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Guest User

Preussenromantik

a guest
Jan 31st, 2015
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  1.  
  2. Preußen seit Friedrich II aka "der Große" aka "der Alte Fritz" ...
  3.  
  4. Der Krieg und seine Notwendigkeiten - oder: der romantisierend verklärte Blick auf das ach so aufgeklärte, "fortschrittlich tolerante" wenn nicht gar "liberale" Preußen - ich lache 1 Woche lang.
  5.  
  6.  
  7. Im Bildungsbereich wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt, die sich allerdings nach Friedrichs II Vorstellungen vor allem auf den Adel bezog. Die übrigen Untertanen sollten zwar Lesen und Schreiben lernen (das braucht der Soldat), aber „nicht zu viel wissen“.
  8.  
  9. Kein Fortschritt in der Agrarpolitik, wo der König zwar die Erbuntertänigkeit als „widerwärtige Einrichtung“ bezeichnete, sie aber dennoch nicht aufhob.
  10.  
  11. Die abschreckende Wirkung der Folter im Auge, ließ Friedrich II das Edikt (zur Abschaffung der "Tortur, außer bei dem crimine laesae maiestatis [Majestätsbeleidigung] und Landesverrätherey") zwar allen Gerichten bekanntgeben, untersagte aber im Unterschied zur Praxis bei Gesetzestexten seine Veröffentlichung ...
  12.  
  13. Die für Preußen in wirtschaftlicher Hinsicht nicht ganz uneigennützige Toleranz und Offenheit (wer sein Land durch Krieg entvölkert, kann sich nicht mehr leisten wählerisch zu sein) gegenüber Einwanderern und religiösen Minderheiten wie Hugenotten und Katholiken war keine Reform, sondern wurde schon vor seiner Amtszeit praktiziert. Der Ausspruch 1740 „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“ fasste diese Praxis nur in eine griffige Formel. Das nennt man dann eine gelungene PR, s.u. In der diskriminierenden Behandlung von Juden knüpfte Friedrich II nahtlos an die Politik seiner Vorgänger an - an dieser Stelle nur der Verweis auf https://de.wikipedia.org/wiki/Revidiertes_General-Privileg von 1750. ja ja, jeder stirbt auch für sich allein.
  14.  
  15. Der Freimaurer: Mitgliederverzeichnis Nr. 31 „Friedrich von Preussen, geb. 24. Jan. 1712, Kronprinz“
  16.  
  17. Der Imperialist: "Im Antimachiavell begründete Friedrich II seine Position hinsichtlich der Zulässigkeit des Präventivschlags und des „Interessenkrieges“. Demnach verfolgt der Fürst im „Interessenkrieg“ die Interessen seines Volkes, was ihn nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, wenn nötig zur Gewalt zu greifen. Damit nahm er die Begründung für die Eroberung Schlesiens 1740 und den Einmarsch in Sachsen 1756 vorweg." Das nenne ich preußisches Pflichtbewußtsein.
  18.  
  19. Die Außenpolitik Friedrichs II mit seiner Großmachtpolitik, die sich unter anderem in den drei Schlesischen Kriegen (Siebenjähriger Krieg) manifestierte, widersprach aufgeklärten Idealen weitgehend.
  20.  
  21. Der Mainzer Historiker Karl Otmar von Aretin bestreitet, dass Friedrich II nach Art des aufgeklärten Absolutismus regierte,
  22. und sieht ihn als Begründer einer verantwortungslosen und machiavellistischen Tradition in der deutschen Außenpolitik.
  23.  
  24. https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._(Preußen)#Erste_Reformen_.281740.29
  25. https://de.wikipedia.org/wiki/Aufgeklärter_Absolutismus
  26.  
  27. Zusammenfassung:
  28. ein flötespielender feudaler Gewaltherrscher und Militarist, der sich aus reinen PR Gründen (möglicherweise auch zwecks der Freizeitgestatung und Zerstreuung), darin seiner Zeitgenössin, der ebenfalls deutschen Katharina, "der Großen" und Zarin von Russland nicht unähnlich, gern decorathiv mit Philosophen der Aufklärung umgibt. "Liest man Voltaires Memoiren, die er 1759 schrieb, muss man alles für Blendwerk halten, für höfische Maskerade. Die Leidenschaft des Briefwechsels (mit Fredericus Rex) nennt Voltaire nun "Abgeschmacktheiten", all die lobenden Ranken und Schnörkel entlarvt er als hohle Phrasen: "Sie kosteten uns nichts." Der wahre Friedrich herrsche "absoluter als der Großtürke", "über die Kirche ebenso despotisch wie über den Staat". Im Schloss dagegen herrsche "Lässigkeit". Er spricht von "den Pagen, mit denen man sich in seinem Kabinett vergnügte", draußen aber liefen Soldaten Spießruten. Im Schreiben immerhin gesteht er Friedrich ein gewisses Talent zu."
