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Guest User

interpretation FOT

a guest
Feb 7th, 2013
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  1. Die Kurzgeschichte „Die Linkshänder“ von Günther Grass handelt von zwei Freunden, dem Ich-Erzähler und Erich, die auf Grund ihrer beider Linkshändigkeit sich gegenseitig die jeweils linke Hand in einem Duell, inoperabel mit gezielten Schüssen, abtrennen. Die Ursache für diese beiderseitige Verstümmelung ist der in der Geschichte zum Ausdruck gebrachte Zwang, der Linkshändern im Deutschland der 50er Jahre widerfuhr, ihr angeborenes sogn. „Handicap“ abzulegen und Rechtshänder zu werden. Schauplatz des Ereignisses ist Erich's abgelegenes Wochenendhäusschen.
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  3. Der Verein „Die Einseitigen“ in dem sich die beiden Freunde kennenlernten, steht im Mittelpunkt des Lebens des Ich-Erzählers. Dort lernt der Ich-Erzähler außerdem seine spätere Frau Monika kennen. Nur einmal wird beiläufig ein anderer Aspekt seines Lebens erwähnt, indem auf den Beruf des Ich-Erzählers hingewiesen wird und das er Feinmechaniker sei. Man sieht, der Verein nimmt einen zentralen Stellenwert im leben des Ich-Erzählers ein und seiner Frau ein.
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  5. Im Verein, der sämtlich aus Linkshändern besteht, sollen die Linkshänder zu Rechtshändern umerzogen werden, bzw. sich von selbst gezwungen fühlen, die Rechtshand gegenüber der Linkshand zu ihrer bevorzugten werden zu lassen. Dazu werden verschiedene Tätigkeiten von den Linkshändern im Rahmen der Vereinstreffen ausgeführt. „[...] rechts einfädeln, eingießen, aufmachen und zuknöpfen.“ (Z 31). Der „Ansporn“ dazu wird neben dem gesellschaftlichen Druck, hauptsächlich aus Kindheitserlebnissen gespeist, wie diese an einem beispielhaften Erlebnis während eines familiären Anlasses des Ich-Erzählers wiedergegeben werden. „Nein, nicht das unartige Händchen, das brave. Wirst du wohl das richtige Händchen geben, das gute Händchen [...]“ (Z 49). Wobei mit dem „guten Händchen“ natürlich die rechte Hand gemeint ist. Außerdem brach eine Jugendfreundin mit dem Ich-Erzähler, als sich herausstellte, dass dieser Linkshänder ist. Aus dieser erlernt fundamentalen Unsicherheit, was den natürlichen Umgang mit der Händigkeit angeht, entsteht das Vereinsstatut: „Wir wollen nicht ruhen, bis dass rechts wie links ist.“ (Z 32). Gleichzeitig existiert aber ein extremer Flügel des Vereins, der lieber das Statut „Wir wollen auf unsere linke Hand stolz sein und uns nicht unseres angeborenen Griffes schämen.“ (Z 32) in die Vereinssatzung schreiben würde.
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  7. Das vereinsinterne Ringen um eine gemeinsame Zielsetzung und die Lagerbildung dabei, in zwei unterschiedliche Extreme, wird mit dem politischen Beispiel der räumlichen Sitzverteilung im Parlament verglichen. Danach lässt sich an Hand der Sitzordnung, also von der Mitte aus rechts oder links, die politische Situation Deutschlands erkennen und die damit einhergehende Bedeutung des Wortes „links“, als eine politische Haltung interpretieren. Man kann textextern erschließen, dass während des kalten Krieges im Deutschland der 50er Jahre, die politische Linke, in der Besatzungszone der Alliierten, übermäßig unter Druck gesetzt wird, worauf der Text auch eingeht, indem links gleichbedeutend mit radikal gesetzt wird. „[...] ist es zur Sitte geworden […] links […] eine gefährliche Radikalität anzudichten.“ (Z 106). Die wichtigste politische Anspielung ist deshalb in der Mehrdeutigkeit des Begriffs „links“ zu verstehen und kennzeichnet damit auch die im übertragenen Sinn gemeinte Stellung des Vereins gegenüber der ihn umgebenden Gesellschaft – ein linker Verein mit einem rechten und einem linken Flügel.
