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a guest
Aug 21st, 2019
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  1. Tagebucheintrag von Filmemacher Nathan Grossmann:
  2.  
  3. Schon wieder eine Speicherkarte gefüllt. Habe heute nacht Material über Vater Thunberg gesammelt. Immer wenn ich ihn sehe, überkommt mich ein mulmiges Gefühl, manchmal habe ich Tränen in den Augen. Ich bin mir nicht sicher, ob es eine psychische oder physiologische Reaktion ist. Sein stechender Körpergeruch geht mir nicht aus dem Sinn. Dieser dämonische Geruch weckt in mir unweigerlich Erinnerungen an die schrecklichen Augenzeugenberichte aus Auschwitz, und vor meinen Augen türmen sich Leichenberge auf. Verschwitzte, zugekotete Leiber, die in der eigenen Kotze liegen und tagelang verrotten, während sie von Ratten angenagt werden. Sinnlos dahingemordet von den Nazis. Ist es sein Mund, der sich auf und zu bewegt, während er unseren Dany-Sahne-Vorrat vertilgt und einen abscheulichen Verwesungsgestank absondert, oder ein Verbrennungsofen, in den Kinderleichen geschaufelt werden? Ich bin schon ganz meschugge. Fast hätte er gemerkt, daß ich ihn heimlich filme, als mich eine grenzenlose Wut überkam und „Nie wieder!“ rufen ließ. Muß mich zusammenreißen.
  4.  
  5. Die Infrarot-Kamera funktioniert überraschend gut, man sieht alles. Und wenn ich alles schreibe, meine ich alles. Vater Thunberg sitzt an der Reling, Vater Thunberg greift sich an den Hintern, dann an die Nase. Dann holt er sich erstmal was zu essen und streichelt seiner schlafenden Tochter übers Haar, ohne sich die Hände zu waschen. Das rülpsende Ungetüm faßt sich in die Hose und wichst sich einen, während es We Are The World nachgrunzt. „We are the ones to make a bright … ups“ – Der Wind verteilt das Ejakulat über Vater Thunberg und das Boot. Kurz danach wieder „ups“ – Vater Thunberg scheißt in den Geschirrspüleimer. Wir haben es ihm schon x-mal ausführlich erklärt, Scheißeimer hier, Wascheimer dort drüben, aber in seinem bekifften Kopf bleibt nichts hängen außer einigen Fliegen. Auf dem Film sieht man, wie dieser Kopf plötzlich mitten im Schiß errötet, der Moment, in dem er sein Versehen bemerkt und er unverrichteter Dinge seine Hose hochzieht. Verzweifelt versucht er, alles wieder reinzuwaschen, verbraucht dabei unsere knappen Trinkwasservorräte, um sein Mißgeschick zu verbergen. Boris meinte gestern, die Aufbereitungsanlage macht’s nicht mehr lange, wenn wir sie wie bisher überanspruchen. Wir sollten schon mal unseren Urin bevorraten, wie er selbst, um im Fall der Fälle nicht verdursten zu müssen, und das Waschen sollten wir möglichst einschränken – Wie es aussieht, wird sich Thunberg nicht mehr waschen und wir werden auf Boris’ Urin angewiesen sein. Heute morgen tat Thunberg so, als wüßte er von nichts und sagte achselzuckend, der Wassertank müsse ein Loch haben. Er hätte keine Ahnung, wie der Eimer so schmutzig werden konnte.
  6.  
  7. Die Spannungen an Bord werden immer größer. Es ist so gut wie sicher, daß es auf dieser Reise Tote geben wird, und ich habe alles auf Film. Dieses explosive Videomaterial ist wertvoller als Gold. Unsere Organisation hat damit eine ganze Jugendbewegung in der Hand und kann unsere geheimen Weltherrschaftspläne verwirklichen. Aber der Gestank macht mir zu schaffen, zermürbt mich. Ich weiß nicht, wie lange ich das mental aushalte. Manchmal wünschte ich, ich könnte einfach friedlich am Grund des Meeres liegen.
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