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KernBetheGnomon

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Apr 9th, 2013
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  1. Gnomon 17,3 (März 1941) 142-144
  2.  
  3. Erich Bethe -f
  4. Erich Bethe ist am 2. Mai 1863 in
  5. Stettin geboren. Was er seinem Eltern
  6. hause, vor allem der innig geliebten
  7. Mutter, einer Nichte des bekannten
  8. Schriftstellers Gerstaecker, verdankt,
  9. hat er in einem sch?nen Brief an diese,
  10. den er 1914 als Vorwort dem ersten
  11. Bande seines Homer vorangestellt hat,
  12. mit gro?er W?rme ausgesprochen. Nach
  13. dem Besuch des eben erst gegr?ndeten
  14. und von meinem Vater Franz Kern ge
  15. leiteten Stadtgymnasiums bezog er
  16. zun?chst die Universit?t Bonn, noch
  17. schwankend, ob er klassische Philolo
  18. gie studieren sollte, und mehr f?r die.
  19. Kirchen und Burgen am Rhein be
  20. geistert als f?r die Vorlesungen der
  21. dort damals wirkenden gro?en Philo
  22. logen. Im Herbst 1882 zog ihn das auf
  23. gehende Gestirn von Wilamowitz an
  24. die heimatliche Universit?t Greifs
  25. wald, und von dort folgte er Wilamo
  26. witz nach G?ttingen. Bethe hat mehr
  27. fach bezeugt, da? die erste Vorlesung,
  28. die er bei Wilamowitz h?rte, ihn zur
  29. klassischen Philologie getrieben und all
  30. sein Schwanken beendet habe. Er
  31. wurde einer der freuest en und gelieb
  32. test en Sch?ler von Wilamowitz, zu
  33. vergleichen nur mit Ernst Maa?.
  34. Seine von der Mutter ihm einge
  35. pflanzte Liebe zur griechischen Sage
  36. und den homerischen Helden wurde in
  37. feste Bahnen gelenkt, als ihn Wilamo
  38. witz zu mythographischen Forschun
  39. gen anregte. Die Frucht seiner Studien
  40. war seine Dissertation Quaestiones
  41. Diodoreae mythographae. Er hat in
  42. ihr die Quellen zu den mythographi
  43. schen Abschnitten von Diodors Bi?Xio
  44. d"rjxrj laroqixrj untersucht und kam zu
  45. dem Schlu?, da? es ein gro?es Hand
  46. buch der Mythologie aus der ersten
  47. H?lfte des ersten Jh. v. Chr. gegeben
  48. habe, das auch von Diodor benutzt sei.
  49. Heute zweifelt wohl niemand daran,
  50. da? Bethes energischer Vorsto?, der
  51. lange Zeit Anerkennung fand, sein Ziel
  52. verfehlt hat, doch auch daran nicht,
  53. da? seine Durcharbeitung der mytho
  54. graphischen Literatur f?r diese ganze
  55. Forschung sehr fruchtbar geworden ist.
  56. Von 1888 an reiste er in Italien,
  57. Griechenland und Kleinasien, sp?ter
  58. auch seines Pollux wegen nach Spa
  59. nien und Frankreich. In Rom hat er
  60. mich treulichst auf meinen ersten Wan
  61. derungen durch die ewige Stadt be
  62. gleitet. Auf dem Kapitol war er die
  63. Seele der ragazzeria, zu der sein alter
  64. G?ttinger Kamerad G?nther, die beiden
  65. Pommern Otto Cuntz und Erich Pernice
  66. und Hermann Winnefeld geh?rten.
