben Hinweise für uns? Dann melden Sie sich gerne, auch vertraulich – per E-Mail oder direkt beim Autor dieses Artikels über den verschlüsselten Messenger Threema (8KZJXRN9).
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