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German NERA (1)

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Jul 15th, 2019
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  1. Die Erfindung betrifft ein strahlengeschütztes Panzerfahrzeug, bei dem zwischen der Panzerung und dem Mannschaftsraum eine Neutronenschutz­ auskleidung aus Kunststoff vorgesehen ist.
  2.  
  3. Die Neutronenbombe als neuartige Gefechtsfeldwaffe hat gegenüber her­ kömmlichen Atomwaffen bei gleicher Detonationsstärke einen wesentlich höheren Neutronenstrahlungsanteil, was zwangsläufig die Forderung nach Strahlenschutz der Besatzung eines Kampfpanzers verschärft. Die Panzer­ fahrzeuge sind aufgrund ihrer Panzerung gegen die Rückstandsstrahlung aus dem Fallout und gegen die γ-Strahlungskomponente der Primärstrahlung aus Kernwaffendetonationen geschützt. Gegen die Neutronenstrahlungskomponente schützt die Panzerung jedoch nur bedingt.
  4.  
  5. Zur Verbesserung des Neutronenschutzes sind relativ dickwandige Auskleidungen im Kampfraum erforderlich. Diese Innenauskleidungen müssen aus Materialien bestehen, welche möglichst viel leichte Elemente, z. B. Wasserstoff enthalten, so daß die im Stahl der Panzerung abgebremsten hochenergetischen Neutronen weiter bis auf thermische Energie abgebremst werden. Im allgemeinen werden dem Auskleidungsmaterial noch Elemente bzw. Verbindungen von Elementen zugesetzt, die einen hohen Einfangquerschnitt gegenüber Neutronen besitzen und mit diesen eine Kernreaktion eingehen, bei der möglichst nur α-Strahlung auftritt und bei der keine radioaktiven Folge­ produkte gebildet werden. Derartige Elemente sind z. B. Bor und Lithium. Der Kunststoff des Auskleidungsmaterials darf keine Elemente enthalten, welche leicht aktivierbar sind bzw. mit Neutronen Reaktionen eingehen, bei denen γ-Strahlung frei wird.
  6.  
  7. Durch die genannten strahlenphysikalischen Anforderungen ergeben sich nun erhebliche Beschränkungen hinsichtlich der Erfüllung weiterer Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Belastbarkeit des Kunststoffes bei
  8.  
  9. a) Übertragung des Schockes oder der Stoßwelle bei Auftreffen des Ge­ schosses auf die Panzerung;
  10. b) Verformung der Auskleidung bei Ausbeulung der Panzerung durch Auftreffen eines Geschosses;
  11. c) Ermüdung durch Stoßbelastungen beim Fahren, Auffahren auf Hindernisse, z. B. Bäume, oder beschränkten Fallbewegungen, z. B. beim Einbrechen des Panzerfahrzeuges.
  12. Umfangreiche, sich über lange Jahre erstreckende Erprobungen zeigten nun, daß die Neutronenschutzauskleidung in vielen Fällen versagt, d. h. ausbricht, in denen die Stahlpanzerung noch intakt bleibt. Aufgrund der Bedeutung des Neutronenschutzes muß jedoch gefordert werden, daß die Neutronenschutzauskleidung mindestens so lange ihre Aufgabe erfüllt, wie die Stahlpanzerung den Belastungen noch widersteht.
  13.  
  14. Vor allem wurde festgestellt, daß die meisten grundsätzlich als Neutronen­ abschirmmaterial geeigneten Kunststoffe bei tieferen Temperaturen, d. h. also bei unter dem Gefrierpunkt liegenden Temperaturen bei der ballistischen Erprobung versagten. Das Kunststoffmaterial wird dabei als nicht geeignet angesehen, wenn es ausbricht, jedoch die Stahlpanzerung den Beschußbelastungen noch widersteht. Das Verhalten der an und für sich als Neutronenschutz geeigneten Kunststoffe bei Beschuß ist sehr unterschiedlich. Epoxide zeigen dabei ein sehr schlechtes ballistisches Verhalten. Sie zersplittern bereits bei Beschußbelastungen, unter denen beim Stahl noch keine wesentlichen Schäden auftreten und beispiels­ weise Polyäthylen keine Veränderungen zeigt. Gummiauskleidungen widerstehen bei Raumtemperatur den Beschußbelastungen, während sie bei tiefen Temperaturen unter denselben Bedingungen beschossen, zerspringen.
