Advertisement
Guest User

Bastard Operator from Hell (DE vom 28.04.97)

a guest
Sep 19th, 2014
473
0
Never
Not a member of Pastebin yet? Sign Up, it unlocks many cool features!
text 61.10 KB | None | 0 0
  1.  
  2. Bastard Operator from Hell
  3.  
  4. (Simon Gavaglia)
  5.  
  6. Gefunden auf einem neuseeländischen FTP-Server zu einer Zeit, als die
  7. meisten von euch noch nicht mal wußten, daß man Komputer mit K schreibt.
  8.  
  9. Frei übersetzt von Florian Schiel
  10.  
  11. Heute ist Backup-Tag. Mein Lieblingtag! Andererseits hat es natürlich
  12. gewisse Vorteile, der Operator zu sein. Ich linke das tape device nach
  13. /dev/null - viel ökonomischer. Zumindest, was meine Arbeitszeit angeht,
  14. weil ich nicht alle 5 Minuten Bänder wechseln muß. Außerdem dauert das
  15. Backup nur noch etwa 12 Minuten, also kann es nicht ganz schlecht sein!
  16.  
  17. Ein Benutzer ruft an.
  18. "Wissen Sie, warum das System so langsam ist?"
  19. fragen sie.
  20. "Wahrscheinlich liegt's an ..."
  21. Ich schaue nach, was heute dran ist:
  22. " ... der Taktfrequenz."
  23. "Ah."
  24. Wenn sie nicht wissen, wovon man redet, sind sie meistens zufrieden.
  25. "Wissen Sie, wann das repariert wird?"
  26. "Repariert? Es sind 275 Benutzer auf deiner Maschine, einer davon bist
  27. du. Nun sei ein braver Junge und lass mal ein paar andere ran. Log
  28. aus, Egoist!"
  29. "Aber ... aber die Ergebnisse müssen morgen abgegeben werden. Ich
  30. brauche nur noch eine Seite auf dem Laserdrucker..."
  31. "Aber klar doch! Erzähl das mal deiner Omama, Bruder!"
  32. Ich hänge auf. Hundertausend Höllenhunde! Man sollte meinen, daß sie
  33. endlich lernen, NICHT mehr anzurufen!
  34. Das Telefon klingelt wieder. Ich weiß, daß er es ist. So was nervt mich.
  35. Ich veringere meine Stimmlage um 2 Oktaven.
  36. "HALLO, LOHNBUCHHALTUNG!"
  37. "Ah .. oh. Tut mir leid. Ich habe die falsche Nummer..."
  38. "SOOO? Wie ist denn Ihr Name, Freundchen? Wissen Sie, wieviel Geld uns
  39. solche falschen Anrufen kosten? WISSEN SIE DAS? Ich hätte gute Lust,
  40. Ihre vergeudete Zeit, meine vergeudete Zeit und die Kosten dieses
  41. Anrufs von Ihrem Monatsgehalt abzuziehen! TATSACHE, DAS WERDE ICH
  42. AUCH! Wenn ich mit Ihnen fertig bin werden SIE UNS Geld schulden! WIE
  43. IST IHR NAME - UND KEINE LÜGEN! WIR HABEN ISDN!"
  44. Ich höre wie der Hörer 'runterfällt und sich jemand in Trab setzt - er will
  45. sich im Sekretariat des Dekans ein Alibi besorgen. Ich tippe seinen
  46. Benutzernamen ein und rufe im Sekretariat des zugehörigen Dekanats an.
  47. "Hallo?"
  48. "Hallo, Simon, Operator hier. Passen Sie auf! Wenn er in etwa 10
  49. Sekunden in Ihr Büro stürmt können Sie ihm was ausrichten?"
  50. "Ich denke schon..."
  51. sagt sie unsicher.
  52. "SAGEN SIE IHM: ER KANN RENNEN, ABER ER ENTGEHT MIR NICHT!"
  53. "Ähm, gut."
  54. "Und nicht vergessen. Es wäre doch schade, wenn jemand Ihre Datei mit
  55. den einschlägigen S+M Tips in Ihrem Account finden würde..."
  56. Ich höre ihre langen Fingernägel panikartig über die Tastatur klappern...
  57. "Sparen Sie sich die Mühe - ich hab' bereits 'ne Kopie. Nun seien Sie
  58. ein gutes Mädchen und richten Sie's ihm aus!"
  59. Sie verspricht es heulend.
  60. Das Schlimme an der Sache ist: die S+M Sache war nur geraten. Trotzdem hole
  61. ich mir rasch eine Kopie davon. Könnte mal ganz gut sein, wenn ich nicht
  62. einschlafen kann...
  63.  
  64. Inzwischen ist das Backup in neuer Rekordzeit zu Ende gelaufen. 11 Minuten
  65. und 10 Sekunden. Es lebe die moderne Rechnertechnik! Schon wieder klingelt
  66. das Telefon.
  67. "Ich brauche mehr Speicherplatz!"
  68. sagt er.
  69. "Warum ziehen Sie nicht in den Osten?"
  70. "Quatsch, in meinem Account, Sie Idiot."
  71. Idiot? Oh-oh...
  72. "Es tut mir so leid"
  73. sage ich wie Mutter Beimer in der Lindenstraße
  74. "aber ich hab' das nicht ganz mitgekriegt. Was sagten sie doch
  75. gleich?"
  76. Ich kann die aufkommende Angst durch die Leitung riechen. Aber es ist zu
  77. spät: er ist erledigt und er weiß es.
  78. "Ähm, ich sagte, hätte gerne etwas mehr Speicherplatz in meinem
  79. Account bitte."
  80. "Aber klar. Augenblick mal."
  81. Ich höre ihn erleichtert aufatmen obwohl er die Sprechmuschel mit der Hand
  82. abdeckt.
  83. "Erledigt. Sie haben massig Platz jetzt."
  84. "Wieviel?"
  85. Das geht mir nun wirklich auf den Keks! Nicht nur daß sie dauernd
  86. Speicherplatz von mir fordern sie wollen mich auch noch kontrollieren und
  87. protestieren wenn ich ihnen nicht genug gebe. Sie sollten glücklich sein
  88. mit dem was von mir gibt und basta!
  89. Wieder mit Mutter Beimer:
  90. "Also, schaun' wir mal. Sie haben 60 MB frei."
  91. "Klasse! 120 MB zusammen. Vielen Dank!
  92. sagte er begeistert von seiner Verhandlungstechnik.
  93. "Moment!"
  94. unterbreche ich. Das muß man genießen wie einen Südaustralischen bei
  95. Raumtemperatur.
  96. "60 MB insgesamt."
  97. "Was? Ich habe doch schon 60 MB belegt. Wie kann ich dann noch 60 MB
  98. frei haben?"
  99. Ich sage nichts. Ist auch nicht nötig. Er wird schon noch drauf kommen.
  100. "Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaarrrrrrrrrrrrggggghhhhhh!"
  101. Ich mag mich, wenn ich eklig bin. Ehrlich!
  102.  
  103. Ich spiele gerade DOOM an der Masterconsole als irgend so ein gedankenloser
  104. Bastard anruft. Ich hebe ab.
  105. "Hallo?"
  106. sage ich.
  107. "Wer ist da?"
  108. sagen sie.
  109. "Ich denke, ich bin's"
  110. sage ich. Wozu habe ich den Kurs 'Erfolgreiches Verhandeln am Telefon'
  111. absolviert?
  112. "Wer ich?"
  113. "Wird das ein Österreicherwitz?"
  114. sage ich, während ich mit allen verfügbaren Fingern auf den Feind ballere.
  115. ZU SPÄT. YOU GOT KILLED. GAME OVER.
  116. Meine Laune sinkt von minus zweihundert auf den absoluten Nullpunkt.
  117. "Was kann ich für Sie tun?"
  118. Stimme so weich wie Kaschmirwolle (ein untrügliches Warnzeichen!)
  119. "Ähm, Ich hätte gerne gewußt, ob wir ein bestimmtes Software-Paket
  120. haben..."
  121. "Was für eine Software ist das?"
  122. "Ähm, sie heißt B-A-S-I-C."
  123. klickerdiklackerdiklick: r-m b-a-s-i-c.e-x-e
  124. "Hm, tut mir leid, haben wir nicht. Wir hatten das mal..."
  125. "Oh. Na gut, die andere Sache, weswegen ich anrufe: könnte man alle
  126. Daten in meinem Account auf Band kopieren. Dann hätte ich eine
  127. Sicherheitskopie zu Hause im Falle eines Falles..."
  128. "Im Falle eines Falles?"
  129. "Ja, falls sie zum Beispiel aus Versehen gelöscht werden oder so ..."
  130. "GELÖSCHT! Ah, machen Sie sich da mal keine Sorgen. Wir machen doch
  131. Backups."
  132. (Ich bin so ein Schwein!)
  133. "Wie ist Ihr Username?"
  134. Er gibt mir seinen Usernamen. Nicht sehr helle!
  135. klickediklackediklick...
  136. "Aber Sie haben doch gar keine Daten in Ihrem Account!"
  137. sage ich, baffes Erstaunen in der wohlmodulierten Stimme.
  138. "Natürlich habe ich Daten. Sie schauen sicher an der falschen Stelle!"
  139. klickediklackediklick...
  140. "Ah, stimmt. Ich war falsch..."
  141. sage ich.
  142. Hat er nicht gerade 'Typisch' in seinen Bart gemurmelt? Mein lieber
  143. Freund...
  144. "Ich wollte sagen: DER USERNAME EXISTIERT GAR NICHT."
  145. "Was?"
  146. Wimmern in der Leitung.
  147. "Aber da muß einer sein. Ich habe doch erst heute morgen darin
  148. gearbeitet!"
  149. "Aha! Da liegt das Problem. Sehen Sie, da war ein Virus im System
  150. heute morgen. Der ... äh .. Leonardo da Vinci Virus. Löscht alle User
  151. die gerade eingeloggt sind, wenn er losbricht."
  152. "Das kann nicht sein. Meine Freundin war auch eingeloggt, und jetzt
  153. bin ich gerade in ihrem Account!"
  154. "Und welcher ist das?"
  155. ER SAGT ES MIR. MANCHE LEUTE LERNEN'S NIE.
  156. "Ah, ja. Den Account konnten wir gerade noch retten."
  157. klickediklackediklick...
  158. "Sie hat nur alle Daten verloren."
  159. "Aber..."
  160. "Keine Sorge. Wir haben doch alles auf Backup."
