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Jun 7th, 2011
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  1. Erhaltet das Rundfunkarchiv!
  2.  
  3. Man greift nicht zu hoch, wenn man das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) das mediale Gedächtnis Deutschlands nennt. Wo immer in einem zivilisierten Radio- oder Fernsehprogramm eine Sendeminute läuft: In Frankfurt und Babelsberg, den DRA-Standorten, wird sie seit bald 60 Jahren verwaltet, gespeichert, katalogisiert. Zahllose Bild-, Ton- und Schallplattendokumente - zum Teil aus dem 19. Jahrhundert - türmen sich zu einem ungeheuren Datenspeicher.
  4.  
  5. Wer als Journalist mit erweitertem Horizont für Radio oder Fernsehen arbeitet, hat fast täglich mit dem DRA zu tun. Auch alte und älteste Schallplatten werden dort restauriert, für die Nachwelt und die Forschung nutzbar gemacht. Wie Deutschland im Äußersten und Innersten klang und klingt - hier lässt es sich nachhören. Doch dieser segensreiche Auftrag droht storniert zu werden. Die Intendanten der ARD-Anstalten werden im Juni darüber befinden, ob sie die zwölf Millionen Euro noch aufbringen wollen, die das DRA pro Jahr kostet. Es kursieren mehrere Modelle, als deren finsterstes die Zerschlagung dräut. Selbstverständlich wird mit Sparzwängen argumentiert, die auf das DRA mit der tückischen Formel von der "Optimierung" angewendet werden. Man fragt sich aber, wer die zum Teil kostbaren Unikate betreuen soll, die das DRA pflegt? Das Bundesarchiv? Das hat andere Aufgaben. Die ARD-Anstalten selbst? Denen mangelt es an Kapazität.
  6. Wer das DRA abschafft oder amputiert, will nicht wissen, was einer wirklich und genau gesagt hat, welches Gesicht er dazu gemacht hat, wie seine Stimme geklungen hat. Er ist mit jener Unschärfe zufrieden, der alle Legenden entspringen - auch die gefährlichen.
  7.  
  8. Wolfram Goertz
  9.  
  10. Erschienen in: Die Zeit, Nr. 22, 26.05.2011, S. 50 (Feuilleton)
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