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Ein Blick auf die Entwicklung der politischen Linken

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Dec 17th, 2023
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  1. Operaismus
  2.  
  3. Sehr geehrte Leser, der Du auf diesen Post gestoßen bist,
  4.  
  5. heute wurde ich durch die Wikipedia auf den Tod von Antonio Negri[1] hingewiesen. Dabei wurde ich auf den Operaismus
  6. Ich kannte das gar nicht.
  7. Soweit ich mir angelesen habe, handelte es sich dabei wohl um eine marxistische Strömung aus den 1960er Jahren im Kontext der Arbeiterbewegung aus Italien.
  8. Einige der Punkte waren die Hinwendung zum Empfinden der Arbeiterklasse, Ablehnung von Strukturen wie Parteien und Gewerkschaften, Förderung von Sabotage und "wilden Streiks" und dergleichen. Der soziale Hintergrund war wohl die gleichzeitige Dominanz der politischen Linken im Nachkriegsitalien bei gestehenden sozialen Ungleichheiten und Gewerkschaften, die durch ihre Verstrickung in den Staat und Zuzug von Arbeitern aus den Süden Italiens tendenziell konservativer wurden.
  9.  
  10. Nun möchte ich an der Stelle davon abraten, mit einer Polemik anzusetzen. Diese Ereignisse liegen fast 2 Generationen zurück und was auch immer geschehen ist, ist bereits Vergangenheit.
  11. Interessanter finde ich in diesem Zusammenhang, dass die politische Linke schon damals in eine Art "Zwickmühle" gefangen war: Einerseits hatte man bereits einen Geschmack von echter Macht bekommen -- im Westen in Form von Regierungsbeteiligungen sozialistischer Parteien, im Osten durch die Sowjetunion -- , andererseits war die Revolution und die versprochene Befreiung der Arbeiterklasse ausgeblieben.
  12. Es musste also etwas falsch sein, sowohl mit dem Weg der Reform als auch mit dem der Revolution. Nur was?
  13.  
  14. Interessant scheint mir auch zu sein, dass in den Texten, die ich dazu gelesen habe, die Konflikte, die wir heute als schicksalhaft für die linken Bewegungen beschreiben, alle schon klar angesprochen werden:
  15. - Das Verschwinden des klassischen Arbeiters durch Automatisierung, Verlagerung ins "billigere Ausland" und Ausbau des tertiären Sektors
  16. - Das Problem der Linken, ihre Macht einerseits durch die lokalen Arbeiter akkumulieren zu müssen, aber andererseits das "revolutionäre Subjekt" mehr und mehr in Niedriglohnländer verlagert zu sehen
  17. - Das Auswechseln der Arbeiter durch Studenten im Zuge von 68
  18. - Umgekehrt das "Konservativerwerden" der Arbeiterklasse, im Falle Italiens durch den Zuzug aus den ländlicher geprägten Süden
  19. - Das Scheitern der marxchen Wirtschaftstheorie angesichts der Entwicklungen des Keynesianismus und der Erfolge der Gewerkschaftspolitik in Sachen Lohnsteigerung, mglw. auch Kosten der Produktivität
  20.  
  21. All das hat in der Entwicklung des Operaismus offenbar dazu geführt, dass das "revolutionäre Subjekt", die Arbeiter, zunehmend zu einer undefinierbaren Variable wurden. Die Theoretiker wussten also anscheinend selbst nicht mehr, wer der ausgebeutete Proletarier überhaupt sein soll.
  22. Das Einzige, was hier komplett fehlt, ist der Bezug zum Feminismus. Offenbar ist man dort den Weg nicht gegangen, die "Care-Arbeit" als eine Form der Ausbeutung für sich zu entdecken.
  23.  
  24. Meines Erachtens liegt hier der Kern oder ein wichtiges Stück des Dilemmas der heutigen Zeit vor uns.
  25.  
  26. Links:
  27. [1] https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Antonio_Negri&oldid=240263848
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