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reclaim society: Zensur und Manipulation auf Linker Liste

a guest
May 6th, 2013
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  1. Zensur und Manipulation auf Linker Liste
  2.  
  3. Wie der Berliner Mailverteiler "Genderliste" von einer freien Diskussionsplattform zu einer zensierten Liste wurde, auf der der nur noch landet, was den Moderator_innen gefällt und wie die Liste zum Instrument einer umstrittenen Gruppierung der Linken in Berlin mutierte, ohne dass davon offensichtlich großartig Notiz genommen wurde.
  4.  
  5. Wer im April die Berliner Genderliste (1) gelesen hat mag sich gewundert haben, was dort für eine Diskussion über Rassismus und andere *ismen abgelaufen ist. Wer Abonnent_in der Liste ist, hat die Möglichkeit im Listen-Archiv (2) die Diskussion nachzulesen.
  6.  
  7. Was ist passiert und wie entwickelte sich die Situation?
  8.  
  9. Es startete mit einem Posting (3) einer Schreiberin N., die sich mit großer Wut und starken Worten dafür aussprach, dass Weiße kein Dreads und keine großen Ohrringe tragen dürfen, weil dies eine kulturelle Aneignung sei und unter Anderem dass alle Weißen ihr Weißsein akzeptieren müssten und dass sie deswegen auch, ob sie wollen oder nicht, noch immer Ausübende des Kolonialismus seinen.
  10.  
  11. Auf diese Mail gab es geteilte Reaktionen. Eine Hand voll anderer Schreiber_innen unterstützten sie und verteidigten die Art und Weise wie sie schreibt, vor allem damit, dass sie dies so tun dürfe, weil sie eine PoC (person of color) sei. Auch wurde von den gleichen Schreiber_innen stets und im Verlauf der Diskussion wiederholt bestätigt, wie dankbar sie ihr seien, für die großartige Aufklärungsarbeit, die sie leiste.
  12.  
  13. Einige Reaktionen auf der Liste waren kritischer und konnten die Thesen von N. nicht komplett teilen. Zu Diskussionen kam es dabei kaum, weil jede kritische Nachfrage oder jeder Versuch einer Diskussion von N. und den Unterstützer_innen von N. damit weggebügelt wurden, dass man sich doch erst einmal "schlaulesen" solle, dazu gab es im besten Falle noch einige Links zu anderen Seiten, wo Menschen geschrieben haben, die selbstverständlich genau die gleichen Ansichten wie die N. teilen. Abgesehen davon wurde von der Schreiberin stets darauf bestanden, dass sie Recht habe ("I'M RIGHT!"). Sicher waren in den Dingen die sie schrieb auch richtige Dinge, über die es sich lohnt sich Gedanken zu machen, aber eine Diskussionsbereitschaft war von den Leuten, die diesen Critical Whiteness (CW) Standpunkt hatten nicht zu erkennen, im Gegenteil. Es wurde darauf bestanden, dass sie als PoC Recht habe und Widerworte oder Zweifel daran "unerträglich" seien. Wer dem Rassismus-Definitions-Diktat nicht direkt folgte, der wurde sagt, sie sollte doch erst mal alle geposteten Links und Bücher lesen, bevor sie irgendetwas auf die Liste posteten.
  14.  
  15. Nach einer Mail, wo die Schreiber_in meinte, dass man sich doch besser mal in echten Problembezirken etwas gegen Rassismus tun solle, kamen aus von den CW-Unterstützer_innen Rufe danach, die Liste auf moderiert zu schalten um Mails wie diese, die eine PoC indirekt auffordern würden in eine no-go-area zu gehen, nicht mehr durchkommen zu lassen.
  16.  
  17. In dem sich mehr und mehr aufheizenden Thread (ich schreibe absichtlich nicht Diskussion, den diskutiert wurde hier nicht) kam schließlich eine Mail eines Schreibers S. (4), der etwas im Ton eines Pfarrers oder Streetworkers. Die Art zu schreiben mag nicht allen Menschen gefallen, aber die Mail enthielt in meinen Augen keine unerträglichen Rassismen, Sexismen, Klassizismen oder Machismen. Sicherlich ist die Grenze bei jedem Menschen bei dem, was er als rassistisch oder sexistisch etc. betrachtet wird, anders.
  18.  
  19. Auf diese Mail (am besten im Archiv mal selbst lesen...) gab es einen
  20. shit-storm ohne gleichen. Ohne zu belegen, was genau an dem geschriebenen
  21. auszusetzen ist, wurde ihm Rassismus, Sexismus, Klassizismus und Machoismus vorgeworden. Zitat: "mir wird echt schlecht wenn ich deine Mail lese... sprachlos, wieviel Ignoranz, Gewalt und rassistische Umdrehungen in deiner Mail sind." Lustigerweise ist die Gewalt, die hier angesprochen wird, ein Ziat, was von S. gemacht wurde, was zuvor aus dem CW-Lager selbst aufgesprochen wurde, es ging darum, anderen Leuten auf der Liste "in die Fresse schlagen zu wollen". Auch als Nazi wurde S. und andere, die nicht dem Rassismus-Definitions-Diktat der CWs folgen wollten, genannt.
  22.  
