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M31: Kritik an Berichterstattung des HR-Online

Apr 1st, 2012
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  1. Sehr geehrte Redaktion.
  2.  
  3. Ich selbst war Teilnehmer der M31-Demonstration. Die Gewaltaktionen und insbesondere jene, bei denen Menschen gefährdet oder sogar verletzt wurden, verurteile ich zutiefst. Dennoch muss ich als Augenzeuge eine starke inhaltliche Kritik an ihrem Artikel aussprechen, die sich auf folgenden Umstand beschloss: Die Auflösung der Demonstration.
  4.  
  5. Nachdem die Polizisten ca. 150 angeblich potentiell gewalttätige Demonstranten eingekesselt haben, wurden zunächst (nach Angaben des Lautsprecherwagens) deren Anwälte nicht zu ihnen gelassen, was meiner Meinung nach massiv den Prinzipien des Rechtsstaates widerspricht. Ein Kommunikator der Polizei, den ich aufgrund dessen Ansprach, konnte mir keine Gründe dafür nennen. Wenig später wurden die Anwälte aber dennoch zum Lautsprecherwagen gelassen, sodass dies lediglich eine Anmerkung, aber kein Kritikpunkt ist.
  6. Nachdem die Demo dort (Lange Straße) ca. 45 Minuten passierte, da die Demonstranten die Demo aus Solidarität nicht ohne den eingekesselten fortführen wollte, machte die Polizei trotz aller Vorkommnisse keine Anstalten, die Demo aufzulösen. Als es dann weiterging, änderte die Demoleitung von sich aus - soweit ich weiß ohne Anfrage der Polizei - die Demoroute, sodass diese nicht mehr zur neuen EZB führte.
  7. Nach ca. 20 Minuten, die für mich - ich war ganz vorne, knapp 5-10 Meter hinter den Polizisten - ohne Zwischenfall verliefen, kam es zu einer Unterbrechung. Neben einem Haus war ein Ordner eine Treppe zu einer Terrasse hochgegangen, diese war jedoch vollkommen öffentlich zugänglich, sodass es dabei auch keine Probleme gab. 2 oder 3 Demonstranten waren ihm gefolgt, doch problematisch war es erst, als die Demonstranten anfingen, Filme zu drehen und Fotos zu schießen. Ich war in Hörweite, es kam nicht zu Beamtenbeleidigungen oder ähnliches, lediglich zu wütenden Rufen von Seiten der Polizisten, die Kameras seien auszuschalten (wofür es absolut keine rechtliche Grundlage gibt; vor 2 Wochen habe ich diesbezüglich einen Artikel über die Entscheidung eines Gerichts gelesen, das in dem Fall gegen die Polizisten entschieden und Videodokumentation bei polizeilichen Einsätzen absolut legitimiert hat, solange diese die polizeiliche Arbeit nicht behindern, was in dieser Situation nicht der Fall war; Quelle reiche ich auf Anfrage gerne nach). Kurze Zeit später rannte ein Polizist die Treppen hoch und Begann zu versuchen, den Demonstranten ihre Kameras aus der Hand zu nehmen, und die (an dieser Stelle absolut friedlichen) beiden Demonstranten wegzuschubsen. Ob ein Schlagstock zum Einsatz kam, konnte ich nicht erkennen, es kam jedoch definitiv zumindest zu leichten Schlägen des Polizisten in den Brustbereich einer der beiden Demonstranten, die sich nicht offensiv zur Wehr setzten, sondern lediglich durch Zurückweichen und dem Versuch des Abwehrens der Faustschläge. Als dies eskalierte und die Rufe der beobachtenden Demonstranten immer lauter wurden, rannten 2 weitere Polizisten hoch und schienen zu versuchen, den ersten zu beruhigen. Was mit den beiden Demonstranten geschehen ist, konnte ich nicht beobachten, ebenso wenig, ob sie leichte oder schwere Körperverletzungen von der Aktion trugen. Zu beobachten war lediglich, wie sie zusammen mit den 3 Polizisten die Terrasse verließen. Ob es zu einer Festnahme kam, kann ich ebenfalls nicht sagen. Fakt ist jedoch, dass der Aufenthalt auf der Terrasse selbst unproblematisch war, da sich auch nach der Abführung der beiden Demonstranten ein Demo-Ordner noch immer dort aufhielt.
  8.  
  9. Ohne, dass die Demo weiterlief, wurde sie einige Minuten (ca. 2) später an der gleichen Stelle von der Polizei aufgelöst. Die Auflösung zu diesem Zeitpunkt ist für mich unerklärlich, da es zu keinen weiteren Gewaltausschreitungen oder entzünden von Feuerwerkskörper kam, und der oben beschriebene Zwischenfall meiner Meinung nach nicht für die Auflösung der Demonstration reicht, zumal die Polizisten in dem Fall absolut rechtswidrig gehandelt haben. Sollten Sie diesbezüglich besser informiert sein, Hoffe ich um Aufklärung.
