Advertisement
Not a member of Pastebin yet?
Sign Up,
it unlocks many cool features!
- Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Formulierungshilfe
- Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemi-
- schen Lage von nationaler Tragweite
- A. Problem und Ziel
- Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (In-
- fektionsschutzgesetz – IfSG) enthält weitreichende Befugnisse zur Verhütung
- (§§ 16 ff. IfSG) sowie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (§§ 24 ff. IfSG). Das In-
- fektionsschutzgesetz wird im Wesentlichen von den Ländern als eigene Angelegenheit aus-
- geführt. Die Anordnung von Maßnahmen der Verhütung sowie der Bekämpfung übertrag-
- barer Krankheiten obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Eine ergänzende
- Zuständigkeit des Bundes für Maßnahmen der Verhütung und insbesondere der Bekämp-
- fung übertragbarer Krankheiten ist bislang, abgesehen von den Zuständigkeiten des Robert
- Koch-Instituts, auch für den Krisenfall nicht vorgesehen. In der Normallage reicht diese
- Kompetenzverteilung aus, um die Ausbreitung eines Krankheitserregers zu verhindern.
- Das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 ver-
- ursachten Krankheit COVID-19 zeigt, dass im seuchenrechtlichen Notfall das Funktionieren
- des Gemeinwesens erheblich gefährdet sein kann. In einer sich dynamisch entwickelnden
- Ausbruchssituation kann für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik
- durch eine sich grenzüberschreitend ausbreitende übertragbare Krankheit eine erhebliche
- Gefährdung eintreten, der nur begrenzt auf Landesebene begegnet werden kann. Um einer
- Destabilisierung des gesamten Gesundheitssystems vorzubeugen, muss die Bundesregie-
- rung in die Lage versetzt werden, schnell mit schützenden Maßnahmen einzugreifen. Die
- Bundesregierung wird zur Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite
- ermächtigt. In der Folge der Feststellung wird das Bundesministerium für Gesundheit u. a.
- ermächtigt, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
- Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln sowie zur Stär-
- kung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen. Die Bundesregierung
- hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite unverzüglich für beendet zu erklären,
- wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall
- verlieren sämtliche Maßnahmen, die getroffen worden sind, ihre Gültigkeit.
- B. Lösung
- Regelung, die für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, dem Bun-
- desministerium für Gesundheit die entsprechenden Krisenreaktionsmaßnahmen ermög-
- licht.
- Für länderübergreifende Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung an denen
- öffentliche und nichtöffentliche Stellen des Bundes und der Länder beteiligt sind, werden
- Regelungen vorgesehen, die eine Klarstellung der Zuständigkeiten der datenschutzrechtli-
- chen Aufsichtsbehörden bei Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung im
- Sinne eines „One-Stop-Shop“ ermöglichen, länderübergreifende Versorgungs- und Ge-
- sundheitsforschung unter Wahrung des Datenschutzes beschleunigen und eine einheitliche
- Rechtsauslegung zum Wohle aller Betroffenen gewährleisten.
- C. Alternativen
- Keine.
- - 2 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
- Keine.
- E. Erfüllungsaufwand
- E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
- Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kos-
- tenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage
- von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen
- erlassen werden, könnten für Bürgerinnen und Bürger Kosten entstehen, die lagespezifisch
- und daher nicht allgemein bezifferbar sind.
- E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
- Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kos-
- tenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage
- von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen
- erlassen werden, könnten für die Wirtschaft Kosten entstehen, die lagespezifisch und daher
- nicht allgemein bezifferbar sind.
- Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
- Keine.
- E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
- Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kos-
- tenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage
- von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen
- erlassen werden, könnten für die Verwaltung Kosten entstehen, die lagespezifisch und da-
- her nicht allgemein bezifferbar sind.
- Durch die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Auf-
- sicht über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung ent-
- stehen bei den zuständigen Datenschutzbehörden der Länder geringe, nicht quantifizier-
- bare Einsparungen durch das Entfallen des Tätigwerdens der Datenschutzbehörden aller
- von dem Forschungsvorhaben betroffenen Länder.
- Den öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen des Bundes und der Länder entstehen durch
- die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Aufsicht
- über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung geringe,
- nicht quantifizierbare Einsparungen bei der Konzeption und Durchführung von Forschungs-
- vorhaben.
- F. Weitere Kosten
- Keine.
- - 3 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Formulierungshilfe
- Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epide-
- mischen Lage von nationaler Tragweite
- Vom ...
- Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlos-
- sen:
- Artikel 1
- Änderung des Infektionsschutzgesetzes
- Das Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Ar-
- tikel 1 des Gesetzes vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148) geändert worden ist, wird wie
- folgt geändert:
- 1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt gefasst:
- a) Die Angabe zur Überschrift des 2. Abschnitts wird wie folgt gefasst:
- „Koordinierung und Epidemische Lage von nationaler Tragweite“.
- b) Die Angabe zur Überschrift des § 5 wie folgt gefasst:
- „Epidemische Lage von nationaler Tragweite“.
- 2. Die Überschrift des 2. Abschnitts wird wie folgt gefasst:
- „Koordinierung und Epidemische Lage von nationaler Tragweite“.
- 3. § 4 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
- (1) „ Das Robert Koch-Institut ist die nationale Behörde zur Vorbeugung über-
- tragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der
- Weiterverbreitung von Infektionen. Dies schließt die Entwicklung und Durchfüh-
- rung epidemiologischer und laborgestützter Analysen sowie Forschung zu Ursa-
- che, Diagnostik und Prävention übertragbarer Krankheiten ein. Es arbeitet mit den
- jeweils zuständigen Bundesbehörden, den zuständigen Landesbehörden, den na-
- tionalen Referenzzentren, weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen und Fachge-
- sellschaften zusammen. Auf dem Gebiet der Zoonosen und mikrobiell bedingten
- Lebensmittelvergiftungen sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens-
- mittelsicherheit, das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Friedrich-Loeffler-
- Institut zu beteiligen. Auf Ersuchen der zuständigen obersten Landesgesundheits-
- behörde kann das Robert Koch-Institut den zuständigen Stellen bei Maßnahmen
- zur Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von schwerwiegenden übertrag-
- baren Krankheiten, auf Ersuchen mehrerer zuständiger oberster Landesgesund-
- heitsbehörden auch länderübergreifend, Amtshilfe leisten. Soweit es zur Erfüllung
- dieser Amtshilfe erforderlich ist, darf es personenbezogene Daten verarbeiten.“
- - 4 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:
- „(1a) Das Bundesministerium für Gesundheit legt dem Deutschen Bundestag
- bis spätestens zum 31. März 2021 einen Bericht zu den Erkenntnissen aus der
- durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie vor. Der
- Bericht beinhaltet Vorschläge zur gesetzlichen, infrastrukturellen und personellen
- Stärkung des Robert Koch-Instituts sowie gegebenenfalls zusätzlicher Behörden
- zur Umsetzung der Zwecke dieses Gesetz.“
- 4. § 5 wird wie folgt gefasst:
- „§ 5
- Epidemische Lage von nationaler Tragweite
- (1) Eine epidemische Lage von nationaler Tragweite liegt vor, wenn die Bundes-
- regierung eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bun-
- desrepublik Deutschland festgestellt hat, weil
- 1. die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von internationaler
- Tragweite ausgerufen hat und eine Einschleppung schwerwiegender übertragba-
- rer Krankheiten in die Bundesrepublik Deutschland droht oder
- 2. eine bundesländerübergreifende Ausbreitung schwerwiegender übertragbarer
- Krankheiten droht.