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  9. Kritik des Ich-Erzählers gegenüber dem Verein wird deutlich, als der Erzähler die Namenswahl infrage stellt. „Gewiss wären wir besser genannt, würden wir kurz, die Linken oder klanvoller, die linken Brüder heißen.“ (Z 85). Diese Idee der Namensgebung verwirft der Ich-Erzähler aber sogleich auf ironische Weise, man könne doch nicht einen solch radikalen Schritt wagen und nicht-linke Personengruppen schon der Namensgebung wegen ausschließen. Er führt weiter aus, und im gleichen ironischen Unterton, dass jeder Pfarrer dem am Seelenheil seiner Gemeinde gelegen, angesichts dieser ach so toleranten Truppe „[...] von der Kanzel ausrufen ließe: „Ach, wäret ihr doch alle Linkshänder!“ (Z 93). Damit wird der / die weichgespülte Verein / Partei angesprochen, der / die mit ihrem nichtssagenden Namen vielleicht höchstens noch als Karikatur dient. Hiermit wird die Stellung des Vereins in der Gesellschaft recht deutlich dargestellt, als weichgespült, ohne Inhalte, bunt gewürfelt, innerlich zerstritten und für nichts stehend, wie der Name.
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  11. Das Ringen um eine gemeinsame Richtung im Verein steht hier beispielhaft für das Ringen um einen ausgewogenen Mittelpunkt, der gemeinsames politisches Handeln der gespaltenen linken und rechten Parteien und gemeinsames Leben möglich machen soll. Der Author sieht zu diesem Zweck die „Linke“ genauso wie die „Rechte“, als eine wichtige politische und gesellschaftliche Kraft, die letztlich gemeinsam für den Ausgleich der Kräfte sorgen sollen. Deutlich wird dies, als die beiden Freunde sich am Ende der Geschichte die Hände kaputt schießen und es im letzten Absatz heißt: „Wir lachen und beginnen unser großes Experiment damit, ungeschickt, weil nur auf die rechte Hand angewiesen, die Notverbände anzulegen.“ (Z 196). Alles was dann kommt ist also ein Experiment und wird im Gegensatz zum vorigen Zustand als ungeschickt beurteilt. Klar geht diese Haltung des gewünschten Miteinanders auch aus der Gegenüberstellung der höchst gegensätzlichen Vereinsstatuten hervor (bereits zitiert). Obwohl Erich und der Ich-Erzähler sich beide zum extremen Flügel zählen, lehnen beide die Extreme Haltung, der durch die Statuten Ausdruck verliehen wird, ab.
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  13. Kurz gesagt: Ich halte die vorliegende Kurzgeschichte für unangemessen, den zentralen Gedanken, der für mich aus ihr hervorgeht angemessen zu transportieren. Wenn es sich auch bei dem Author um einen der Großen der deutschen Nachkriegsliteratur handelt – oder vielleicht gerade deshalb – so muss man sagen, dass der Inhalt der vorliegenden Geschichte von Herrn O. Lafontaine einige Jahre später sehr viel eingängiger und direkter formuliert wurde: „Deutschland braucht eine Linke“ (O. Lafontaine). Das ist für mich die Kernaussage der Geschichte, die an der Metapher der Unterdrückung und gesellschaftlichen Ächtung von Linkshändern in der damaligen Zeit festgemacht wird. Die Sprache die gewählt wurde ist für meine Begriffe total überzogen und an vielen Stellen einfach nicht verständlich. Es ist auch nach mehrmaligem Lesen an einigen Stellen nicht möglich, eine klare Aussage aus dem Geschriebenen ziehen zu können. Nimmt man beispielsweise die Ringeproblematik, wird gesagt, dass Monika und der Erzähler es nicht riskieren wollen als verlobte zu gelten, wenn sie schon längst miteinander verheiratet sind. Auf Grund ihrer beider Linkshändigkeit, hätten sie also gern ihre Heiratsringe an der linken hand getragen, weil diese eben „Monikas liebe Hand“ (Z 125) ist. Dann würden sie aber trotz ihrer bereits zurückliegenden Heirat als Verlobte gelten. Kurze Zeit später wird geschrieben „Wie wir uns auch auf diesen unseren Tag freuen mögen […] und angemessenen Feierlichkeiten“ (Z 142). Was ergibt das für einen Sinn? Hatten die beiden zuvor lediglich standesamtlich geheiratet? Was soll das dann für ein Tag sein, der von Traurigkeit überschattet werden wird? Und was hat das eigentlich mit der Geschichte zu tun? Das die damalige Situation für Linkshänder wohl unmöglich war, lässt sich aus dem übrigen Teil der Geschichte deutlich erkennen. Warum diese Episode also?
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  15. Außerdem sind die Sätze derart verschachtelt, dass die Lektüre auch deshalb an Unleserlichkeit gewinnt. Wenn man dies natürlich als eine Auszeichnung für Literatur dieser Art verstehen will, dann hat sich der Author diese redlich verdient.
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