Ökonomische Folgen eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage http://leistungsschutzrecht.info/news/2012-06-22/veranstaltung-am-26-juni-oekonomische-folgen-eines-leistungsschutzrechts-fuer-presseverlage #----------------------------- # Till Kreutzer #----------------------------- # Person - IGEL gegründet - Anwalt - deutsche (UNESCO)?-Komission # IGEL - 2009: Till juristische Analyse geschrieben - Schluss: nicht benötigt, nicht gerechtfertigt - unabhängig von Ausgestaltung: massive Kollateralschäden - Presse-, Informations-, Meinungs-, wirtschaftliche Freiheit - Initiative gegründet - politische Vorgehensweise inakzeptabel (Folgenabschätzung in Koalitionsvertrag) - extremes mediales Ungleichgewicht: Printmedien berichteten nicht - Unterstützer gesucht: 30 gewonnen. heute 70! (jeden Tag mehr) - darunter Unternehmen, Verbände, Stiftungen, Kanzleien, Blogs - Bsp: Google, boell.de, Freischreiber, derFreitag, d64, DigiGes, OKFN, CCC, Wikimedia, Kanzleien, alle führenden Blogs.. - Fundraising betrieben # Prof. Haucap Heinrich-Heine Uni Düsseldorf Vorsitzender Monopol-Kommission der Bundesregierung schon kritisch geäußert wird demnächst Gutachten vorstellen #----------------------------- # Prof. Justus Haucap #----------------------------- Ökonom daher ökonomische Folgen # Struktur - medienökonomische Rezeption von Pressemärkten - Funktion von geistigem Eigentum (aus öko Perspektive) - dann speziell LSR - Fazit # Struktur und Wandel von Pressemärkten - Wandel - seit 10 Jahren rückläufige Anzeigen und Auflagen - Mediennutzungsverhalten ändert sich - Verkauf gebündelter Inhalte wird schwieriger - viel einfacher einzelne Elemente zusammen stellen, aus verschiedenen Quellen - Fussball-Info kicker.de, Wirtschaft Handelsblatt, Politik SpOn/FAZ/Tagesschau, Musik Amazon, - Verbraucher nimmt größten Teil der Komposition selbst vor - wegen Internet - früher Tageszeitung (Düsseldorf: Rheinische Post) - heute Wettbewerbssituation stark verändert - Mehrwert der Bündelung heute geringer - Verkauf von gebündelten Inhalten wird schwieriger - Kompositionsleistung in viel stärkerem Wettbewerb als früher - Öko: je ähnlicher und weniger differenziert, desto intensiver der Wettbewerb - ein weiterer Nutzer verursacht keine Kosten - mit Preis Null konkurrieren ist schwierig - also brauche ich Angebot mit Alleinstellungsmerkmal - Intensivierung des Wettbewerbs - früher Rheinische Post wegen lokalem Inhalt abonniert - heute austauschbarer - Preis für diese Information sinkt ab - für viele kommerzielle Erzeugnisse Geschäft schwieriger - nicht erst seit News-Aggregatoren so, aber verstärkt - zweiseitige Märkte: Anzeigen und Auflage - Spirale: geht eins runter, geht auch das andere runter - schwieriger - insbesondere ohne Alleinstellungsmerkmal - Öffentlich-Rechtliche Machen das Leben auch nicht einfacher - technischer Fortschritt und Entbündelung der Inhalte macht Vermarktung schwieriger - welche Geschäftsmodelle? 1. Ausdifferenzierung und Bezahlmodelle (FAZ-Artikel) - mit Alleinstellungsmerkmal eher möglich 2. so genannte Gratis-Inhalte - Preise nicht nur in Geldeinheiten - Menschen zahlen mit Aufmerksamkeit - Werbemarkt - Leser zahlt kein Geld, aber wird mit Werbung vermarktet Abwegungsproblem: Bezahlmodell (einzigartig) oder "gratis" (Aufmerksamkeit -> Werbung) - individuelle Entscheidung - wenn die Inhalte austauschbar sind, ist das schwer - um Massenaufmerksamkeit konkurrieren das ist medienökonomischer Hintergrund # Funktion geistiger Eigentumsrechte - (ökonomische Perspektive) - Urheberrecht auch ökonomisch eine Balance - wenn geistiger Inhalt erstellt wurde, kostet Weiterverbreitung nichts - ganz simpel: also umsonst anbieten - Konflikt und Trade-Off wie bei Patenten: Innovationsschutz - Vergleich von Sven Regener mit Ladendiebstahl stimmt nicht: Brötchen ist nicht kostenlos, können nicht zwei parallel essen - grenzkostenlos - begrenzt/unbegrenzt - Balance: Innovationsschutz / Abschaffung von Monopolen Verwertungsgesellschaften - Ökonomen nicht viel anders als Juristen, ganz häufig Abwegungen - in vielen Bereichen gibt's Urheberrecht, ist aber schwer durchzusetzen - Beispiel Copy-Shops neben der Uni: werden auch urheberrechtlich geschützte Werke kopiert - realistisch nicht durchsetzbar - entweder: darauf verzichten, oder etwas anderes finden - Verwertungsgesellschaft (Kartell) kann Abhilfe schaffen - ausnahmsweise überwiegen Vorteile den Nachteilen - Ungleichheiten: Lehrbücher vs. Dissertationen: erstere werden kopiert, zweitere nicht so sehr - aber