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a guest
Sep 24th, 2019
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  1. Ich betrachtete ihn aufmerksam, den dicken Mann, der die Suppe mehr mit den Händen aß als mit dem Löffel. Die Brühe spritzte in alle Richtungen und seine Wangen glänzten bereits und präsentierten ein paar Reste von Kräutern. Ich hielt meine Hände auf dem Schoß und trug ein dünnes Lächeln im Gesicht. Er verlangte einst, dass es wichtig wäre, dass ich immer versuchte so gut wie möglich in seiner Gegenwart auszusehen, sonst wäre es ihm peinlich. Ich wäre ihm peinlich, so sagte er. Ich wäre nichts im Vergleich zu seinem schönen Gesicht. Also hielt ich mich auch an diesem Abend daran. Ich betrachtete seine schönen, von der Zeit verbrauchten Züge. Betrachtete seine Knollnase und die Pilzreste die sich in seinem Bart sammelten. Oh ja, er war eine wahre Augenweide.
  2.  
  3.  
  4. "Warum..." Schmatzte er zwischen den Löffeln hervor und riss sich just im selben Moment ein Stück Brot vom Leib ab. "...isst du nichts? Du musst abnehmen, mh? Ich habe gemerkt, dass dein Arsch fetter geworden ist." Er wackelte dabei mit dem bereits zur Hälfte in Suppe getunkten Brot, welches er sich dann zwischen die Lippen presste. Dabei nickte er noch ein paar Mal. Ich durfte gar nicht sprechen. Ich glaube er hatte es mir nach der ersten Woche verweigert. Frauen, die bereits bei mehreren Männern waren, hatten keinen guten Ruf. Das er mich nahm, so sagte er, wäre doch eine gütige Handlung seinerseits gewesen. Sonst hätte man mich vermutlich in die Minen geschickt und dann wäre ich nur noch tot wieder an die Oberfläche zurückgekehrt. Und dafür sollte ich ihm dankbar sein, jeden Tag. Und nach den ersten Woche hörte der Würgereiz auch tatsächlich auf, als ich ihm dankbar war. Ich wendete den Blick zur Kammer hinter ihm. Dort weinte ich manchmal, wenn er nicht Zuhause war. Aber das wusste er nicht, denn dafür fehlte es ihm an genauerer Aufmerksamkeit. Wer sich zu sicher war, wurde schlampig. Diesen Ratschlag hätte ich ihn geben können, hätte er mich denn gelassen.
  5.  
  6.  
  7. "Du sollst mich ansehen wenn ich mit dir re-..." Er unterbrach seine Worte und begann damit sich zu räuspern. Seine rechte, von fett beschmierte, Hand ging hinauf und klopfte mehrmals auf den eigenen Brustkorb. Seine froschartigen Augen weiteten sich und er versuchte immer wieder durch künstlich erzeugte Huster das zu vertreiben, was seinen Hals blockierte. Währenddessen begannen die Hände auf meinen Schoß zu zittern. Ich versuchte ruhig zu bleiben, aber es packte mich, die Panik griff nach mir und zerrte an allem was ich zu geben hatte. "Du verdammte...!" Röchelte er krampfend über den Tisch, bevor seine Gesichtsfarbe von Rot ins Blau schwenkte. Sein wuchtiger Leib hielt sich nicht mehr lange auf dem armen kleinen Stuhl und so kippte er zur Seite weg und landete mit einem dumpfen Laut auf dem kalten Stein. Ich hörte es röcheln und winseln, aber ich bewegte mich nicht. Ich saß einfach weiter da und starrte an die Stelle, an der er zuvor noch zu sehen war. Ich lächelte. Ich lächelte und sah in seiner Gegenwart gut aus.
  8.  
  9.  
  10. Ja, ich weinte immer in dieser Kammer.
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