- Die Feststellung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
- (2) Die Bundesregierung hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite un-
- verzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung
- nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall verlieren sämtliche Maßnahmen, die nach
- Absatz 3 getroffen worden sind, ihre Gültigkeit. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
- (3) Für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wird das Bun-
- desministerium für Gesundheit unbeschadet der Befugnisse der Länder ermächtigt:
- 1. durch Anordnung Personen zu verpflichten, die in die Bundesrepublik Deutschland
- einreisen wollen oder eingereist sind und die wahrscheinlich einem erhöhten In-
- fektionsrisiko für bestimmte schwerwiegende übertragbare Krankheiten ausge-
- setzt waren, insbesondere weil sie aus Gebiete einreisen, die das Robert Koch-
- Institut als gefährdet eingestuft hat:
- a) ihre Identität, Reiseroute und Kontaktdaten bekannt zu geben,
- b) eine Impf- oder Prophylaxebescheinigung vorzulegen,
- c) Auskunft über ihren Gesundheitszustand zu geben,
- d) einen Nachweis einer ärztlichen Untersuchung vorzulegen,
- e) sich ärztlich untersuchen zu lassen;
- 2. durch Anordnung Unternehmen, die im Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugver-
- kehr grenzüberschreitend Reisende befördern, Flughafenunternehmer, Betreiber
- von Häfen, Personenbahnhöfen und Omnibusbahnhöfen sowie Reiseveranstalter
- - 5 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- zu verpflichten, bei der Durchführung der Maßnahmen nach Nummer 1 mitzuwir-
- ken, außerdem können sie im Rahmen ihrer betrieblichen und technischen Mög-
- lichkeiten verpflichtet werden:
- a) Beförderungen aus bestimmten Ländern mit dem Ziel der Bundesrepublik
- Deutschland zu unterlassen,
- b) Reisende über die Gefahren übertragbarer Krankheiten und die Möglichkeiten
- zu deren Verhütung und Bekämpfung zu informieren,
- c) die zur Identifizierung einer Person oder zur Früherkennung von kranken,
- krankheitsverdächtigen, ansteckungsverdächtigen und Krankheitserreger
- ausscheidenden Personen notwendigen Angaben zu erheben, zu verarbeiten
- und zu speichern,
- d) Meldungen über kranke, krankheitsverdächtige, ansteckungsverdächtige und
- Krankheitserreger ausscheidende Personen gegenüber den zuständigen Be-
- hörden abzugeben,
- e) Passagierlisten und Sitzpläne den zuständigen Behörden zur Verfügung zu
- stellen,
- f) ärztliche Untersuchungen von Reisenden zu ermöglichen,
- g) den Transport einer Person, die krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsver-
- dächtig ist oder Krankheitserreger ausscheidet, in ein Krankenhaus oder in
- eine andere geeignete Institution zu ermöglichen;
- 3. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von den
- Vorschriften dieses Gesetz zuzulassen und weitere Entschädigungen neben § 56
- des Infektionsschutzgesetzes vorzusehen, soweit der Bund die Kosten trägt;
- 4. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Si-
- cherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln einschließlich Betäubungsmitteln,
- der Wirkstoffe, Ausgangs- sowie Hilfsstoffe hierfür, mit Medizinprodukten, Hilfsmit-
- teln sowie mit Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung vorzusehen, ins-
- besondere:
- a) Ausnahmen von den Vorschriften des Arzneimittel-, des Betäubungsmittel-,
- sowie des Apothekengesetzes und der jeweils hierauf gestützten Rechtsver-
- ordnungen, der medizinprodukterechtlichen Vorschriften und der Vorschriften
- zum Arbeitsschutz in Bezug auf die Verwendung von Gegenständen der per-
- sönlichen Schutzausrüstung zuzulassen, insbesondere der Vorschriften zur
- Herstellung, Anwendung, Verschreibung und Abgabe, zur Ein- und Ausfuhr
- und zum Verbringen, sowie zum Betrieb von Apotheken einschließlich Leitung
- und Personaleinsatz,
- b) die zuständigen Behörden der Länder zu ermächtigen, im Einzelfall Ausnah-
- men von den in Buchstabe a) genannten Vorschriften zu gestatten, insbeson-
- dere den Vorschriften zur Herstellung, Anwendung, Verschreibung und Ab-
- gabe, zur Ein- und Ausfuhr und zum Verbringen sowie zum Betrieb von Apo-
- theken einschließlich Leitung und Personaleinsatz,
- c) zum Bezug, zur Beschaffung, Bevorratung, Verteilung und Abgabe durch den
- Bund,
- d) die Sicherstellung und Beschlagnahme der genannten Produkte sowie bei ent-
- eignender Wirkung eine Regelung zur Entschädigung hierfür,
- - 6 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- e) ein Verbot, diese Produkte zu verkaufen, sich anderweitig zu ihrer schuld-
- rechtlichen Überlassung zu verpflichten oder bereits eingegangene schuld-
- rechtliche Verpflichtungen zu bedienen sowie bei enteignender Wirkung eine
- Regelung zur Entschädigung hierfür,
- f) zu deren Preisbildung, Erstattung sowie Vergütung,
- g) zur Aufrechterhaltung, Umstellung, Eröffnung oder Schließung von Produkti-
- onsstätten oder einzelnen Betriebsstätten von produzierenden Unternehmen
- für die genannten Produkte, sowie eine Regelung zur Entschädigung hierfür,
- h) nach § 13 Absatz 1 des Patentgesetzes anzuordnen, dass eine Erfindung in
- Bezug auf eines der in Nummer 4 genannten Produkte im Interesse der öf-
- fentlichen Wohlfahrt oder im Interesse der Sicherheit des Bundes benutzt wer-
- den soll. Das BMG oder eine dem BMG nachgeordnete Behörde können er-
- mächtigt werden, diese Anordnung im Wege eines Verwaltungsakts oder einer
- Allgemeinverfügung zu treffen,
- i) Stellen des Bundes zu ermächtigen, die notwendigen Anordnungen zur
- Durchführung der Maßnahmen nach den Buchstaben a) und c bis h) zu treffen;
- 5. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur
- Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Versorgung in ambulanten Praxen, Apo-
- theken, Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und in sons-
- tigen Gesundheitseinrichtungen in Abweichung von bestehenden gesetzlichen
- Vorgaben vorzusehen, insbesondere
- a) Ärztinnen, Ärzte, Angehörige von Gesundheitsfachberufen und Medizinstudie-
- rende zu verpflichten, bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mitzu-
- wirken,
- b) Gesundheitseinrichtungen zu verpflichten, bestimmte Kapazitäten vorzuhal-
- ten und diese und deren Auslastung an eine festzulegende Stelle zu melden,
- c) alle untergesetzlichen Richtlinien, Regelungen, Vereinbarungen und Be-
- schlüsse der Selbstverwaltungspartner nach dem Fünften Buch Sozialgesetz-
- buch und nach Gesetzen, auf die im Fünften Buch Sozialgesetzbuch Bezug
- genommen wird, befristet anzupassen, zu ergänzen oder auszusetzen,
- d) durch Änderungen in der Approbationsordnung für Ärzte die Einsatzmöglich-
- keiten von Medizinstudierenden ohne Nachteile für den Studienfortschritt zu
- erweitern;
- 6. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur
- Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung in ambulanten und stationären
- Pflegeeinrichtungen in Abweichung von bestehenden gesetzlichen Vorgaben vor-
- zusehen, insbesondere
- a) Pflegeeinrichtungen zu verpflichten, bestimmte Kapazitäten vorzuhalten und
- diese und deren Auslastung an eine festzulegende Stelle zu melden,
- b) gesetzliche oder vertraglichen Anforderungen an Pflegeeinrichtungen auszu-
- setzen oder zu ändern,
- c) alle untergesetzlichen Richtlinien, Regelungen, Vereinbarungen und Be-
- schlüsse der Selbstverwaltungspartner nach dem Elften Buch Sozialgesetz-
- buch und nach Gesetzen, auf die im Elften Buch Sozialgesetzbuch Bezug ge-
- nommen wird, befristet anzupassen, zu ergänzen oder auszusetzen,
- - 7 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- d) Aufgaben, die über die unmittelbare Pflege und Betreuung von Pflegebedürf-
- tigen hinaus regelmäßig von Pflegeeinrichtungen, Pflegekassen und Medizi-
- nischen Diensten zu erbringen sind, auszusetzen oder einzuschränken,
- e) Pflegefachpersonen und weitere in der Pflege tätigen Personen zu verpflich-
- ten, bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mitzuwirken,
- f) Reorganisation und Stärkung von personellen Ressourcen durch Ermögli-
- chung der Einbeziehung von Pflegekräften und anderen geeigneten medizi-
- nisch, pflegerisch oder therapeutisch geschulten Kräften und Verpflichtung
- von geeigneten Organisationen und Einrichtungen zur Abstellung solcher
- Kräfte. Soweit eine solche Maßnahme enteignende Wirkung hat, kann der
- hiervon Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
- (4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Absatz 3 ha-
- ben keine aufschiebende Wirkung. Eine auf der Grundlage des Absatzes 3 erlassene
- Verordnung tritt spätestens ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft; ihre Gel-
- tungsdauer kann mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden.
- (5) Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des
- Grundgesetzes) kann im Rahmen des Absatz 3 eingeschränkt werden.
- (6) Die Bundesregierung kann für den Fall einer epidemischen Lage von nationa-
- ler Tragweite zur Ausführung dieses Gesetzes sowie des Arzneimittel-, des Apothe-
- kengesetzes und der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen und
- der medizinprodukterechtlichen Vorschriften in Ausnahmefällen gegenüber den Län-
- dern Einzelweisungen erteilen, wenn dies zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit
- in der Bundesrepublik Deutschland dringend geboten ist.
- (7) Das Bundesministerium für Gesundheit kann für den Fall einer epidemischen
- Lage von nationaler Tragweite unter Heranziehung der Empfehlungen des Robert
- Koch-Instituts Empfehlungen abgeben, um ein koordiniertes Vorgehen innerhalb der
- Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.
- (8) Das Robert Koch-Institut koordiniert während einer epidemischen Lage von
- nationaler Tragweite die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und zwischen den
- Ländern und dem Bund sowie weiteren beteiligten Behörden und Stellen und tauscht
- Informationen aus. Die Bundesregierung kann durch allgemeine Verwaltungsvorschrift
- mit Zustimmung des Bundesrates Näheres bestimmen.
- (9) Für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wird die Aus-
- übung heilkundlicher Tätigkeiten folgenden Personen im Rahmen der von ihnen in der
- Berufsausbildung erlangten Kompetenzen vorübergehend gestattet:
- 1. Altenpflegerinnen und Altenpflegern,
- 2. Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkran-
- kenpflegern,
- 3. Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Gesundheits- und Krankenpflegern,
- 4. Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern und
- 5. Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern.
- Die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten ist vorübergehend gestattet, wenn
- - 8 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- 1. die Person auf der Grundlage der in der jeweiligen Ausbildung erworbenen Kom-
- petenzen und ihrer persönlichen Fähigkeiten in der Lage ist, die jeweils erforderli-
- che Maßnahme eigenverantwortlich durchzuführen und
- 2. die Durchführung der heilkundlichen Tätigkeit das Patientenwohl unter Berücksich-
- tigung des Gesundheitszustandes der Patientin oder des Patienten gewährleistet.
- Die durchgeführte Maßnahme soll in angemessener Weise dokumentiert werden. Sie
- soll unverzüglich der verantwortlichen Ärztin oder dem verantwortlichen Arzt oder einer
- sonstigen die Patientin oder den Patienten behandelnden Ärztin oder behandelnden
- Arzt mitgeteilt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch
- Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates weiteren Personen die Aus-
- übung heilkundlicher Tätigkeiten im Rahmen von Satz 2 vorübergehend zu gestatten.