  161. "Oh, Gott sei Dank!!!"
  162. "Auf Lochstreifen-Backup! Haben Sie einen Leser dafür? Wir nicht! Viel
  163. Spaß!!!"
  164. Ich bin so ein Hund!
  165.  
  166. Mein Job ist so eine Hetze, daß ich kaum dazu komme, kurz mal ins Kino zu
  167. fahren, bevor die Leute ihre Ausdrucke abholen kommen. Die Queue ist
  168. sowieso viel zu voll, als daß ich alles rechtzeitig ausgedrucken (und
  169. sortieren) könnte. Also kille ich alle die kleineren Jobs bis auf zwei und
  170. die lassen sich im Nu sortieren.
  171. Nach dem Film (einer von diesen Endlos-Bertoluccis, wo der Held nach drei
  172. Stunden endlich in grandiosen Visionen zugrunde geht) komme ich zurück um
  173. die Ausdrucke auszugeben. Etwa fünfzig Leute warten draußen und ich habe
  174. zwei Ausdrucke. Stimmt ziemlich gut mit meinem Durchschnitt überein.
  175. Andererseits hätte ich mehr killen sollen. Egal, ich lasse die beiden
  176. Ausdrucke elegant auf den Tisch gleiten, drehe mich um und gehe betont
  177. langsamzurueck in meinen Glaskasten. Dabei halte ich deutlich sichtbar das
  178. Clipboard in der Hand, das mit den grossen roten Buchstaben 'ACCOUNTS TO
  179. REMOVE' auf der Rueckseite. Keiner sagt ein Wort. Wie immer.
  180. Ich sitze wieder gemuetlich im Operator Sessel und beobachte den
  181. Ueberwachungs-Monitor, der zufaellig mit dem Videoplayer aus der
  182. medizinischen Optik verbunden ist (zur Reparatur hier; geschaetzter Termin
  183. der Ruecklieferung irgendwann in 2001). Ploetzlich klingelte das Telefon.
  184. Das muss heute schon das zweite Mal sein, und es beginnt mir auf die Nerven
  185. zu gehen.
  186. "Ja?"
  187. sage ich und halte das Bild an.
  188. "Ich hab' aus Versehen meinen Lebenslauf geloescht..."
  189. sagt die Stimme am anderen Ende.
  190. "Tatsaechlich? Wie war Ihr Username?"
  191. Er sagt es mir. Sch.... wie langweilig.
  192. "Ah, nein. Nicht Sie haben ihn gelöscht - ich war's."
  193. "Was?"
  194. "Ich hab' ihn gelöscht! Er war voll mit Sch...! In keinem einzigen
  195. Fach was Besseres als 'ne zwei!"
  196. "Häh?"
  197. "Und der Mist mit dem Austauschstudium - das war Ihre Freundin, und
  198. wir beide wissen das!"
  199. "Häh??"
  200. "Na, Ihre Studienangaben. Ich hab's nachgeprüft. Sie haben gelogen."
  201. "Wie haben Sie ..."
  202. Es klickt deutlich hörbar.
  203. "Oh, nein. SIE sind's! Der BASTARD OPERATOR FROM HELL!"
  204. "Leibhaftig, am Telephon und in Ihrem Account. Es wäre wirklich besser
  205. gewesen nicht anzurufen, wissen Sie. Vor allem hätten Sie Ihren
  206. Usernamen lieber für sich behalten sollen..."
  207. klickediklackediklick...
  208. "Tja, und dann hätten Sie dem System Manager keine so böse Mail
  209. schicken dürfen. Eine Mail, die ausdrückt, was Sie von ihm halten - in
  210. hübschen Bildern!"
  211. "Ich habe keine ..."
  212. klickediklackediklick... klick
  213. "So? Haben Sie nicht? Wer kann das noch sagen heutzutage? Keine Sorge,
  214. es bald wird alles vorüber sein...."
  215. klickediklackediklick...
  216. ... noch den Usernamen zurückändern ...
  217. klickediklackediklick...
  218. "B-b-b-b"
  219. blubbert er wie eine desynchronisierte PDP-11.
  220. "Leben Sie wohl"
  221. sage ich überfreundlich.
  222. "Ich denke Sie sollten jetzt besser packen. Viel Spaß beim Neubeginn."
  223. Ich lege auf.
  224. Zwei Sekunden später läutet das rote Telefon. Es ist der Boss. Er knurrt
  225. den Usernamen - von wem wohl? - und etwas über eine schweinische Mail.
  226. "Sie wissen, was Sie zu tun haben ..."
  227. mit den Punkten und allem.
  228. Später, im Abrechnungscomputer der Städtischen Elektrizitätswerke, während
  229. ich die nächste Rechnung des armen Schweins um ein paar Nullen korrigiere,
  230. wundere ich mich wieder einmal über diesen hartnäckigen und unglaublichen
  231. Mangel an Urteilsvermögen - welche Blödheit kosmischen Ausmaßes treibt sie
  232. immer wieder dazu, bei mir anzurufen. Noch später, als ich im FBI Computer
  233. sein Photo von der WWW Page in die Gesuchtenliste kopiere (die mit dem
  234. Label 'Dringend gesucht, bewaffnet und gefährlich, sofort schießen') komme
  235. ich zu dem Schluß daß ich es wohl niemals wissen werde - aber das Leben
  236. geht weiter.
  237. Ein paar Stunden später sehe ich die GSG 9 sein Apartment umstellen und mir
  238. wird klar: für ein paar von uns wird es das nicht. Aber morgen ist ein
  239. neuer Tag.
  240.  
  241. Es ist Donnerstag und ich bin guter Laune. Es ist Zahltag. Ich denke, ein
  242. paar Anrufe können nicht schaden. Also lege ich den Hörer zurück auf die
  243. Gabel. Es läutet.
  244. "Seit Stunden versuche ich Sie zu erreichen!"
  245. schreit eine Stimme am anderen Ende.
  246. "Nanana, STUNDEN können's gar nicht gewesen sein!"
  247. sage ich, während ich 'Blade Runner' ins Cover zurückstecke und mir die
  248. Rückseite anschaue.
  249. "Allenfalls 114 Minuten. Ich hatte einen langen Chat mit dem großen
  250. Boss. Versuchte bessere Technik für unsere Benutzer herauszuschlagen."
  251. Eins, zwei, drei ...
  252. "Oh, tut mir leid."
  253. "Macht nix. Ich bin nicht nachtragend."
  254. Ich nehme mir vor, sein Passwort in den nächsten Tagen etwas abzuändern, in
  255. etwas, worauf er nicht so schnell kommen dürfte.
  256. "Ähm, ich weiß nicht, wie ich ein File umbennen kann!"
  257. sagt er.
  258. Oh, Gott... Moment es ist ja Zahltag, nicht? Also bin ich guter Laune.
  259. "Aber klar. Tippen Sie nur 'rm' und den Filenamen."
  260. "Vielen Dank."
  261. "Keine Ursache."
  262. (Jetzt bin WIRKLICH guter Laune. Vielleicht sollte ich heute das Skript
  263. fertigschreiben, das Abspeichern zu bestimmten, zufällig gewählten Zeiten
  264. unmöglich macht.) Das Telephon läutet wieder.
  265. "Hallo?"
  266. "Hallo, ebenfalls..."
  267. sage ich.
  268. "Ist das der Kontrollraum?
  269. "Aber klar doch!"
  270. sage ich zuckersüß.
  271. "Könnten Sie mir bitte meine Ausdrucke herausbringen? Ich brauche sie
  272. dringend und der Ausdruck müßte schon seit fünf Minuten zu Ende sein."
  273. "Ihr Username?"
  274. frage ich.
  275. Er gibt ihn mir und ich notiere ihn für später.
  276. "Kein Problem. Moment."
  277. sage ich und gehe 'rüber zu den Druckern. Ein RIESEN Haufen von Ausdrucken
  278. liegt auf dem Boden. Und tatsächlich, sein Dokument liegt ganz oben auf.
  279. Ich breite es über dem Haufen aus und sprühe großzügig unser
  280. Spezialfleckenwasser in die Gegend. Dann fahre ich den schweren Bandwagen
  281. ein paar Mal darüber und klemme es zum krönenden Abschluß vier, fünf Mal in
  282. die schwere Safetüre ein, wo wir die Backup-Bänder aufbewahren sollten.
  283. Hübsch.
  284. "Hier sind Ihre Ausdrucke,"
  285. sage ich
  286. "Tut mir leid, daß es solange gedauert hat. Wir haben ein paar
  287. kleinere Probleme mit dem Drucker."
  288. Ein Blick und er macht sich fast in die Hose.
  289. "Oh, Gott! Kann ich es nochmal drucken?"
  290. fragt er besorgt.
  291. "Aber klar doch!"
  292. sage ich.
  293. "Aber wie gesagt, unser Printer ist nicht besonders gut drauf heute."
  294. "Äh, kann ich es auf dem Laser drucken - funktioniert der?"
  295. "Natürlich, aber das kostet eine Kleinigkeit"
  296. sage ich. Mitgefühl verströmend.
  297. "Egal, was es kostet! Das ist hyper-dringend!"
  298. Ich schleiche zurück in den Druckerraum und suche die Tonerkassette, die
  299. wir für spezielle Fälle aufbewaren - die mit den dicken schwarzen Streifen
  300. in der Mitte und den blassen Rändern. Ich habe auch ziemlich lange
  301. gebraucht, bis sie so gut funktionierte. Der Ausdruck kommt raus und ich
  302. bringe ihn sofort nach vorne. Bloß nichts verpassen.
  303. "W-w-w-was ist den jetzt passiert?"
  304. winselt mich der Geck an.
  305. Gut, daß ich den Usernamen notiert habe - Geistige Folter ist vielleicht
  306. doch etwas, wofür ich mich längerfristig begeistern könnte.
  307. "Äh, nichts. Ich meine, klar: es ist nicht perfekt. Aber der Toner hat
  308. auch schon 47 Tausend Seiten drauf und wurde 17mal nachgefüllt. Ich
  309. finde, es ist noch gut gegen das, was wir sonst so bekommen."
  310. Der Geck zahlt und beginnt zu wimmern.
  311. "Na, kommen Sie. Kein Grund zum Heulen. Haben Sie die Arbeit auf
  312. Disketten?"
  313. Er gibt mir eine kleine Plastikbox mit Disketten. Ich hüpfe schnell rein
  314. und lege sie kurz auf den Lösch-Magneten. Ich gehe wieder hinaus.
