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Aug 26th, 2020
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  1. KSC-Geschäftsführer Becker zu Folgen leerer Stadien und Kassen / Investor mit Knowhow zu Fünf-Jahres-Plan gesucht
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  3. „Für uns sind auch 10.000 Euro sehr viel Geld”
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  5. Bad Leonfelden. Michael Becker schaute nur für zwei Tage im Trainingslager der Profimannschaft vorbei. Für den kaufmännischen Geschäftsführer des Karlsruher SC gab es auch in Österreich einige Themen aus seinem Ressort zu erörtern. Becker trägt in einer spannenden Zeit voller Ungewissheiten die Verantwortung für die Finanzen beim Fußball-Zweitligisten. Ein Fünf-Jahres-Plan hat der nach einem Schuldenschnitt noch mit zehn Millionen Euro Verbindlichkeiten behaftete KSC aufgelegt. Doch die Gegenwart fordert alle im Verein weiter gewaltig: Und längst nicht alle Wünsche lassen sich erfüllen, wie Becker im Interview mit BNN-Sportchef René Dankert während des Besuchs im Trainingslager betonte.
  6. Herr Becker, wie viele Zuschauer dürfen ab September die Ligaheimspiele im Stadion sehen?
  7. BeckerZwischen 200 und 450. Insgesamt sind nach der aktuellen Verordnung bis zu 500 Personen erlaubt. Die Frage ist, wen das Gesundheitsamt alles in die 500 rein zählt – denn es sind ja auch Ordner, TV-Produktionspersonal, Spieler und Presse vor Ort.
  8. Würden sich 200 Zuschauer für den KSC rechnen?
  9. BeckerBedenken Sie alleine die fixen Strom- und Betriebskosten. Da ist es egal, ob 200, 2.000 oder 20.000 da sind. Reich werden wir aber sicherlich nicht. Die zu erwartende Einnahme pro Spiel bewegt sich im niedrigen fünfstelligen Bereich. Die Lücke von drei Millionen Euro durch Corona schließen wir mit 200 oder 450 Zuschauern nicht.
  10. Wer darf rein?
  11. BeckerBei 200 Zuschauern planen wir mit 100 Businessgästen und 100 vorher ausgelosten Zuschauern, die Mitglieder oder Dauerkarteninhaber sind. Das ist noch der fairste Weg.
  12. Wie ist die Haltung der organisierten Fanszene?
  13. BeckerSie sagt nach wie vor: Alle oder keine. Dafür haben wir Verständnis und stehen auch in engem Austausch. Sie sehen aber auch unsere betriebswirtschaftliche Last. Ob wir 10.000 Euro Verlust oder 10.000 Euro Gewinn machen, ist nicht egal. Für uns sind auch 10.000 Euro sehr viel Geld.
  14. Cheftrainer Christian Eichner hätte gerne noch einen Außenbahnspieler, einen Rechtsverteidiger und Routinier Daniel Gordon zurück. Sie verweisen auf die wirtschaftliche Situation …
  15. BeckerDieses Spannungsverhältnis hat generell jeder Verein. Es ist meine Aufgabe, dem Sport so viele Mittel wie möglich zur Verfügung zu stellen. Aber wir haben gewisse Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Weiterhin müssen wir aus den Entwicklungen im letzten Jahr lernen, dass wir keine großen Risiken eingehen dürfen, da kein doppelter Boden mehr da ist.
  16. Wie hoch ist der Lizenzspieleretat?
  17. BeckerWir werden uns zwischen 8,5 und 9,5 Millionen Euro einpendeln.
  18. Abhängig davon, was noch passiert?
  19. BeckerGenau. Oliver Kreuzer und Ich stehen hierzu in ständigem Austausch.
  20. Eine Personalie, die Budget bindet, ist Marvin Pourié. Sind erst Spielräume vorhanden, wenn er transferiert ist?
  21. BeckerSpielerabgänge schaffen natürlich wieder neue finanzielle Freiräume, aber wir versuchen auch andere Lösungen zu finden.
  22. Aktien?
  23. BeckerPrinzipiell schließen wir zunächst keine möglichen Ansätze aus. Der Aktienverkauf darf jedoch nicht dafür verwendet werden, um regelmäßig Verluste aus dem operativen Geschäft gegen zu finanzieren. Bei der Bewertung gilt es aber auch die aufgrund von Corona entstandene Sondersituation zu berücksichtigen. Ein kleiner Vorteil ist, dass wir aufgrund der Insolvenzthematik bereits seit März in einer Art „Krisenmodus“ sind. Bei vielen anderen Clubs wird Corona jetzt erst voll durchschlagen. Die abgelaufene Saison war ja für viele noch einigermaßen moderat, weil die Dauerkarten und Sponsoring-Gelder bezahlt waren. Jetzt merken viele: Das Thema Corona wird im Oktober oder Dezember nicht ausgestanden sein.
  24. Halten Sie es für realistisch, dass der KSC nur noch ausgibt, was er einnimmt und in Liga zwei eine schwarze null schreiben kann?
  25. BeckerEin Verein unserer Größe mit dem neuen Stadion kann in der Zweiten Bundesliga problemlos ohne Transfererlöse auf eine schwarze Null fahren und einen sehr guten Etat im Sport bereitstellen. Ich würde sagen Minimum obere Tabellenhälfte. Das neue Stadion erweitert unsere Einnahmepotenziale insbesondere im Bereich Ticketing und Hospitality. Darum herum haben wir als Traditionsverein viel Power und weitere große Potentiale in dieser starken Region. Erste Entwicklungen sehen wir bereits jetzt, so erzielten wir beispielsweise im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Rekordergebnis im Bereich Sponsoring in Höhe von knapp sieben Millionen Euro.
