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Jan 24th, 2020
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  1. Freie Presse, 24.01.2020, S. 2 / Sachsen | Chemnitzer Zeitung
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  3. Revolution-Chemnitz-Aufwiegler: ein Spitzel, den man nicht wollte
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  5. Im Terrorprozess zur rechtsextremen Gruppe " Revolution Chemnitz" musste nun Sachsens
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  7. Geheimdienstpräsident aussagen. Aber alle Karten legt er nicht auf den Tisch.
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  9. Von Jens Eumann
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  11. Dresden - Der Rädelsführer der mutmaßlichen Terrorgruppe " Revolution Chemnitz" , der 32-jährige Christian K., hat sich zwei Jahre vor seinen Plänen für einen rechtsterroristischen Systemumsturz dem sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz als Vertrauensperson angeboten. Das bestätigte am Donnerstag der Präsident des Landesamtes, Gordian Meyer-Plath, als man den sächsischen Geheimdienstchef im Terrorprozess am Oberlandesgericht Dresden als Zeugen vernahm.
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  13. Aus einer Haft heraus, die er wegen einer vorangegangenen Straftat verbüßen musste, habe Christian K. seine Behörde schriftlich kontaktiert, sagte Meyer-Plath. Er bot Informationen zur rechtsextremen Szene an. " Wegen seiner eingeschlagenen kriminellen Karriere kam Christian K. als V-Mann nicht in Frage" , betonte Meyer-Plath. Erst als Verwandte von Christian K. nicht lockerließen, nachfassten und seinen Ausstiegswillen betonten, habe man Christian K. zumindest ein Gespräch gewährt. " Wir sagten: Gut, wir hören ihn an. Relevante Erkenntnisse konnte er aber nicht liefern" , sagte Meyer-Plath im Zeugenstand.
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  15. Die Informationen, die der Mann der Behörde 2016 offerierte, seien den Auswertern allesamt als " veraltete Sachen" erschienen. Christian K. habe zwar Aussagen über einige tatsächliche Szene-Strukturen getroffen, so zum Beispiel über die gewaltbereite Chemnitzer Hooligan-Vereinigung " Hoonara" , kurz für Hooligans, Nazis, Rassisten, oder auch zur Vereinigung Nationale Sozialisten Chemnitz (NSC). Die erste indes war seit Jahren aufgelöst, letztere zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren verboten. Alle von K. genannten Strukturen seien bereits bekannt oder längst hinfällig gewesen. Immerhin: Es gab ein " neues Ausstiegsangebot" für den Informanten, den man als V-Mann nicht wollte. Das betonte Meyer-Plath am Donnerstag vor Gericht.
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  17. Seine Betonung lag auf " neu" , da es bereits in den Jahren 2005 und 2006 Kontakt zwischen Christian K. und dem sächsischen Geheimdienst gegeben hatte. Damals hatte der Rechtsextremist um Hilfe beim Ausstieg aus der Szene nachgesucht. Seine Behörde, die zu diesem Zeitpunkt noch ein eigenes Aussteigerprogramm betreute, habe Christian K. tatsächlich geholfen, sein angestammtes Umfeld zu verlassen und in ein anderes Bundesland überzusiedeln, konkret nach Hessen. Hintergrund dieser Hilfestellung seien Bedrohungsszenarien gewesen, denen sich Christian K. in Sachsen nach einem Ausstieg ausgesetzt gesehen habe. Auch seine Verwandten hätten sich um den damals noch " relativ jungen Mann" gesorgt. So sinnvoll Ausstieg und Umsiedelung nach Hessen seiner Behörde erschienen seien, von Dauer waren sie nicht, so Meyer-Plath. Schon bald habe Christian K. wieder zurückgewollt. Dabei allerdings habe man keine Unterstützung mehr gewährt.
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  19. Über den Ausgang des erneuten Ausstiegsangebots, das Christian K. nach dem Kontakt im Jahr 2016 offeriert worden sei, könne er nichts sagen, beteuerte der Geheimdienstchef. Das neue Aussteigerprogramm liege in Zuständigkeit des Innenministeriums, nicht mehr bei seiner Behörde. Das Landesamt für Verfassungsschutz habe nur einen ersten Kontakt herstellen können. Ab 2017 habe das Landesamt anhand polizeilicher Meldungen aber von der fortdauernden kriminellen Auffälligkeit K.s Kenntnis erlangt. Seine eigene Behörde habe ihn in Verdacht gehabt, hinter einer Facebook-Plattform zu stecken, die unter dem Namen " Revolution Chemnitz ANW" rechtsextreme Inhalte verbreitete. Das Kürzel " ANW" steht für " Alternativer Nationaler Widerstand" . Die Facebook-Gruppe war bereits in der Verfügung des 2014 erlassenen Verbots der Nationalen Sozialisten Chemnitz aufgetaucht, da man Überschneidungen vermutet hatte.
  20.  
  21. Erst am 28. September 2018, also drei Tage vorm Zugriff gegen die Gruppe der jetzigen acht Angeklagten, sei der Verfassungsschutz über die Chatgruppe informiert worden, in der sich die " Revolutionäre" über Pläne für einen gewaltsamen Umsturz mit Anschlägen in der Bundeshauptstadt Berlin austauschten. Zu diesem Zeitpunkt, im Rahmen regelmäßig stattfindender wöchentlicher Abstimmungen mit der Polizei, seien dem Verfassungsschutz die Namen der anderen Beteiligten übermittelt worden. Ob gegen Personen aus dem Kreis der Angeklagten Abhörmaßnahmen erfolgt seien, wollte ein Verteidiger vom Geheimdienstchef wissen. Das zu offenbaren, untersage seine Aussagegenehmigung, mauerte Meyer-Plath.
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