  315. "Tut mir so leid, aber mir fällt gerade ein, daß unser Lesegerät
  316. hinüber ist. Sie müssen damit zu dem Druckerraum U am anderen Ende des
  317. Campus - kennen Sie den? - und es dort ausdrucken. Dort sollte es
  318. klappen. Die haben gestern einen neuen Toner bekommen."
  319. "SUPER!"
  320. "Gern geschehen. Und denken Sie daran: immer die Disketten hoch über
  321. den Kopf halten. Das Erdmagnetfeld ist heute wieder extrem stark."
  322. "Häh???"
  323. "Keinen langen Reden. Machen Sie's."
  324. Er marschiert los, die Disketten hoch über dem Kopf...
  325. Manchmal hasse ich mich selbst!
  326.  
  327. Die dauernde Langeweile bringt mich um. Also lese ich User-Email, um die
  328. Zeit totzuschlagen. Allerdings muß ich zugeben, daß die heutige Lieferung
  329. auch nur zum Gähnen anregt. Nicht eine wirklich gute Nachricht darunter.
  330. Nicht mal versteckte Andeutungen über Fummeln im Supermarkt, wie sonst. Gar
  331. nichts. Statt dessen muß ich mir den üblichen Sch... zu Gemüte führen:
  332. Welcher Verwandte wann welche Art von Operation über sich ergehen lassen
  333. muß und welche es nicht überlebt haben, wie das Wetter auf der anderen
  334. Seite des Erdballs ist, die Sorte von Redundanzmails, die nur unsere Queues
  335. vollknallen! Um die Sache etwas aufzulockern, hole ich eine persöhnliche
  336. Party-Einladung aus einer Mailbox, poste sie unter dem Namen des Senders in
  337. alt.singles.with.severe.social.dysfunctions im USENET und mache eine Notiz
  338. in meinem Kalender, damit ich rechtzeitig dort bin - mit meiner
  339. Videokamera. Könnte was werden!
  340. Was steht als nächstes an? Ah ja, die medizinische Datenbank, in der die
  341. Vertrauensärzte der Uni die Krankheitsgeschichten der Angestellten
  342. speichern. Ich grepe schnell mal durch nach 'Herpes' und 'Syphilis' und
  343. verkaufe die Ergebnisse an die lokale Boulevardpresse.
  344. Um meine Spuren zu verwischen, gehe ich in den Account des Oberarztes und
  345. füge dort folgenden Eintrag in sein Online-Tagebuch ein: DM 500, Med. Daten
  346. an Zeitung.
  347. Sollte ausreichen!
  348. Ich schichte ein paar Bänder aus den Regalen auf den Laborwagen und zurück,
  349. damit es so aussieht, als ob wir sie tatsächlich verwenden. Dann gehe ich
  350. in Archie und suche nach einem bestimmten verborgenen X-GIF Server, von dem
  351. ich gehört habe. Als ich ihn finde starte ich einen Batch unter einem
  352. User-Account, um die Bildchen 'runter zu laden - natürlich auf seine
  353. Kosten. Gerade noch rechtzeitig fällt mir ein, ob auch genug Speicherplatz
  354. für die Bilder frei ist.
  355. Um ganz sicher zu gehen, entferne ich alle Dateien auf der Platte, die
  356. nicht direkt mit dem Batch zu tun haben. Zum Beispiel die ganzen LaTeX
  357. Dokumente "diss*.*"; die sind in letzter Zeit sowieso schon wieder viel zu
  358. groß geworden.
  359. Zurück in User email schaue ich, ob sich inzwischen was getan hat. Naaah.
  360. Schließlich grepe ich alle files nach 'schwanger', 'Scheidung' und
  361. 'Therapie' und poste sie anonym in eine lokale Klatsch-Newsgroup. Dann,
  362. bevor ich auch nur piep sagen kann, ist der Strom weg! In der nächsten
  363. Sekunde läutet schon das Telefon.
  364. "Hallo?"
  365. sage ich, wütend - der Coyote hat den Roadrunner gerade fast am Wickel
  366. gehabt!
  367. "Was ist mit dem Comp..."
  368. Ich hänge auf. Jetzt geht's um Leben oder Tod. So schnell ich kann, reiße
  369. ich das Stromkabel des Mainframes aus der Notstromversorgung und schließe
  370. fieberhaft mein TV daran an. Verdammt! Der Roadrunner war wieder schneller!
  371. Inzwischen fangen überall die Warner an zu jaulen, weil die Hauptplatten-
  372. speicher 'runterfahren. Aber was soll's? Mein Mac und mein Terminal sind
  373. sowieso fest mit der Notstromversorgung verbunden, und ich bin im Beer
  374. Factory Level in Dark Castle.
  375. Das Telefon klingelt schon wieder. Also lasse ich die Kommunikations-
  376. sicherung am Notstromschaltkreis herausschnappen, und endlich ist Ruhe. Um
  377. ganz sicher zu gehen, hole ich den Hockeyschläger aus dem Spind und übe ein
  378. bisschen Einer-gegen-die Wand. Durch das Glasfenster schaut das aus als ob
  379. ich wie ein Wahnsinniger nach dem Fehler suche - wie üblich. 10 Minuten
  380. später ist der Strom wieder da und die Diagnose meldet zwei Hard Disk
  381. Crashs auf dem Main Level, zum Teufel damit! Ich habe keinen Mann verloren,
  382. bin kurz vorn letzten Level und im TV kommen noch mehr Cartoons!
  383. Das andere Telefon läutet, ein User (welch Überraschung!).
  384. "Kontrollraum!"
  385. sage ich, so richtig im Stress.
  386. "Wann wird der Computer..."
  387. Ich lege auf.
  388. Im Moment komme ich ganz gut voran. Nur noch ein Wizard, der unablässig
  389. Bannflüche schleudert, steht zwischen mir und dem letzten Bild. Gleich bin
  390. ich drin!
  391. Das Telefon läutet schon wieder! Mit einem raschen Hieb schalte ich auf
  392. Freisprechen.
  393. "Kontrollraum!"
  394. brülle ich, voll involviert.
  395. "Ich hab' meine Files gelöscht. Meine Daten sind weg..."
  396. winselt ein User über den Lautsprecher.
  397. "Aber sicher doch!"
  398. sage ich, weil ich mich nicht erinnern kann. Diese Bemerkung genügt, um
  399. mich den Bruchteil einer Sekunde abzulenken. Der Wizard nagelt mich in den
  400. Boden und schmeißt mir noch einen Feuerball hinterher. GAME OVER.
  401. "Wie war Ihr Username?"
  402. sage ich mit Honig gesalbter Stimme. Er sagt es mir. Ich schaue nach - und
  403. er hat recht. Sch...., dabei war ich es nicht mal!
  404. Um meinen guten Ruf zu wahren, wechsele ich sein Login Directory nach
  405. /dev/null, setzte seinen Pfad auf '.' und setzte einen alias auf sein
  406. 'news' Kommando, welches ein scheußliches kleines Skript in seinem früheren
  407. Home Directory startet. Das Skript schickt eine nicht mehr ganz politisch
  408. korrekte email an die Beauftragte für Gleichberechtigungsfragen der Uni und
  409. löscht sich anschließend selbst.
  410. Wohl bekomm's!
  411.  
  412. Es ist Freitag; also gehe ich früher zur Arbeit, sogar noch vor dem
  413. Mittagessen. Das Telefon klingelt. Sch....
  414. Ich blättere den Ausredenkalender um. "Sonneneruptionen" steht da. Ok,
  415. darüber muß ich erst ein bisschen recherchieren. Zwei Minuten später bin
  416. ich fit für den ersten Anruf.
  417. "Hallo?"
  418. sage ich.
  419. "WO SIND SIE GEWESEN! ICH HABE SCHON DEN GANZEN VORMITTAG ANGERUFEN
  420. UND NIEMAND GEHT RAN!"
  421. Ich hasse es, wenn sie mich schon am frühen Morgen anbrüllen. Es deprimiert
  422. mich irgendwie. Sie wissen, was ich meine ...
  423. "Äh, ja. Tja, wir hatten heute morgen auch wieder extrem starke
  424. Sonnen- aktivität. Das kann böse Auswirkungen auf die
  425. Kommunikationsleitungen haben..."
  426. sage ich zuckersüß.
  427. "Häh? Aber sonst habe ich doch jeden erreicht?!"
  428. "Tja, das ist durchaus möglich. Die Auswirkungen erhöhter
  429. Sonnenaktivität sind ziemlich unvorhersehbar. Letzte Woche hatten wir
  430. sogar den Fall, daß ein paar Files einfach vor den Augen ihres
  431. Besitzers verschwunden sind während er noch damit gearbeitet hat..."
  432. "Wirklich?"
  433. "Kein Sch...! Äh, wollen Sie, daß ich Ihren Account schnell checke?"
  434. "Äh, ja. Ich hab ein paar wichtige Dateien drin..."
  435. "Ok, wie war noch Ihr Username ..."
  436. Er sagt ihn mir. Ehrlich, eine Mücke mit einem Sprengsatz zu erledigen ist
  437. schwieriger. Mit einem atomaren Sprengsatz. Mit AWACS-Unterstützung.
  438. Sch....!
  439. (Ich verzichte ab jetzt auf den klickediklackediklick-Teil, ok?)
  440. "Wieviele Dateien sind in Ihren Account?"
  441. frage ich.
  442. "Ähm, also, etwa 20 in meiner Doktorarbeit, circa 10 mit den Daten
  443. dazu, und noch etwa 20 für das Buch, das ich gerade herausgebe."
  444. "Hm. Ich glaube, wir schauen erst mal, was noch zu retten ist. Also,
  445. da sind noch zwei Files lesbar, .cshrc und .login ..."
  446. "AAAAAAAAAAAaaaaaaaaaarrrrrrrrrggggggghhhhhhhh!!!!!!!"
  447. Er schluchzt leise ins Mikrophon - mir kommen auch die Tränen!
  448. "Was mach' ich nur?"
  449. schnüffelt er.
  450. "Ok, haben Sie irgendwas davon auf Floppy gesichert?"
  451. "Schon, aber die sind schon Wochen alt!"
  452. Ich spiele mit dem Schalter des Floppy-Löschers.
  453. "OK!"