  29. Mit Reformen im Sinne von Modernisierung auf dem Weg in die Neuzeit war es nicht weit her, diese Reformen waren entweder nur verbal angekündigt oder mehr als zögerlich und inkonsequent eingeschränkt; oder sie waren nur Propaganda, die heute von onkeligen Märchenerzählern dem A. Fritz zugedichtet werden (Stichwort Hugenotten); oder schlicht von militärischen Notwendigkeiten in einem ausichtslosen (von den hist.-politischen Voraussetzungen zu Beginn des Kriegs: größenwahnsinnigen) Krieg ERZWUNGEN.
  30.  
  31. Man kann natürlich auch weiterhin, wie im populären Diskurs sehr gängig, nur der Reclame-Parole „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“ auf den Leim kriechen; dazu muß man dann nur ebenso natürlich alle historischen Fakten ignorieren.
  32.  
  33.  
  34. http://www.correspondance-voltaire.de/html/voltaire-leben.php
  35. http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelgeschichte/d-77506745.html
  36. http://www.focus.de/kultur/buecher/literatur-sire-ich-eile-voltaire-und-friedrich-ii-_aid_703573.html
  37. https://www.google.com/search?q=Voltaire+über+Friedrich+II+Zensur
  38.  
  39.  
  40.  
  41.  
  42. ... und die Folgen:
  43.  
  44. http://www.bic-media.com/mobile/mobileWidget-jqm1.4.html?isbn=9783455502732&navigationContext=book&fullscreen=yes&jump2=34
  45.  
  46. Während Paris und London als Weltmetropolen mit reaktionären,
  47. aber auch mit gebildeten und aufgeklärten Gesellschaftskreisen
  48. aufwarten konnten [...] beschreibt Friedrich Engels die preußische
  49. Hauptstadt der späten 1840er Jahre als finstere Provinz: »mit
  50. seiner kaum entstehenden Bourgeoisie, seinem maulfrechen, aber tatfeigen,
  51. kriechenden Kleinbürgertum, seinen noch total unentwickelten Arbeitern
  52. [...] seinem ganzen Charakter als bloße Residenz.
  53. Entscheidend aber war: In Berlin herrschte, das elende preußische Landrecht.«
  54. Das »elende preußische Landrecht« enthielt Frondienste, Prügelstrafe, Pressezensur, Zunftzwang und Festungshaft bei Majestätsbeleidigung.
  55. Wem Unrecht geschah, der konnte nur bei der Obrigkeit betteln, ein Klagerecht hatte er nicht.
  56. "Elend" heißt gelinde gesagt und (1 Jahrhundert nach den "Reformen" des A. Fritz) immernoch: Hoffnungslos Rückständig. Vergleiche dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinisches_Recht im selben Zeitraum.
  57.  
  58. Die maßlos überschätzten und verspäteten preußischen Reformen, eine Reaktion auf die Niederlage von 1806 gegen Napoleon,
  59. verschlechterten die ökonomische Lage der vermeintlich befreiten und nun in nur neue Abhängigkeiten gebrachten
  60. Bauern und Arbeiter. Sie nützten vor allem den Großgrundbesitzern und dem Großhandel.
  61.  
  62. Mit dem preußischen Edikt von 1812 und unter dem Druck der französischen Entwicklung wurden Juden endlich
  63. preußische Staatsbürger – wobei ihnen die Staatsbehörden in Einzelfällen diese Staatsbürgerschaft wieder
  64. wegnehmen konnten. Juden durften Land kaufen und mussten Soldaten werden, zu Offizieren aufsteigen durften
  65. sie nicht. Sie hatten keine Sondersteuern mehr zu bezahlen.
  66. Sie erhielten die Gewerbefreiheit und den – an Bedingungen wie Grundbesitz geknüpften – Zutritt zu städtischen
  67. und Universitätsämtern, nicht aber zu höheren Positionen in Verwaltung, Justiz und Militär. All diese
  68. Rechte galten ausschließlich für jene Juden, die bereits in Preußen ansässig waren. Für jüdische Deutsche, die aus
  69. einem anderen deutschen Kleinstaat einwanderten, galten sie nicht. Sie galten außerdem nur für das Königreich Preußen
  70. in seinen Grenzen von 1812, also zum Beispiel nicht im Großherzogtum Posen und nicht in Vorpommern. Dort
  71. fielen die Rechte der Juden sogar in vornapoleonische Zeiten zurück.
  72. Die Lockerung der ständisch-absolutistischen Tyrannei bewirkte, wie von der Staatsführung beabsichtigt, eine größere
  73. Identifikation der unteren Stände sowie der Juden mit dem preußischen Staat und seinem Krieg gegen Frankreich.
  74. Man brauchte schließlich Menschenmaterial für die letzten Feldzüge gegen Napoleon.
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