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Die NPD im Gegenwind

Feb 6th, 2013
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  1. Sächsiche Zeitung online
  2. Mittwoch, 06.02.2013
  3. Die NPD im Gegenwind
  4. Gegen Sachsens frisch gewählten NPD-Chef gibt es einen V-Mann-Verdacht. Es ist nicht das einzige Problem der Partei.
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  6. Von Thomas Schade
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  8. Einstimmig, so Parteisprecher Jürgen Gansel, hätten die NPD-Landesvorstände zu Wochenbeginn ihrem frisch gewählten Vorsitzenden Holger Szymanski das Vertrauen ausgesprochen. Der 40-jährige, eher unauffällige Landesparteichef war im Internet-Blog „gamma“ als V-Mann des Verfassungsschutzes bezeichnet worden. Er hatte das umgehend dementiert und dem Geheimdienst in einer Erklärung vorgeworfen, das Gerücht gestreut zu haben.
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  10. Noch ist unklar, wie die Behauptung in die Welt kam, ein mögliches NPD-Verbotsverfahren dürfte sie kaum beeinflussen. Denn in der Materialsammlung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, die die Grundlage eines neuerlichen Verbotsverfahrens wäre, soll Holger Szymanski als Autor verfassungsfeindlicher Äußerungen nicht auftauchen.
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  12. Dem Innenministerium zufolge hatte Sachsen 245 Seiten Papier mit rund 900 Einzelbelegen zu der Materialsammlung beigesteuert.
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  14. Dennoch beschert die Causa Szymanski wohl vor allem dem NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel ein weiteres Problem. Der studierte Historiker Szymanski machte in der von Apfel geführten NPD-Landtagsfraktion politisch Karriere, war Pressesprecher und leitet gegenwärtig den parlamentarischen Beraterdienst der Fraktion.
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  16. Die neuerliche V-Mann-Affäre ist nicht der einzige Ärger, mit dem sich die NPD herumschlagen muss. Ihrem Bundesvorsitzenden Apfel weht schon sei geraumer Zeit rauer Wind ins Gesicht. So hat ihm der ehemalige NPD-Schatzmeister ein schweres Finanzproblem hinterlassen. Die Partei hatte 2007 ihre Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung im Rechenschaftsbericht an den Bundestagspräsidenten fehlerhaft angegeben und sollte deswegen 2,5 Millionen Euro zahlen. Sie zog bis vor das Bundesverwaltungsgericht, um das Millionenbußgeld zu verhindern, errang aber nur einen Teilerfolg. Die Leipziger Richter entschieden im vergangenen Dezember, dass die rechtsextreme Partei 1,27 Millionen Euro zahlen muss.
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  18. Neuer Freundeskreis Udo Voigt
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  20. Auch der Parteiverlag Deutsche Stimme in Riesa befindet sich in einer Lage, die die NPD selbst als „schwierig“ bezeichnet. Nachdem der sächsische Landesverband im Sommer 2012 mit einem Darlehen von 50000 Euro aushelfen musste, erwarb er inzwischen für 25000 Euro eigene Anteile an dem Verlag und ist nun mit zehn Prozent am Unternehmen beteiligt. Zudem meldete Sachsens Verfassungsschutz im Mai vergangenen Jahres auf seiner Internetseite Spannungen zwischen der Partei und den freien Neonazis. Anlass war eine antieuropäische Demo zum 1. Mai in Bautzen, an der dem Amt zufolge weniger Anhänger teilnahmen als erwartet. Die Partei habe den Aufmarsch dennoch als „glasklaren Erfolg“ gesehen, so der Verfassungsschutz. Neonazis der „Freien Kräfte“ hätten sich im Internet dagegen beklagt, dass die NPD sich zwar offen gegen den Euro und gegen Brüssel positioniere, intern aber Aktivitäten forciere, um 2014 ins EU-Parlament einzuziehen. Vor wenigen Wochen beim Landesparteitag verkündete Apfel ganz offen, dass man „als dezidierte Anti-Euro-Partei mit einem Paukenschlag ins Europaparlament einziehen“ wolle.
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  22. Zuvor hatte er ganz andere Schläge hinnehmen müssen. In Bayern und Sachsen hatten mehrere NPD-Amtsträger die Partei verlassen. Apfels politischer Kurs der „seriösen Radikalität“ gilt einigen in der Partei als zu lasch. Schon 2012, zu Jahresbeginn, war der Chemnitzer NPD-Chef zurückgetreten, im März legte der Vorstand des NPD-Kreisverbandes Leipziger Land die Ämter nieder. Die Wiederbelebung zog sich bis Dezember hin. Auch der Landesvorsitzende Mario Löffler wollte nach einem Jahr nicht weitermachen. Offiziell begründet er das unter anderem mit der Pflege seiner erkrankten Eltern. So musste Holger Szymanski ran. Auf dem Parteitag schwor Apfel die NPD auf die kommenden Wahlen ein. Bleibt es bei den zuletzt ermittelten 3 Prozent, dürften er und seine Partei in eine existenzielle Krise abgleiten.
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  24. Doch so lange wollen einige Kameraden offenbar nicht warten. In den letzten Wochen hat sich in bislang 15 Orten bundesweit ein „Freundeskreis Udo Voigt“ gegründet, der „nationale Kräfte über die Parteigrenzen hinweg“ sammeln will. Voigt hatte 2011 in einer Kampfabstimmung das Rennen um die Parteispitze gegen Apfel verloren. Nun dürfte sich die neue Konkurrenz über Zulauf unzufriedener NPDler freuen. Das Postfach der Voigt-Freunde ist im vogtländischen Reichenbach.
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