  454. sage ich,
  455. "wie wär's, ich komme kurz rüber und lade die Backups in Ihren
  456. Account, damit Sie pronto weiterarbeiten können?"
  457. "Das wäre toll"
  458. wimmert er,
  459. "aber die Floppys habe ich zu Hause. Ich fürchte, die muß ich heut'
  460. Nacht selber runterladen."
  461. "Gut. Aber denken Sie daran, was ich vorhin gesagt habe:
  462. Sonneneruption sind Gift für Disketten und Maschinen. Sie müssen Ihre
  463. Floppys unbedingt vor der gegenwärtigen Sonnenaktivität schützen.
  464. Sonst verlieren Sie noch alle Daten."
  465. "Wie mach ich das? Sie in Alufolie wickeln?"
  466. "UM GOTTES WILLEN, NEIN! Alufolie ist das Schlimmste! Sie wissen doch
  467. was mit Alufolie im Microwellenherd passiert oder?!"
  468. "Doch.."
  469. "Dann verwenden Sie's auch nicht! Es gibt nur eine sichere Methode,
  470. Disketten erfolgreich zu schützen..."
  471. "Und wie?"
  472. "MAGNETISCHE FELDER! Packen Sie Ihre Floppys in einen Kopfkissenbezug
  473. gefüllt mit möglichst vielen Magneten. Sie können zum Beispiel die von
  474. Ihrem Kühlschrank nehmen. Sie wissen schon mit denen Sie ihre Zettel
  475. dort festpinnen - Solarpartikel hassen magnetische Felder."
  476. "Wow. Danke."
  477. "Gern geschehen. Es ist nur mein Job..."
  478. Sch.... ich mache Fortschritte.
  479.  
  480. Ich finde, so ein verantwortungsvoller Posten wie meiner sollte mit einer
  481. angemessenen Mittagspause vergütet werden. Für die paar Stunden setze ich
  482. den Hausmeister auf meinen Stuhl, damit es nicht so aussieht, als wir
  483. unsere Pflichten vernachlässigen würden (sic!). Ich erkläre ihm, daß er nur
  484. darauf achten muß, daß der Hörer nicht aus Versehen auf der Gabel landet.
  485. Er ist einverstanden und ich verschwinde.
  486. Zuerst die Bank. Ich lasse 20 Mark in Zehnpfenningstücke wechseln und frage
  487. dann nach meinem Kontostand. Während der Angestellte noch tippt, ziehe ich
  488. unauffällig den Netzstecker von seinem Endgerät. Es stirbt natürlich und
  489. ich sage daß ich in Eile bin und daß ich gerne den Manager von diesem
  490. Sauladen sehen möchte.
  491. Er walzt durch die Tür wie ein gut gefüttertes Riesenbaby und fragt mich,
  492. ob es ein Problem gäbe. Ich sage, alles, was ich wolle, sei mein Kontostand
  493. und ob das denn zuviel verlangt sei und daß ich immer noch in Eile sei.
  494. Dann kreuze ich die Finger.
  495. JA! Er findet das herabhängende Netzkabel steckt es wieder rein und loggt
  496. sich ein MIT DEM MANAGER ACCOUNT.
  497. Ich stolpere wie zufällig an den Schalter und stosse aus Versehen 200
  498. Zehnpfenningstücke hinunter. Der Manager beachtet mich nicht, aber alle
  499. anderen tauchen nach den Münzen. Ich beobachte ungestört, wie er sein
  500. Passwort eintippt - mit der halsbrecherischen Geschwindigkeit von einem
  501. Zeichen pro Sekunde! Gar kein Problem, der Hardliner macht es mir sogar
  502. noch leichter, indem er ein semantisches Wort als Passwort gewählt hat:
  503. ZINSEN. So ein Scherzkeks! Ich verziehe keinen Gesichtsmuskel. Nicht ganz
  504. einfach, wenn ich an meine überschuldete Hypothek denke. Heute Nacht werde
  505. ich da einiges richtigstellen...
  506. Ein Benutzer, den ich noch vom D(eletion)-Day '94 kenne, nähert sich, um
  507. mich anzuquatschen. Sogar der Manager schüttelt abwehrend den Kopf, aber es
  508. ist zu spät. Er hält direkt vor mir und richtet das Wort an mich!
  509. "Ähm, Entschuldigung. Könnten Sie mir einen Tip geben, welchen
  510. Computer ich am besten für meine Diplomarbeit kaufe?"
  511. ?! Genau.
  512. "Schon mal vom neuen Pentium gehört?"
  513. frage ich.
  514. "Ja..."
  515. "Meiden Sie den wie die Pest! Kaum jemand weiß das, aber man handelt
  516. sich fürchterliche Probleme ein, wenn man ein Betriebssystem so
  517. schnell laufen läßt. Manche von den Kisten machen über 100 Millionen
  518. obstructions per second. Sie können sich ja vorstellen, daß da eine
  519. solch billige Kiste aus dem Takt kommen muß, nicht? Die Katastrophe
  520. ist praktisch vorprogrammiert!"
  521. "Oh!"
  522. "Nehmen Sie lieber was Sicheres und Bewährtes. Ein ZX81 mit dem
  523. doppelten Cassettenlaufwerk, wenn Sie das kriegen können. Im
  524. Vertrauen: Die sind nicht mehr leicht zu bekommen, weil alle Leute,
  525. die wirklich was davon verstehen, natürlich nur bewährte Technik
  526. kaufen. Kaufen Sie bloß keine Harddisk dazu. Sie haben doch sicher
  527. schon gehört wie oft die kaputtgehen? Cassetten dagegen halten ewig!"
  528. "Danke, super!"
  529. "Keine Ursache! Wie war doch noch gleich Ihr Username?"
  530. Er sagt ihn mir. Gerade noch rechtzeitig für D-Day 96. Man sollte meinen,
  531. daß sie's irgendwann lernen!
  532. Zurück an meinem Arbeitsplatz finde ich den Hausmeister - eingeschlafen vor
  533. dem Terminal. Ich frage ihn, ob er nicht lieber hier arbeiten möchte, aber
  534. er lehnt dankend ab. Hier hat er nicht die Möglichkeit, Leute in der
  535. Toilette aufzuschrecken...
  536. Ich lege den Hörer zurück auf die Gabel und sofort klingelt es. Ich hasse
  537. es, wenn es das tut. Ich brauche immer eine Ewigkeit, die Earphones nachher
  538. wieder reinzupfriemeln.
  539. Diesmal ist es anders. Die heißeste Mieze auf dem Campus ist dran - und sie
  540. hat ein Computerproblem! Ich liebe solche Augenblicke. Sie machen den Job
  541. erst dazu, was er ist.
  542. "Wie ist Ihr Username?"
  543. frage ich - als ob ich es nicht auswendig wüßte.
  544. So schnell ich kann überfliege ich ihre persönliche email - das meiste nur
  545. todlangweiliges Zeug - und grepe die gesamte User email nach ihrem
  546. Usernamen. Nichts - vortrefflich!
  547. "Wie kann ich Ihnen helfen?"
  548. flöte ich charmant.
  549. "Ich kann mein Dokument nicht abspeichern. Es sagt etwas mit zuwenig
  550. Speicherplatz."
  551. "Das werden wir gleich haben"
  552. sage ich und lösche alle anderen Files auf ihrer Platte - außer den ihrigen
  553. natürlich.
  554. "Jetzt sollte alles funktionieren..."
  555. "Oh, vielen, vielen Dank"
  556. haucht sie ins Mikrophon.
  557. Ich notiere mir, daß ich morgen wieder etwas an ihren Account herumdoktere.
  558. Das Telephon läutet, fast bevor ich es wieder auf der Gabel habe.
  559. "Meine Daten sind alle weg!"
  560. schreit jemand am anderen Ende.
  561. "Wann war das?"
  562. frage ich.
  563. "Gerade eben..."
  564. sagt er schluchzend.
  565. "Aha. Tja, Kopf hoch. Es sind noch drei Tage bis zum Semesterende.
  566. Wenn Sie Tag und Nacht dran bleiben, werden Sie schon noch eine Drei
  567. minus schaffen."
  568. Er schluchzt noch zwei- dreimal leise und legt auf. Schwächling!
  569. Das Telephon läutet schon wieder!
  570. "Der Bildschirm an meinem PC ist so schwach. Ich kann kaum die
  571. Buchstaben erkennen. Soll ich den Helligkeitsregler hochdrehen?"
  572. "NEIN!"
  573. schreie ich.
  574. "Fassen Sie den Knopf nicht an! Haben Sie auch nur die leiseste
  575. Ahnung, was da für eine Strahlung 'rauskommt, wenn Sie den Knopf ganz
  576. zum Anschlag drehen?!"
  577. "Also ich .."
  578. sagt sie verunsichert.
  579. "HÖREN SIE AUF MEINEN RAT!"
  580. sage ich.
  581. "Es gibt nur einen SICHEREN WEG, ein schwaches Display aufzumöbeln,
  582. und das ist: Nadelenergieimpulse in die Treiber geben!"
  583. Die Worte 'Nadelenergieimpulse ' und 'Treiber' sind zuviel für sie. Wenn
  584. Leute solche Ausdrücke hören, gehen sie automatisch in 'dummy mode' und
  585. machen ALLES, was ich sage. Ich könnte ihr jetzt vorschlagen nackt nur mit
  586. einem Netzkabel bekleidet über den Campus zu sprinten und sie würde es
  587. wahrscheinlich machen...Hmmmm.
  588. Haben Sie zufällig ein übriges Netzkabel 'rumliegen?
  589. Nein...
  590. "Oh, naja. Dann müßen wir das mit den Nadelimpulsen probieren... Also,
  591. Sie schalten jetzt so schnell Sie können Ihren PC ein und aus. Einfach
  592. den Kippschalter hin und herflippen, verstehen Sie? Etwa dreißig mal."
  593. "Soll ich vorher meine Disketten 'rausnehmen?"
  594. "NEIN! Wollen Sie alle Ihre Daten verlieren?!"
  595. "Oh. Nein, natürlich nicht. Also..."
  596. Ich lausche gespannt.
  597. ...klick klack klick klack klick klack klick klack klick klack kl BUMM!
  598. Erstaunlich! 27 oder 28. Normalerweise macht sich das Netzteil schon nach
  599. dem achten oder neunten Mal in die Hose!
  600. "MEIN COMPUTER! ER RAUCHT!"
  601. schreit sie an anderen Ende.
  602. "Wirklich?? Da muß ein Fehler im Netzteil gewesen sein! Gut, daß wir
  603. das geklärt haben! Haben Sie noch Garantie auf die Maschine?"
