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May 13th, 2017
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  1. Die Sonne stand am Zenit, als die Divina Armonia Kristina in See stach.
  2. Es herrschte eine schwüle Mittagshitze, eine angenehm kühle Brise kühlte die roten Gesichter der Passagiere und deren Familien.
  3. Ein allgemeines Jubeln ging durch die Masse, als das Luxusschiff zu ihrer Jungfernfahrt aufbrach; durchbrochen nur vom Krächzen der weißen Meeresgeier, welche im Himmel ihre Kreise zogen.
  4.  
  5. Peter Perser kam diese Gelegenheit Recht. „Eine Karibikrundreise“, so dachte er bei sich selbst „ist genau das Richtige, nach den seltsamen Ereignissen der letzten Monate.“ Er spielte gedankenverloren mit dem Würfel, der ihm an einer goldenen Kette um den Hals hing.
  6.  
  7. Sein Urlaub verlief besser als er es sich hätte vorstellen können.
  8. Die Stimmung war ausgelassen, die Feiern prächtig, gekrönt von Festmahlen einem König würdig und Tänzerinnen, die selbst dem Harem eines Sultans in nichts nachstanden.
  9. Kein Wunder also, dass Peter bald die Gedanken an die Vorkommnisse der vergangenen Zeit hinter sich ließ.
  10.  
  11. Der Abend war heiß und stickig. Die Kreuzfahrt fast an ihrem Ende.
  12. Draußen an Deck war alles stumm, doch Peter wälzte sich zwischen den Kissen und Decken seines Bettes hin und her.
  13. Obgleich schön zum Feiern und Sonnen, so taugte doch dieses Wetter nicht zum Schlafe.
  14. Gerade wollte er sich etwas zu trinken gönnen um seinen trockenen Mund zu befeuchten, als das Schiff einen Ruck tat.
  15.  
  16. Hatte er es sich nur eingebildet? Unmöglich. Auch waren dies nicht die Schwankungen, an die sich Peter in der letzten Woche gewöhnt hatte.
  17. Leicht benommen taumelte er aus seiner Kajüte auf das Deck.
  18. Er stand dort alleine. Vielleicht war es doch nur ein Phantasma, ausgelöst durch die Dehydrierung und die Hitze.
  19. Doch Peter war ein gründlicher Mann. „Vorsicht hält besser als Nachsicht“, so bläute ihm sein Vater schon früh ein.
  20. Er strich über das Deck, nur schummrig beleuchtet durch die Sterne am mondlosen Nachthimmel und den gedimmten Leuchten an Bord.
  21.  
  22. Weit hinter ihnen erkannte er eine kleine, winzige Insel mit nichts als einer Palme darauf.
  23. „Sind wir aufgelaufen? Nein, so weit konnten wir seitdem noch nicht gekommen sein.“
  24. Peter schüttelte grinsend den Kopf und machte sich auf den Weg zurück zu seiner Tür. „Es war wohl doch nichts, wenn dies nicht meine erste Kreuzfahrt wäre, wäre ich auch das gewohnt.“
  25. Er setzte gerade Fuß den Gang hinab als er ein Knarzen hörte.
  26. Und ein Wimmern.
  27. Panik ergriff Peter „Vielleicht ist etwas beschädigt. Ich sollte der Crew Bescheid geben.“
  28. So machte er sich hastig auf den Weg zur Brücke.
  29. Durch die Tür vor ihm drang ein Kichern „Der Kapitän scheint nicht besorgt zu sein, aber man weiß ja nie.“ Sachte klopfte er an die kalte Eisentür und erwartete eine Antwort.
  30. Doch die Tür schob sich langsam offen, die Angeln quietschen als hätten sie lange Jahre Gebrauch gesehen.
  31.  
  32. Peter verharrte. Der Raum vor ihn war in Dunkelheit getaucht, sie war tiefschwarz, wie ein Fass Tinte.
  33. Mit zögerlicher Stimme rief er hinein, aber er erhielt keinen Laut in Erwiderung.
  34. Auch das Kichern von vorher war verstummt.
  35. Er trat in die Kommandozentrale und versuchte etwas auszumachen. Es wollte ihm nicht gelingen.
  36. Als Peter die Mitte des Raumes erreicht hatte und sich nach jeglichem Lebenszeichen umblickte, hörte er Schritte hinter sich.
  37. Feste Stiefeltritte, donnernd und bedrohlich.
  38. Angstschweiß rann Peters Nacken herab. Er biss sich auf die Unterlippe als er sich langsam umdrehte und erkannte, dass hinter ihm alles genau so war wie zuvor.
  39.  
  40. „Ich habe genug schlechte Horrorfilme auf Tele5 gesehen um zu wissen, was hier los ist“, dachte er mit einem flauen Gefühl im Magen.
