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Apr 20th, 2012
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  1. Das Urheberrecht: Handreichung gegen die Argumente der Piraten
  2. Argumentationshilfe zu den Positionen der Piratenpartei von Christian Demuth und Klaus-Jürgen Scherer aus dem Parteivorstand
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  5. 1. Argumente gegen die Positionen der Piratenpartei:
  6. · Die Unterscheidung der Piraten zwischen „guten Künstlern“ und bösen „Konzernen“ ist eine interessante Form der Doppelmoral: Das von den Piraten geforderte kostenfreie Runterladen von Daten nützt nämlich nur den milliardenschweren Monopolisten Google, Apple und Microsoft (die etwa über Youtube Filme anbieten).
  7. · Führende Piraten sind doppelzüngig: Viele von ihnen arbeiten selbst etwa in der Software Branche und produzieren Apps für Smart phones oder andere Software: Diese Piraten wollen natürlich, dass die Nutzer dafür zahlen.
  8. · Die Piraten haben keinen Sinn für die vielen kleinen Künstler: Sie argumentieren, wenn die Künstler gut seien, dann könnten sie trotz kostenfreien Herunterladens von Daten über Internet-Werbung verdienen. Davon profitieren aber nur wenigen, den 5-10% bereits bekannten und berühmten Künstlern.
  9. · „Geiz ist geil“ hat die Gesellschaft ungerechter und kaputt gemacht. Die Piraten wollen mit diesem zerstörerischen Prinzip auch noch die Kunst beschädigen.
  10. · Das Gerede von der „bösen Gema“ und anderen Verwertern ist falsch: Diese nutzen eben nicht nur den berühmten Künstlern, sondern gerade all denen, die nur knapp davon leben können (zusammen mit der Künstlersozialkasse). Künstlerische Qualität, Nachwuchsförderung, Vermarktung braucht eben Verlage, Plattenlabels, Galeristen, VG-Wort und Bild usw..
  11. · Die Piraten behaupten, es sei Demokratie, wenn jeder gleichermaßen Sender und Empfänger sei, wenn also letztlich jeder Künstler sei. Sie beantworten nicht die Frage, wovon die wirklichen Künstler eigentlich leben sollen.
  12. · Ohne Urheberrecht hätten wir den Plagiator Guttenberg immer noch als Minister. Guttenberg wurde durch eine Internet-Initiative Guttenplag nachgewiesen, massenhaft gegen das Urheberrecht zu verstoßen, indem er abgeschrieben hat.
  13. · Piraten fordern ein Leben, das nichts kostet, sei es mit ihren Forderungen nach bedingungslosem Grundeinkommen, freie Fahrten mit dem ÖPNV oder eben dem kostenlosen Runterladen aller Daten. Sie sagen aber nicht, wer dafür bezahlen soll. Am Ende werden daher die Menschen zahlen, die als Arbeitnehmer und ehrliche Steuerzahler staatliche Leistungen hauptsächlich finanzieren.
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  17. 2. Folgerungen für die SPD:
  18. § Unter den Künstlern – gerade den Kleinst- und Kleinunternehmen und Soloselbstständigen - nehmen prekäre Arbeits- und Lebensweisen zu. Dabei sind Urheberinteressen für das Einkommen von Kultur- und Kreativschaffenden von zentraler Bedeutung. Die SPD hat sich immer für die Rechte der Urheber, der Künstler und Kreativen eingesetzt. Entscheidend wurde die Frage, wie es im digitalen Zeitalter gelingen kann, aus der Verwertung geistigen Eigentums eine angemessene Vergütung zu erhalten.
  19. § Wir widersprechen daher der Propaganda für den illegalen Download, sondern wollen zunächst Vorschläge zu Modellen von Kulturflatrate weiter diskutieren, sowie neue Geschäftsmodelle für das Netz entwickeln helfen.
  20. § Wir brauchen eine Debatte zwischen den beiden Positionen, wobei die SPD vor allem sicherstellen will, dass die Interessen der (prekären) Künstler nicht zwischen den großen Medienkonzernen und den lautstarken Forderungen nach Legalisierung illegaler Downloads zerrieben werden.
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  22. 3. Hintergrund
  23. Wir haben es derzeit mit zwei frontalen Angriffen auf Kunst und Kulturschaffende zu tun, die die aktuelle kulturpolitische Auseinandersetzung bestimmen. Es geht dabei nicht mehr um die übliche Debatte der Beziehung zwischen Hochkultur, Sozio- und Avantgardekultur
  24. Es geht um einen zweifachen Epochenbruch:
  25. 1) Angesichts (v.a. kommunaler) Haushaltsengpässe soll Marktlogik an die Stelle des Systems öffentlicher Kulturförderung gesetzt werden. Diese Debatte gab es etwa im Rahmen der Diskussion um das Buch „Kulturinfarkt“: In diesem wurde die Halbierung der kulturellen Infrastruktur und Orientierung an Markt und Nachfrage empfohlen.