  604. "NEIN!"
  605. "Du liebe Güte! Was für ein Pech! Tja, dann hilft nur reparieren
  606. lassen. Haben Sie wenigstens Ihre Daten gesichert?"
  607. "Ja, ins System, gestern erst. Aber die ganze Arbeit von heute morgen
  608. ist futsch!"
  609. "Sie Ärmste! Wie war Ihr Username? Ich will gleich mal checken, ob
  610. Ihre Backups ok sind..."
  611. Sie sagt ihn mir...
  612. Tglof Gnuztestrof!!!
  613.  
  614. Ich sitze wie üblich an meiner Konsole. Ein Benutzer ruft an.
  615. "Hallo, Kontrollraum. Simon am Apparat. Wie kann ich Ihnen helfen?"
  616. sage ich.
  617. "Ich komme nicht in meinen Account"
  618. nuschelt es am anderen Ende.
  619. "Wie lautet bitte Ihr Username?"
  620. frage ich.
  621. Sie geben mir ihren Usernamen. Ich schaue in ihren Account.
  622. "Kein Problem, da war nur ein nichtausführbares login-file. Ich hab's
  623. richtig gestellt. Jetzt sollten Sie ohne Probleme 'reinkommen."
  624. "Danke."
  625. "Kein Ursache. Schönen Tag noch!"
  626. HÄÄHH?! fragen Sie sich jetzt. Ist der BASTARD OPERATOR FROM HELL endlich
  627. zum Guten bekehrt worden? Hat er aufgegeben?? REIF FÜR DIE KLAPSMÜHLE???
  628. Naaah. Der BASTARD OPERATOR FROM HELL wird ab heute überwacht. Alle
  629. Aktionen im Mainframe werden automatisch protokolliert. UND WENN DAS
  630. PASSIERT werde ich normalerweise auch abgehört! Also muß ich hübsch brav
  631. sein bis ich die Bugs entdeckt habe. Sollte nicht allzu lange dauern -
  632. vertrauen Sie mir!
  633. Ah. Da haben wir schon eins. Im Telefonhörer, klar. Aber der Boss ist einer
  634. von der witzigen Sorte. Ich wette, da sind noch mehr. Ahja, ein anderer
  635. unter dem Telefon und ein dritter in meinem Keyboard. Zeit für eine kleine
  636. Kaffeeschlacht. Drei auf einmal.... hmmm. Ich bringe mal besser die ganze
  637. Kanne und warte auf Zeugen. Der System Manager kommt herein.
  638. "Wo bleibt der Bericht, den ich gedruckt habe?"
  639. fragt er mit saurer Miene - er ärgert sich offensichtlich, daß ich mich am
  640. Telefon noch nicht ans Messer geliefert habe. Widersacher identifiziert!
  641. Wie der Direktor der "BASTARD OPERATOR SCHOOL" (ich!) immer zu sagen
  642. pflegt: "Es gibt kein Problem das sich nicht lösen läßt, indem man die
  643. Benutzerprozesse killt, alle ihre Files löscht, ihre Accounts sperrt und
  644. ihre tatsächlichen Einnahmen dem Finanzamt zukommen läßt."
  645. Ich ziehe den Ausdruck unter der Kaffeekanne hervor, die ich plaziert
  646. hatte, und die Kanne ergießt sich über Telephone und Keyboard. Aus
  647. irgendeinem Grund standen beide übereinandergestapelt in der Nähe.
  648. "Uuuups!"
  649. sage ich.
  650. Entsetzen malt sich auf meinem Gesicht. Sein Gesicht sagt mir daß ich
  651. richtig lag.
  652. "Glauben Sie ja nicht, daß Sie damit davonkommen, Simon"
  653. knurrt er und stampft hinaus.
  654. Ich schalte den Ethernet Monitor ein und beobachte die Pakete, die aus
  655. seinen PC kommen.
  656. Ah. Ein Memo geht an den Laser im Büro des Direktors. Inhalt: Beendigung
  657. meines Kontrakts, fristlos. Ich mache schnell ein paar notwendige
  658. Änderungen an dem File, solange es im Spooldirectory liegt, und lasse es
  659. dann an seine ursprüngliche Adresse weitergehen. Ich starte mein Programm
  660. 'endzeit', das -522 auf den PC knallt und der Mainframe macht sich in die
  661. Hose. Später beim Booten entferne ich das lästige Logging. Als nächstes
  662. gehe ich in den Kabelraum und stecke meinen Walkmankopfhörer in den freien
  663. RS232-Port aus dem Büro des Direktors. Es ist erstaunlich, wie leicht man
  664. bugs ausstreuen kann, wenn man weiß, wo die Datenleitungen laufen!
  665. Direktor:
  666. "Sind Sie sicher?"
  667. SysMgr:
  668. "ABSOLUT SICHER!"
  669. Direktor:
  670. "Und Sie wollen es sich nicht nochmal überlegen?"
  671. SysMgr:
  672. "AUF KEINEN FALL!"
  673. Direktor:
  674. "Nun gut, ich werde es sofort an die Personalabteilung weiterfaxen..."
  675. SysMgr:
  676. "HERVORRAGEND!"
  677. Zwei Sekunden später kommt der Systemmanager herein. Er lächelt. Es sieht
  678. aus wie das Lächeln eines großen, satten Haifischs.
  679. "Tja, ich werde Sie vermissen, Simon..."
  680. beginnt, noch ganz erfüllt, von der eben geleisteten Entscheidung.
  681. "Oh?"
  682. sage ich zuckersüß und heuchele Neugier.
  683. "Wohin gehen Sie denn?"
  684. "Nein, Simon"
  685. sagt er genußvoll,
  686. "Sie gehen:"
  687. "Eine BEFÖRDERUNG!"
  688. sage ich.
  689. "Sie haben endlich diesen Brief an den Direktor geschickt, daß er ein
  690. gottverdammtes Arschloch ist und daß Sie aufhören?"
  691. "Nein..."
  692. "Sind Sie sicher? Der ist aber viel besser als der über meine Entlas-
  693. sung..."
  694. "W..."
  695. Seine Pupillen weiten sich eine kleine Idee.
  696. Es ist, als ob man ein Walross mit dem Sofakissen erschlagen würde. Er rast
  697. los, um das Fax zu stoppen. Nur, nachdem er gerade gekündigt hat,
  698. >klickediklackedi< funktioniert sein card key nicht mehr ... Anfänger...
  699. Das Telephon klingelt. Es ist derselbe wie vorhin.
  700. "Ich komm' jetzt in meinen Account, aber ich hab' keinen Speicherplatz
  701. mehr auf der Platte..."
  702. "Moment, ich schau, was ich tun kann."
  703. >klickediklackediklick<
  704. rm -r *
  705.  
  706. Ich fahre zur Arbeit und klebe hinter diesem alten Trottel, der klassische
  707. SLOW DRIVER FROM HELL. Sein Tacho hat bei 20 die rote Linie und kommt ins
  708. Schlingern, wenn er die Kurven mit mehr als 5 nimmt. Ich verbrauche ein
  709. halbes Kilowatt in meiner Hupe, aber sein Hörgerät ist anscheinend auf
  710. Flüstern eingestellt. Keine Chance, vorbeizukommen!
  711. Ich memoriere sein Kennzeichen. Genau genommen tue ich das seit fünf-
  712. zehneinhalb Minuten sechzigmal in der Minute. Mannomannomann...
  713. Ich denke, da ist wieder mal ein Anruf in Flensburg fällig. Vielleicht
  714. könnte man auch den Wagen als gestohlen registrieren. Gestohlen von
  715. Waffenhändlern aus den vorderen Orient. Gefährlich...
  716. Endlich in der Arbeit blättere ich als erstes den Ausredenkalender um.
  717. "ELEKTROMAGNETISCHE STÖRSTRAHLUNG VON FUNKTIONSUNTÜCHTIGEM SATELLITEN".
  718. Klingt gut; vielleicht wird es doch noch ein netter Tag.
  719. Ich logge mich als "FUCKYOU" ein (der Kummerkasten-Account für die
  720. Benutzer) und rufe die mail auf. Drei Nachrichten sind drin. Die erste hat
  721. 117 Zeilen, eine Plaudertasche offensichtlich. Sch.... ich hasse das!
  722. Anstatt einfach zu sagen: "Der und der Account braucht mehr Speicherplatz"
  723. fangen sie an zu erzählen über was für einen Mist sie für welchen
  724. idiotischen Dozenten zu forschen haben und daß es schon gestern hätte
  725. fertig sein sollen und daß sie's auch geschafft hätten, aber dann hatte die
  726. Kusine dritten Grades plötzlich einen Magendurchbruch und einen riesigen
  727. Blutverlust und mußte ins Krankenhaus gebracht werden... usw usw. Ich
  728. lösche die Mail unbesehen.
  729. Die zweite Mail stammt offensichtlich von jemandem, der nicht mit dem
  730. Mailprogramm umgehen kann. Da ist nur der Header, aber keine Nachricht. Ich
  731. antworte mit direktem Reply: "Keine Sorge wir kümmern uns darum am nächsten
  732. Dienstag."
  733. Hoffentlich war's was Wichtiges!
  734. Die dritte Mail hebe ich mir für morgen auf. Samstag wäre ein gar zu
  735. langweiliger Tag - sollte ich jemals am Samstag arbeiten müssen! Das
  736. Telephon klingelt. Ich dachte, das hätte ich 'repariert'!
  737. Ich klemme mir den Hörer unters Kinn, damit ich gleichzeitig die Pizza in
  738. die Mikrowelle schieben kann.
  739. "Ja?"
  740. rufe ich hektisch.
  741. "Irgendetwas stimmt nicht mit meiner Bootdisk. Ich kann den Server
  742. nicht erreichen."
  743. "Haben Sie das Laufwerk dabei?"
  744. "Klar!"
  745. Ich hole mir die Disk und stecke sie zusammen mit der Pizza in die
  746. Mikrowelle. Fünf Minuten ULTRA-NUKE!
  747. Sechs Minuten später ruft er wieder an.
  748. "Es funktioniert immer noch nicht, aber jetzt höre ich auch noch
  749. komische Geräusche aus dem Laufwerk und es riecht irgendwie
  750. angebrannt."
  751. Angebrannt? Ich untersuche den Boden meiner Pizza. Naaah, nix angebrannt.
  752. Dem Jungen geht nur die Phantasie durch!
  753. "Oh, Sch..."