- (10) Für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite kann die zu-
- ständige Behörde zum Zwecke der Nachverfolgung von Kontaktpersonen technische
- Mittel einsetzen, um Kontaktpersonen von erkrankten Personen zu ermitteln, sofern
- aufgrund epidemiologischer Erkenntnisse gesichert ist, dass dies zum Schutz der Be-
- völkerung vor einer Gefährdung durch schwerwiegende übertragbare Krankheiten er-
- forderlich ist. Unter den Voraussetzungen nach Satz 1 kann die zuständige Behörde
- von jedem, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mit-
- wirkt (Diensteanbieter) die Herausgabe der vorhandenen Telekommunikationsver-
- kehrsdaten, der für die Ermittlung des Standortes eines Mobilfunkgerätes erforderli-
- chen spezifischen Kennungen und die zur Durchführung von Maßnahmen nach Satz 4
- erforderlichen Daten der möglichen Kontaktpersonen von erkrankten Personen verlan-
- gen. Erforderlichkeit und Zweck der Maßnahme sind durch die zuständige Behörde zu
- dokumentieren. Die zuständige Behörde kann die nach Satz 1 und 2 ermittelten Kon-
- taktpersonen von dem Verdacht einer Erkrankung informieren. Die zuständige Behörde
- darf zu diesem Zweck personenbezogene Daten verarbeiten. Nach Beendigung der
- Maßnahmen ist die Löschung der Daten zu dokumentieren.“
- 5. In § 73 Absatz 1a Nummer 6 werden vor der Angabe „§ 17 Abs. 1“ die Wörter „§ 5
- Absatz 3, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 5 Absatz 3“ und ein
- Komma eingefügt.
- 6. § 75 Absatz 1 Nummer 1 wird wie folgt gefasst:
- „1. als Veranstalter oder Leiter einer in § 28 Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Veranstal-
- tung, Ansammlung oder einer dort bezeichneten Einrichtung einer vollziehbaren
- Anordnung nach § 28 Absatz 1 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit einer
- Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1 zuwiderhandelt,“
- Artikel 2
- Änderung des IGV-Durchführungsgesetzes
- Nach § 12 Absatz 5 des IGV-Durchführungsgesetzes vom 21. März 2013 (BGBl. I S.
- 566), das zuletzt durch Artikel 31 des Gesetzes vom 20.November 2019 (BGBl. I S. 1626)
- geändert worden ist, wird folgender Absatz 5a eingefügt:
- „(5a) Sofern ein Luftfahrtunternehmen auf ein Auskunftsverlangen nach Absatz 5 die
- verlangten Daten nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig übermittelt, kann das zustän-
- dige Gesundheitsamt [in den Fällen des § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes ] die
- Fluggastdatenzentralstelle nach § 1 Absatz 1 des Fluggastdatengesetzes oder die in § 1
- Absatz 3 des Fluggastdatengesetzes genannte Stelle ersuchen, ihm zur Erfüllung seiner
- - 9 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Aufgaben erforderliche Daten zur Erreichbarkeit von verdächtigen oder betroffenen Reisen-
- den und zu ihren möglichen Kontaktpersonen zu übermitteln. Enthält das Fluggastdaten-
- Informationssystem entsprechende Daten, übermittelt die ersuchte Stelle diese unverzüg-
- lich dem ersuchenden Gesundheitsamt; nach § 5 des Fluggastdatengesetzes depersonali-
- sierte Daten sind von der Übermittlung ausgeschlossen. Die Sätze 1 und 2 gelten entspre-
- chend für Flüge, für die keine Anordnung nach Absatz 4 getroffen wurde, sofern die Daten
- für die Aufgabenerfüllung des Gesundheitsamtes erforderlich sind.“
- Artikel 3
- Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
- Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des
- Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 2 des
- Gesetzes vom 16. März 2020 (BGBl. I S. 497) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. In § 4a wird das Wort „und“ durch ein Komma ersetzt und nach der Angabe „269“ die
- Angabe „269 und 287a“ eingefügt.
- 2. Nach § 287 wird folgender § 287a eingefügt:
- „§ 287a
- Federführende Datenschutzaufsicht in der Versorgungs- und Gesundheitsforschung
- Bei Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung an denen nicht-öffent-
- liche Stellen oder öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder aus zwei oder mehr
- Bundesländern als Verantwortliche beteiligt sind (länderübergreifende Forschungsvor-
- haben) findet § 27 des Bundesdatenschutzgesetzes Anwendung. Die beteiligten Ver-
- antwortlichen benennen einen Hauptverantwortlichen und melden diesen der für die
- Hauptniederlassung des Hauptverantwortlichen zuständigen Aufsichtsbehörde (feder-
- führende Aufsichtsbehörde). Artikel 56 und Artikel 60 der Verordnung (EU) 2016/679
- sind entsprechend anzuwenden.“
- Artikel 4
- Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- - 10 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Begründung
- A. Allgemeiner Teil
- I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
- Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (In-
- fektionsschutzgesetz – IfSG) enthält weitreichende Befugnisse zur Verhütung (§§ 16 ff.
- IfSG) sowie zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (§§ 24 ff. IfSG). Das Infektions-
- schutzgesetz wird im Wesentlichen von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt.
- Die Anordnung von Maßnahmen der Verhütung sowie der Bekämpfung über-tragbarer
- Krankheiten obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Eine ergänzende Zu-
- ständigkeit des Bundes für Maßnahmen der Verhütung und insbesondere der Bekämpfung
- übertragbarer Krankheiten ist bislang, abgesehen von den Zuständigkeiten des Robert
- Koch-Instituts, auch für den Krisenfall nicht vorgesehen. In der Normallage reicht diese
- Kompetenzverteilung aus, um die Ausbreitung eines Krankheitserregers zu verhindern.
- Das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 ver-
- ursachten Krankheit COVID-19 zeigt, dass im seuchenrechtlichen Notfall das Funktionieren
- des Gemeinwesens erheblich gefährdet sein kann. In einer sich dynamisch entwickelnden
- Ausbruchssituation kann für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundes-republik
- durch eine sich grenzüberschreitend ausbreitende übertragbare Krankheit eine erhebliche
- Gefährdung eintreten, der nur begrenzt auf Landesebene begegnet werden kann. Um einer
- Destabilisierung des gesamten Gesundheitssystems vorzubeugen, muss die Bundesregie-
- rung in die Lage versetzt werden, schnell mit schützenden Maßnahmen einzugreifen. Die
- Bundesregierung wird zur Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite
- ermächtigt. In der Folge der Feststellung wird das Bundesministerium für Gesundheit u. a.
- ermächtigt, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
- Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln sowie zur Stär-
- kung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen. Die Bundesregierung
- hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite unverzüglich für beendet zu erklären,
- wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind. In diesem Fall
- verlieren sämtliche Maßnahmen, die getroffen worden sind, ihre Gültigkeit.
- Die Heterogenität der Landesdatenschutz- und Krankenhausgesetze und die Zuständigkeit
- verschiedener Landesdatenschutzbehörden erschweren und verlangsamen in Folge der-
- zeit länderübergreifende Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung. Der ra-
- sche und zugleich rechtskonforme Zugang zu versorgungsrelevanten Daten ist dabei nicht
- zuletzt im Kontext aktueller Forschungsvorhaben angesichts der zunehmenden Zahl von
- Covid-19-Erkrankungen von großer Bedeutung. Die Regelungen sind allerdings auch für
- die Versorgungs- und Gesundheitsforschung erforderlich, da wissenschaftliche Erkennt-
- nisse, die potenziell Leben retten können, einer klaren und eindeutigen datenschutzrechtli-
- chen Zuständigkeit bedürfen.
- II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
- Die Bundesregierung wird zur Feststellung ermächtigt, dass eine ernsthafte Gefahr für die
- öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Vorausset-
- zung hierfür ist, dass entweder die Weltgesundheitsorganisation ihrerseits eine gesundheit-
- liche Notlage von internationaler Tragweite festgestellt hat und die Einschleppung schwer-
- wiegender übertragbarer Krankheiten in die Bundesrepublik Deutschland droht, oder dass,
- unabhängig von einer Feststellung durch die Weltgesundheitsorganisation, eine Ausbrei-
- tung solcher Krankheiten über das Gebiet mehr als eines Landes hinaus droht.
- - 11 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- In der Folge dieser Feststellung durch die Bundesregierung wird das Bundesministerium
- für Gesundheit ermächtigt, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung
- des Bundesrates Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln
- sowie zur Stärkung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu treffen.
- Das Robert Koch-Institut (RKI) kann nach Feststellung einer epidemischen Lage von nati-
- onaler Tragweite die Zusammenarbeit zwischen den Ländern, zwischen den Ländern und
- dem Bund sowie weiteren beteiligten Behörden und sonstigen beteiligten Stellen koordinie-
- ren und Informationen austauschen.
- Für länderübergreifende Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung an denen
- öffentliche und nichtöffentliche Stellen des Bundes und der Länder beteiligt sind, werden
- Regelungen vorgesehen, die eine Klarstellung der Zuständigkeiten der datenschutzrechtli-
- chen Aufsichtsbehörden bei Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung im
- Sinne eines „One-Stop-Shop“ ermöglichen, länderübergreifende Versorgungs- und Ge-
- sundheitsforschung unter Wahrung des Datenschutzes beschleunigen und eine einheitliche
- Rechtsauslegung zum Wohle aller Betroffenen gewährleisten.
