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Nov 15th, 2019
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  1. Der größte politische Betrug der Zweiten Republik? Nein, aber. . .
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  3. Warum die Frage der Migration der Schlüssel zur Beurteilung einer allfälligen Kurz-Kogler-Koalition werden wird.
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  5. 14.11.2019 um 18:30
  6. von Christian Ortner
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  8. Mit dem für ihn typischen Gespür für feine Nuancen und differenzierte Betrachtung tobte der FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl dieser Tage, die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen seien „der größte politische Betrug der Zweiten Republik“.
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  10. Angesichts des Umstands, dass Kurz und Kogler ja kein Regierungsabkommen geschlossen haben, sondern vorerst einmal bloß über eines verhandeln, haben wir es bei Kickls Absonderung um einen typischen Fall von rhetorischer „Ejaculatio Praecox“ zu tun, diesfalls freilich in einer seltenen Symptomatik, die die Erregung des bedauernswerten Betroffenen sogar noch steigert.
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  12. Nun gut, der Mann ist Oppositionspolitiker wider Willen und dazu in der stets unerquicklichen Position des verschmähten Liebhabers, der auch noch dabei zuschauen muss, wie die Ex mit einem anderen rumknutscht – da muss nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Geschenkt. Bei kühler Betrachtung kann nicht ausgeschlossen werden, dass so manche ÖVP-Wähler die allfällige Bildung einer Regierung mit den Grünen nicht eben als exakte Umsetzung ihres politischen Willens verstehen werden. Immerhin hat die ÖVP im Wahlkampf laut und deutlich angekündigt, dass sie eine ordentliche Mitte-rechts-Politik fortsetzen werde. Nicht zuletzt deshalb hat ja auch eine Menge ehemaliger FPÖ-Wähler diesmal für Kurz optiert.
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  15. Nachdem diese „ordentliche Mitte-rechts-Politik“ mit den Grünen wohl eher nicht so gut umsetzbar sein wird, kann schon sein, dass der eine oder andere Anhänger einer derartigen Politik sich gepflanzt vorkommen wird. Darüber, ob das in ein paar Monaten so kommen wird oder nicht, wird in erster Linie entscheidend sein, auf welche Migrationspolitik sich die potenziellen Regierungspartner einigen werden. Denn trotz des Klimahypes ist dieses Metathema noch immer der politische Elefant im Raum. Daran ändert auch wenig, dass die Berichterstattung darüber derzeit nicht besonders intensiv ist; den ganz normalen Wähler treibt diese Frage nach wie vor stark an.
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  17. Und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass sie demnächst wieder an Gewicht gewinnen wird. Denn Behörden in Deutschland gehen davon aus, dass der Migrationsdruck stark steigt. Der Präsident der deutschen Bundespolizei, Dieter Romann, sagte der „Welt“ dieser Tage: „Von sicheren Außengrenzen kann heute keine Rede sein.“ Und laut EU-Kommission „steigen die Ankünfte in Griechenland weiter an“. Mit 57.182 Migranten seien bisher im laufenden Jahr 37 Prozent mehr als im Vorjahr auf dem Land- und Seeweg eingereist, berichtete die „Welt“. Gleichzeitig nimmt die Türkei nur mehr sehr zögerlich Migranten von den griechischen Inseln wieder zurück. 2019 war die Abschiebungsrate laut EU „so gering wie nie zuvor“, nur 138 waren es bislang.
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  19. Nicht auszuschließen ist, dass sich da wieder etwas zusammenbraut. Dass der türkische Präsident Erdoğan in immer kürzeren Intervallen damit droht, ein oder zwei Millionen in der Türkei gestrandeter Migranten in Richtung EU in Gang zu setzen, verringert das Risiko auch nicht. Vor diesem Hintergrund wird interessant zu beobachten sein, auf welchen Kompromiss sich Kurz mit seinen vielen von der FPÖ geliehenen Stimmen und Kogler mit seinen vielen noch immer willkommenskulturell gestimmten Anhängern werden einigen können.
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  21. Floskeln wie „Fluchtursachen bekämpfen“ oder „bessere Integration“ werden nicht genügen. Die allfällige Koalitionsregierung wird sich die Frage gefallen lassen müssen, wie konkret sie darauf reagieren wird, sollte sich eine Situation wie 2015 wiederholen und Zehntausende versuchen, illegal die Grenze zu überschreiten. Was kommt dann? Das Modell Ungarn oder doch bloß wieder das Modell Faymann/Mitterlehner?
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  23. Die Antwort darauf wird letztlich mitentscheiden, ob sich bürgerliche Wähler in großer Zahl betrogen fühlen werden oder nicht.
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