  15.  
  16. Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, die Belastungsfähigkeit und Haltbarkeit von Neutronenschutzauskleidungen aus Kunststoff erheblich zu verbessern.
  17.  
  18. Die Lösung der Aufgabe ergibt sich aus den im Kennzeichen des Haupt­ anspruches aufgeführten Merkmalen. Die Unteransprüche zeigen bevorzugte Ausführungsformen.
  19.  
  20. Die beiliegenden Zeichnungen dienen zusammen mit der folgenden speziellen Beschreibung der weiteren Erläuterung der Erfindung. Es zeigen:
  21.  
  22. Fig. 1 ein Diagramm der Zugfestigkeit einer Neutronenschutzaus­ kleidung aus Polyamid in Abhängigkeit einer Faserbeimischung;
  23.  
  24. Fig. 2 ähnlich wie Fig. 1 ein Diagramm der Zugfestigkeit einer Neu­ tronenschutzauskleidung aus Epoxid in Abhängigkeit von Faserbeimischungen;
  25.  
  26. Fig. 3 ein Diagramm ähnlich den Fig. 1 und 2 einer Neutronen­ schutzauskleidung aus Epoxid und der Beimischung von Glasfasern und Kohlenstoffasern;
  27.  
  28. Fig. 4 ein Diagramm ähnlich der Fig. 3 unter Beimischung von Glas­ fasern und Kevlarfasern zu einer Epoxidneutronenschutzaus­ kleidung;
  29.  
  30. Fig. 5 ein Diagramm ähnlich Fig. 3 unter Beimischung von Glasfasern und Stahlfasern zu einer Epoxidneutronenschutzauskleidung.
  31.  
  32. In den Diagrammen bezieht sich die Prozentangabe bei Glasfasern auf das Gewicht und bei anderen Fasern auf den entsprechenden Volumenanteil, d. h. zur Ermöglichung eines entsprechenden Vergleiches wurde der Gehalt an anderen Fasern auf den Volumenanteil Glasfaser umgerechnet. In einer ersten Versuchsreihe wurden verschiedene Fasermaterialien, nämlich Borfäden, Stahlfasern, Kohlenstoffasern, Glasfasern, Polyamid­ fasern und Aramidfasern, Epoxidharzen, Polyurethan- und Polyamid- Kunststoffen zugesetzt und die Auswirkung des Faserzusatzes auf die Festigkeitseigenschaften untersucht. Es wurden Beschußplatten aus diesen Mischungen hergestellt, die einerseits maximalen Fasergehalt, d. h. maximalen Füllgrad, und andererseits gerade so viel Fasern enthielten, daß die Ausgangsfestigkeit des Kunststoffes wieder erreicht wurde.
  33.  
  34. Um ein möglichst homogenes Gefüge der Fasern zu erreichen, erfolgte vor jedem Füllen der Form ein Aufschlämmen der Fasern mit Wasser bzw. mittels Lösungsmitteln. Erst nach dieser Vorbehandlung erfolgte das Füllen der Form mit Fasern und Kunststoff bzw. das Einrühren der Fasern in den Kunststoff. Die so erhaltenen Probekörper, welche isotrope Faserver­ teilung aufwiesen, wurden einer Beschußerprobung unterzogen. Das Ausbruchs­ verhalten aller faserverstärkten Platten im direkten Beschuß war ausge­ zeichnet. Auch hinter einer Schottpanzerung montierte Platten, welche unter einem Winkel beschossen wurden, unter welchem das Geschoß gerade noch nicht durchdrang, führten nicht zum Versagen des Kunststoffes. Aus Strahlen­ schutzgründen mußten in der weiteren Entwicklung in der Hauptsache die Kunststoffasern weiterverfolgt werden. Speziell die Aramidfasern erwiesen sich als außerordentlich günstig. Die Kombination Polyurethan mit Aramid­ fasern erfüllte alle gestellten Forderungen sowohl abschirmphysikalischer als auch ballistischer Art. Mit dem gewählten Fertigungsverfahren - Ein­ rühren der Faser in den Reaktionsansatz - konnten Fasergehalte von ca. 20 Volumen-% erreicht werden. Im Reaktionsansatz befand sich dabei auch eine Borverbindung, die aus abschirmphysikalischen Gründen erforderlich ist. Höhere Fasergehalte sind jedoch durch Variieren des Herstellungsver­ fahrens erreichbar. In die ballistische Untersuchung wurden sie jedoch nicht mit einbezogen, da dadurch der Wasserstoffgehalt in mg/cm³ im Ab­ schirmmaterial sehr weit absinkt. Aus Strahlenschutzgründen ist jedoch ein hoher Wasserstoffgehalt erforderlich.
