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- s.a. http://www.imagenetz.de/f6036315c/2013-11-06_ds-21_libyen_col-300dpi.pdf.html
- Einer der Hauptgründe für die ausländische Intervention in Libyen war - Öl
- Der Soldat Nr. 21 - Mittwoch, 06. November 2013, Seite 2
- SICHERHEITSPOLITIK - Weltgeschehen im Brennpunkt
- Libyen im Jahr drei des Arabischen Frühlings
- Chaos - soweit das Auge reicht
- Das land, das von dem Diktator Muammar al-Gadaffi zusammengehalten worden war,
- scheint sich aufzulösen und versinkt in Gesetzlosigkeit und Anarchie.
- Die Militärintervention in Libyen im März 2011: "Der internationale
- Militäreinsatz in Libyen umfasste bewaffnete Operationen zur Einrichtung einer
- Flugverbotszone, zum Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen, zur Unterstützung
- der Aufständischen gegen die Regierungstruppen und zur Durchsetzung des
- Waffenembargos durch Marineschiffe. ... Am 17. März 2011 wurde durch die
- UN-Resolution 1973 ein Militärschlag, jedoch unter Beachtung des allgemeinen
- Waffenembargos und ohne Einsatz von Besatzungstruppen, legitimiert. Am
- Nachmittag des 19. März 2011 begannen die Militäraktionen ... Faktisch diente
- der Militäreinsatz auch der Unterstützung der Aufständischen und es fanden
- regelmäßig Konsultationen mit deren Militärführern statt." (Wikipedia)
- Allerdings - und das pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern - waren Öl
- und der unbotmäßige Muammar al-Gaddafi das Hauptziel und der wahre Grund für die
- Intervention.
- Man kann es kaum glauben
- Wenn man Leute aus Libyen trifft, die Wien besuchen, erhält man bei Gesprächen
- Aussagen, die kaum zu glauben sind: Die Hauptstadt Tripolis hat wochenlang kein
- Wasser und keine Elektrizität.
- Bewaffnete Milizen beherrschen die Straßen, weil eine arbeitsfähige Regierung
- fehlt, weil nationale Sicherheitseinrichtungen sowie städtische
- Basisdienstleistungen einfach nicht vorhanden sind. Und in den anderen
- Landesteilen ist es noch schlimmer. Aus arabischen Medien (Al Jazeera, Al Ahram
- usw.) vernimmt man dazu: Mordanschläge; Bombenattacken; Entführungen;
- Folterungen während der Inhaftierung; bewaffnete Gruppen bekämpfen Abgeordnete
- und Justizbehörden; Terroristengruppen breiten sich über unkontrollierte Grenzen
- aus; de facto herrscht Gesetzlosigkeit und Anarchie usw.
- Stammeskämpfe
- Mitte September brachen Stammeskämpfe zwischen Grenzsoldaten aus dem westlichen
- Stamm Zintan und rivalisierenden Angehörigen des Garamna-Stammes aus. Die
- Auseinandersetzungen führten zur Flucht der Bewohner von Derj, einer wichtigen
- Stadt 550 km südwestlich der libyschen Hauptstadt Tripolis und in der Nähe der
- Öl- und Erdgas-Anlagen an der algerischen Grenze. Zintan-Grenzposten hatten die
- Häuser des Garamna-Stammes in Brand gesetzt, sodass die Bedrohten über die
- durchlässige Grenze in das benachbarte Algerien flohen. 11 Menschen blieben tot
- in dem lokalen Konflikt zurück.
- Die Stammeskämpfe waren infolge einer deutlichen Verringerung der Öl- und
- Gasproduktion, von Arbeitsniederlegungen und aufgrund des allgemeinen Zustands
- der Unsicherheit im Land ausgebrochen. Unter dem ehemaligen libyschen
- Staatschef Gaddafi wurden die tief verwurzelten Stammes-Animositäten in Schach
- gehalten.