  26. Bis zur Eröffnung des neuen Stadions werden noch zwei Jahre vergehen. Geht es nicht vor allem darum, erst mal diese Zeit sportlich und wirtschaftlich zu überbrücken?
  27. BeckerIn dieser Zeit befinden wir uns natürlich in einer Übergangsphase. Wirtschaftlich müssen wir uns weiter konsolidieren, aber gleichzeitig auch investieren. Sportlich gilt es nicht in die Dritte Liga abzusteigen. Ohne Corona würden wir nach dem ersten erfolgreichen Schritt der Sanierung finanziell so gut dastehen wie schon sehr lange nicht mehr.
  28. Aber nun, mit Corona?
  29. BeckerDie Pandemie ist für unsere Branche die größte Krise, die es je gab. Keiner kann momentan vorhersagen, wie es genau weitergeht. Wir müssen die Lage ständig neu bewerten und uns dementsprechend anpassen. Sollten wir noch weit in das nächste Jahr ohne größere Zuschauerzahlen spielen, wird es sicherlich nochmals für alle Vereine sehr herausfordernd.
  30. Wie ist eigentlich das Geschäftsergebnis der KGaA zum 30. Juni ausgefallen?
  31. BeckerDie Wirtschaftsprüfer sind noch dran. Dass da ein sehr dickes Minus steht, ist klar. Das liegt aber auch an den beim Schuldenschnitt getroffenen Vergleichen, die Sondereffekte haben, so etwa das Aufleben von Besserungsscheinen, und so weiter.
  32. Was umtreibt Sie derzeit am meisten?
  33. BeckerWir setzen derzeit sehr viele Projekte gleichzeitig um. Gewissermaßen sind wir ein „Start-Up mit Tradition“. Hauptthemen sind Krisenmanagement, das Vorantreiben des Veränderungsprozesses und der Stadionneubau, der sehr viele Ressourcen benötigt. Dazu gehört es beispielsweise gerade, die Dinge um die rund 1.000 Quadratmeter große provisorische Geschäftsstelle zu koordinieren - da steckt Arbeit dahinter. Letzte Woche haben wir den zweiten Bauabschnitt der „Vision Wildpark“ ausgeschrieben. Dieser soll bis Jahresende fertig sein. Der neue Kunstrasenplatz ist übernächste Woche fertig. Die Akademie erweitern wir jetzt um 340 Quadratmeter - oben kommen Büros rein und unten 170 Quadratmeter Kraftraum. Parallel suchen wir einen strategischen Investor.
  34. Wie konkret sind die Gespräche?
  35. BeckerWir sprechen derzeit mit mehreren inländischen Unternehmen. Diese Gespräche sind aber noch nicht zu einem spruchreifen Ergebnis gekommen. Unter einem strategischen Investor verstehen wir einen, der über 25 Prozent der Stimmrechte an der KGaA und damit einen Sitz im Beirat erwirbt. Neben Kapital ist es uns aber wichtig, dass derjenige auch unternehmerisches Knowhow mitbringt.
  36. Kein Modell Ismaik wie bei 1860 München?
  37. BeckerNein. Wir wollen jemanden, der den KSC gemeinsam auf Basis des eingeschlagenen Weges mit uns weiterentwickelt, der zu uns passt. Das Kapital wird benötigt, um mit Investitionen ein weiteres nachhaltiges Wachstum schneller zu generieren. Hierzu gehören unter anderem die Ausstattung des neuen Stadions oder der geplante Neubau eines modernen Funktionsgebäudes für die Akademie und Profis. Auch wird in vielen Bereichen weiteres Personal benötigt. Zusätzlich könnten Rücklagen gebildet werden.
  38. Und was hätte ein Investor davon?
  39. BeckerWenn sich die Situation normalisiert, kann der Weg bei uns nur Wachstum heißen. Mit dem neuen Stadion und dem Veränderungsprozess schaffen wir die Grundlage dafür. Wir haben aktuell eine Unternehmensbewertung von 60 Millionen Euro, die sich insbesondere vom Umsatz herleitet. Wenn man Vergleiche zieht zu anderen Vereinen unserer Größe in der Zweiten Bundesliga, spielt sich das in einer Spanne zwischen 80 und 120 Millionen Euro ab. Jetzt einzusteigen, kann für jemanden aktuell besonders attraktiv sein, weil er von der Wertsteigerung profitiert. Aber selbst wenn Geschäftsführung, Beirat und Aufsichtsrat der Ansicht wären, dass wir einen passenden Partner gefunden haben, stimmen immer noch die Mitglieder darüber ab, ob sie ihn wollen oder nicht.
  40. Steht eine solche Abstimmung schon für die MGV im Oktober an?
  41. BeckerNein, das ist momentan nicht geplant. Wenn das innerhalb des nächsten Dreivierteljahres klappen würde, wäre das natürlich sehr schön. Wenn nicht, geht die Welt auch nicht unter. Man sieht, was wir mit extrem geringen Mitteln trotz der Dritten Liga in den letzten beiden Jahren erreicht haben. Auch insgesamt, als Verein. Vor drei Jahren waren wir nicht einmal der größte Verein in Karlsruhe. Jetzt haben wir über 10.000 Mitglieder. Logischerweise super, wenn es dem e.V. als Hauptanteilseigner gut geht.
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