- III. Alternativen
- Gleich wirksame Alternativen stehen nicht zur Verfügung, da die in der Normallage geltende
- Zuständigkeit für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes an ihre Grenzen stößt, wenn in
- einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ein länderübergreifendes Krisenma-
- nagement unbedingt erforderlich ist. Dies zeigt sich besonders deutlich bei der Beschrän-
- kung insbesondere des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs sowie bei der bundesland-
- übergreifenden Sicherstellung von personellen und materiellen Ressourcen.
- IV. Gesetzgebungskompetenz
- Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Maßnahmen gegen übertragbare Krankhei-
- ten beim Menschen ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19 GG.
- Insoweit durch das Gesetz die Ausübung der Heilberufe geregelt wird, ergibt sich die Ge-
- setzgebungskompetenz des Bundes aus dem hier vorrangigen Artikel 74 Absatz 1 Nummer
- 19 GG.
- Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Maßnahmen nach Artikel 3 folgt aus Ar-
- tikel 74 Absatz 1 Nummer 12 des Grundgesetzes (Sozialversicherung), Artikel 74 Absatz 1
- Nummer 11 des Grundgesetzes (Recht der Wirtschaft) sowie Artikel 74 Absatz 1 Nummer
- 13 des Grundgesetzes (Förderung der wissenschaftlichen Forschung).
- V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
- Verträgen
- Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union sowie mit den Internationalen
- Gesundheitsvorschriften (2005) vom 23. Mai 2005 vereinbar.
- VI. Gesetzesfolgen
- 1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
- Regelungen zur Rechts- oder Verwaltungsvereinfachung sind nicht vorgesehen. Die ge-
- nannten Maßnahmen zur Bündelung der Vollzugskompetenzen beim Bund gelten nur für
- die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite.
- - 12 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- 2. Nachhaltigkeitsaspekte
- Der Gesetzentwurf wurde unter Berücksichtigung der Managementregeln der deutschen
- Nachhaltigkeitsstrategie im Hinblick auf die Nachhaltigkeit geprüft. Das Regelungsvorha-
- ben zielt auf eine wirkungsvolle Bekämpfung erheblicher Gefahrenlagen, die in der Folge
- der weltweiten Verbreitung eines Krankheitserregers für die Bundesrepublik Deutschland
- entstehen können.
- Die Regelung zur federführenden datenschutzrechtlichen Aufsicht bei gesundheitsbezoge-
- nen Forschungsvorhaben trägt zur konsequenten Anwendung des Leitprinzips der nach-
- haltigen Entwicklung zur Vermeidung von Gefahren und unvertretbaren Risiken für die
- menschliche Gesundheit und zur Nutzung von Innovationen als Treiber einer nachhaltigen
- Entwicklung bei.
- 3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
- Keine.
- 4. Erfüllungsaufwand
- Das Gesetz selbst schafft nur Befugnisgrundlagen und hat daher keine unmittelbaren Kos-
- tenfolgen. Soweit im Fall einer von der Bundesregierung festgestellten epidemischen Lage
- von nationaler Tragweite auf seiner Basis Anordnungen ergehen oder Rechtsverordnungen
- erlassen werden, könnten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung
- Kosten entstehen, die lagespezifisch und daher nicht allgemein bezifferbar sind.
- Durch die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Auf-
- sicht über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung ent-
- stehen bei den zuständigen Datenschutzbehörden der Länder geringe, nicht quantifizier-
- bare Einsparungen durch das Entfallen des Tätigwerdens der Datenschutzbehörden aller
- von dem Forschungsvorhaben betroffenen Länder.
- Den öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen des Bundes und der Länder entstehen durch
- die Einführung der federführenden datenschutzrechtlichen Zuständigkeit bei der Aufsicht
- über länderübergreifende Vorhaben der Gesundheits- und Versorgungsforschung geringe,
- nicht quantifizierbare Einsparungen bei der Konzeption und Durchführung von Forschungs-
- vorhaben.
- 5. Weitere Kosten
- Keine.
- 6. Weitere Gesetzesfolgen
- Keine.
- VII. Befristung; Evaluierung
- Keine.
- - 13 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- B. Besonderer Teil
- Zu Artikel 1 (Änderung des Infektionsschutzgesetzes)
- Zu Nummer 1
- Zu Buchstabe a
- Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung der Inhaltsübersicht.
- Zu Buchstabe b
- Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung der Inhaltsübersicht.
- Zu Nummer 2
- Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung der Überschrift des Ab-
- schnitts.
- Zu Nummer 3
- Zu Buchstabe a
- Der Aufgabenbereich des Robert Koch-Institutes im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes
- wird künftig klar aus der gesetzlichen Aufgabennorm des § 4 Absatz 1 Satz 1 IfSG erkenn-
- bar. Damit wird klargestellt, dass das Robert Koch-Institut sich ebenfalls wie die anderen
- internationalen und nationalen Behörden mit der Prävention und Bekämpfung von übertrag-
- baren Erkrankungen beschäftigt.
- Satz 3 entspricht dem bisherigen Satz 6. Die Sätze 4 bis 6 entsprechen den bisherigen
- Sätzen 3 bis 5.
- Zu Buchstabe b
- Die einmalige Berichtspflicht zum 31. März 2021 wurde neu eingefügt, um sicherzustellen,
- dass der Deutsche Bundestag über die Erkenntnisse der durch das neuartige Coronavirus
- SARS-CoV-2 verursachte Epidemie informiert wird. Der Bericht beinhaltet Vorschläge zur
- gesetzlichen, infrastrukturellen und personellen Stärkung des Robert Koch-Instituts sowie
- gegebenenfalls zusätzlicher Behörden zur Umsetzung der Zwecke dieses Gesetz.“ die bei
- der Bewältigung der Corona-Epidemie gewonnen praktischen Erfahrungen und daraus ge-
- wonnen Erkenntnisse unterrichtet wird. Diese Erkenntnisse und ihre Evaluierung sollten
- genutzt werden und in einen Vorschlag zur weiteren Verbesserung der Resilienz Deutsch-
- lands bei schweren, biologischen Gefahrenlagen von nationaler Bedeutung einfließen. Ins-
- besondere ermöglicht die Berichtspflicht, aus den Erfahrungen vor und nach der Einführung
- der neuen gesetzlichen Regelungen zu lernen. Eine ähnliche Gefahrensituation kann sich
- – insbesondere bedingt durch Klimawandel und immer weiter steigende Mobilität der Be-
- völkerung - wiederholen. Daher ist es umso wichtiger, gezielt zu überprüfen, welche Maß-
- nahmen zu einer Stärkung der zukünftigen, proaktiven effizienten Gefahrenbewältigung
- beitragen können. Mit dieser Regelung wird dem bisher in Deutschland seit Bestehen des
- Infektionsschutzgesetzes schwersten Krankheitsausbruch Rechnung getragen.
- - 14 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Zu Nummer 4
- Zu § 5 (Epidemische Lage von nationaler Tragweite)
- Zu Absatz 1
- In Absatz 1 werden die Voraussetzungen benannt, unter denen eine epidemische Lage von
- nationaler Bedeutung vorliegt. Es obliegt der Bundesregierung als Kollegialorgan (Artikel 62
- Grundgesetz), festzustellen, dass eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in
- der gesamten Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Definitionsgemäß geht eine solche au-
- ßerordentliche Lage über die epidemiologische Normallage hinaus, in der es keiner Modifi-
- kationen in der Vollzugskompetenz für das Infektionsschutzgesetz bedarf. Die Feststellung
- durch die Bundesregierung ist ihrerseits an zwei Voraussetzungen geknüpft, die alternativ
- erfüllt sein müssen.
- Zu Nummer 1
- Nach Nummer 1 liegt eine besondere Lage vor, wenn die Weltgesundheitsorganisation
- (WHO) im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften vom 23. Mai 2005 (IGV)
- das Bestehen einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite feststellt und
- eine Einschleppung schwerwiegender übertragbarer Krankheiten in die Bundesrepublik
- Deutschland droht. Innerhalb der WHO ist der Generaldirektor der WHO aufgrund der IGV
- für die Feststellung einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite zuständig.
- Er arbeitet dabei eng mit den betroffenen WHO-Vertragsstaaten zusammen. Er wird unter-
- stützt von einem im Rahmen der IGV eingesetzten Notfallausschuss. Die Feststellung des
- Eintretens einer solchen Notlage ist ihrerseits an bestimmte Kriterien geknüpft und wird
- restriktiv gehandhabt (vgl. Artikel 12 IGV). Diese Feststellung löst innerstaatlich in der Bun-
- desrepublik Deutschland keinen Automatismus von Rechtsfolgen aus. Vielmehr bedarf es
- stets der gesonderten Feststellung durch die Bundesregierung.
- Zu Nummer 2
- Nummer 2 sieht eine Feststellungsbefugnis der Bundesregierung auch ohne eine vorherige
- Feststellung durch die WHO vor. Voraussetzung ist, dass eine landesübergreifende Aus-
- breitung schwerwiegender übertragbarer Krankheiten droht. Von einer solchen Lage ist
- auszugehen, wenn von der drohenden Verbreitung das Gebiet von mehr als zwei Bundes-
- ländern betroffen ist (wie etwas bei der EHEC-Epidemie 2011).
- Durch die vorgeschriebene Veröffentlichung im Bundesanzeiger (Satz 2) wird die nötige
- Publizität der durch die Bundesregierung erfolgten Feststellung einer epidemischen Lage
- von nationaler Bedeutung gewährleistet.
