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Konstantin Wecker an Occupy Germany

Mar 28th, 2012
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  1.  
  2. Dass einige Prominente Occupy unterstützen, ist kein Geheimnis. Zu diesen gehört jedoch auch Konstantin Wecker, der uns anlässlich des morgigen Aktionstages folgenden Text zukommen liess:
  3.  
  4. “lieber mitmensch
  5. der du so gerne gewisse menschen verächtlich oder auch wütend als gutmenschen zu entwürdigen versuchst
  6. ich hätte da eine frage:
  7. was stört dich denn nun so am gut-sein-wollen mancher deiner artgenossen?
  8. dass er sich sorgt um sich und seine lieben
  9. in einer gesellschaft, die, ungeübt im miteinander, das gegeneinander zum fetisch erhebt,
  10. in einer gesellschaft, die statt fürsorge konkurrenz aufs banner geschrieben hat,
  11. statt mitgefühl gleichgültigkeit
  12. was stört dich so an jemandem, der sich nicht damit abfinden will
  13. dass die meisten wohlhabenden oft nur noch verachtung übrig haben für die viel zu vielen armen,
  14. verachtung statt mitgefühl
  15. arroganz statt bescheidenheit
  16. was stört dich daran, dass manche schlecht schlafen, weil sie wissen,dass ihre lebensweise mit schuld daran ist, wenn mehr als 25 000 kinder pro tag an hunger sterben. und sie schlafen schlecht für sich allein und ohne deinen sicher wohlverdienten schlaf zu stören,
  17. ja, lieber nichtgutmensch, warum verspottetst du jene, die lernen wollen ihr herz zu öffnen für alle, die „drunten sterben, wo die schweren ruder der schiffe streifen“, auch wenn sie „beim steuer droben wohnen und voglelflug kennen und die länder der sterne“
  18. warum nur verachtest du alle, die sich stark machen für jene, die zu schwach sind um für sich zu sprechen
  19. warum verachtest du die schwachen, lieber nichtgutmensch,
  20. weil wir in einer gesellschaft der starken und kräftigen leben und weil nun mal die meisten die schwachen verachten,
  21. weil sie es so gelernt haben als kinder
  22. und es ihnen von starken und engstirnigen, verzweifelten und verschlossenen männern eingebläut wurde,
  23. könnte es sein, lieber mit-und nichtgutmensch
  24. dass es dich stört wenn nicht alle mitjohlen im jubilate über den freien markt, ein gesangsverein der oft so burschenschaftlich daherkommt,
  25. könnte es sein, dass dich manche eben doch verunsichern,
  26. weil sie ihr herz nicht verschlossen haben und weiterhin versuchen mit ihm zu denken,
  27. könnte es sein, dass diese gutmenschen, die, soviel ich weiß dir persönlich nie etwas angetan haben, dein heim nicht zerstört, dein guthaben nicht geplündert, dein auto nicht zu schrott gefahren haben, dir dein bankkonto nie gekündigt haben, könnte es sein, dass sie dir etwas wieder entdecken und aus der versenkung holen was du verbannt hast aus deinem sein und fühlen, könnte es sein, dass sie dich an etwas erinnern was du immer noch in dir trägst, aber schon lange zu entsorgen versucht hast, könnte es denn sein, werter nichtgutmensch (denn es käme mir nie in den sinn dich als schlechtmensch zu diffamieren) könnte es also sein, dass wegen dieser verdammten gutmenschen so was wie ein gewissen in dir wieder zum leben erwacht und du deshalb so verächtlich und respektlos bist?
  28. und glaub mir, verehrter nichtgutmensch, egal ob sie etwas erreichen oder nicht, ob sie die welt verändern oder mit ihr und an ihr zu grunde gehen, diese gutmenschen sind mir tausendmal lieber und wertvoller, liebenswerter und spannender, erotischer und witziger als all die karriereversessenen sich nichteinmischer, sich ausallemraushalter, all diese überheblich lächelnden und ewig pubertierenden coolen, unlebendigen, farblosen und dumpfen drübersteher. mögen sie noch so angeblich klug parlieren und schwadronieren – sie nehmen nicht wirklich teil am leben, sie sind nie mittendrin und deshalb aus allem raus.
  29. und wirklich, du lieber nichtgutmensch, auch dich hätten wir gern auf unserer seite, der seite der meist erfolglosen, oft genug scheiternden, immer suchenden, gern staunenden und verzweifelt liebenden.
  30. und deshalb werde ich auch weiterhin solidarisch sein mit all denen, die sich für eine gerechtere gesellschaft engagieren.
  31. nicht weil sie bessere menschen sind, nicht mal weil sie gute menschen sind.
  32. einfach weil sie menschen sind.”
  33.  
  34. Quelle: http://www.occupy-germany.com/gedanken-von-konstantin-wecker/
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