  23. Im Laufe des Threads wurde vorgeschlagen, dass es eine öffentlich Diskussion
  24. geben solle. Von Seiten einer CW-Frau wurde konkret gesagt, dass sie hofft,
  25. dass eine sich provokant ex-dreadlockerin nennende Frau nicht zur öffentlichen
  26. Diskussion komme, weil sie sonst "um deren körperliche Unversehrtheit besorgt
  27. sei"; dem Schreiber der "pastoralen" Mail empfahl sie, ihr besser niemals zu begegnen. Kurz hierauf verabschiedete sie sich von der Liste, um sich und eine Freundin "vor euch [den menschen auf der liste]", zu beschützen.
  28.  
  29. Diese Abschiedsmail nahmen andere CW-Unterstützer_innen dann als Steilvorlage, öffentlich S. aufzufordern die Liste zu verlassen, weil er dafür verantwortlich sei, dass eine PoC nun gegangen sei.
  30.  
  31. An dieser Stelle schrieb ich dann eine Mail an die Liste, mit der Bitte, dass doch all die, die S. Rassismus, Sexismus und andere *ismen vorwarfen, dies einmal mit Fullquote seiner Mail belegen sollten und nicht ohne Bezug einfach "Rassist", "Sexist" und "Nazi" rufen sollten. Vielleicht liegt es an meiner nicht so perfekten Deutschen Sprache, dass ich in der kritisierten Mail nicht das herauslesen konnte.
  32.  
  33. In der Zwischenzeit wurde die Liste jedoch tatsächlich auf "moderiert" geschaltet, so dass unliebsame Mails einfach gefiltert werden können. Das allein ist schon ein Starkes Stück für eine "linke" Mailingliste, auf der eigentlich Diskutiert werden soll. Meine Anfrage wurde nach einer Woche dann von einer Moderatorin "f." direkt beantwortet, dass ich doch zu dem event "Rassismus im Berliner Queeren Netz" am 7.5.2013 von 18-20:30 Uhr bei den Queeren Hochschultagen Dorotheenstraße 24 (am Hegelplatz, rolligerecht), R. 1.501 kommen solle. Meine Mail mit der Bitte die Kritik zu belegen wurde NICHT auf die Liste durchgelassen.
  34.  
  35. Meine Mail ist nicht die einzige kritische Nachfrage oder Anmerkung, die von der Moderation zensiert wurde. Postings der CW-Unterstützer kommen verzögerungsfrei, wie man an den Mails erkennen kann auf der Liste an, übrigens auch noch immer Postings der Frau, die emotionsreich ihren Abschied verkündet hatte.
  36.  
  37. Da wundert mensch sich doch, was hier gerade so abgeht. Die Lösung zum Rätsel kam mir dann diese Tage auf den Bildschirm geflatter. Ich las den Artikel "Weiß sein, Schnauze halten" (6) über das No-Border-Camps in Köln 2012. Dort spielten sich ähnliche Szenen ab, wie im April auf der Berliner Genderliste. Die dortige CW-Gruppe "reclaim society" (rc!) ist dort bei den langjährigen No-Lager-Verantalter_innen negativ aufgefallen. Interessanterweise sind auch die Zitate, die in dem Artikel von rs! kommen quasi wortwörtlich auf der Berliner Genderliste so nachzulesen. rs! kommt übrigens aus Berlin, wohl kein Zufall. Auf der Homepage von rs! kann man in Beitrag vom 16. April (*exakt* der Tag übrigens, wo der Thread auf der Liste losgestoßen wurde) lesen, dass es "in diversen politischen Räumen zum gezielten Ausschluss von Aktivist_innen kam, die mit rs! irgendwie in Verbindung gebracht wurden". Und es steht dort, dass sich rs! für nicht mehr existent betrachtet und offiziell aufgelöst ist. rs! ist nicht die erste Vereinigung, der sich offiziell aulöst um dann um so besser weiterarbeiten zu können, denn last but not least schreiben sie auch frei heraus dieses: "Weitere politische Auseinandersetzungen mit Bezug auf die Kritiken und Ereignisse der letzten Monate werden von uns als Einzelpersonen fortgeführt."
  38.  
  39. Was man darunter diesem Satz wohl unter anderem zu verstehen hat, durften die Abonnent_innen der Berliner Genderliste zuletzt live verfolgen. Das Beanspruchen der Definitionsgewalt, die Unfähigkeit offen zu diskutieren, das Zensieren und Manipulieren der Nachrichten auf der Liste etc. - ich nenne das Faschismus. Leider habe ich in dem kompletten Thread mehr über das praktische Funktionieren von Faschismus gelernt, als über das Thema Rassismus, was die mutmaßlichen ehemaligen rs! anhänger_innen eigentlich erkären wollte.
  40.  
  41. RIP Genderiste Berlin
  42.  
  43. Lulu
  44.  
  45. 1) http://listen.jpberlin.de/mailman/listinfo/genderliste
  46. 2) https://listen.jpberlin.de/mailman/private/genderliste/2013-April/thread.html
  47. 3) https://listen.jpberlin.de/mailman/private/genderliste/2013-April/003763.html
  48. 4) https://listen.jpberlin.de/mailman/private/genderliste/2013-April/003799.html
  49. 5) https://listen.jpberlin.de/mailman/private/genderliste/2013-April/003879.html
  50. 6) http://jungle-world.com/artikel/2012/30/45919.html
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