  41. Eilenden Fußes machte er sich auf den Weg zu seiner Kabine. Er schenkte den Geräuschen um sich keine Beachtung. Nicht dem Knarren, dem Ächzen und dem Wimmern.
  42. Er öffnete die Tür seines Zimmers und vernahm ein infernalisches Getön, als würde Stahl zerrissen.
  43. Peter ging zu seinem Bett legte sich hinein und schloss die Augen.
  44. Er legte sich seine Kopfhörer um und verdrängte die Gedanken an was eben geschehen war.
  45. Und obwohl er sich dagegen wehrte, schlummerte er einige Zeit später ein.
  46.  
  47. Möwen lachten als Peter die Augen aufschlug und helles Morgenlicht durch sein Bullauge fiel.
  48. „Es war alles nur ein Traum“, dachte Peter. Er wischte sich mit einer Hand über das Gesicht und setze sich auf. Ihm gegenüber stand eine Gestalt. Sie war einem Menschen nicht unähnlich, gekleidet in dunkle Kleidung, doch ihre Haut war blass. Zu blass. Unmenschlich blass. Ja die Haut seines Gegenüber war komplett weiß. Bis auf das dunkelrote Blut, das in Flecken sein gesamtes Gesicht und die Hände bedeckte.
  49. Die Fratze des Mannes vor ihm war verzerrt, als wäre sein Kiefer ausgerenkt und gebrochen.
  50. Spitze, lange Zähne lugten aus dem grinsenden Maul hervor, sie bildeten einen starken Kontrast zur weißen Haut, waren sie doch leuchtend Gelb.
  51. Die Augen der Gestalt waren leere, schwarze Höhlen.
  52. Es grinste ihn am, leckte sich die Zähne und trat auf Peter zu.
  53. Der Mann bewegte seinen Mund kaum merklich, die Worte die aus seinem Munde kamen so leise, dass Peter sie kaum hören konnte. Doch dies war nicht weiter schlimm, denn er konnte ihnen ohnehin keine Bedeutung zu schreiben.
  54.  
  55. Die Kreatur packte ihn an der Schulter, sein Griff fest wie ein Schraubstock.
  56. Stück für Stück beugte sie ihren Kopf näher an Peters Ohr. Vor Angst gelähmt konnte dieser nicht zurückweichen als sich aus der Kehle seines Angreifers ein Röcheln bahnte „Daaaaaa-“.
  57.  
  58.  
  59.  
  60. Am 16. Dezember, genau zwei Monate nach dem spurlosen Verschwinden der Divinia Armonia Kristina, wurde deren Wrack ausfindig gemacht; gestrandet auf einer nicht verzeichneten Insel.
  61. Der Bergungstrupp schritt auf das Schiff zu. Sie bemerkten nicht, wie still es war. Kein Wind brachte die Blätter der Palmen am Strand zum Rascheln, keine Wellen peitschten die Steine am Ufer, keine Vögel krächzten in der Luft über ihnen.
  62. Erst als sie unmittelbar vor dem Kahn standen, bemerkten sie den roten Sand und die weißen Federn, die durch Blut in Klumpen verklebt um ihre Füße lagen.
  63.  
  64. Ein ächzendes Kichern hallte ihnen aus dem Bauch des Schiffes entgegen, zur gleichen Zeit als ihnen der Gestank von Fäulnis und Moder in die Nase drang.
  65. Sie betraten das Deck, der Anblick, der sich ihnen bot, ein einziges Grauen.
  66. Möwenknochen übersäten den Boden unter ihren Füßen. Blutverschmierte Knochen, Federn und Schnäbel bedeckten das gesamte Schiff.
  67. Sorgsam erkundeten sie das Boot, als ein gellender Schrei sie aufmerksam machte und sie alle Vorsicht vergaßen.
  68. Sie stürzten tiefer, bis in den Maschinenraum, auf dessen Boden ihr Kollege in einer Blutlache lag.
  69. Unheimliche Gestalten, gekleidet ganz in schwarz, ihre Haut ein unerklärliches Weiß, knieten über der Leiche und verzehrten diese unter Gekicher.
  70. Am Ende des Raumes stand ein weiteres dieser Wesen. Langsam trat es auf den vor Furcht erlahmten Trupp zu, an einer Kette um seinen Hals baumelte sacht ein Würfel.
  71. Ein Röcheln kam aus dem grotesk verzerrten Munde des Mannes, wie Worte einer fremden Sprache.
  72. Die Gestalten die noch eben über den Leichnam gebeugt waren, standen langsam auf und kamen den Männern der Bergung entgegen.
  73. Wie aus einem Munde begannen sie zu kreischen, bevor sie sich auf die Retter stürzten.
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