  67. 1891 kehrte er nach Deutschland zu
  68. r?ck und habilitierte sich im selben
  69. Jahr in Bonn mit der Schrift ?ber die
  70. thebanischen Heldenlieder. Bald dar
  71. auf ging er an seine Ausgabe des Ono
  72. mastikons von Pollux, von dem der
  73. erste Band 1900 erschien, der zweite
  74. 1931 und die Indices erst 1937. Diese
  75. ?ber Jahrzehnte sich hinziehende Ar
  76. beit ist ihm nicht leicht geworden; er
  77. hat oft genug unter dieser Last ge
  78. seufzt, aber sie in echt preu?ischem
  79. Pflichtgef?hl, das durch sein Milit?r
  80. jahr gest?rkt war, zu Ende gef?hrt,
  81.  
  82. so wenig sie seiner Neigung auch ent
  83. sprach.
  84. In Bonn machte Georg Loeschke
  85. einen tiefen Eindruck auf ihn. Er be
  86. tonte gern, da? ihm durch Loeschke
  87. erst der Sinn f?r eine wahre Arch?ologie
  88. aufgegangen sein, und erst damals
  89. empfand er irn Sinne seines Lehrers
  90. Wilamowitz den Zusammenhang von
  91. Philologie und Arch?ologie. Er hat ihn
  92. in seinen Studien und Ver?ffentlichun
  93. gen nie vernachl?ssigt.
  94. 1893 erfolgte seine Berufung als
  95. au?erordentlicher Professor nach Ro
  96. stock. Dort ver?ffentlichte er seine
  97. ?Prolegomena zur Geschichte des Thea
  98. ters im Altertum?, eine Streitschrift,
  99. von Polemik gegen D?rpfeld und Wila
  100. mowitz erf?llt. Auch sp?ter noch hat
  101. er oft in die damals brennende Theater
  102. frage eingegriffen und zuletzt noch zu
  103. der von Wilamowitz angeregten For
  104. schung ?ber den Schauplatz der Tra
  105. g?dien des Aischylos Stellung genom
  106. men. Nach einigen Jahren in Basel,
  107. wo er die Freundschaft von Jacob
  108. Wackernagel fand, mit dem ihn home
  109. rische Fragen bis zuletzt verbanden,
  110. ging er 1903 nach Gie?en. Aus jener
  111. Zeit stammt sein Vortrag ?ber ?My
  112. thos, Sage, M?rchen?, der als Sonder
  113. ausgabe bald vergriffen, im Jahre 1922
  114. in zweiter Auflage herauskam, mit der
  115. f?r Bethe so charakteristischen Wid
  116. mung: ?Meinen Geschwistern in Er
  117. innerung der Zeit, da wir M?rchen er
  118. lebten und erz?hlten: freie Deutsche
  119. damals, heut doppelt Knechte.?
  120. 1906 wurde er nach Leipzig berufen.
  121. Hier fand seine Vielseitigkeit den
  122. fruchtbarsten Boden. Aber immer
  123. blieb Homer, Sage und Dichtung im
  124. Mittelpunkt seiner Forschung und
  125. Lehre. Es erschien hier sein dreib?n
  126. diges Werk ?ber die homerische Dich
  127. tungund ihren Sagenstoff (1914-^1927),
  128. das viel Aufsehen erregte, vor allem
  129. durch die These, da? der Proze? der
  130. homerischen Dichtung erst um 600 ab
  131. geschlossen sei. Besonders hier trenn
  132. ten sich die Pfade von Wilamowitz und
  133. seinem ihm ehemals unbedingt anh?n
  134. genden Sch?ler. Das Verh?ltnis er
  135. kaltete und ist nie wieder so wie fr?her
  136. geworden. Es ist merkw?rdig genug,
  137. da? die homerische Frage so oft gleich
  138. sam als Glaubenssache betrachtet
  139. wird und ehemals eng verbundene Gei
  140. ster trennt. Es ist heute schon gewi?,
  141. da? Bethe der erste war, der die home
  142. rischen Gedichte historisch zu fassen
  143. unternommen hat, wie es Wackernagel
  144. mit der Sprache tat. Der zweite Band
  145. ist ausgezeichnet durch die treffliche
  146. Fragmentensammlung des epischen
  147. Kyklos und seine Rekonstruktion, die
  148. an Welckers ber?hmtes Werk ankn?pft,
  149. aber weit ?ber es hinausgeht. Die wis
  150. senschaftliche Arbeit unterbrach der
  151. Weltkrieg. Bethe bildete Rekruten aus
  152. und hielt Vortr?ge vor den Frontsolda
  153. ten. Das Rektorat hat er 1927/28 be
  154. kleidet und sich in dem Studenten
  155. heim, das durch ihn begr?ndet und
  156. nach ihm benannt ist, ein Denkmal ge
  157. setzt.
