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Oct 10th, 2015
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  1. IV.
  2.  
  3. 1.
  4.  
  5. Durch die unter II.1., II.3. und II.4 festgestellten Taten hat sich der Angeklagte einer vollendeten gewerbsmäßigen Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 1. Alt. StGB strafbar gemacht.
  6.  
  7. Er hat die insoweit von ihm kontaktierten Firmen bzw. deren Entscheidungsträger vorsätzlich durch seine E-Mails durch Drohung mit einem empfindlichen Übel, der Lahmlegung des Portals, zu einer Handlung, nämlich der Zahlung der geforderten Summe durch U1-Voucher genötigt und allein dadurch ihrem Vermögen einen Nachteil in entsprechender Höhe, nämlich 1.000,00 € (R1 GmbH), 2.000,00 € (G1 GmbH) und 2.000,00 € (A1 GmbH) zugefügt.
  8.  
  9. Der Angeklagte handelte auch gewerbsmäßig im Sinne des § 253 Abs. 4 S. 2 1. Alt. StGB. Er handelte bereits bei der ersten Kontaktaufnahme mit der Firma R1 GmbH in der Absicht, durch wiederholte Begehung der Erpressung gegenüber anderen Anbietern sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen (vgl. Zur Begriffsdefinition: Fischer, StGB, 58. Auflage, Vor § 52, Rn. 62 mw.N. sowie § 260 Rn. 2). Unerheblich ist, wieviele Taten der Angeklagte ins Auge gefasst bzw. letztendlich begangen hat. Die Gewerbsmäßigkeit kann schon bei der ersten ins Auge gefassten Tat der Fall sein (vgl. a.a.O. Vor § 52 Rn. 62).
  10.  
  11. Ohne Bedeutung ist auch, dass der Angeklagte eine weitere Einnahmequelle, nämlich die Unterstützungsleistung nach ALG II besaß. Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass das betreffende Delikt für den Täter die Haupteinnahmequelle darstellt (vgl. ebda.). Ebenso ohne Belang ist, dass der Angeklagte die erpressten Einnahmen – neben der Miete für den Server und einer einmalig ihm nachweisbaren Aufladung seiner Kreditkarte – den größten Teil des von ihm erpressten Geldes in gewisser Weise für ”Luxusausgaben” im Internet – nämlich Software, Online-Seminare und andere Dienstleistungen aus dem Internet – ausgegeben hat. Entscheidend ist lediglich, dass das Vorgehen von der ersten E-Mail an darauf angelegt war, für eine gewisse Dauer zusätzliche, nicht unerhebliche Einnahmen zu erzielen, was beim Verhältnis zwischen den geforderten Summen von 1.000,00 € und 2.000,00 € im Vergleich zum monatlichen Einkommen aus ALG II von 351,00 € zzgl. Miete mühelos zu bejahen ist.
  12.  
  13. 2.
  14.  
  15. In Tateinheit damit hat er sich durch die unter II.1., II.3. und II.4 festgestellten Taten der vollendeten gewerbsmäßigen Computersabotage gemäß §§ 303b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
  16.  
  17. Durch die ausgeführten DDos-Attacken hat er Daten übermittelt in der Absicht, den betroffenen Firmen einen Nachteil zuzufügen und dadurch deren Datenverarbeitung – deren Online-Wettportale-, die für die betroffenen Firmen von einigem Wert war, gestört § 303b Abs. 2 StGB.
  18.  
  19. 3.
  20.  
  21. Durch die unter II. 2, II.6 und II.7 festgestellten Taten hat sich der Angeklagte Angeklagte einer versuchten gewerbsmäßigen Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 2 1. Alt. , 22, 23 StGB strafbar gemacht.
  22.  