  35.  
  36. Weiterhin sind drahtgewebeverstärkte Kunststoffplatten gefertigt und be­ schossen worden. Auch bei diesen Versuchen wurde eine merkliche Ver­ besserung im Ausbruchverhalten der verschiedenen Kunststoffplatten festgestellt.
  37.  
  38. Der theoretische Eigenschaftswert eines Kunststoffes, welcher durch in Belastungsrichtung liegende, hochfeste Fasern verstärkt wird, errechnet sich, wenn die Belastung vom Kunststoff voll in die Fasern eingeleitet wird, entsprechend den Volumen-Anteilen von Kunststoff und Fasern multipliziert mit den entsprechenden Eigenschaftswerten. Nach Diez gilt:
  39.  
  40. E = E K · V K + E F · V F (1)
  41.  
  42. wobei
  43.  
  44. E = Eigenschaftswert V = Volumenanteil K = Kunststoff F = Faser
  45.  
  46. bedeuten.
  47.  
  48. Durch Umformen kann erhalten werden:
  49. da:
  50.  
  51. V K + V F = 1 (2)
  52.  
  53. E = E K · (1-V F ) + E F · V F (3)
  54.  
  55. E = E K - E K V F + E F · V F (4)
  56.  
  57. E = E K + (E F - E K ) · V F (5)
  58. Aufgrund dieser Formelaussage wird ein Kunststoff in jedem Fall durch Fasern, die in Belastungsrichtung liegen, verstärkt, wenn diese einen Eigenschaftswert aufweisen, der größer als die zu verbessernde Kunst­ stoffeigenschaft ist. Diese Parallelität der Fasern kann durch einen Ab­ minderungsfaktor k ∥ berücksichtigt werden. Die unterschiedlichen Eigen­ schaften von Fasern und Harz und die theoretischen Voraussetzungen wie Krafteinleitung usw. werden durch einen empirisch bestimmbaren weiteren Abminderungsfaktor (k) berücksichtigt, so daß sich die Gleichung (6) ergibt.
  59.  
  60. E = (E k + (E F - E K )V F · k ∥)k (6)
  61. Die nach (6) errechneten Eigenschaften, aus denen auch die festigkeits­ mindernden Faktoren erhalten wurden, wurden in keinem Fall erreicht. Untersucht wurden
  62.  
  63. - Epoxidharze,
  64. - Polyurethan,
  65. - Guß-Polyamid,
  66.  
  67. welche durch
  68.  
  69. - Kohlenstoffasern,
  70. - Stahlfasern,
  71. - Aramidfasern,
  72. - Glasfasern,
  73. - Borfäden
  74.  
  75. verstärkt wurden. Aus Gründen der Vergleichbarkeit sind immer gleiche Faserlängen eingesetzt worden. Die bevorzugten Faserlängen lagen zwischen 5 und 10 mm - meist zwischen 6 und 8 mm. Das Längen-zu-Durch­ messerverhältnis war bei allen Fasern größer als der Wert von 56, er lag bei den verschiedenen Fasern zwischen 100 und 1000.
  76.  