  754. sage ich,
  755. "das sind wieder diese Störstrahlungen von ausgemusterten Satelliten."
  756. "Tatsächlich? Davon hab' ich auch schon gehört..."
  757. "Wow!"
  758. "Aha! Tja, ich schätze, Sie müssen sich 'ne neue Bootdisk zulegen... "
  759. "Oh. Naja, macht auch nix. Die alte hätte es sowieso nicht mehr lange
  760. gemacht. Danke."
  761. "Keine Ursache. Und denken Sie immer daran, den Virenchecker FDISK ab
  762. und zu laufen zu lassen, wenn Sie wichtige Daten auf Ihrer Disk
  763. haben..."
  764. "Werd' ich machen. Danke!"
  765. "Alles klar - ist nur mein Job!"
  766. Racing läuft viel zu langsam für einen erfahrenen Spieler; also kille ich
  767. eben mal alle Database Prozesse, die sich den Löwenanteil an CPU holen und
  768. gebe Racing Priorität -10. Besser, viel besser.
  769. Verdammt hart, so an der vordersten Front: Immer nur Arbeit, Arbeit,
  770. Arbeit...
  771. Ich gönne mir einen schnellen 2-Stunden-Snack in der Cafeteria. In der
  772. Cafeteria sind immer alle ganz reizend zu mir. Zumindest seit es mal diesen
  773. dummen Computerfehler gegeben hat, der ihre Küche als Organ-
  774. Aufnahme-Station registrierte - ziemlich lästig! Ich schnappe mir noch ein
  775. paar Cokes und Crackers und mach' mich auf den Rückweg, diesmal durch die
  776. Anfänger Labs. Informatik, erstes Semester. Ich schaue durch das Guckloch
  777. an der Tür: Ein ganzer Hörsaal voller Frischlinge ohne Dozenten. Das kann
  778. nicht angehen! Ich stoße energisch die Schwingtüre auf und marschiere zur
  779. Tafel.
  780. "Es geht los, Herrschaften! Ich darf um Ruhe bitten. Sie dahinten, ja
  781. Sie, Sie sorgen dafür, daß uns niemand stört. Blockieren Sie einfach
  782. den Eingang. Wer zu spät kommt, soll sich das für's nächste Mal
  783. merken. Also, ich bin ihre Vertretung heute und wir wollen jetzt mal
  784. den üblichen Kram, den Sie sonst machen, beiseite lassen und uns über
  785. ein paar fundamentale Befehle aus der Praxis unterhalten. Wir beginnen
  786. mit einer der wichtigsten Funktionen überhaupt dem REMARK-Befehl oder
  787. wie er allen Kenner bekannt ist rm *"
  788. Ich hätte vielleicht doch besser Professor werden sollen - ich hab' den
  789. richtigen Draht zu den jungen Leuten, wissen Sie...
  790. Grundverhaltensregeln für Dekane:
  791. (1). VERSTECKEN!
  792. (2). Wenn sie dich finden - LÜGEN!!
  793. Father Damian C. Fandal
  794.  
  795. Ich soll als Experte in einer Vorlesung "Grundlagen Systemverwaltung"
  796. auftreten; so steht es in der Einladung. Also überlasse ich den
  797. Kontrollraum den bewährten Händen von Sam, dem Hausmeister, und gehe
  798. hinüber.
  799. Die Vorlesung läuft wie am Schnürchen. Gegen Ende verkündet der Dozent, daß
  800. die Studenten "nunmehr 10 Minuten Gelegenheit haben, einem Mann der Praxis,
  801. einem richtigen Operator" Fragen zu stellen. Ich hole meinen Pad und Stift
  802. heraus und sage:
  803. "Bevor wir anfangen, folgender Vorschlag: Könnten Sie bitte Ihren
  804. Usernamen nennen, bevor Sie eine Frage stellen. Auf diese Weise kann
  805. ich Ihnen gewisse Probleme an konkreten Beispielen erläutern. Das ist
  806. einfacher zu verstehen."
  807. Der Dozent schluckt es - mit Senf und Catchup. Beispiele sind per default
  808. gut. Sag niemals was gegen Beispiele an einer Uni!
  809. "Ok, erste Frage. Sie da drüben..."
  810. "Wie beurteilen Sie den Schutz von persönlichen Daten auf einem
  811. Mehrbenutzersystem?"
  812. "Wie war Ihr Username?"
  813. "CMS1103."
  814. >kritzelkratzel<
  815. "Schutz von persönlichen Daten ... Hmmm. Ein heißes Thema, wirklich.
  816. Sie denken zum Beispiel, wenn jemand Ihre private mail liest, worin
  817. Sie sich mit Ihrem Therapeuten unterhalten? Zum Beispiel, warum Sie
  818. sich vor Ihrer Frau immer im Schrank verstecken?"
  819. "AAAAAAAAAAAAARRRRRRRRRRGGGGGGGHHHHHH!!!!!"
  820. "Oh. Das kam wohl nicht so gut an. Oder er mußte dringend weg. War
  821. vielleicht kein so gutes Beispiel. Nächste Frage, bitte. Ja, Sie da
  822. hinten..."
  823. "CMS1136. Ich würde gerne ..."
  824. "Ah. 1136, der einzige User an der ganzen Uni, der in
  825. alt.sex.buggery.by.sailors.in.mums.clothing aboniert."
  826. "Nur für rein wissenschaftliche Zwecke!"
  827. "Natürlich! Für einen Wissenschaftler haben Sie eine beträchtliche
  828. Posting-Statistik dort, finden Sie nicht?"
  829. "NNNNNGGGGGGAAAAAAAAGGGGGGGHHHHHH!!!!"
  830. "Der nächste bitte..."
  831.  
  832. Zwei Minuten später sind wir allein im Hörsaal. Das ist eben das Problem
  833. mit den heutigen jungen Leuten: Die wollen nichts mehr lernen...
  834. Ich gehe zurück zu meinem Kontrollraum und Sam ist schon wieder auf der
  835. Konsole eingeschlafen. Ich glaube jetzt, er ist DOCH hinter meinem Job her.
  836. So ein Einsatz...
  837. Ich nehme mir vor, bei Gelegenheit ein paar notwendige Änderungen in der
  838. Gehaltsdatenbank vorzunehmen. Man kann nie vorsichtig genug sein...
  839. Kranken- und Unfallversicherung braucht Sam eigentlich nicht. Ich lege den
  840. Hörer auf die Gabel - da erste Mal heute nachmittag - und sofort fängt das
  841. Ding an zu rattern. ES REICHT! Um mein Mittagsschläfchen zu retten, leite
  842. ich den Anschluß auf 110 um. Das wird ihnen eine Lehre sein!
  843. Ups, fast vergessen, den Ausredenkalender umzublättern.
  844. "Statische Aufladung wegen Nylon-Unterwäsche"
  845. Naaah, viel zu plausibel - obwohl, ich könnte die Unterwäsche von Fall zu
  846. Fall persönlich überprüfen... nee, lieber nicht, weiß was dabei ans
  847. Tageslicht kommt. Ich blättere eins weiter.
  848. "Statische Aufladung durch Plastik-Rechenschieber"
  849. Na, das ist doch mal was! Eine echte Herausforderung!
  850. Ich hebe die Telefonumleitung auf und plaziere dann den Papierkorb unter
  851. dem Druckerauswurf - endlich eine technisch fortgeschrittene Lösung!
  852. Während ich noch mein Werk bewundere, läutet es. Das könnte der große Wurf
  853. werden!
  854. "Hallo?"
  855. "Hallo, ähm, wie kann ich mein File auf Rechtschreibfehler prüfen?"
  856. "Ganz einfach. Tippen Sie 'spell' und den Filenamen."
  857. "Danke."
  858. Ich bin wieder mal höllisch hilfsbereit heute morgen. Vor allem weil ich
  859. weiß, daß meine spezielle Version von 'spell' Fehler erzeugt, statt sie zu
  860. beseitigen. Aus 'Freund' wird 'Fruend' und umgekehrt. Ein Augenschmaus!
  861. Das Telefon klingelt - sie sind's wieder.
  862. "Irgendetwas stimmt nicht mit dem 'spell' Programm."
  863. "Wie kommen Sie denn da drauf?"
  864. "Weil mein File plötzlich voll mit Fehlern ist!"
  865. "Hm, das klingt nicht gerade nach 'spell'. Sind Sie über Ihren PC
  866. eingeloggt?"
  867. "Ja, aber ich ..."
  868. "Bitte, überlassen Sie die technische Diagnose mir! Also, ist da
  869. irgendwo ein Rechenschieber auf oder in Ihrem Schreibtisch?"
  870. "Ähm >klapper< ja, aber..."
  871. "Aha. Haben wir's schon. Sie haben eine statische Aufladung auf Ihrer
  872. Festplatte, verursacht von den wechselnden elektrostatischen Feldern,
  873. die der Rechenschieber erzeugt - Sie wissen schon: so, wie er kleine
  874. Papier- fiezel anzieht, wenn sie ihn an Ihrem Pullover reiben..."
  875. DUMMY MODE ON
  876. "Oh. Was kann man da machen?"
  877. "Sie wissen doch, wie Sie solche l¿stigen Papierfiezel von Ihrem
  878. Rechenschieber weg bekommen? Genau, Sie schlagen damit auf die
  879. Tischkante, bis die elektrischen Felder sich im Erdmagnetfeld
  880. auflösen. Machen Sie das gleiche mit Ihrem PC. Sagen wir, zwanzig mal
  881. - heben Sie ihn etwa dreissig Zentimeter über den Tisch und lassen ihn
  882. fallen."
  883. "Ah, gut. Bleiben Sie kurz dran?"
  884. "Sicher."
  885. Das würde ich nicht mal für die Simpsons verpassen!
  886. >polter<
  887. >polter<
  888. >polter< - >klirr<
  889. "Äh, hallo? Der Schirm ist plötzlich dunkel geworden..."
  890. "Das ist ganz normal, das macht er immer; soll er sogar. Machen Sie
  891. weiter. Und wenn Sie mit dem PC fertig sind, machen Sie
  892. sicherheitshalber das Gleiche auch noch mit dem Schirm. Manchmal
  893. breitet sich die Aufladung über die Kabel bis in den Schirm aus."
