Advertisement
kaputt_machen

Ingenieur klagt Posten im Rathaus ein

Jan 22nd, 2013
191
0
Never
Not a member of Pastebin yet? Sign Up, it unlocks many cool features!
text 4.13 KB | None | 0 0
  1. Online Ausgabe Sächsische Zeitung
  2.  
  3. Montag, 21.01.2013
  4. Ingenieur klagt Posten im Rathaus ein
  5. Ahmad Sabha hat sich bei der Stadt beworben. Er wurde nicht zum Gespräch eingeladen, obwohl er anscheinend alle Qualifikationen besitzt. Vor Gericht erzielt er einen ersten Erfolg.
  6.  
  7. Von Franziska Schneider
  8.  
  9. Ahmad Sabha steht nur ungern im Mittelpunkt, doch diesmal sieht er sich einfach im Recht – und kämpft dafür. Der 55-Jährige arbeitet seit Jahren in Dresden als Tragwerksplaner. Er hat an der TU Dresden als Bauingenieur promoviert, ist Bauwerksprüfer und Sachverständiger für Gebäudeschäden, hat Erfahrung auf dem Gebiet der Bautechnik und des Baurechts. Er besitzt zwei Patente, etwa im Bereich Statik. Als Deutscher mit syrischen Wurzeln spricht er zudem drei Fremdsprachen. Seine berufliche Vita spricht für sich. Und doch hat es nicht zu einem Vorstellungsgespräch bei der Stadt gereicht, als diese im Sommer einen Abteilungsleiter für die Bauaufsicht suchte. Das versteht Ahmad Sabha nicht.
  10.  
  11. Die Stellenausschreibung mit der Chiffre 63120601 sieht aus wie für ihn geschaffen. Ein Universitätsabschluss ist da gefordert, hohe Fachkompetenz – darunter etwa Kenntnisse der Bautechnik und Statik, vertieftes Wissen über Holz-, Stahl- und Massivbau sowie noch ein paar „Soft Skills“ wie Zielorientierung und Durchsetzungsvermögen. Bis hin schließlich zum obligatorischen: „Wir freuen uns über Bewerbungen von Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund.“
  12.  
  13. Ahmad Sabha reicht am 9. Juli seine Bewerbung ein – und bekommt Ende August die Absage. Er bittet per Brief um eine Begründung. Das Personalamt antwortet: Man habe „hauptsächlich auf das Vorliegen der umfassenden Kenntnisse auf dem Gebiet der Bautechnik und Baustatik und des Bau- und Verwaltungsrechts sowie angrenzender Rechtsbereiche“ als Auswahlkriterium gesetzt. Das steht nur wenig anders in der Stellenanzeige.
  14.  
  15. Sabha beschwert sich bei der Oberbürgermeisterin, will wissen, wer die Stelle bekommen hat. Im September bekommt er Rückmeldung, wieder vom Personalamt. Die Stadt habe sich für einen Diplom-Architekten entschieden, der neben einem Referendariat im bautechnischen Dienst auch drei Jahre als Sachgebietsleiter in der Bauaufsicht gearbeitet habe. Ahmad Sabha ist überzeugt, dass da etwas schiefgelaufen ist. „Entweder, es geht hier um Vorteilsgewährung – oder um Diskriminierung meiner Person“, sagt er. Der Bauingenieur glaubt allerdings nicht, dass seine syrischen Wurzeln hierfür ein Grund seien.
  16.  
  17. Er schaltet einen Anwalt ein, der beim Arbeitsgericht Klage gegen die Stadt einreicht. Anwalt Hermann Kulzer ist überzeugt: „Die Ausschreibung war praktisch für ihn gemacht.“ Für ihn ist unverständlich, weshalb sich das Amt unter 29 Bewerbern ausgerechnet für einen Architekten entschieden hat.
  18.  
  19. Die städtische Bauaufsicht entscheidet nämlich unter anderem darüber, ob Häuser einsturzgefährdet sind oder nicht. Im Stellenprofil war deshalb auch der „Einsatz bei Gefahr im Verzug, auch außerhalb der Dienstzeiten“ explizit aufgeführt. „Solche sicherheitsrelevanten Fragen müssen doch Statiker beurteilen“, sagt Kulzer.
  20.  
  21. Vor Gericht hat Ahmad Sabha nach einer Anhörung beider Parteien bereits einen ersten Teilerfolg errungen: Die Stadt durfte die Stelle nicht besetzen, bis der Fall abschließend juristisch geklärt ist. Eine Verletzung des Auswahlverfahrens konnte nicht ausgeschlossen werden, begründet eine Gerichtssprecherin die Entscheidung. Für Bewerbungen im öffentlichen Dienst gelten bei der Bewerberauswahl strengere Auflagen als in der Privatwirtschaft. „Es ist derzeit fraglich, ob sich die Stadt Dresden an ihr Anforderungsprofil aus der Stellenbeschreibung gehalten hat“, so die Sprecherin. Die Verwaltung hat dieses erste Urteil akzeptiert, keine Berufung eingelegt.
  22.  
  23. Die Stadt will sich auf Anfrage der Sächsischen Zeitung nicht zu dem laufenden Verfahren äußern, weil Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter betroffen seien. Ahmad Sabha hofft, noch eine Chance zu bekommen. „Ich möchte mich der Herausforderung stellen und zeigen, wie gut und kreativ ich arbeiten kann.“ Am 27. März wird darüber vor Gericht verhandelt.
Advertisement
Add Comment
Please, Sign In to add comment
Advertisement