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der nazi im attraktor

a guest
Jul 10th, 2012
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  1. Hallo Listen,
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  3. nach dem, was nun alles geschrieben und gesprochen wurde, ist für mich auch die Zeit gekommen, ein paar Worte zu den aktuellen Vorgängen in Hamburg, dem Attraktor, dem CCC, dem CCCHH, zu Robert und auch zu meiner Person selbst zu sagen.
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  5. Für die, die so noch gar nichts über mich gehört haben, mein Name ist Ole, ich bin 34 Jahre alt und arbeite als SystemAdministrator und Assistentin der Geschäftsleitung in der Hamburger Sternschanze. Ich bin seit ca. 10 Jahren im Umfeld des CCC Hamburg unterwegs und stehe seit einiger Zeit dem Attraktor e.V. mit Robert und Dirk in Hamburg vor. Mein Hauptbetätigungsfeld in der Hamburger Hackerszene ist das Trolling, wie man es heutzutage wohl nennt. Ich ärgere Menschen, Gruppen und Institutionen so lange, bis sie ihr wahres Gesicht zeigen.
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  7. Nun möchte ich beschreiben, wie ich Robert kennen lernte und wie sich das Zusammenleben und die Arbeit mit ihm entwickelten. Robert tauchte an einem Dienstag im Mexikoring auf, an dem ich nicht zugegen war. Er hatte ein langes Gespräch mit Dirk, was er so macht und woher er kommt. Dirk hat mich daraufhin angerufen und über Robert in Kenntnis gesetzt. Ihm war bewusst, dass ich sehr skeptisch in Bezug auf einen Naziaussteiger reagiere und dass Robert ein sehr scharfer Wind bevor stand, wenn wir erst einmal aufeinander treffen würden. Das wollte er verhindern und bat mich im Vorfeld schon darum, mir für Robert Zeit zu nehmen und ihn mir ganz genau anzusehen. So ein Verhalten hatte ich von Dirk in all den Jahren, die wir uns kennen und in denen er mir stets ein getreuer Freund und Vertrauter war nicht, erlebt, und habe seinem Wunsch entsprochen. Im Nachhinein muss ich ihm dafür dankbar sein, denn auch ich habe Robert als gradlinigen, vertrauenswürdigen, stets ehrlichen und dabei mehr als verlässlichen Menschen kennengelernt.
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  9. Ich musste erst selbst verstehen, wie dieses fast sofortige Vertrauen, das ich entwickelt habe, denn nun zusammenpassen soll mit der Vorstellung, dass er auf Nazidemos zugegen und administrativ in den brauen Sumpf verwickelt war. Auch ich konnte mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen, dass ein Mensch so einfach aus einer Szene ausschert und damit nichts mehr zu tun hat und haben will. Auch gab es verrückte Gedankengänge, ob sich die Unterwanderung der rechten Szene nicht mehr lohnte und „die“ ihn dann zu den schmierigen Hackern abkommandiert haben. Auch mit diesem Thema ging ich offen um. Ich habe ihn damit konfrontiert und ihn auch im Vorfeld bewusst aus gewissen Dingen herausgehalten und geködert. Nicht, dass ich mir anmaße, Hamburger Meister im Spitzel-Enttarnen zu sein, aber wenn da jemand kommt, der ordentlich gekleidet ist, 1001 Dinge im Gepäck hat, die man schon immer haben wollte und dann auch noch vom Lebenslauf rüber kommt, als ob er schon 10 Jahre undercover arbeiten würde, wird man doch mal genau hinsehen dürfen. Und wenn die einem so fähiges Personal schicken, dann werde ich am Tage der Enttarnung einen persönlichen Dankesbrief an die betreffende Behörde schicken. Und das ist mein voller Ernst.
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  11. Aber kommen wir zurück zu Robert, dem Nazi. Ich habe jetzt sehr oft auf den verschiedenen Mailinglisten gelesen, dass ein Ausstieg aus der Szene nur dann glaubwürdig wäre, wenn auch alles Wissen, die Strukturen und auch Angriffspunkte dem „Gegner“ mitgeteilt werden. Dem möchte ich widersprechen und noch weiter gehen. Ich hätte Robert nie mein Vertrauen geschenkt, wenn er angekommen wäre und mir die Codes, Colours und Struktur der rechten Szene auf die Nase gebunden hätte. Ich halte nichts von Verrat und noch viel weniger von Verrätern. Robert hat für meiner Meinung nach den einzigen Weg gewählt, glaubhaft mit seiner Vergangenheit zu brechen, indem er nicht das Lager wechselte und nun von der anderen Seite schießt, sondern mit dem Extremismus an sich gebrochen hat und einen neuen Weg gegangen ist. Seit ich ihn kenne, bemüht er sich um Freedom of Speech, Netzneutralität und Computersicherheit. Und das nicht mit Blick auf Politik oder Lager. Sondern aus Spaß am Gerät und aus dem Wunsch heraus, seinen Beitrag für ein Miteinander aller zu leisten. Robert steckt jede freie Minute in den Aufbau und Betrieb unsere Hacker- & Makerspaces und ist einer der größten Spender in unserem Verein. Er tut dieses aus dem Verlangen heraus, die Szene voran zu bringen und mehr Menschen den Zugang zu Technik und Wissen zu verschaffen. Denn er hat eingesehen, dass nur Wissen und Inspiration gegen Extremismus Wirkung zeigen. Egal aus welcher Richtung dieser Extremismus auch stammen mag. Aus diesen Gründen stelle ich mich vor Robert und mache mich für ihn gerade.