- Zu Absatz 2
- Wenn eine epidemische Lage von nationaler Bedeutung festgestellt wurde, stehen der Bun-
- desregierung die in diesem Gesetz vorgesehenen Befugnisse zum Ergreifen der aufgeführ-
- ten Maßnahmen zu. Im weiteren Verlauf muss die Entwicklung der Lage ständig beobachtet
- und überprüft werden. Sobald sich die festgestellte Lage dergestalt fortentwickelt, dass die
- Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind, hat die Bundesregierung
- die Lage unverzüglich für beendet zu erklären. Durch Satz 2 wird die unmittelbare Rückkehr
- in den Normalzustand gewährleistet, sämtliche Maßnahmen, die nach Absatz 3 getroffen
- worden sind, verlieren ihre Gültigkeit. Auch die Beendigung der Feststellung der Lage ist
- im Bundesanzeiger zu veröffentlichen (Satz 3).
- Zu Absatz 3
- Für den Fall einer festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweitewird das Bun-
- desministerium für Gesundheit ermächtigt Anordnungen und Rechtsverordnungen ohne
- - 15 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Zustimmung des Bundesrates nach den Nummern 1 bis 6 zu erlassen. Diese Anordnungs-
- befugnisse treten neben die Befugnisse der Länder nach diesem Gesetz. Die Vollzugskom-
- petenz der Länder bei der Durchführung der auf Grund dieses Absatzes erlassenen Anord-
- nungen und Rechtsverordnungen bleibt unberührt.
- Zu Nummer 1
- Die gegenwärtige Epidemie ist maßgeblich auch durch einen Import eines Virus durch den
- internationalen Reiseverkehr verursacht.
- Nach Nummer 1 kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Anordnung in Überein-
- stimmung mit den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) Personen verpflichten, die
- in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und die wahr-
- scheinlich einem erhöhten Infektionsrisiko für bestimmte schwerwiegende übertragbare
- Krankheiten ausgesetzt waren, insbesondere weil sie aus Gebiete einreisen, die das Robert
- Koch-Institut als gefährdet eingestuft hat, bestimmte Auskünfte zu geben oder Maßnahmen
- zu dulden.
- Zu Nummer 2
- Nach Nummer 2 kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Anordnung Unterneh-
- men, die im Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugverkehr grenzüberschreitend Reisende
- befördern, Flughafenunternehmer, Betreiber von Häfen, Personenbahnhöfen und Omni-
- busbahnhöfen sowie Reiseveranstalter verpflichten, bei der Durchführung der Maßnahmen
- nach Nummer 1 mitzuwirken. Außerdem können diese Unternehmen verpflichtet werden,
- im Rahmen ihrer betrieblichen und technischen Möglichkeiten bei Maßnahmen mitzuwir-
- ken, die eine Einschleppung und Weiterverbreitung einer übertragbaren Krankheit vorbeu-
- gen können. Diese Maßnahmen können unabhängig von den bestehenden Befugnissen
- nach dem Gesetz zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften vorgese-
- hen werden.
- Zu Nummer 3
- Nach Nummer 3 kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung
- ohne Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetz zu-
- lassen und weitere Entschädigungen neben § 56 des Infektionsschutzgesetzes vorzuse-
- hen, wenn der Bund für die entsprechenden Kosten aufkommt.
- Zu Nummer 4
- Zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln, Betäubungsmitteln, Wirkstoffen, Aus-
- gangs-und Hilfsstoffen, Medizinprodukten und Gegenständen der persönlichen Schutzaus-
- rüstung wird das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, durch Allgemeinverfügung
- oder durch Rechtsverordnung verschiedene Maßnahmen anzuordnen.
- Neben der Versorgung mit Medizinprodukten nach dem Medizinproduktegesetz ist auch die
- Versorgung der gesetzlich Versicherten mit Hilfsmitteln nach dem Fünften Buch Sozialge-
- setzbuch sicherzustellen, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbe-
- handlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung
- auszugleichen.
- Zu Buchstabe a
- Das Bundesministerium für Gesundheit kann insbesondere Ausnahmen von den unter
- Buchstabe a genannten spezialgesetzlichen Vorschriften anordnen, um die Herstellung, die
- Anwendung, die Verschreibung und die Abgabe, die Ein- und Ausfuhr und das Verbringen
- der dort genannten Produkte zu erleichtern oder ermöglichen. Dies kann für den Bereich
- des Betäubungsmittelrechts etwa für die Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch bei der
- - 16 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Substitutionstherapie opioidabhängiger Menschen der Fall sein. Zudem können Ausnah-
- men von gesetzlichen Vorgaben zum Betrieb von Apotheken zugelassen werden.
- Zu Buchstabe b
- Die zuständigen Behörden der Länder können ermächtigt werden im Einzelfall Ausnahmen
- von den unter Buchstabe a) genannten spezialgesetzlichen Vorschriften zu gestatten. Hier-
- durch soll den Landesbehörden ermöglicht werden, flexibel auf die jeweilige Situation vor
- Ort reagieren zu können.
- Zu Buchstabe c
- Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Sicherstellung der Versorgung mit den
- genannten Produkten Maßnahmen zum Bezug, zur Beschaffung, Bevorratung, Verteilung
- und Abgabe durch den Bund anordnen.
- Zu Buchstabe d
- Als Maßnahme zur Sicherstellung der Versorgung können auch Sicherstellungen und Be-
- schlagnahmen der Produkte angeordnet werden. In diesem Fall sind erforderliche Rege-
- lungen zur Entschädigung zu treffen.
- Zu Buchstabe e
- Die Ermächtigung zum Erlass des Verpflichtungsverbots verhindert die vorrangige Bedie-
- nung schuldrechtlicher Verpflichtungen hinsichtlich der Produkte und ermöglich somit die
- Zurverfügungstellung der Produkte für die Sicherstellung der Versorgung im Krisenfall. In
- diesem Fall sind erforderliche Regelungen zur Entschädigung zu treffen.
- Zu Buchstabe f
- Die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung ist von hoher Bedeutung für die medizinische
- Versorgung der Bevölkerung. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, Ab-
- weichungen von den bestehenden Vorschriften zur Abgabe, Preisbildung, Erstattung von
- Arzneimitteln und der Vergütung bei deren Abgabe anzuordnen. Diese Anordnungsbefug-
- nis kann sich beispielsweise auf die Außerkraftsetzung sozialrechtlicher Vorgaben zur Aus-
- tauschbarkeit von Arzneimitteln, die Geltung von Rabattverträgen oder auch auf die in der
- Arzneimittelpreisverordnung festgelegten Zuschläge beziehen.
- In Bezug auf Hilfsmittel kann sich die Anordnungsbefugnis auf die Abweichung von sozial-
- rechtlichen Vorgaben nach den §§ 126, 127 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch beziehen, bei-
- spielsweise auf die zeitliche Aussetzung der Vorgaben für die Versorgungsberechtigung
- der Leistungserbringer, wie die Vorlage eines gültigen von einer Präqualifizierungsstelle
- ausgestellten Zertifikats oder das Vorhandensein eines Versorgungsvertrags mit der Kran-
- kenkasse des jeweiligen Versicherten.
- Zu Buchstabe g
- Die Anordnungsbefugnis des Bundesministeriums für Gesundheit bezieht sich auch auf An-
- ordnungen zum Betrieb von Produktionsstätten oder einzelnen Betriebsstätten. Zur Sicher-
- stellung der Versorgung mit den Produkten können bestimmte Anordnungen getroffen wer-
- den, die insbesondere die Produktion des jeweils erforderlichen Produktes sicherstellen. In
- diesem Fall sind erforderliche Regelungen zur Entschädigung zu treffen.
- Zu Buchstabe h
- Um im Krisenfall eine Versorgung mit den Produkten sicherzustellen kann auch die Wirkung
- eines Patentes nach § 13 PatG eingeschränkt werden, um beispielsweise lebenswichtige
- - 17 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Wirkstoffe oder Arzneimittel herstellen zu können. Die Anordnung erfolgt abweichend von
- §13 Absatz 1 Satz 1 PatG durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesund-
- heit. In der Rechtsverordnung kann das Bundesministerium für Gesundheit auch ermächtigt
- werden, die Anordnung im Wege eines Verwaltungsakt oder einer Allgemeinverfügung zu
- treffen.
- Zu Buchstabe i
- Zudem kann es erforderlich sein, dass in einem Krisenfall neben den für den Vollzug zu-
- ständigen Landesbehörden, Stellen des Bundes Befugnisse zum Vollzug übertragen be-
- kommen. Dies kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn zur Durchführung der
- Rechtsverordnung durch die zuständigen Stellen des Bundes im konkreten Einzelfall er-
- gänzende Regelungen im Wege von Verwaltungsakten getroffen werden müssen (z.B. Ge-
- nehmigungen, Auflagen o.ä.).
- Zu Nummer 5
- Zu den ambulanten Praxen gehören in erster Linie die Praxen niedergelassener Ärztinnen
- und Ärzte. Von der Regelung erfasst werden aber u.a. auch medizinische Versorgungszen-
- tren nach § 95 Absatz 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch.
- Zu Buchstabe a
- Medizinstudierende können wie Ärztinnen und Ärzte und Angehörige von Gesundheitsfach-
- berufen abhängig von ihrem Ausbildungsstand einen wichtigen Beitrag zur gesundheitli-
- chen Versorgung leisten und sollen daher ebenfalls im Fall einer epidemischen Lage von
- übergeordneter Bedeutung als Maßnahme zur Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Ver-
- sorgung in ambulanten Praxen, Krankenhäusern und Vorsorge- und Rehabilitationseinrich-
- tungen verpflichtend herangezogen werden können.
