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Jul 28th, 2021
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  1. Über Jahre war Holger Siegmund-Schultze der eher unscheinbare dritte Mann im Präsidium von Ingo Wellenreuther gewesen. Nachdem das „Bündnis KSC“ um Martin Müller den CDU-Bundestagspolitiker im Mai vergangenen Jahres zum Rückzug gedrängt hatte, rückte Siegmund-Schultze in die erste Reihe.
  2.  
  3. Erst kommissarisch, schließlich als gewählter Clubchef für drei Jahre. Der Mann aus der Immobilienbranche setzte sich am 30. Juli 2020 gegen seine Mitbewerber Dorothee Augustin, Rolf Kahn, Rolf Dohmen und Kai Gruber mit überwältigender Stimmenmehrheit durch.
  4.  
  5. Ein Jahr später zieht der Amtsinhaber im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied René Dankert ein Zwischenfazit.
  6. Herr Siegmund-Schultze, wie angekündigt sah und hörte man wenig von Ihnen in Ihrem ersten Jahr als KSC-Präsident…
  7. Siegmund-Schultze
  8. Ja, das war eines der fünf Themenfelder, dass der Verein als Ganzes wieder in die Mitte der Karlsruher Gesellschaft gerückt wird. Handlungsfeld Nummer zwei, die Organisation. Schon in meinen Jahren als Vizepräsident war ich der Meinung, dass man die Verantwortung dort lassen soll, wo die Kompetenz ist, nämlich bei den hauptamtlichen Mitarbeitern. Das habe ich einfach ganz konsequent gemacht. Man sieht es ja an den jungen Leuten, die bei uns arbeiten, was dann herauskommen kann.
  9. Der omnipräsente Typus eines KSC-Präsidenten hat also ausgedient?
  10. Siegmund-Schultze
  11. Es ist für mich persönlich nicht von Bedeutung, präsent zu sein. Die Fußballbranche hat sich auch in dieser Hinsicht geändert, professionalisiert. Deshalb sind die Leute, die tagtäglich im Verein arbeiten, wichtig. Das Team ist der Star - nicht mehr der heroische Leader, wie das so früher war.
  12. Der KSC hat sein Personalstand in der Verwaltung ausgebaut, der Kulturwandel ist sichtbar. War der Verein da vorher gebremst?
  13. Siegmund-Schultze
  14. Sicher verändert sich durch neue Führungskräfte etwas, aber ich würde das gar nicht mit vorher vergleichen. Das eine ist eine Führungskultur, in der „Top-Down“ entschieden und vorgegeben wird. Sagen Sie aber, „ihr seid verantwortlich für das, was ihr macht. Wenn es okay ist, lassen wir es laufen“ – dann ist das etwas ganz anderes. Mein Verständnis von guter Führung ist die zweite Variante. Da wird viel mehr Energie freigesetzt. Dass dabei Fehler passieren, finde ich in der Fußballbranche nicht dramatisch. Manchmal ist das sogar ganz witzig.
  15. Wann mussten Sie mal markant eingreifen?
  16. Siegmund-Schultze
  17. Nie. Wir tauschen uns im Beirat ständig mit den Geschäftsführern und den Führungskräften aus und stimmen die gemeinsame Vorgehensweise ab. Dadurch entstehen keine Situationen, wo wir sagen, wir greifen denen jetzt ins Lenkrad. Davon halte ich nicht viel.
  18. Ihr erstes Präsidentschaftsjahr war auch für den KSC geprägt von der Pandemie und einem wirtschaftlichen Verlust von saisonübergreifend sieben Millionen Euro. Wie bewerten Sie das?
  19. Siegmund-Schultze
  20. Diese Krise hat den Verein wie viele andere Unternehmen hart getroffen, aber so paradox das klingen mag: Es hat auch eine katalytische Wirkung gehabt. Nämlich, dass diese Krise von außen unsere innere Krise getroffen hat und wir gesagt haben, „da müssen wir jetzt wirklich durch“. Und dass dieser Zusammenhalt, der dadurch entstanden ist und der auch stetig wächst, wiederum bestimmte Entwicklungen im Verein beschleunigt hat.