  26. Der von der Akademie der Künste (Klaus Staeck) inszenierte „Appell zur Verteidigung der Kultur“, den zahlreiche berühmte Künstler unterschrieben haben, entspricht der Position der SPD: „Danach hätten sich Kunst und Kultur dem Diktat der Quote zu stellen. Gefragt ist Massentaugliches – alles andere erhält keine festen Förderzusagen mehr. Statt ‚Kultur für alle‘ soll die Kultur offenbar wieder zu einem elitären Gut werden. Die Akademie der Künste protestiert gegen diesen mit klarer Absicht inszenierten Tabubruch, die Grundlagen einer öffentlichen Kulturförderung zu zerstören. Die Fragen nach notwendigen Strukturveränderungen für eine zukunftsorientierte Kulturpolitik bedürfen einer ernsthaften und verantwortungsbewussten Debatte, die auf breiter Front schon längst im Gange ist. Auf eine alternativlose Kahlschlag-Diskussion werden wir uns nicht einlassen. Sie würde unsere Kulturnation nachhaltig schädigen.“
  27. 2) Zum anderen dreht sich die Debatte um die Anpassung des Urheberrechtes an neue Herausforderungen und technische Möglichkeiten. Anhänger des schärferen Urheberrechtes, welches auch, wo Musik, Filme, Bilder, Bücher elektronisch ohne Qualitätsverlust zu kopierbar sind, durchgesetzt werden muss, stehen den angeblichen User-Interessen, ein möglichst freies Internet vorzufinden, gegenüber. Besonders Rot-Grün gerät bei einem Teil der jungen Generation unter die Konkurrenz der fatalen Freiheitsideologie der Piraten („Umsonst-Kultur“, „digitales Freibier für alle“): „Es gibt weder Raubkopien, noch gibt es geistiges Eigentum. Ihr mögt da anderer Meinung sein und das ist euer gutes Recht. In einer Diskussion mit uns müsst ihr aber akzeptieren, dass wir dies anders sehen. Für uns steht das Urheberrecht eben (zumindest in Teilen) zur Disposition und damit zur Diskussion. (..) Alle Maßnahmen, die bisher vorgeschlagen wurden, um das aktuelle Urheberrecht vollumfänglich durchzusetzen, sind mit massiven Einschnitten in diese Freiheit verbunden (…) Statt also die Risiken der umfassenden Datenkontrolle zu akzeptieren, gehen wir den anderen Weg und wollen die Chancen der freien Verfügbarkeit von Werken im Netz nutzen“ (Angriffslinie von Piraten).
  28. Demgegenüber hieß es im Brief von 51 Tatort-Autoren zur Verteidigung des Urheberrechtes: „Wenn die Grünen, Piraten, die Netzpolitiker aller Parteien es mit den Urhebern also wirklich ernst meinen, dann sollten sie zunächst mal mit ihren eigenen Kulturpolitikern sprechen: Die können ihnen den Zusammenhang von Kunst/Kultur und materieller Absicherung sicher erläutern, ihnen klar machen, dass die nachhaltige Produktion qualitativ hochwertiger Kunst und Kultur nicht amateurhaft, also wie Wikipedia organisiert werden kann. Immerhin leben hunderttausende Menschen von kreativer Arbeit und helfen mit ihren (konkurrenzfähigen) Werken, die ideelle und materielle Zukunft einer postindustriellen Bundesrepublik auch international zu sichern. Wenn man die Lage der Urheber nachhaltig verbessern will, dann müssten also alle politischen Kräfte den Urhebern bzw. ihren Verbänden helfen, das Urhebervertragsrecht zu verbessern, die Verhandlungspositionen der Urheber gegenüber den Verwertern zu stärken: Mit Hilfe verbindlicher Regelungen zu den Gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) oder mit einem Verbandsklagerecht, oder, oder... Vor allen Dingen sollten die Netzpolitiker aller Parteien die Finger von den Schutzfristen lassen, und bitte nicht jede Missbrauchskontrolle bei Providern und Usern gleich als den definitiven Untergang des Abendlandes anprangern: Bei der Suche nach Schwarzfahrern und Steuerhinterziehern zum Beispiel, müssen sich die Bürger auch einige Einschränkungen ihrer Rechte gefallen lassen.“ Wie in diesem Beispiel haben sich in letzter Zeit vermehrt Künstler zu Wort gemeldet, um dem Piratenweltbild zu widersprechen. So etwa Sven Regener (Element of Crime/Schriftsteller)im Bayrischen Rundfunk: „Es wird so getan, als ob wir Kunst machen als Hobby. Das Rumgetrampel darauf, das wir uncool seien, wenn wir darauf beharren, dass wir diese Werke geschaffen haben, ist im Grunde nichts anderes, als dass man uns ins Gesicht pinkelt.“ Eine Gesellschaft, die so mit ihren Künstlern umgehe, sei nichts wert. Seiner Branche malt Regener eine düstere Zukunft. „Zu glauben, man könne auf Plattenfirmen verzichten und trotzdem würde man noch dieselbe Musiklandschaft vorfinden, wie wir sie jetzt haben, das ist ein großer Irrtum.“ Die kleinen Platten-Labels seien schon alle tot. Besonders kritisiert Regener dabei das Internetportal Youtube: „Youtube gehört Google. Das ist ein milliardenschwerer Konzern, die aber nicht bereit sind, pro Klick zu bezahlen.“ Google und Youtube hätten nichs zu bieten, außer das, was andere Leute geschaffen haben. Da würden Milliardengeschäfte gemacht, aber die Urheber bekämen nichts davon ab: „Wir sind die Penner in der letzten Reihe.“ Ein Geschäftsmodell aber, das darauf beruht, dass diejenigen, die den Inhalt liefern, nichts bekommen, das, so Regener noch einmal deftig, „ist Scheiße“.“
  29. Stand: 03.04.2012
  30. AL II / Christian Demuth/Klaus-Jürgen Scherer
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