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Oct 29th, 2015
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  1. Antwort auf den Offenen Brief der SPD Witten, Bündnis 90/Die Grünen Witten, Piratenpartei NRW, Jusos Witten, Grüne Jugend Witten, Antifabündnis Witten und Trotz Allem – Soziokulturelles Zentrum Witten an die Universität Witten/Herdecke zur Einladung an Dr. Daniele Ganser, Basel, zum Vortrag "Wer kontrolliert die vierte Gewalt?" am 29. Oktober 2015
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  3. Die Universität ist ein Ort der Erkenntnissuche und kein Ort des Dogmas. Sie ist ein Ort der lebendigen Auseinandersetzung auch mit abweichenden Meinungen und der kritischen Diskussion auch ungewöhnlicher Thesen. Genau das heißt Forschung und Lehre. Es gäbe keine wissenschaftlichen Entdeckungen, wenn nicht Wissenschaftler*innen gegen die herrschende Meinung auf ungewöhnliche Phänomene, Erklärungslücken, methodische Fehler und sogenannte Anomalien in Theorien aufmerksam würden und ihrer Neugier auch gegen den Widerstand ihrer Kolleg*innen nachgehen würden. Die meisten dieser abweichenden Meinungen und neugierigen Fragen verlaufen im Sande und werden vergessen. Und nur selten werden Wissenschaftler*innen dabei ermutigt, gegen jede Wahrscheinlichkeit an ihren Eindrücken festzuhalten. Aber ohne Wenn und Aber hält die Wissenschaft und mit ihr die Universität daran fest, dass neue Fragen so wichtig sind wie alte Wahrheiten. Die Universität Witten/Herdecke fühlt sich diesem Ethos verpflichtet. Für die Fortführung der prekären Existenz der Menschen auf unserem Planeten führt die Steigerung von Ungewissheit funktional weiter als die Steigerung von Gewissheit. Ungewissheit öffnet die Augen, Gewissheit macht blind.
  4. Die Einladung an Dr. Daniele Ganser vom Schweizer Institut für Frieden und Energieforschung, Basel, wurde von Studierenden eines Seminars angeregt, in dem es darum ging, der Frage nachzugehen, wie man mit Bildern Wahrheitseffekte erzielen kann. Bekanntermaßen sind Bilder wirksamer als Texte, weil man Texte nicht lesen kann, ohne sich dort ein Nein vorstellen zu können, wo die Texte Ja sagen. Bilder hingegen zeigen erst einmal, was auf ihnen zu sehen ist. Und bevor man anfängt zu zweifeln, hat man bereits gesehen. Schlimmer noch, bevor das Bewusstsein anfängt zu zweifeln oder im Gespräch kritische Auffassungen zum Gesehenen entwickelt werden, hat das Gehirn die Bilder bereits verarbeitet. Ob es den Zweifel und die Kritik mit derselben Intensität verarbeitet, wissen wir nicht.
  5. Herr Dr. Ganser hat sich als Zeithistoriker darauf spezialisiert, den offenen Fragen der Interpretation der Ereignisse vom 11. September 2001 nachzugehen und die besondere Rolle zu untersuchen, die Bildproduzenten, also vor allem die Massenmedien, dabei einnehmen, bestimmte Interpretationen für die Weltöffentlichkeit hieb- und stichfest zu machen. Das ist schon deswegen wichtig, weil die Weltöffentlichkeit nicht als Einheit zu behandeln ist, sondern nach Nord und Süd, Ost und West, Arm und Reich gespaltener Meinung ist. Die Bildproduktion ist Teil von Maßnahmen der Konfliktregulierung ebenso wie der Konfliktzündung. Die Massenmedien, die sogenannte "vierte Gewalt" der Gestaltung eines Gemeinwesens, ist ein wichtiger Teil dieser Konfliktregulierung und Konfliktzündung mit einer großen Verantwortung, die aus ihrem bisherigen Monopol der Bildverbreitung folgt. Dr. Gansers Vortrag fragt danach, wer diese Gewalt kontrolliert. Sind wir es, die Mediennutzer an den Displays unserer Computer? Wie machen wir uns unsere Bilder?
  6. Zur Diskussion dieser Fragen haben wir Herrn Dr. Ganser eingeladen und wir freuen uns auf seinen Vortrag. Und wir freuen uns über Gäste, die an diesem Abend des 29. Oktober 2015 an unserer Diskussion teilnehmen.
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  8. Witten, den 27. Oktober 2015
  9. Prof. Dr. Dirk Baecker, Dekan der Fakultät für Kulturreflexion – Studium fundamentale
  10. Dr. phil. David Hornemann-von Laer, Seminarleiter
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