  23. Der Angeklagte hatte mit seinen mit entsprechendem Tatvorsatz abgesandten E-Mails vorsätzlich die Schwelle zum „jetzt-geht’s – los“ bereits übertreten, weil seine ernst gemeinte Forderung bereits unwiderruflich ausgesprochen war. Außerdem hat er seinen Worten auch Taten folgen lassen und die Portale der Anbieter durch entsprechende DDos-Attacken auch beeinträchtigt. Zur Vollendung, nämlich der geforderten Vermögensverfügung kam es nur deshalb nicht, weil die betroffenen Firmen trotzdem entschieden, auf die Forderung nicht einzugehen. Auch hier handelte der Angeklagte in allen drei Fällen in der Absicht, durch wiederholte Begehung der Erpressung gegenüber anderen Anbietern sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen
  24.  
  25. 4.
  26.  
  27. In Tateinheit damit hat sich der Angeklagte der der vollendeten gewerbsmäßigen Computersabotage gemäß §§ 303b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB strafbar gemacht, da er die DDos-Attacken ausgeführt und damit den Betrieb der Wettportale gestört hat.
  28.  
  29. 5.
  30.  
  31. Durch die unter II.5 festgestellte Tat hat sich der Angeklagte schließlich allein einer versuchten gewerbsmäßigen Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 2 1. Alt. , 22, 23 StGB strafbar gemacht. Er hatte mit Absendung der ernst gemeinten „Nachforderung“ wegen Indiskretion auch hier die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten. Unschädlich ist, dass er dann letzten Endes keine Attacke mehr durchgeführt hat. Angesichts der bereits zuvor auf das Portal der R1 GmbH durchgeführten Attacken ging der Angeklagte bei Absendung der E-Mail davon aus, dass bereits genügend Drohpotential vorhanden sei.
  32.  
  33. Sämtliche Taten waren rechtswidrig und schuldhaft. Der Angeklagte war insbesondere nicht durch einen zwanghaften Spieltrieb im Sinne einer nicht stofflichen Sucht erheblich in seiner Schuldfähigkeit vermindert.
  34.  
  35. V.
  36.  
  37. 1.
  38.  
  39. Für sämtliche Taten war die Strafe zunächst dem Strafrahmen des § 253 Abs. 4 StGB zu entnehmen und betrug daher grundsätzlich Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bis 15 Jahre.
  40.  
  41. 2.
  42.  
  43. Für die Taten zu II. 2, II.5, II.6 und II.7 hat die Kammer weges des Umstandes, dass es nur beim Versuch blieb, eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB vorgenommen. Die Mindestandrohung sank damit auf drei Monate Freiheitsstrafe.
  44.  
  45. 3.
  46.  
  47. Eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB schied dagegen aus, da nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen B1 von einer verminderten Schuldfähigkeit bedingt durch eine Spielsucht beim Angeklagten zu keinem Zeitpunkt ausgegangen werden konnte.
  48.  
  49. 4.
  50.  
  51. Bei der Strafzumessung im Einzelnen sprach bei allen Taten zunächst in ganz erheblichem Umfang für den Angeklagten sein weitreichendes und umfassendes Geständnis. Der Angeklagte hat sehr ausführlich seine Motivation, Vorgehensweise und die Entwicklung der Taten geschildert. Dies zeigt zunächst, dass er sich umfassend mit dem von ihm begangenen Unrecht auseinander gesetzt hat und dass er sich zu ihm im wahrsten Sinne des Wortes bekannt hat. Da er sich auch umfassenden Nachfragen gestellt hat, hat er insbesondere auch technisch die Aufklärung der Geschehnisse weitreichend mitgefördert und sicherlich eine sonst langwierige Beweisaufnahme spürbar abgekürzt. Zu seinen Gunsten war bei allen Taten weiter zu berücksichtigen, dass er nur geringfügig vorbestraft war und sich zum ersten Mal in Untersuchungshaft befand. Schließlich sprach jeweils für ihn, dass er – wenn auch nicht von Spielsucht zwanghaft angetrieben – so doch auch aus einer gewissen Wett- und Spielleidenschaft heraus gehandelt hat und den Ernst der Lage dabei vielleicht vorübergehend ein wenig aus den Augen verloren hat.