  21. Können Sie da konkreter werden?
  22. Siegmund-Schultze
  23. Wir sind widerstandsfähig geworden, haben nicht rumgeheult. Unsere Mitarbeiter haben grundsätzlich sehr viel Lust auf die Zukunft. Weiterhin haben wir freie Kapazitäten, weil es ja nicht mehr so viel Arbeit an den Spieltagen gab, genutzt. Das hat dazu geführt, dass wir die Veränderung im Club beschleunigt haben.
  24. Hat der Profifußball aus Ihrer Sicht während der Corona-Krise nicht auch eine eher unglückliche Figur abgegeben?
  25. Siegmund-Schultze
  26. Zu dem Thema gibt es so vielfältige Ansichten wie wahrscheinlich Menschen, weil jeder seine eigene Betroffenheit hat. Ich bin der Meinung, dass der Profifußball eine wichtige Bedeutung hat, um den gesamten Sport in der Gesellschaft zu erhalten und weiterzuentwickeln. Da wurde von den Organisationen wie dem DFB etwas verpasst, weil man den Amateursport zu lange unberücksichtigt ließ. Damit schafft man das Gegenteil von Solidarität, man spaltet. Ich finde der Fußballsport ist so wichtig in unserer Gesellschaft, dass er zum Gemeinschaftsgedanken beitragen sollte.
  27. Was die Ausstattung der Lizenzspielermannschaft angeht, waren keine Sprünge möglich. Sind neue Sponsoren so schwer zu bewegen?
  28. Siegmund-Schultze
  29. Das würde ich nicht unbedingt sagen. Es gibt in vielen Bereichen eine Entwicklung. Im Merchandising zum Beispiel, dort hatten wir einen Zuwachs um 20 Prozent auf knapp eine Million Euro. Das ist schon sensationell, wenn man ohne die ganze Emotion, die man sonst bei Spielen hat, in diesem Segment wächst. Wer weiß, wie dieser Bereich gewachsen wäre, wenn wir mit Zuschauern gespielt hätten.
  30. Einer der markanten Momente Ihres ersten Amtsjahres war die Präsentation eines Namensgebers für das Wildparkstadion…
  31. Siegmund-Schultze
  32. Ich würde es als spektakuläres Ereignis bezeichnen. Es ist eine Leistung unserer Geschäftsführung gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe, in der BBBank einen Namensgeber gefunden zu haben, der besser nicht passen könnte. Das ist insbesondere für unsere mittelfristige Finanzplanung von großer Bedeutung.
  33. Sie versprachen, dass der KSC einen strategischen Partner mit einem Investitionsvolumen von 15 Millionen Euro präsentieren will. Können Sie hier Fortschritte vermelden?
  34. Siegmund-Schultze
  35. Das kann ich leider nicht. Da geht es in der Corona-Situation eigentlich in zwei Richtungen. Natürlich nehmen Kapitalpartner diese Krise auch als Chance wahr. Sie sehen, dass der Fußball insgesamt und gerade ein Verein wie der KSC in einer Turnaround-Situation ist. Auf der anderen Seite ist es so, dass man nicht sicher absehen kann, wie das weitergeht und ob die Begeisterung für den Fußball wirklich anhält. Wir arbeiten diesbezüglich mit einer Investmentbank zusammen. Die Gespräche sind mittlerweile vielfältig, da immer wieder neue Interessenten dazukommen. Alle haben sie unterschiedliche Ansätze für die Zusammenarbeit. Wenn man den ersten strategischen Partner für den KSC wählt, muss das wirklich ein Treffer sein. Da meine ich nicht nur das Geld. Es geht da ja auch um einen Beiratssitz, um mögliche Einflussnahme - also um weiche Faktoren, die immer eine Rolle spielen. Wir sind einfach noch nicht weit genug, um etwas zu kommunizieren.