  10. Die Demonstration wurde von den Polizisten zwar aufgelöst, jedoch machten die Polizisten vor uns keine Anstalten, uns durchzulassen oder die (aus Einsatzkräften bestehenden) Polizisten vor uns abzuziehen. Nach Aussagen anderer Demonstranten war am hinteren Ende der Demo die gleiche Situation. Die Demo war aufgelöst, wir konnten aber weder nach vorne noch zurück, und mussten durch eine enge Seitenstraße, in deren Mitte sich eine größere Baustelle befand, sodass lediglich zwei 1-1,5m breite Gänge an den beiden Seiten übrig blieben (die genaue Breite kann ich nicht sagen, sie waren auf jeden Fall so eng, dass kaum 2 Demonstranten nebeneinander gehen konnten). Die polizeilichen Einsatzkräfte haben damit versucht, eine Demonstration mit 3000-5000 Demonstranten durch 2 1-1,5m breite Gänge aufzulösen! Diese Aktion der Polizei - für mich absolut unverständlich - setzt alle Demonstranten einem hohen Sicherheitsrisiko aus, löst bei normalen Demonstranten Angst, Panik und Unsicherheit aus und bei gewaltbereiten Demonstranten Aggression und Hass. Die Auflösung über eine Baustelle bietet letzteren zudem noch die Möglichkeit, sich mit Steinen oder ähnlichem zu bewaffnen.
  11.  
  12. Nachdem wir den ca. 100m langen Gang überwunden hatten, standen wir auf einer großen Kreuzung. Die Polizisten hätten die Demo also lediglich 100m weiter führen lassen und dann auflösen können, und wir hätten nicht durch diese engen Gänge gemusst. Dort angekommen, habe ich erst einmal versucht, mich mit meiner Bezugsgruppe wieder zusammenzufinden und alles weitere zu besprechen. Wir schauen uns um, als wir gerade panische Schreie hören und die Leute neben uns anfangen, angsterfüllt wegzurennen. Wir schauen nach rechts, die Straße runter, und sehen, wie 200 Polizisten mit Schilden und (sofern ich es richtig erkannt habe) gezogenen Schlagstöckern die Straße hochgerannt kamen. Links waren noch die Polizisten von dem vorderen Ende der Demo, rechts kamen sie gestürmt, hinter uns waren die nachströmenden Demonstranten, wir sind also nach vorne geflohen, wo sich eine Baustelle direkt vor uns befand. Die ersten Demonstranten haben selbstverständlich aus Angst die ca. 1m hohen Zäune entfernt und sind dort entlang geflohen, wir folgten ihnen, aus Angst, durch die Polizei in Taten verwickelt zu werden, mit denen wir nichts zu tun haben wollen. Diese Aktion der Polizei war für mich und die anderen Mitglieder meiner Bezugsgruppe unerklärlich, da seit dem Zwischenhalt auf der "Lange Straße" meiner Beobachtung nach keine weiteren Ausschreitungen zu beobachten waren, keine Steine oder ähnliches geworfen wurden und auch keine weiteren Feuerwerkskörper entzündet wurden. Die Polizei löst damit aber zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit (2 Minuten) bei normalen Demonstranten starke Angst, Panik und Unsicherheit aus, Aggressionen und Hass bei den gewaltbereiten Demonstranten und sorgt zusätzlich für deren Bewaffnung.
  13.  
  14. Die Sachbeschädigungen am Römer sind erst im Nachhinein durch gewaltbereite Demonstranten entstanden.
  15. Wiederholt möchte ich hierbei darauf hinweisen, dass ich als friedlicher Demonstrant die gewalttätigen Aktionen einiger Demonstranten scharf verurteile. Mit der starken Sachbeschädigung an privaten Häusern am Römer nach der Demonstration schaden sie Unschuldige Privatunternehmer wie Café-Besitzer, sondern bringen auch die Demonstration und die gesamte Bewegung in Verruf. Nichts desto trotz muss ich positiv hinzufügen, dass durch die von mir beobachteten Aktionen keine Zivilisten gefährdet wurden, sondern lediglich Sachschaden entstanden ist. Aus polizeilicher Quelle ist zu vernehmen, dass keine Zivilisten verletzt wurden.
  16.  
  17. Ich verurteile diese "Deeskalationspolitik" der polizeilichen Einsatzkräfte zutiefst. Sie verfehlt ihr Ziel und ist stattdessen vielmehr als "Eskalationspolitik" zu bezeichnen, die bei Gewaltbereiten für Hass, Aggressionen und hierbei Bewaffnung sorgt und sie sehr stark provoziert. Die polizeilichen Einsatzkräfte sind sich im Zuge ihrer Erfahrung über die Konsequenzen und Reaktionen der Demonstranten auf eine solche Provokation vollkommen im Klaren. Deswegen verurteile ich die Eskalationspolitik und die bewusste und offene Provokation der polizeilichen Beamten stark und sehe die polizeilichen Einsatzkräfte durch ihr Verhalten für Mitschuld an den entstandenen Sachschäden nach der Demonstration am Römergelände.
  18. Die Berichterstattung dieser Tatsachen fehlt in ihrem Artikel vollkommen.
  19. Bei einer falschen oder mangelhaften Interpretation, Beobachtung oder Information über Geschehnisse bitte ich selbstverständlich um Richtigstellung, ebenso wie um Kritik.
  20.  
  21. Mit freundlichen Grüßen,
  22. Martin Bories
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