- Ölproduktion fast stillgelegt
- Die für Libyen so wichtige Ölproduktion ist fast stillgelegt. Dies, weil die
- Bewachungsmannschaften der Ölfelder und Ölterminals streiken. Der Grund für
- diesen Streik ist die Forderung nach Gehaltserhöhung und nach noch mehr. Sie
- streiken für verschiedene Separatistenbewegungen, die eine Selbstregierung für
- die ölreiche Provinz Cyrenaica mit der Hauptstadt Bengasi wollen. Denn dort sind
- die meisten Ölreserven Libyens.
- Nicht die Truppen der nationalen oder der regionalen Regierung, sondern mächtige
- Milizen beherrschen die meisten Ölfelder und vier der fünf Erdölexportterminals.
- Im vergangenen Monat schlossen die Zintan-Milizen zwei große Ölfelder im Süden,
- Al-Feel und Esshara, unterbrachen die Produktion von mindestens 500.000 Barrel
- pro Tag (bpd). Das ist fast ein Drittel des Produktionsniveaus von rd. 1,5 Mio.
- bpd, das es in der Zeit unter der Staatsführung Gaddafis gegeben hat. Darüber
- hinaus hat die Miliz begonnen, riesige Ölmengen auf dem Schwarzmarkt zu
- verkaufen und versucht, diese Aktivitäten sogar auszuweiten. Das führte dazu,
- dass Premierminister Ali Sidan damit drohte, jeden unautorisiert auslaufenden
- Öltanker zu bombardieren.
- Die libysche Armee hat allerdings wenig Einfluss, denn effektiv kontrollieren
- Milizen das Land. Darüber hinaus haben sich diese Milizen und Stammesältesten
- als große politische Gruppierungen im Libyen der Post-Gaddafi-Zeit etabliert
- und sind immer einflussreicher innerhalb der libyschen Armee-Einheiten der
- Regierung geworden.
- Suleiman Kjam, ein Mitglied des parlamentarischen Komitees für Energie erklärte
- jüngst einem Reporter von Bloomberg TV, dass die Regierung nun ihre finanziellen
- Reserven verbraucht habe. Er warnte davor, wenn diese Situation weiter anhält,
- wird die Regierung in den nächsten Monaten nicht in der Lage sein, die Gehälter
- ihrer Angestellten zu bezahlen.
- Chaos herrscht in Libyen
- Gleichsam als Höhepunkt der Brüskierung der ohnmächtigen Regierung wurde am
- Morgen des 10. Oktober Libyens Premier Ali Sidan, ein parteiloser Liberaler,
- entführt und 7 Std. später wieder freigelassen. Das zeigt, dass die libysche
- Zentralregierung nicht einmal die Hauptstadt, geschweige denn das ganze Land
- kontrollieren kann.
- Die Ermordung von Politikern und Journalisten wurde zu normalen Nachricht im
- heutigen Libyen. Es führte soweit, dass Oberst Jussuf Ali al-Asseifar - der mit
- der Untersuchung derartiger Vorfälle und mit der Verhaftung der dahinter
- stehenden Personen beauftragt worden war - am 29. August selbst ermordet wurde,
- als man ihn in seinem Wagen in die Luft sprengte.
- Am Jahrestag vom Anschlag des 11. September 2001 zerstörte eine große Bombe das
- Gebäude des Außenministeriums in Benghazi.
- Human Rights Watch beleuchtete eine andere Gräueltat: Am 26. August 2013 waren
- etwa 500 Gefangene, darunter fünf Frauen, in der Hauptstrafanstalt in Tripolis
- in Hungerstreik getreten. Die Gefangenen protestierten gegen den Umstand, dass
- sie ohne Anklage und ohne faire Behandlung inhaftiert waren. Die Regierung, die
- nicht imstande war, eigene Sicherheitseinrichtungen zu halten, beauftragte das
- "Oberste Sicherheits-Komitee", das sich aus früheren Anti-Gaddafi-Milizleuten
- zusammensetzt - den Aufstand niederzuschlagen. Die Milizionäre stürmten das
- Gebäude und schossen mit scharfer Munition auf die Gefangenen, dabei verwundeten
- sie 19 Personen.