  36. Wo sehen Sie sich mit Ihren Vorhaben am weitesten und wo gestalteten sich die Dinge dann doch schwieriger?
  37. Siegmund-Schultze
  38. Bei den angekündigten Veränderungen ging es um den Sport, es ging um die Finanzen, die Organisation. Ich würde sagen das ist auf der breiten Front alles relativ weit fortgeschritten, ohne dass wir bereits am Ziel sind. Aus der Management-Theorie weiß man ja, dass eine kulturelle Veränderung immer am längsten dauert.
  39. Das Image des Klepperlesverein, der die immer gleichen Fehler macht, ist korrigiert?
  40. Siegmund-Schultze
  41. Genau. Ich finde, die Aktion mit dem Namensgeber, war dahingehend beispielhaft. Da ging es nicht um Emotion. Da hat der Vorstandsvorsitzende der Bank nicht gesagt, „wir sind alle fußballverrückt, jetzt machen wir das mal“. Dort hat man klare vernünftige Entscheidungen getroffen für eine Strategie, die man mit uns gehen will. Dabei geht es natürlich um den wirtschaftlichen Erfolg, aber es geht auch um die Art und Weise wie wir zusammenarbeiten.
  42. Schlagen die neue Kultur und die Aussicht, dass absehbar eine schöne neue Stadionwelt in Karlsruhe aufziehen wird, bereits in der Nachfrage nach Logen und im Sponsoring durch?
  43. Siegmund-Schultze
  44. Seit langem. Definitiv. Das fing schon an, als es auf der Baustelle losging. Die Lust auf Fußball ist da, und die Partner wissen, da kommen jetzt neue Konzepte auch für den Hopitality-Bereich. Ich bin mir sehr sicher, dass wir Unternehmen aus Karlsruhe, die eben in andere Spielstätten oder zu anderen Events, - als Beispiel Handball in Mannheim - abgezogen sind, zurückgewinnen werden.
  45. Verfolgen Sie mit dem KSC perspektivisch Bundesligaziele?
  46. Siegmund-Schultze
  47. Meine persönliche Erfahrung mit dem Profifußball ist, dass man Erfolg nicht kaufen kann und dass man bei allen guten Absichten auch Glück braucht. Viele Zweitligisten haben Etats von 15, 16 Millionen Euro, was im Hinblick auf den Aufstieg noch nichts heißt, wie wir in der vergangenen Saison gesehen haben. Den Aufstieg zu planen, halte ich sogar für fahrlässig. Ich stehe für organisch wachsende Rahmenbedingungen, nicht für Casino. Da geht es auch um die Frage, wo ich meine Spieler herbekomme. Kommen die aus der eigenen Jugend, forme ich insgesamt ein Energiefeld, wie wir es ja gerade auch machen, indem wir einen Cheftrainer haben, der ja besser gar nicht zum KSC passen kann. Ich glaube, dann kann ein Momentum, entstehen aus dem heraus außerordentlicher sportlicher Erfolg erwächst. Und zu welchem Zeitpunkkt das passiert, ist für mich nicht relevant.
  48. Der KSC hat bislang noch nicht mit Eichner über die Verlängerung seines am Saisonende auslaufenden Vertrags gesprochen. Warum?
  49. Siegmund-Schultze
  50. Ich kann für den Beirat nur sagen, dass wir nichts gegen eine Verlängerung haben. Wir brauchen auch keine weiteren Arbeitsnachweise. Christian passt hervorragend zum KSC. Oliver Kreuzer wird da seinen Job machen
  51. Was wünschen Sie sich für Ihr zweites Jahr an der Clubspitze?
  52. Siegmund-Schultze
  53. Dass es so weitergeht!
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