  12. Robert hat 2008 seinen Rückzug aus der Szene angepackt und diesen auch vollzogen. Mir sind keine Fakten bekannt, die belegen das Robert nach diesem Kurswechsel noch finanziell, administrativ oder auch nur in einer beratende Stellung in der rechten Szene tätig war. Alles was ich von ihm und anderen erfahren konnte spricht eher für die Version von Robert.
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  14. Vor einiger Zeit kam nun „die Antifa“ auf den CCC zu und hat Fragen zu Robert gestellt. Und dies geschah in der Form, dass man eh etwas schreiben würde und dass es, wenn der CCC nicht kooperieren würde, auch nicht gut für die Hacker ausgehen könnte. Ich empfand das als eine Art der Erpressung, wollte mich aber nicht aus der Ruhe bringen lassen und suchte den Dialog. Wir haben uns also Menschen in unseren Reihen gesucht, die der Antifa nahe stehen und haben uns mit ihnen an einen Tisch gesetzt. Der Plan war, offen zu thematisieren wie der Stand ist. Wir hatten die Hoffnung, dass sich dadurch ein Vertrauen aufbauen würde und wir die Menschen kennenlernen, die da über Robert und auch über uns schreiben.
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  16. Aber das ging so gänzlich in die Hose, denn wenige Tage später tauchten einige Aussagen, die in den Gesprächen gefallen sind, zusammenhangslos in den euch wohl allen bekannten Artikeln bei indymedia, dem neuen Deutschland und der TAZ auf. Wir hatten alle Beteiligten gebeten, nichts davon zu veröffentlichen und das ganze als Vertrauen schaffende Maßnahme und Grundlage für einen Dialog zu sehen. Man lächelte uns an, sagte dem zu und spielte es dennoch den eigenen Freunden zu. Als dann noch die Wogen über die einschlägigen Mailinglisten brachen, Wahrheit, Vermutungen und Anschuldigungen sich im Rekordtempo vermischten und es Forderungen hagelte, die wir so nicht mittragen wollen, haben wir uns aus dieser Diskussion herausgehalten. Wir hatten, nach den Erfahrungen im Vorfeld, kein Interesse mehr gehabt weitere Informationen in dem guten Glauben preiszugeben nur, damit es uns dann wieder um die Ohren fliegt.
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  18. Wir haben also einen anderen Weg gesucht, das Gespräch wieder aufzunehmen. Wir haben Anhänger der antifaschistischen Bewegung, Frank Rieger und den betreffenden Reporter vom Spiegel eingeladen uns im Hackerspace zu besuchen, mit uns zu reden und sich selbst ein Bild zu machen, was für Menschen wir sind und was wir dort in der Hamburger City Nord so treiben. Niemand wollte dieses Angebot annehmen. Der Spiegel hat sich einfach nicht gemeldet, die Antifa meinte nur „was soll das denn bringen“ und Frank Rieger rief auch nie an. Dieser nutzte die gewonnene Zeit stattdessen, dieses ernst gemeinte Angebot des Kennenlernens und Redens als Hinterzimmerdiplomatie abzulehnen. Ich bin an dem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr glaube, dass es um Wahrheitsfindung oder ein Miteinander geht. Das Erlebte überzeugt mich, dass es ein Kampf ist, der um des Kämpfens Willen ausgefochten wird und dass auch Roberts Rücktritt nichts daran ändern wird. Ich habe die große Sorge, dass wenn Robert zurücktritt der Nächste kommen und sagen wird, dass er ja noch da ist und sicher die Geschicke noch immer aus dem Verborgenen lenkt. Auch, dass er uns Geld spendet wird ein Punkt sein, der vermutlich von irgendjemandem aufgegriffen wird.
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  20. Wir haben es in den letzten zwei Jahren vollbracht, den Attraktor von einem leeren Raum, in dem es nicht einmal Schraubendreher gab, in einen vitalen und durchaus vorzeigbaren Hacker- & Makerspace zu verwandeln. Wir konnten eine Community schaffen, die gemeinsam an einem Strang zieht und die sich gegenseitig unterstützt und ergänzt. Der Space ist nun an einem Punkt, wo Menschen es nicht erwarten können wieder bei uns zu sein und bei uns ihre Ideen und Projekte zu verwirklichen. Und es entstehen von Tag zu Tag mehr tolle Dinge dadurch. All dies hätten wir ohne Roberts mehr als tatkräftige Hilfe nicht vollbringen können.
  21. Und das sind alles Gründe, warum ich und auch andere nicht bereit sind, diesen Menschen (und für viele auch Freund) fallen zu lassen.
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  23. Danke für die Geduld beim lesen und Grüsse aus Hamburg,
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  25. Ole
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