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Nazis unter sich

Jan 18th, 2013
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  1. Artikel Sächsische Zeitung online
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  3. Freitag, 18.01.2013
  4. Nazis unter sich
  5. Ein Journalist hat mit versteckter Kamera bei rechten Konzerten gedreht und Erschreckendes entdeckt – auch in Bautzen.
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  7. Von Nicole Preuß
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  9. Ein roter Teppich ist einladend ausgerollt. Daneben Neonazis mit schwarzer Bomberjacke, kurzgeschorenen Haaren. Die Szene spielt 2004. Aufgenommen hat sie der Journalist Thomas Kuban auf dem Flugplatz Litten – mit versteckter Kamera. Im Gebäude spielt eine Nazi-Band. Sie grölen „sollen keine Juden unser Volk verkaufen.“ Eine erschreckende Szene, aber sie ist Realität. Thomas Kuban zeigt sie in seinen Film „Blut muss fließen. Undercover unter Nazis“. Am Mittwochabend war die Dokumentation im Steinhaus zu sehen. 140 Bautzener waren in die Albert-Schweitzer-Straße gekommen. Mitarbeiter mussten zusätzliche Stühle heranschleppen. Mit so viel Interesse hatten sie nicht gerechnet.
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  11. Das liegt wohl auch daran, dass der Film bisher noch nicht in Kinos der Region oder im Fernsehen gelaufen ist. Obwohl sich Thomas Kuban und der Filmemacher Peter Ohlendorf darum bemühten. Die Verleihe und die Sender lehnten das ab. Deshalb hat die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grüne den Film nach Sachsen geholt. In Leipzig, Dresden, Meißen, Döbeln und Chemnitz wurde er schon gezeigt. In Wurzen soll er noch laufen. Bisher immer mit großem Erfolg. In einigen Städten gab es sogar zusätzliche Aufführungen. Für Filmemacher Peter Ohlendorf ist das nichts Neues. „Im vergangenen Jahr war ich mit dem Film jeden Tag woanders in Deutschland“, sagt er. Nachdem die Doku den Alternativen Filmpreis der Berlinale gewonnen hatte, wollten ihn viele sehen. Und das Interesse ebbt bis jetzt nicht ab.
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  13. Der Journalist, der in der Musikszene der Neonazis, recherchiert hat, fährt nicht mit. Er hat bereits Morddrohungen bekommen. Thomas Kuban ist auch nicht sein richtiger Name. In der Öffentlichkeit und im Film tritt er verkleidet auf. Mit blonder Perücke, großer Heino-Brille, orangenem Jackett. Wenn er in der Neonazi-Szene recherchiert, trägt er die Kleidung der Nazis. Dort hört er menschenverachtende und verbotene Texte. Dort brüllen die Konzertbesucher „Sieg Heil“ und manche Neonazis zeigen ihre Tätowierungen: Hakenkreuze und andere Symbole. Thomas Kuban hat das alles aufgenommen. Im Film breitet er seine Ausstattung aus: Eine Knopflochkamera, Kabel und ein Aufzeichnungsgerät. Während eines solchen Konzerts ist die Gefahr groß, entdeckt zu werden.
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  15. Die Veranstaltungsorte bleiben bis zuletzt geheim. Zum Konzert auf dem Flugplatz wird Thomas Kuban über mehrere Orte geschickt. Schnitzeljagd nennt er das. An der ersten Anlaufstelle, einer Autobahnraststätte, bekommt er eine Wegbeschreibung. Die führt ihn bis zum Parkplatz am Marktkauf. Dort bekommt er wieder einen Zettel und so weiter.
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  17. 40 bis 50 solcher Konzerte gibt es im Jahr noch in Sachsen, sagt der Landtagsabgeordnete Miro Jennerjahn (Bündnis 90/Die Grünen) bei der anschließenden Podiumsdiskussion. Das Innenministerium spricht von 30 im vergangenen Jahr. Sven Kaseler vom Augen Auf e.V.: „ Diese Zahl ist sicher nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt viele Konzerte in der Region, von denen nur die Nazis erfahren.“
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