- Zu Buchstabe b
- Die Erfahrungen mit der Bewältigung der Ansteckungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-
- 2 haben gezeigt, dass es für eine effektive Bekämpfung einer ansteckenden Krankheit von
- besonderer Bedeutung ist, dass ausreichend Versorgungskapazitäten zur Versorgung der
- infizierten Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. Daher sollen insbesondere die
- Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen künftig verpflichtet werden können, der-
- artige Kapazitäten vorzuhalten. Soweit hierdurch Erlösausfälle entstehen, können durch
- Rechtsverordnung Regelungen vorgesehen werden, um diese auszugleichen. Außerdem
- ist es unerlässlich, kurzfristig einen Überblick über bestehende Kapazitäten zur Bekämp-
- fung einer ansteckenden Krankheit zu erlangen, da es andernfalls nicht möglich ist, Ent-
- scheidungen über eine gezielte Verstärkung von Versorgungskapazitäten in besonders be-
- troffenen Regionen zu erhalten. Aus diesem Grund kann künftig auch eine Meldepflicht in
- Bezug auf bestehende Versorgungskapazitäten und deren Auslastung vorgesehen werden.
- Zu Buchstabe c
- Das Leistungsgeschehen in der gesetzlichen Krankenversicherung wird wesentlich durch
- die Selbstverwaltung der Krankenkassen und der Leistungserbringer sowie insbesondere
- durch den Gemeinsamen Bundesausschuss als Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung
- konkretisiert. Bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite kann es erforderlich
- sein, kurzfristig von Entscheidungen der Selbstverwaltung abzuweichen.
- Zu Buchstabe d
- Buchstabe d) ermöglicht dem Bundesministerium für Gesundheit Änderungen der Appro-
- bationsordnung für Ärzte (ÄApprO). Ziel der Änderungen soll sein, dass Medizinstudierende
- im Rahmen ihres Studiums stärker als bisher auch in der Versorgung eingesetzt werden
- - 18 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- können. Zudem soll ihnen ihr Einsatz so weit wie möglich als Studienleistung angerechnet
- werden, damit daraus keine Nachteile für den Studienfortschritt entstehen. Das kann sich
- z.B. auf die Einsatzmöglichkeiten im Praktischen Jahr (PJ) nach § 3 ÄApprO beziehen, die
- zeitlich oder inhaltlich anders als bisher aufgeteilt werden könnten. Auch gilt es, die Voraus-
- setzungen für den Beginn der Ausbildung im PJ vorübergehend zu flexibilisieren. So wird
- der Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung aufgrund der epidemischen Lage nach derzei-
- tigen Erkenntnissen voraussichtlich nicht planmäßig durchgeführt werden können. Daher
- sollen die Studierenden, die zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung zugelassen sind,
- zuerst das PJ durchlaufen, dessen Beginn auf Anfang April 2020 vorgezogen werden soll.
- Der Zweite und Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung würde dann im Anschluss abgelegt
- werden. Weiterhin sollen Erleichterungen im Ablauf des Dritten Abschnitts der Ärztlichen
- Prüfung vorgesehen werden, um zu gewährleisten, dass die aktuellen Studierenden ihr Me-
- dizinstudium planmäßig abschließen können. Die Maßnahmen insgesamt werden so aus-
- gelegt, dass sie einerseits sicherstellen, dass Studierende sofort einen Beitrag zur Versor-
- gung leisten können und ihnen gleichzeitig keine Nachteile im Studienverlauf entstehen.
- Insgesamt soll ein Rahmen für Fakultäten und Länder geschaffen werden, um das Medi-
- zinstudium an die erforderlichen Maßnahmen für den Krisenfall anzupassen. Dies korres-
- pondiert auch mit den Empfehlungen des Medizinischen Fakultätentages (MFT), der sich
- an Fakultäten und Länder bereits gewandt hat, um entsprechende Maßnahmen zu treffen.
- Zu Nummer 6
- Die Regelungen in Nummer 6 ermöglichen es dem Bundesministerium für Gesundheit, ziel-
- gerichtete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung in ambulanten
- und stationären Pflegeeinrichtungen zu treffen. Dabei kann sowohl von geltenden gesetzli-
- chen Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) als auch von Vereinba-
- rungen der Selbstverwaltung in der Pflege abgewichen werden. Im Einzelnen werden fol-
- gende Bestimmungen getroffen:
- Zu Buchstabe a
- Durch die Regelung in Buchstabe a) können Pflege- und Betreuungseinrichtungen ange-
- wiesen werden, bestimmte Kapazitäten vorzuhalten. Damit soll etwa in einer Situation, in
- der eine oder mehrere Einrichtungen geschlossen werden müssen, die Versorgung der
- Pflegebedürftigen in anderen Einrichtungen sichergestellt werden können. Die Kapazitäten
- und deren Auslastung sind an eine festzulegende Stelle zu melden.
- Zu Buchstabe b
- Buchstabe b) konkretisiert die generelle Abweichungsmöglichkeit dahingehend, dass die
- Aussetzung oder Änderung von gesetzlichen oder vertraglichen Anforderungen an Pflege-
- einrichtungen möglich ist.
- Zu Buchstabe c
- Mit Buchstabe c) wird die Möglichkeit eröffnet, sämtliche untergesetzliche Festlegungen
- einschließlich von Vereinbarungen und Beschlüssen der Pflegeselbstverwaltung auf Bun-
- des- und Landesebene befristet anzupassen, zu ergänzen oder auszusetzen.
- Zu Buchstabe d
- Pflegeinrichtungen, Pflegekassen und Medizinischen Dienste erfüllen regelhaft und not-
- wendigerweise eine Vielzahl von Aufgaben, die über die unmittelbare Pflege und Betreuung
- von Pflegebedürftigen hinausgehen (z.B. in den Bereichen der Dokumentation, der Bera-
- tung und Beratungsbesuche, der zusätzlichen Betreuung, des Qualitätsmanagements, der
- Vorbereitung und Durchführung von Qualitätsprüfungen, der häuslichen Begutachtung
- usw.). Es kann zur Sicherstellung der Versorgung erforderlich werden, solche Aufgaben
- grundsätzlich auszusetzen oder einzuschränken; dies wird durch Buchstabe d) geregelt.
- - 19 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Zu Buchstabe e
- In kritischen Versorgungssituationen aufgrund einer pandemischen Entwicklung, etwa
- wenn in einer Einrichtung eine besonders hohe Infektionsrate herrscht, wird es darauf an-
- kommen, alle verfügbaren personellen Kräfte zu bündeln und nicht nur die pflegerische
- Versorgung sicher zu stellen, sondern aktiv bei der Bekämpfung und Bewältigung übertrag-
- barer Krankheiten mitzuwirken. Diese Problematik wird in Buchstabe e) adressiert.
- Zu Buchstabe f
- In Buchstabe f) wird darüber hinaus gehend die Möglichkeit geschaffen, Regelungen zu
- treffen die zur personellen Sicherstellung der pflegerischen Versorgung erforderlich sein
- können, um etwa Pflegefachkräfte und andere in der Pflege tätige Personen zu entlasten
- oder Aufgaben temporär unter Einbeziehung aller geeigneten medizinisch, pflegerisch oder
- therapeutisch geschulten Kräfte umzuverteilen. Dies kann auch die Ermöglichung der Über-
- nahme grundpflegerischer Aufgaben im Bedarfsfall auch durch zusätzliche Betreuungs-
- kräfte nach § 43b SGB XI sowie die Prüfung der Übernahme bestimmter behandlungspfle-
- gerischer Maßnahmen auch durch Pflegeassistenzkräfte einschließen. Schließlich ist auch
- die Verpflichtung von geeigneten Organisationen und Einrichtungen zur Abstellung solcher
- Kräfte zu ermöglichen. Insoweit eine solche Maßnahme enteignende Wirkung hat, können
- die davon Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
- Zu Absatz 4
- Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Absatz 3 haben entgegen
- § 80 Absatz 1 Satz 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Die Dynamik einer epidemi-
- schen Lage von nationaler Tragweite macht es gegebenenfalls erforderlich, dass staatliche
- Maßnahmen sofort vollzogen werden. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von
- Rechtsbehelfen gegen zu erlassende Maßnahmen ist daher geboten.
- Da es sich bei allen Maßnahmen nach Absatz 3 um Maßnahmen zur Bekämpfung einer
- temporären Lage nationaler Tragweite handelt, ist die zeitliche Begrenzung der nach Ab-
- satz 3 erlassenen Verordnungen auf spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten vorgesehen.
- Soweit die bestehende Lage es erfordert, kann eine nach Absatz 3 erlassene Verordnung
- in ihrer Geltungsdauer verlängert werden. Eine zeitliche Verlängerung der Geltung ist in
- diesem Fall jedoch nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich.
- Zu Absatz 5
- Absatz 5 trägt dem Zitiergebot nach Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz Rechnung.
- Das Zitiergebot sieht vor, dass soweit ein Grundrecht durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes
- eingeschränkt werden kann, auch das jeweilige Grundrecht im Gesetz unter Angabe des
- Artikels genannt werden muss. Mit dem vorliegenden Gesetz sind Maßnahmen möglich,
- die Einschränkungen in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2
- Satz 1 Grundgesetz) ermöglichen (Absatz 3 Nummer 1).