  77. Da festgestellt worden war, daß mit den reinen Fasern mit den verar­ beitungstechnisch sinnvollen Fasergehalten zwar eine Erhöhung des E- Moduls, jedoch keine Festigkeitssteigerung erzielbar war - untersucht wurden
  78.  
  79. - Biegezugfestigkeit
  80. - Zugfestigkeit
  81. - Kerbschlagzähigkeit
  82.  
  83. im Temperaturbereich von -40°C bis +70°C - wurden Fasergemische in die Untersuchung mit einbezogen. Der Festigkeitsabfall - verursacht durch innere Kerbung, Bindefehler, Vorbelastung durch Aufschrumpfen der Matrix auf die Faser - wurde durch die billige Glasfaser aufgefangen, bevor die höherwertigen Sonderfasern zugemischt wurden. Bei diesen Gemischen konnten überproportionale Verstärkungswerte erreicht werden, die erforderlichen Gesamtfasergehalte waren jedoch immer noch zu hoch.
  84.  
  85. Trotz dieser negativen Erfahrung, d. h. trotz dieses Festigkeitsabfalls, wurden Platten aus derartigen Kunststoff-Faser-Gemischen Beschußerprobungen unterzogen. Beschossen wurden Platten aus
  86.  
  87. - Epoxid (mit und ohne Faser)
  88. - Polyurethan (mit und ohne Faser)
  89. - Polyamid (mit und ohne Faser).
  90. Überraschenderweise verhielten sich (50 mm dicke) Platten, die Fasern enthielten, beim Beschuß besser. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß sowohl das Rißverhalten als auch das Ausbruchverhalten verbessert wurde. Speziell das Epoxid, welches ohne "Verstärkung" in kleine Teile zersplitterte, wies bei Durchschüssen relativ kleine Aus­ bruchzonen auf. Bei Polyamid war diese Verbesserung des Beschußver­ haltens ebenfalls feststellbar. Sie trat jedoch nicht mehr so deutlich auf, da sich der reine Kunststoff bei Beschuß besser verhält als Epoxid.
  91.  
  92. Auch bei Polyurethan, dem beschußsichersten Kunststoff der untersuchten Produkte, war noch eine erhebliche Verbesserung feststellbar. Hier konnte wie bei Polyamiden, speziell bei kleineren Kalibern, sogar eine Vergrößerung des Sicherheitswinkels (d. h. der Winkel, bei dem kein Durchschuß erfolgt) nachgewiesen werden (ca. 15° Verbesserung).
  93.  
  94. Dieses Verhalten war aus den reinen Festigkeitsüberlegungen heraus nicht zu erwarten. Aufgrund der Versuchsergebnisse scheint sich jedoch klar abzuzeichnen, daß bei diesen kurzzeitigen Belastungen die "verstärkten" Kunststoffe entgegen den gemessenen Festigkeitsverlusten doch höhere Festigkeitswerte aufweisen. Nur dadurch ist das bessere Beschußverhalten zu erklären.
  95.  
  96. Die Diagramme gemäß den Fig. 1 bis 5, welche die Zugfestigkeit von Neutronenschutzauskleidungen aus Polyamid und Epoxid zeigen, liefern einen ersten Anhaltspunkt hinsichtlich der Optimierung des Faseranteils. Wie dargelegt wurde, sind jedoch die Ergebnisse bei Schock- oder Stoß­ belastungen günstiger als sie die Zugfestigkeitsdiagramme erwarten lassen würden.
  97.  
  98. Da die Belastungsrichtung bei Beschuß nicht voraussehbar ist, muß eine ungerichtete Verstärkung, d. h. eine multidirektionale Verstärkung des Kunststoffes durch das Fasermaterial vorgenommen werden. Dies wird am besten dadurch erreicht, indem Kurzfasern in die Kunststoffmatrix eingemischt werden. Ein Einsatz von Kurzfäden ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Länge dieser Fasern mindestens dem 56fachen Faser­ durchmesser entspricht. Bei einem Faserdurchmesser von 0,1 mm muß also die Mindestlänge der Faser 5,6 mm betragen.
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