  158. In den letzten Jahren warf schwere
  159. Krankheit den r?stigen Forscher und
  160. gefeierten Lehrer nieder, doch raffte er
  161. sich immer wieder auf. Eine griechi
  162. sche Kulturgeschichte, die er schreiben
  163. wollte, ist ebensowenig wie die von
  164. Erwin Rohde und Ferdinand D?mmler
  165. zustande gekommen, aber er hat dann
  166. 1933 f?nf ausgearbeitete Vortr?ge er
  167. scheinen lassen, mit Meisterhand ge
  168. zeichnete ?ungeschminkte Vollbilder
  169. der Wirklichkeit?, wie sie noch nicht
  170. entworfen waren: Mykene um 1250 v.
  171. Chr., Sparta im 7. Jh., Milet im 6. Jh.,
  172. Athen um 430, Alexandreia um 250.
  173. Sein, wie er meinte, letztes Buch war
  174. die sch?ne, reich bebilderte Schrift ?ber
  175. ?Ahnenbild und Familiengeschichte der
  176. R?mer und Griechen?. Mit Bewegung
  177. werden alle Freunde und Fachgenossen
  178. bald das postume Buch in die Hand
  179. nehmen, von dem er noch die ersten
  180. Druckseiten auf seinem Sterbelager
  181. lesen konnte, und das sein Sch?ler
  182. Ernst Kirsten herausgeben wird: ?Buch
  183. und Bild im Altertum?, Studien zur
  184. antiken Buchillustration und ihrem
  185. Fortwirken. Mit den Bilderhand
  186. schriften hatte er sich seit seiner spa
  187. nischen Reise viel besch?ftigt. Er ist
  188. am 19. Oktober 1940 von seinen Leiden
  189. durch den Tod erl?st worden.
  190. Bethes B?cher und Aufs?tze, von
  191. denen ich nur noch den ?ber die do
  192. rische Knabenliebe (RhM. 62, 1907) er
  193. w?hnen m?chte, haben reiche Anre
  194. gung gegeben und werden sie noch
  195. weiter geben. Er kannte und ?bte das
  196. philologische Handwerk gr?ndlich,
  197. wie namentlich sein Pollux und die
  198. Sammlung der epischen Bruchst?cke
  199. beweisen. Aber am liebsten blieb ihm
  200. die Besch?ftigung mit der griechischen
  201. Sage und Dichtung, die er noch in
  202. Walzels Handbuch der Literaturwis
  203. senschaft eingehend darstellen konnte.
  204. Hier tritt die Sch?nheit seiner Sprache
  205. und seine Begeisterung wohl am st?rk
  206. sten hervor, F?higkeiten, die ihm so
  207. viele dankbare Sch?ler gewonnen ha
  208.  
  209. ben. Wegen seiner Gesichtsz?ge, des
  210. Spitzbarts und der oft blitzenden
  211. Augen konnte er etwas Satyrhaftes
  212. haben. Im Grunde war er eine liebens
  213. werte, harmonische, auch k?nstlerisch
  214. stark veranlagte Natur. Ich habe ihn
  215. nie verbittert gesehen, wohl aber zu
  216. ehrlichem, gerechtem Zorn entflammt.
  217. Er war sich seiner Botschaft bewu?t.
  218. Halle Otto Kern
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