- Zu Absatz 6
- Das Gesetz sieht die Ermächtigung der Bundesregierung vor, im Fall einer epidemischen
- Lage von nationaler Tragweite zur Ausführung dieses Gesetzes sowie des Arzneimittel-,
- des Apothekengesetzes und der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen
- und der medizinprodukterechtlichen Vorschriften in Ausnahmefällen gegenüber den Län-
- dern Einzelweisungen erteilen, wenn dies zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit in der
- Bundesrepublik Deutschland dringend geboten ist (Art. 84 Absatz 5 GG). Gerade in Fällen
- einer Krisenlage von nationaler Tragweite über die Grenzen der Bundesländer hinweg,
- kann es geboten sein, dass eine zentrale Stelle in der Lage ist, bundeseinheitliche Rege-
- lungen zu treffen, um die bestehenden Gefahren für Leib und Leben der Bevölkerung ef-
- - 20 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- fektiv abzuwehren. Die der Bundesregierung eingeräumte Möglichkeit, den Ländern in Aus-
- nahmefällen Einzelweisungen zu erteilen, trägt effektiv zu eben diesem Instrument einer
- einheitlichen Bewältigung der Lage bei.
- Zu Absatz 7
- Sofern es die Lage erforderlich macht, kann das Bundesministerium für Gesundheit unter
- Heranziehung der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts Empfehlungen für Maßnahmen
- der von den zuständigen Behörden zu treffenden Schutzmaßnahmen abgeben. Insbeson-
- dere das aktuelle Ausbruchsgeschehen der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-
- 2 verursachten Krankheit COVID-19 zeigt, dass eine enge Begleitung der durch die zustän-
- digen Landesbehörden zu ergreifenden Maßnahmen für die Bewältigung einer epidemi-
- schen Lage von nationaler Tragweite maßgeblich ist, um die Bevölkerung wirksam zu
- schützen. Der Bundesregierung wird durch diese Regelung die Befugnis eingeräumt, ein
- koordiniertes Vorgehen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einzuleiten und zu be-
- gleiten.
- Zu Absatz 8
- Absatz 8 verdeutlicht noch einmal die besondere Rolle des Robert Koch-Instituts im Falle
- einer epidemischen Lage von nationaler Bedeutung. Dem Institut kann vorliegend die Auf-
- gabe übertragen werden, die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und zwischen den
- Ländern und dem Bund sowie weiteren beteiligten Behörden und Stellen zu koordinieren
- und Informationen auszutauschen. Eine zentral koordinierende Stelle, die vor allem die na-
- turwissenschaftlichen Aspekte der Lage in besonderem Maße beleuchten kann, ist in den
- mit diesem Gesetz zu regelnden Lagen von außerordentlicher Bedeutung. Dem Robert
- Koch-Institut an der Schnittstelle zu Wissenschaft und Verwaltung können insofern wichtige
- Aufgaben für die Bewältigung der Lage übertragen werden. Durch den Erlass von allgemei-
- nen Verwaltungsvorschrift mit Zustimmung des Bundesrates kann die Bundesregierung Nä-
- heres bestimmen.
- Zu Absatz 9
- Mit der Vorschrift wird für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite dem
- benannten Personenkreis vorübergehend und im Rahmen der von ihnen in der Berufsaus-
- bildung erlangten Kompetenzen die Befugnis zur Ausübung von heilkundlichen Tätigkeiten
- übertragen. Damit sollen Ärztinnen und Ärzte insbesondere von Behandlungen entlastet
- werden, deren Art und Schwere eine ärztliche Behandlung im Ausnahmefall einer epidemi-
- schen Lage von nationaler Tragweite nicht zwingend erfordert, die aber eine ärztliche Be-
- teiligung erforderlich machen, weil sie der Heilkunde zuzurechnen sind.
- Satz 1 benennt abschließend den Personenkreis, der von der Regelung umfasst ist. Die
- Personen müssen eine Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach den jeweiligen
- Berufsgesetzen haben.
- Voraussetzung für die vorübergehende Ausübung der jeweiligen heilkundlichen Tätigkeit
- ist die persönliche Kompetenz der jeweiligen Person, die sich sowohl aus der Ausbildung
- wie den persönlichen Fähigkeiten ergibt. Persönliche Fähigkeiten können sich beispiels-
- weise aus Berufserfahrung oder aus Fort- und Weiterbildungen ergeben.
- Die Tätigkeit findet ihre Grenze insbesondere im Patientenwohl, das gewährleistet bleiben
- muss. Der Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten ist im Einzelfall zu berück-
- sichtigen.
- Die Vorschrift ist eine Ausnahmeregelung für den Fall einer epidemischen Lage von natio-
- naler Tragweite. Vorrangig ist eine ärztliche Veranlassung heilkundlicher Maßnahmen, also
- die ärztliche Delegation. Dabei sind auch die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten
- (z.B. Telemedizin) oder vorhandene Behandlungsstandards (SOP – Standard Operating
- - 21 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- Procedures) umfangreich zu nutzen, um eine flexible und pragmatische Handhabung der
- ärztlichen Delegation zu ermöglichen.
- Die vorgesehene Dokumentation und die Information des verantwortlichen oder des behan-
- delnden Arztes dienen der Sicherstellung des Patientenwohls. Die Information des Arztes
- dient zugleich der fachlichen Absicherung der vorgenommenen Maßnahme und als Grund-
- lage weiterer ärztlicher Behandlungsentscheidungen.
- Die Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Gesundheit in Satz 5 zur Er-
- weiterung des genannten Personenkreises ermöglicht unter den Voraussetzungen des Ab-
- satzes 9 eine flexible und kurzfristige Anpassung der Regelung an die jeweilige Lage.
- Die Befugnisse nach diesem Absatz enden mit der Erklärung der Bundesregierung nach
- Absatz 2 Satz 1.
- Zu Absatz 10
- Internationale Erfahrungen etwa im Rahmen der Südkoreanischen Maßnahmen zur Ein-
- dämmung von Covid-19 zeigen, dass die Nachverfolgung von Standortdaten einen Beitrag
- zur Bestimmung von Kontaktpersonen leisten kann. Dementsprechend wird den zuständi-
- gen Gesundheitsbehörden für den Fall der Feststellung einer epidemischen Lage von nati-
- onaler Tragweite die Befugnis eingeräumt, Kontaktpersonen von erkrankten Personen an-
- hand der Auswertung von Standortdaten des Mobilfunkgerätes zu ermitteln, dadurch die
- Bewegung von Personen zu verfolgen und im Verdachtsfall zu kontaktieren. Zugleich dür-
- fen die zuständigen Behörden Verkehrsdaten zur Bestimmung des Aufenthaltsortes einer
- Person nutzen. Die Auswertung der Daten kann dabei genutzt werden, um betroffene Per-
- sonen sowie Kontaktpersonen gezielt zu lokalisieren und informieren zu können. Je nach
- eingesetztem technischem Verfahren kann dabei eine Rekonstruktion von Infektionsketten
- anhand der Bestimmung potenzieller Kontaktpersonen oder die Identifizierung der von der
- erkrankten Person namentlich benannter Kontaktpersonen erfolgen.
- Die Dienstanbieter sind verpflichtet, den Gesundheitsbehörden die hierzu erforderlichen
- Daten zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck ist es ausreichend, dass die Dienstan-
- bieter die Telekommunikationsverkehrsdaten, die spezifischen Kennungen sowie Daten zur
- Verfügung stellen, die eine Kontaktaufnahme zu betroffenen Personen ermöglicht. Diese
- Pflicht bezieht sich daher nicht auf Herausgabe weiterer personenbezogener Daten. Von
- der Befugnis werden keine Inhaltsdaten und keine Kommunikationsinhalte erfasst. Nach
- allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind die Daten zu löschen. Die Lö-
- schung ist zu dokumentieren. Die Regelung stellt eine Befugnis zur Datenverarbeitung nach
- Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d und 2 sowie Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe i der Verordnung
- (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum
- Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien
- Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG dar.
- Durch die Ermittlung von Standortdaten werden die betroffenen Personen nicht in dem nach
- Artikel 10 Absatz 1 3. Variante des Grundgesetzes geschützten Fernmeldegeheimnis ver-
- letzt. Der Austausch von Standortdaten birgt keine geschützten individuellen Gesprächsin-
- halte in sich (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. August
- 2006 – 2 BvR 1345/03, Rn. 50ff. insb. Rn. 52). Die von der Regelung potenziell erfassten
- Personen können jedoch in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als
- Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nach Artikel 2 Absatz 1 i.V.m. Artikel 1
- Absatz 1 des Grundgesetzbetroffen sein. Ein entsprechender Eingriff ist im Hinblick auf eine
- im Vergleich zu Bestimmungen des Strafprozess- oder des allgemeinen Gefahrenabwehr-
- rechtes enge Bestimmung der Eingriffsvoraussetzungen, den Zweck des Schutzes der Ge-
- sundheit im Sinne des Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes sowie die bereits aus allge-
- meinen datenschutzrechtlichen Anforderungen folgenden Pflichten zur Löschung der Daten
- - 22 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- und die ergänzende Dokumentationspflichten gerechtfertigt. Soweit im Rahmen der Durch-
- führung von Maßnahmen nach dieser Vorschrift auch mitbetroffene Dritte erfasst werden,
- geht das Bundesverfassungsgericht von einer zu rechtfertigenden geringen Eingriffstiefe
- aus, wenn durch Maßnahmen wie etwa eine unverzügliche Löschung von Daten gewähr-
- leistet wird, dass Grundrechte dieses Personenkreises nicht über das unbedingt notwen-
- dige Maß hinaus beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG, BVerfG, Beschluss der 1. Kammer
- des Zweiten Senats vom 22. August 2006 – 2 BvR 1345/03, Rn. 76f.).