  52.  
  53. Gegen den Angeklagten fiel indes ins Gewicht der hohe professionelle Aufwand, den er – mit einer Vorbereitungszeit von immerhin zwei Wochen – betrieben hat, um die Taten zu begehen. Dies beginnt bei der Anmietung der Serverkapazität und Einrichtung eines eigenen E-Mail-Accounts in Russland über die Nutzung eines Bot-Netzes, über die bewusste Wahl eines Zeitraumes, in dem die Betreiber der Wettportale angesichts der beiden großen Rennereignisse Hamburger Derby und Baden-Badener Renntage besonders verwundbar waren, bis hin schließlich zu einer ”Zahlart” über U1-Voucher, die eine Rekonstruktion der Zahlflüsse besonders schwierig macht. So war es nach der Aussage des Zeugen L2 eher einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass sich der Weg der Voucher im Fall der Zahlung durch die Firma R1 GmbH letztlich durch die Tracking-Nummern so schnell bis zum Angeklagten zurückverfolgen ließ. Die Firma U1 habe ihren Firmen und Geschäftssitz auf Malta. Die bei ihr erfolgte Anfrage sei allein deshalb so zügig und erfolgreich verlaufen, weil der Geschäftsführer der Firma R1 GmbH einen geschäftlichen Kontakt zu U1 besaß. Ein Rechtshilfeersuchen wäre, so der Zeuge L2 um einiges langwieriger und nicht zwingend erfolgversprechend gewesen. Mögen die einzelnen vom Angeklagten unternommenen Schritte technisch für sich gesehen aus Sicht eines mit den entsprechenden Gegebenheiten derart vertrauten Insiders wie dem Angeklagten keinen enormen Aufwand bedeuten. Das Vorgehen des Angeklagten zeugt jedoch in seiner Gesamtheit von einer nicht unerheblichen Finesse und erheblichen kriminellen Energie.
  54.  
  55. Weiter sprach gegen den Angeklagten auch, dass er allein durch die erpresste Summe von 5.000,00 € und zusätzlich bei der Firma A1 GmbH Kosten in Höhe von 9.400,00 € einen nicht unerheblichen Schaden verursacht hat, ohne dass es auf die konkrete Höhe des durch darüber hinaus verursachte Umsatzausfälle überhaupt noch ankäme.
  56.  
  57. Bei der Bemessung der Strafe im Einzelnen war schließlich zu berücksichtigen, dass der Angeklagte in den Fällen zu II.1, II.2, II.3, II.4, II.6 und II.7 neben der vollendeten bzw. nur versuchten gewerbsmäßigen Erpressung auch stets eine vollendete Computersabotage tateinheitlich mit verwirklicht hat, was bei der Tat zu II.5 nicht der Fall war.
  58.  
  59. Die Kammer hat unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungsgesichtspunkte auf folgende Einzelstrafen erkannt:
  60.  
  61. für die Taten zu II.1, II.3 und II.4 eine Freiheitsstrafe von jeweils zwei Jahren,
  62.  
  63. für die Taten zu II.2, II.6 und II.7 eine Freiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und 5 Monaten,
  64.  
  65. für die Tat zu II.5 eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.
  66.  
  67. Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer unter Berücksichtigung des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs der Taten unter moderater Erhöhung der Einsatzstrafe von zwei Jahren eine Gesamtfreiheitsstrafe von
  68.  
  69. zwei Jahren und zehn Monaten
  70.  
  71. gebildet, die einerseits ausreichend andererseits aber auch erforderlich ist, um dem begangenen Unrecht gerecht zu werden, dies dem Angeklagten vor Augen zu führen und auf ihn einzuwirken.
  72.  
  73. VI.
  74.  
  75. Die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen folgt aus §§ 465, 472 Abs. 1 StPO.
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