  894. >polter<
  895. >polter<
  896. >polter< - >schepper<
  897. Ich lege auf. Später gehe ich raus in den öffentlichen CIP-Pool und träufle
  898. unauffällig Honig in die Schlitze der Floppy Laufwerke, als plötzlich ein
  899. Typ auftaucht, der verdammt wie Lee Harvey Oswald aussieht, und mich über
  900. den Haufen schießt. Aber der Knall kommt aus dem Maschinenraum, und während
  901. ich an einer blutbesudelten IBM Maschine zusammensacke, höre ich den
  902. Ex-System-Manger im Hintergrund kichern...
  903. Noch später, im Krankenwagen, wird mir klar, daß ich von dem Typen nicht
  904. mal die Userkennung habe...
  905. Dann wird alles dunkel.
  906.  
  907. Als der Krankenwagen das Ende des Tunnels erreichte, verschwand die
  908. Dunkelheit wieder. Vielleicht war ich doch nicht so schwer verletzt.
  909. Vielleicht aber doch! Egal, jemand würde dafür bezahl..
  910. In diesem Moment starb ich.
  911. Für einen echten Bastard Operator from HELL sah die Sache natürlich etwas
  912. anders aus: Mehr wie ein unerwarteter Urlaub.
  913. Fünf Sekunden später bekomme ich 15 kV durch die Brustwarzen gejagt.
  914. Unverdünnt und ohne Eis! (Echte Sanitäter wissen eben, wie man eine
  915. todlangweilige Party belebt!) DER BASTARD OPERATOR FROM HELL LEBT!
  916. Drei Wochen später bin ich wieder auf den Beinen, hochgepäppelt von süßen
  917. Krankenschwestern, die um ihre Pensionsansprüche fürchten. Voller Energie
  918. sitze ich hinter meiner Konsole. Alles in allem, gar nicht so schlecht, die
  919. Zeit im Hospital; ich könnte Bäume ausreißen! Ich gehe rasch durch die
  920. angehäufte Usermail der letzten Wochen (nur damit ich nichts verpasse!),
  921. dann lasse ich die Studenten wissen, daß ich wieder auf dem Posten bin. Ein
  922. nicht angekündigter Wartungszyklus, mitten in der Hauptübungszeit; ich
  923. flippe den Restart-Schalter. Ein wohliges Gefühl breitet sich in mir aus.
  924. Sie werden mich dafür lieben! Ich blättere den Ausredenkalender um.
  925. "TREIBHAUSEFFEKT"
  926. JA!!! Willkommen zu Hause!
  927. Es ist Monatsende. In Kürze werden diese ganzen unnötigen automatischen
  928. mailing lists das Netz überschwemmen. Ich korrigiere die Systemuhr um 7
  929. Tage nach hinten, um mir die Performance nicht zu versauen und wechsele das
  930. neue Druckerband gegen mein Spezialband - drei Jahre alt, mit vielen
  931. hübschen Löchern. Ich grabe mich durch den Stapel snail mail, der sich
  932. angehäuft hat, und stürze mich als erstes auf das BOFH Journal "kill -9".
  933. Ein hübscher Artikel ist dabei, wie man Windows 95 grausam langsam und
  934. höllisch langweilig machen kann. Irgendwie schaut der Artikel aus, wie die
  935. normale Installationsanleitung für Windows 95 ... naja, wer weiß. Ich
  936. blättere mich durch bis zur BOFH Expertenrubrik und schaue, ob irgendwelche
  937. Artikel von mir hineingekommen sind. Alle!!! Sogar der über den C++
  938. Compiler, der per Zufall Klassen umbenennt und dies sogar im Sourcecode
  939. ändert!
  940. Das Telephon klingelt. (Irgendwie habe ich fast darauf gewartet!)
  941. "Mein Bildschirm ist dunkel!!!"
  942. "Netzkabel!"
  943. sage ich.
  944. "Nein, das hab' ich schon überprüft. Wenn ich einschalte, passiert
  945. einfach nichts!"
  946. "Netzkabel!"
  947. sage ich.
  948. "Nein! Das Netzkabel steckt richtig drin. Auch die Leuchtdioden am
  949. Keyboard leuchten nicht!"
  950. "Das Netzkabel!"
  951. sage ich.
  952. "Oh, Moment mal. Das Kabel ist nicht richtig eingesteckt!"
  953. "Das Netzkabel?"
  954. frage ich.
  955. "Ja ... Sch....."
  956. "Macht ja nix"
  957. , sage ich,
  958. "Funktioniert jetzt alles wieder?"
  959. "Ja, ich glaub' schon. Tut mir leid. Sie haben natürlich recht
  960. gehabt."
  961. "Tja, wir bekommen das häufig in letzter Zeit. Der Grund liegt
  962. wahrscheinlich am zunehmenden Treibhauseffekt. Die globale Erwärmung
  963. verursacht stark statistisch variierende thermale Kontraktionen,
  964. welche wiederum temperaturinduzierte Bewegungen hervorruft, deren
  965. Reibungskoeffizienten zu Adhäsion am Plastikteilen führen kann..."
  966. Ich lausche aufmerksam. Nichts. Mit anderen Worten,
  967. DUMMY MODE ON...
  968. "Sie können sich zukünftig davor schützen, wissen Sie..."
  969. "Wirklich? Wie denn?"
  970. "Es reicht im Prinzip schon, eine schwach basische Minerallösung auf
  971. die Metallkontakte aufzubringen."
  972. "Oh!"
  973. IRREVOCABLE DUMMY MODE ON...
  974. "Ganz einfach. Alles was Sie machen müssen, ist den Stecker vom Gerät
  975. abziehen und eine schwach basische Salzlösung in die Schlitze zu
  976. träufeln. Haben Sie eine schwach basische Lösung zur Hand? So etwa pH
  977. 7?"
  978. "Äh... nein?"
  979. "Macht auch nichts. Stecken sie den Stecker einfach in den Mund und
  980. lassen Sie Speichel hineinlaufen. Speichel ist schwach basisch, und er
  981. hat Mineralsalze. ABER wischen Sie den Stecker vorher sorgfältig
  982. sauber, wegen Keimen und so. Und, SCHALTEN SIE UM GOTTES WILLEN VORHER
  983. DEN MONITOR AB - wir wollen doch nichts riskieren!"
  984. "Oh. Gut!"
  985. FZZZZT - POLTER
  986. Als der Hörer auf den Boden knallt, lege ich auf. Speicherplatz ist viel zu
  987. gut für die!
  988. Ich komme zur Arbeit, aber ich bin nicht ausgeschlafen. Also klemme ich ein
  989. Stück Kupferschiene über die drei Phasen der Hauptversorgung und werfe den
  990. Hebel herum. Als die Hauptsicherungen herauspfeifen,w ird es dunkel und
  991. endlich mal wird es still im Rechnerraum.
  992. Es gefällt mir.
  993. Ich schnippe den Hörer von der Gabel und schließe die Vorhänge vor dem
  994. Beobachtungsfenster. Jetzt ist es WIRKLICH dunkel hier drin. Würde mich
  995. nicht wundern, wenn jemand einen Unfall hätte...
  996. Ich taste mich in der Dunkelheit zum Eingang und entferne ein paar der
  997. Bodenplatten, die die tiefen Kabelschächte unter dem Rechnerraum abdecken.
  998. Dann rufe ich unsere Service-Firma an und sage, daß der Mini wieder mal die
  999. Hauptsicherung geschossen hat. Dann ersetzte ich die geschossenen
  1000. Sicherungen durch ein paar Nägel und schließe die Versorgungsleitungen
  1001. gegen Masse kurz. Auf so was kann man nicht hoffen, man muß es MACHEN!
  1002. 15 Minuten später erscheint der Techniker und fliegt in den Kabelschacht.
  1003. Ich schiebe die Bodenplatten zurück an ihren Platz, als der System-Manager
  1004. - ein neuer, schrecklich gründlicher Typ - hereinkommt und mir sagt, ich
  1005. solle mich vorsehen. In dieser Dunkelheit könne jemand leicht einen Unfall
  1006. haben...
  1007. Ich nicke und sage ihm, daß wir uns diese Ausfallzeiten eigentlich nicht
  1008. leisten können und ob ich nicht einfach die Hauptsicherungen wieder
  1009. einschalten soll, in der Hoffnung, daß nicht Ernsthaftes passiert sei. Nach
  1010. einiger Meditation über die Negativ-Schlagzeilen, die wir mit jeder
  1011. verstreichenden Minute anhäufen, macht er die letzte Entscheidung seiner
  1012. steilen, aber kurzen Karriere: Er sagt, ich soll's versuchen.
  1013. Später, nachdem sich der Rauch etwas gelichtet hat, untersuche ich die
  1014. brutzelnden Reste unseres Minis. Kein sehr schöner Anblick...
  1015. "Komisch, daß die Hauptsicherungen geklemmt haben, nicht?"
  1016. sage ich zum System-Manager, während er seine persönlichen Sachen
  1017. einsammelt.
  1018. "Eine Chance von 1 zu einer Million. Zu dumm, daß Sie jemand
  1019. beobachtet und die ganze Geschichte nach comp.misc geposted hat. Nach
  1020. all der schlechten Presse können Sie froh sein, wenn Sie einen Job
  1021. finden, in dem Sie einen Taschenrechner managen dürfen..."
  1022. Ich geh' zurück in den Kontrollraum und schalte die restlichen Sicherungen
  1023. wieder ein. Der Rechnerraum belebt sich wieder. An der Konsole steht:
  1024. 'D.Usbotmbuhpo!G/Tdif-1-m!2::6' - ein letzter Gruss des verschollenen
  1025. Technikers aus der Hölle!
  1026. Ich logge ein und beginne, User-Email zu löschen. Dabei entdecke ich eine
  1027. interessanten sexuellen Antrag unseres Consultants an ein männliches
  1028. Mitglied der Schwimm-Mannschaft. Das gibt ein hervorragendes motd ('motiv
  1029. of the day'); deshalb kopiere ich es dorthin. Dann ändere ich den root
  1030. Account nach 'Winker' und das Passwort nach 'ljkadlkajflkj'. Dem großen
  1031. Häuptling sage ich am Telefon, daß ich einen Einbruch vermute. Bis wir das
  1032. genauer untersucht haben (ein paar Stunden wird's schon brauchen), bleiben
  1033. die anderen Accounts gesperrt. Die Leute werden in der Zwischenzeit die
  1034. motd lesen...
  1035. Zumindest einer hat's schon gelesen, denke ich, als wir einen Schuß aus dem
  1036. Büro des Consultants hören.
  1037. Inzwischen editiere ich die Online-Hilfe und ändere die Nummer der Hotline
  1038. - der System Manager wird sich über all die extra Anrufe freuen; besonders
  1039. in so einer traurigen Zeit....