- Die zuständige Behörde hat daher im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung im Wege der
- Verhältnismäßigkeitsprüfung strenge Maßstäbe an die Erforderlichkeit der Maßnahme an-
- zulegen und ihre Ermessensentscheidung dementsprechend auszuüben und zu dokumen-
- tieren. Bei der betroffenen Person soll die zuständige Behörde zunächst versuchen, eine
- Einwilligung der Person einzuholen. Zur Gewährleistung des Rechts auf informationelle
- Selbstbestimmung und vor dem Hintergrund des Schutzes des allgemeinen Persönlich-
- keitsrechtes sind die hierzu von den zu-ständigen Behörden erhobenen Daten unverzüglich
- nach Beendigung der Maßnahme nach dieser Vorschrift zu löschen. Die Löschung ist zu
- dokumentieren.
- Im Rahmen der bestehenden Befugnisse unterstützt das Robert-Koch-Institut die zuständi-
- gen Behörden etwa durch Bereitstellung der erforderlichen technischen Mittel.
- Zu Nummer 5
- Die Anordnungen nach § 5 Absatz 3 sowie auf Grundlage der nach dieser Vorschrift erlas-
- senen Rechtsverordnungen werden bußgeldbewehrt.
- Zu Nummer 6
- Mit dieser Anpassung des Straftatbestandes wird ein Übertragungsfehler bei Entstehung
- des Infektionsschutzgesetzes korrigiert, da im Gegensatz zum bisherigen § 34 Absatz 1
- Satz 2 des Bundesseuchengesetzes § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG in seinem zweiten Halbsatz
- auch Maßnahmen vorsieht, die sich an Einzelpersonen richten. Auch Zuwiderhandlungen
- gegen Anordnungen nach § 30 waren nach Bundesseuchengesetz nur bußgeldbewehrt (§
- 69 Nummer 4 Bundesseuchengesetz).
- Zu Artikel 2 (Änderung des IGV-Durchführungsgesetzes)
- Die Kontaktpersonenermittlung ist für die Nachverfolgung und Eingrenzung insbesondere
- von epidemischen Lagen von nationaler Bedeutung von herausragender Wichtigkeit. Ab-
- satz 5a soll dazu beitragen, dass dem zuständigen Gesundheitsamt die zur Erfüllung seiner
- diesbezüglichen Aufgaben erforderlichen Daten vollständig und zeitgerecht vorliegen. In
- erster Linie hat sich das zuständige Gesundheitsamt an das jeweilige Luftfahrtunternehmen
- zu wenden, um sich von diesem Daten zur Erreichbarkeit von verdächtigen oder betroffe-
- nen Reisenden oder zu ihren möglichen Kontaktpersonen übermitteln zu lassen. Ist dieser
- vorrangige Zugriff auf das Luftfahrtunternehmen nicht erfolgreich, soll die Kontaktperso-
- nenermittlung nicht bereits daran scheitern. Vielmehr soll dem zuständigen Gesundheits-
- amt durch Absatz 5a die Nutzung bereits anderweitig vorhandener Daten von Fluggästen
- ermöglicht werden. Das zuständige Gesundheitsamt kann dafür mit einem Übermittlungs-
- ersuchen an die in § 1 des Fluggastdatengesetzes genannten Stellen herantreten. Liegen
- diesen Stellen Daten zur Erreichbarkeit der Reisenden oder ihrer Kontaktpersonen vor, ha-
- ben Sie den Gesundheitsämtern entsprechende Daten zur Verfügung zu stellen. Das Flug-
- gastdaten-Information enthält Daten, die Luftfahrtunternehmen im Rahmen ihrer Geschäfts-
- tätigkeit erhoben haben. Ob dabei auch Daten zur Erreichbarkeit enthalten sind, muss im
- Einzelfall geprüft werden. Die Datenübermittlung soll auf die Daten zur Erreichbarkeit von
- verdächtigen oder betroffenen Reisenden und zu ihren möglichen Kontaktpersonen be-
- schränkt sein und sich daher nicht auf weitere Daten zu diesen Personen, die im Fluggast-
- - 23 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- daten-Informationssystem gespeichert sind, beziehen. Die entsprechende technische Um-
- setzung der Auskunft wird sukzessive im Rahmen des derzeit im Aufbau befindlichen Flug-
- gastdatensystems erfolgen.
- Zu Artikel 3 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)
- Zu Nummer 1
- Zur Beschleunigung und Vereinfachung multizentrischer, länderübergreifender Vorhaben
- der Versorgungs- und Gesundheitsforschung sieht § 287a SGB V die verfahrensrechtliche
- Koordinierung der Zuständigkeiten verschiedener datenschutzrechtlicher Landesbehörden
- vor. Die Vorschrift soll eine koordinierte und einheitliche Anwendung der datenschutzrecht-
- lichen Vorschriften ermöglichen und so Verzögerungen und Aufwände bei der Konzeption
- und Durchführung länderübergreifender Forschungsvorhaben nicht zuletzt im Kontext der
- Forschung zu Covid-19 ermöglichen. Eine bundeseinheitliche Regelung nach Artikel 84 Ab-
- satz 1 Satz 5 und 6 des Grundgesetzes ist erforderlich und unerlässlich, da ein Abweichen
- von der bundeseinheitlichen Regelung nach Artikel 84 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes
- eine Fragmentierung der Verfahrensanforderungen zur Folge hat, den Zugang zu for-
- schungsrelevanten Daten erschwert, Forschungsvorhaben verzögert und die Verbesserung
- der Gesundheitsversorgung in einem unverhältnismäßigen Umfang aufhält. Bereits die Re-
- gelungen nach Artikel 56, 60 der Verordnung (EU) 2016/679 indizieren, dass bei grenz-
- überschreitender Forschung Bedarf nach einer verbindlichen Regelung der Zuständigkeit
- aus einer Hand besteht. Mit der Regelung wird der in der Verordnung (EU) 2016/679 vor-
- gesehene One-Stop-Shop zur Zuständigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörden auf die län-
- derübergreifende Versorgungs- und Gesundheitsforschung angewandt.
- Zu Nummer 2
- In der Versorgungs- und Gesundheitsforschung sind bundeslandübergreifende For-
- schungsvorhaben erforderlich und von großer Bedeutung für die Gesundheitsversorgung.
- Insbesondere bei Forschung mit Patientendaten außerhalb der Arzneimittel- und Medizin-
- produkteprüfung ergeben sich dabei Kollisionen der jeweils einschlägigen Landesdaten-
- schutzgesetze, Landeskrankenhausgesetze und anderer landesspezifischer Normen. Auch
- die Krankenhäuser in Trägerschaft der öffentlichen Stellen eines Bundeslandes stehen aber
- bei dieser Versorgungsforschung im Wettbewerb mit Krankenhäusern in Trägerschaft der
- nicht-öffentlichen Stellen und der Krankenhäuser in Trägerschaft des Bundes. Es handelt
- sich insoweit um eine Wettbewerbssituation, wie sie auch in den Landesdatenschutzgeset-
- zen erkannt wird und dort jeweils klarstellend formuliert ist, dass in einer solchen Wettbe-
- werbssituation das Bundesdatenschutzrecht zur Anwendung kommt. Ein gleiches muss für
- die Forschung gelten und darf nicht durch die Landeskrankenhausgesetzgebung konterka-
- riert werden. Der Bund hat aus den Kompetenztiteln für das Recht der Wirtschaft, der För-
- derung der Wissenschaft und der Finanzierung der Krankenhäuser die Gesetzgebungs-
- kompetenz für eine Zuweisung derartiger landesübergreifender Forschungsvorhaben in
- das Datenschutzrecht des Bundes. Die Regelung bewegt sich innerhalb der Grenzen der
- Öffnungsklausel der Artikel 9 Absatz 2 lit. i) und j) der Verordnung (EU) 2016/679.
- Bei länderübergreifenden Forschungsvorhaben sind für die beteiligten verantwortlichen
- Stellen regelmäßig unterschiedliche Landesaufsichtsbehörden für den Datenschutz zustän-
- dig. Durch die im vorstehenden Entwurf gestaltete Anwendbarkeit des Bundesdatenschutz-
- gesetzes für länderübergreifenden Forschungsvorhaben allein wird diese Häufung der Zu-
- ständigkeit noch nicht aufgelöst. Es bedarf daher einer Regelung für eine federführende
- Aufsichtsbehörde. Hierzu finden sich Vorbilder in der Datenschutz-Grundverordnung selbst
- (Artikel 56, 60 der Verordnung (EU) 2016/679), wie auch in der für die klinische Prüfung
- von Arzneimitteln entwickelten Konzeption einer Leit-Ethikkommission für den Fall soge-
- nannter Multicenter Studien, bei denen durch die Beteiligung mehrerer Krankenhäuser auch
- mehrere Ethikkommissionen zuständig sind (§ 8 Absatz 5 GCP-Verordnung). Entsprechend
- der Ausgestaltung auf der Ebene der EU wird den Verantwortlichen in der Neuregelung
- - 24 - Bearbeitungsstand: 20.03.2020 23:23 Uhr
- auferlegt, eine hauptverantwortliche Stelle zu benennen, die dann der für sie zuständigen
- Aufsichtsbehörde die Verantwortung für das länderübergreifende Forschungsvorhaben in
- der Versorgungsforschung anzuzeigen hat. Maßgeblich ist der in Artikel 4 Nummer 16 der
- Verordnung (EU) 2016/679 definierte Begriff der „Hauptniederlassung“, auf den § 40 Absatz
- 2 Satz BDSG Bezug nimmt und für einen inländischen Sachverhalt anwendbar macht. Der
- umfassende Bezug auf die Regelungen in Artikeln 56 und 60 der Verordnung (EU)
- 2016/679 ist zur Ausgestaltung des Verfahrens im Übrigen geeignet und erforderlich.
- Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)
- Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Advertisement
Add Comment
Please, Sign In to add comment
Advertisement