- Die libyschen "Schutzschild-Brigade", eine islamistische Miliz, die man mit
- wenig Erfolg versucht hatte in die Armee zu integrieren, schoss im Juni bei
- einer Demonstration auf die Protestierer und tötete dabei 31 Personen. Die
- meisten von ihnen waren lt. Augenzeugenberichten unbewaffnete Zivilisten, die
- von der täglichen Drangsalierung durch islamistische Milizen die Nase voll
- hatten.
- Die Frustration unter der Bevölkerung ist gewaltig. Vor diesem Hintergrund ist
- Libyen ein idealer Rückzugsort für radikale Gruppen wie Al-Qaida. Die
- Terrororganisation dürfte praktisch in ganz Libyen aktiv sein.
- Selbstverwaltung in der Cyrenaica?
- Im Küstenbereich des östlichen Teils von Libyen brodeln noch mehr
- Schwierigkeiten. Die Verbreitung von Waffen im Land - verbunden mit der
- Forderung nach mehr Lohn für Ölarbeiter - haben sich nun mit einem breiteren
- politischen Verlangen nach einem größeren Anteil an Libyens Ölreichtum und einer
- möglichen Selbstverwaltung für die große Öl produzierende östliche Region der
- Cyrenaica gekoppelt. Die Akteure wollen zumindest mehr Autonomie und viele
- wünschen sich die drei historischen Provinzen Libyens (Tripolitanien, Cyrenaica,
- Fessan) zurück. Ihnen ist die Businesslobby in Tripolis zu mächtig. In einem
- Ausbruch von Regionalismus, forderten Hardliner unter den Föderalisten in der
- Cyrenaica auch die Schaffung einer unabhängigen nationalen Öl-Firma, die für
- Erdöl- und Erdgas-Exporte verantwortlich wäre.
- Politiker resignieren
- Der frühere Premierminister Libyens, Awadh al-Barassi, trat am 4. August zurück
- und wurde durch Ali Sidan ersetzt. Am 18. August trat dann der Innenminister,
- Mohammad al-Sheik, nach nur drei Monaten im Amt, zurück. Er beklagte die
- fehlende Unterstützung durch Ali Sidan und das Versagen der Regierung, die weit
- verbreiteten Unruhen und die Gewalt zu bekämpfen. Er bemängelte das
- Nichtvermögen der Regierung das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen und
- adäquate staatliche Einrichtungen zu schaffen, um die meisten Basisdienste zu
- ermöglichen.
- Die libyschen Behörden sind angesichts der Unruhen und Gewalttaten ohnmächtig.
- Erschwert wird die Lage durch die Drohung des militanten Islamisten Mohamed
- Sawan, der die islamistischen "Partei für Gerechtigkeit und Aufbau" (JCP), die
- libysche Muslimbruderschaft und die zweitgrößte Partei im libyschen Parlament
- leitet. Sawan hat vor Kurzem bekannt gegeben, dass die JCP in Erwägung zieht,
- ihre fünf Minister aus dem Kabinett Sidan, einschließlich der Öl-Minister,
- zurückzuziehen. Er stellte ein Misstrauensvotum gegen die Regierung in Aussicht.
- Spaltung droht
- Libyen dürfte sich entlang geografischer und stammesmäßiger Trennlinien
- spalten. Ob es noch die Möglichkeit gibt, das Land zusammenzuhalten, ist völlig
- offen. Auch ein jahrelanger, nicht enden wollenden Bürgerkrieg ist möglich. Die
- meisten Teile der Bevölkerung sind in einem Zustand der Wut, einschließlich der
- Berber im Süden. Eine nationale Versöhnung ist nicht abzusehen, die Situation
- kaum noch unter Kontrolle zu bringen ist.
- Das Gaddafi-Regime war eine repressive Diktatur, aber Libyen heute, mit einer
- maßlosen Korruption, mit den Stammesstreitigkeiten, mit einer nicht existenten
- Sicherheit und der Gefahr eines Refugiums für Al-Qaida-Terroristen ist noch
- weniger zu ertragen.
- Stand: 27.10.2013
- Spectator
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