  1040. Ein zweiter Schuß, und mir wird klar, daß er heute wohl keine Anrufe mehr
  1041. annehmen wird.
  1042. Ich blättere den Ausredenkalender um und lege den Hörer auf die Gabel.
  1043. "PROBLEME BEI DER STROMVERSORGUNG". Zu realistisch. "STATISCHE
  1044. AUFLADUNGEN". Immer noch ein wenigzu realistisch für meinen Geschmack, aber
  1045. ich lasse es gelten. Immerhin soll der Kalender noch bis zum Jahresende
  1046. reichen.
  1047. Das Telefon klingelt, gerade als ich ich 'Top Gun' in der Maschine habe.
  1048. Ich pausiere das Video und klemm' mir den Hörer unter's Kinn.
  1049. "Ich fürchte, ich habe eine schlechte Floppy Disk gekauft."
  1050. "Tatsächlich?"
  1051. Bin ich jetzt bei der Stiftung Warentest, oder was?
  1052. "Naja, ich hab' da diese Disk und sie läßt sich nich' formatieren.
  1053. Aber alle anderen in der Schachtel gingen. Also muß ich wohl eine
  1054. schlechte erwischt haben..."
  1055. "Darf ich fragen, warum Sie deshalb bei MIR anrufen?"
  1056. "Naja, auf der Schachtel steht was von Garantie; wo kann ich einen
  1057. Ersatz bekommen?"
  1058. Ah! Alles klar!
  1059. "Schaun' wir mal. Sind Sie ganz sicher, daß es an der Disk liegt und
  1060. nicht irgendwie mit statischer Aufladung zu tun hat?"
  1061. "Häh?"
  1062. "Statische Aufladung, Sie wissen schon, statische Elektrizität, die
  1063. Sie mit ihren Fingern auf das Gerät übertragen."
  1064. "Aber ich trage ein geerdetes Armband!"
  1065. Spätestens jetzt weiß ich, wo ich bin: im tiefen Tal der Super- Deppen.
  1066. Geerdete Armbänder gehören in unseren Kreisen nicht gerade zum Mode-
  1067. Accessoire...
  1068. "Natürlich, aber die Standard-Armbänder, wie Sie eins tragen, haben
  1069. einen 1 Megaohm Widerstand in Reihe geschaltet; eine ziemlich
  1070. schlechte Erdung also. Was Sie bauchen, ist eine direkte
  1071. Erdverbindung. Am besten fassen Sie mit einer Hand an ein Gehäuse, das
  1072. richtig geerdet ist."
  1073. "Äh, zum Beispiel unseren Stahl-Labortisch?"
  1074. "Hervorragend. Jetzt, haben Sie etwas, um die Aufladung abzuleiten?
  1075. Zum Beispiel eine Büroklammer?"
  1076. "Moment...ja."
  1077. "Gut. Dann stecken Sie jetzt mit der ANDEREN Hand die Büroklammer
  1078. durch die Ventilationsschlitze auf der Rückseite. Berühren Sie einfach
  1079. kurz das Ende des dicken roten Kabels. Dabei aber NICHT den Tisch
  1080. loslassen. Sie müssen immer gut geerdetbleiben..."
  1081. raschel ... hantier
  1082. "Meinen Sie das Kabel, das zum Netzteil führt?"
  1083. "Genau, halten Sie da drauf."
  1084. "Aber ist das nicht..."
  1085. kzzzzzt - polter
  1086. Und wieder ein Anruf erfolgreich beendet. Ich nehme den Brieföffner und
  1087. schneide eine weitere Kerbe in das dicke gelbe Ethernetkabel, das dekorativ
  1088. hinter dem HELPDESK FROM HELL vorbeiführt.
  1089.  
  1090. Mein neues Login Skript nimmt allmählich Formen an. Tatsache, es ist fast
  1091. schon idiotensicher. Zum Beispiel erscheint beim Login folgender Prompt auf
  1092. dem Bildschirm: "Yes means No and No means Yes. Delete all files? [Y]" Ich
  1093. mach' mir nämlich wirklich Sorgen über die vielen Einbrüche ins System in
  1094. letzter Zeit...
  1095. Dem Systemmanager macht das nichts aus - seltsamerweise. Er jammert immer
  1096. nur über die hohe Zahl von computerverursachten Todesfällen auf dem Campus.
  1097. Die Welt wird immer verrückter!
  1098. Ich blättere den Ausredenkalender um.
  1099. "DOPPLER EFFEKT"
  1100. Klingt so idiotisch, daß es schon wieder realistisch wird - wenn man etwas
  1101. nachhilft, natürlich.
  1102. Das Telephon, der Fluch meines Lebens, läutet.
  1103. "Hallo, Kontrollraum"
  1104. , sage ich hilfsbereit.
  1105. "Ist dort die Technik?"
  1106. fragen sie.
  1107. Erstaunlich, wieviel stocktaube User wir haben, und warum sie dannnoch
  1108. Telefonieren, statt mir eine email zu schicken. Zum Teufel, es ödet mich
  1109. schon wieder an...
  1110. "Jawohl"
  1111. , lüge ich (Nixon hätte noch von mir lernen können).
  1112. "Ich hab' ein Problem mit meinen Floppy Laufwerk. Es scheint manchmal
  1113. nicht zu lesen."
  1114. "Hmm. Wie alt ist das Laufwerk?"
  1115. "Etwa ein Jahr..."
  1116. "Und es geht manchmal nicht, aber manchmal funktioniert's. Und die
  1117. Ausfälle werden immer häufiger?"
  1118. "JA, GENAU!"
  1119. "Aha, ein klarer Fall von magnetischem Dopplereffekt..."
  1120. "Ich dachte, das gibt es nur mit Licht- und Schallwellen?"
  1121. BULLSHIT MODE ON...
  1122. "Schon. Aber man hat kürzlich entdeckt, daß sich die magnetische
  1123. Bindung von Partikeln auf schnell rotierenden Oberflächen ändern kann,
  1124. vor allem wenn der Kopf relativ dazu feststeht und ganz
  1125. leichtmagnetisiert."
  1126. "Ah. Oh."
  1127. "Also müssen Sie dringend den Kopf entmagnetisieren. Haben Sie eine
  1128. Floppy- Disk-Entmagnetisier-Schleife?"
  1129. "Äh ... nein?"
  1130. "Na schön. Dann müssen wir es auf die direkte Methode probieren. Haben
  1131. Sie die Orginal-Disketten Ihrer Software greifbar?"
  1132. "Ja."
  1133. "Ok. Stecken Sie sie in Ihr Laufwerk und formatieren Sie sie."
  1134. "WAS?!"
  1135. "Keine Sorge, es passiert nichts - das Laufwerk funktioniert ja nicht,
  1136. ok? Was passiert, ist folgendes: die unverdorbenen magnetischen Felder
  1137. auf den Orginal-Disketten überlagern die magnetischen Störungen im
  1138. Schreib-Lesekopf, einfach weil diese Disketten mit einem Laufwerk
  1139. geschrieben wurden, das keinen Dopplereffekt hat."
  1140. "Ah, verstehe."
  1141. "Also. Und wenn ein Schreib-Fehler gemeldet wird und das Programm
  1142. fragt, ob es weitermachen soll, tippen Sie ein 'yes'. Machen Sie das
  1143. mit allen Orginal-Disketten, die Sie finden können - je mehr, desto
  1144. besser. Dann lassen Sie eine normale Reinigungsdiskette durchlaufen.
  1145. Die entfernt dann die freien magnetischen Partikel, die noch auf dem
  1146. Kopf kleben."
  1147. "Oh. Ok, vielen Dank."
  1148. "Keine Ursache - ICH MACH' NUR MEINEN JOB."
  1149. Ich lege auf, und sofort läutet es wieder. Es ist der Boss.
  1150. "Simon, könnten Sie mal in mein Büro kommen?"
  1151. ALARM ROT!
  1152. So schnell ich kann, drücke ich den Panik-Knopf am LAN-Analyser, genauer
  1153. gesagt, den 'Generiere-90%-Zufallspakete-Knopf'.
  1154. "Aber sicher. Soll ich gleich kommen oder..."
  1155. Das andere Telephon läutet. Ich klemme es mir unters Kinn.
  1156. "Hallo, Computer Kontrollraum. Simon am Apparat. Wie kann ich Ihnen
  1157. helfen?"
  1158. "DAS NETZ IST WEG. ALLE UNSERE PCs HÄNGEN!"
  1159. kreischt die Stimme aus dem einen Telefon ins Mikrophon des anderen.
  1160. "Aha"
  1161. , sage ich ruhig und souverän.
  1162. "Ja, ich kann's auf unserem Monitor sehen. Schaut aus wie ein
  1163. schlechtes Thinwire-Segment, warten Sie, ich versuche, es
  1164. 'rauszunehmen."
  1165. Ich drücke den 'Beförderungsknopf' (AKA 'Stop Traffic Generation') am LAN-
  1166. Analyser, und fast sofort schreit der User:
  1167. "Phantastisch. Es geht alles wieder. Danke."
  1168. "Keine Ursache. Schönen Tag auch."
  1169. Der Boss hat alles mitgehört. Also, schätze ich, wird der Besuch bei ihm
  1170. nicht allzu schlimm ausfallen. Ich sage ihm, daß ich sofort 'runter komme,
  1171. sobald ich das Netz wieder stabil habe, und lege auf. Auf dem Wegnach unten
  1172. erfinde ich ein neues Blendwort - das macht das Management immer glücklich.
  1173. 'Vollständige Übertragungstrennung'. Klingt viel besser, als
  1174. 'Stecker-Ziehen'. Wie 'Master-Reset' besser klingt als 'Ausschalten'.
  1175. Ich komme in sein Büro und der Personal-Chef ist auch da. Ah-oh.
  1176. "Simon, hätten Sie Lust unser System-Manager zu werden?"
  1177. "?! Äh...ich weiß nicht. Eigentlich mach' ich lieber..."
  1178. "Zehn Tausender extra im Jahr, Porsche als Firmenwagen..."
  1179. "Roter Carrera Cabrio?"
  1180. "Ok."
  1181. "Gebongt!"
  1182. ...und so endet die Story, wie sie schon früher hätte enden sollen.
Advertisement
Add Comment
Please, Sign In to add comment
Advertisement