über den Daumen Balance finden # LSR - (in gewisser Weise Erweiterung des Urheberrechts) - kann durchaus sinnvoll sein, wenn es um ... einzelner Leistungen geht - wenn Leistung in Schaffung des Werkes in der Gesamtheit liegt, kann das auch schützenswert sein - in welchem Ausmaß? - von Branche zu Branche unterschiedlich - Film: Gesamtwerk erkennbar, typische Konsumform ist Gesamtwerk - Musik: bei Tonträgern häufig auch, aber schon abgeschwächter - bei Zeitungen im Internet am wenigsten der Fall - heute suchen sich Verbraucher die Einzelteile selbst zusammen, werden selbst Komponisten - in verschiedenen Sektoren unterschiedlich stark ausgeprägt - deswegen auch Sinnhaftigkeit des LSR in verschiedenen Branchen unterschiedlich - heute LSR aus Verbrauchersicht irrelevant - Was ist die schützenswerte Leistung, die nicht mehr erbracht wird, obwohl der Verbraucher sie wünscht? - Verbraucher will (immer mehr) Einzelstücke was wird geschüzt? - soll möglich werden, dass Google (und Suchmaschinen) sich über Aggregatoren an Kosten der Presseerzeugung stärker beteiligen - aus ökonomischer Sicht gar nicht klar, ob das passieren würde - hängt von Pflicht einer Verwertungsgesellschaft ab - in Referentenentwurf keine verpflichtende Verwertungsgesellschaft - so lange Google genug Ausweichmöglichkeiten hat ist unklar, ob sich Preis größer Null etabliert - könnte sogar sein,dass sich Preis kleiner Null durchsetzt - falls Android ankommt: wer will bei uns gelistet werden? könnten Verlage sogar dafür bezahlen - kartellrechtlich schwierig - Marktanteil 90 % - kann auch Inhalte geben, in denen Zahlungsströme in die andere Richtung gehen (für Google unverzichtbare Inhalte) sehr komplizierte Situation im Lebensmitteleinzelhandel - gleiches sehr kompliziertes Modell - manche zahlen Regalgebühr um in den Handel zu kommen - auf andere Produkte kann der Handel nicht verzichten - manche sind unverzichtbar, bei anderen wird das sehr schwer - digitale Regalmieten mit verpflichtender Verwertungsgesellschaft sieht das anders aus - wenn nur noch darüber vermarktet werden könnte - These: könnte für Google zu unattraktiv werden, news.google.de abschalten - wäre die Frage, wie das umfassende Marktkartell dann seinen Preis festsetzt - Kartellpreise: keiner könnte anderen unterbieten, Zwangsverwertungsgesellschaft - muss für Verbraucher teurer werden - würde Wettbewerb erheblich blockieren - überzeugende ökonomische Begründung für eine solche Verwertungsgesellschaft nicht erkennbar Ausschüttung unklar - naiv: Modell Fussball-Übertragungsrechte inklusive Turbine Potsdam - systematische Umverteilung zu Gunsten der Schwachen: unwahrscheinlich - nach Reichweite - befördert Zentralisation-Tendenzen: große bekommen mehr, kleine weniger - weniger Qualitätsjournalismus, mehr Massengeschmack - der TV-Markt zeigt das: Duplikation von Inhalten kann ökonomisch sinnvoller sein als Ausdifferenzierung schwer, anhand des Entwurfes festzustellen, was gewerbliche Nutzung ist - Bürokratiekosten (Prüfung) - keine Klarheit Notwendigkeit, tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln wird geschwächt Rechtsverletzungen im Internet ist leichter zu entdecken als in der Bibliothek - Getty Images, stadtplandienst.de.. Alternativen - Diskussion.. Zeit gnadenlos überzogen aus ökonomischer Sicht Bauchschmerzen mit LSR (vorsichtig formuliert) schafft mehr Probleme als es löst äußerst skeptisch ob der Notwendigkeit davon abraten #----------------------------- # Fragen #----------------------------- # Till Kreutzer alles nachlesen: Tills Papier # Jan Mönikes, Bundesverband deutscher Pressesprecher - bisher über Suchmaschinen und News-Aggregatoren geredet - Pressesprecher, die im wesentlichen PR-Arbeit machen - Corporate Newsblog (Facebook), dass auf eine Zeitung verlinkt: Snipppet - ganz sicher gewerbliche Nutzung, da lasse ich mir auch nichts erzählen - verursacht kosten - Unternehmen zahlen über 20 Mio Euro im Jahr an Presse-Monitor GbmH - Preis dort: 2,50 und 4,50 Euro pro Artikel pro Nutzung - diese Kosten wesentlich dramatischer als bei Suchmaschinen # Justus Haucap - Definition sehr unklar - keine Zusatzkosten, Grenzkosten Null - in Netzindustrie Kosten echt schwierig - Kuppelkosten auf viele Elemente umverteilen - kennen wir von Unter-Kosten-Preisen # Till - sie sagen: Preis schwer ökonomisch messbar - IMHO ist gar nicht klar, wofür bezahlt werden soll - Was ist denn die Leistung, die übernommen werden kann? - glaube nicht, dass man das klar definieren kann - wieder Zweifel an Rechtfertigung für Gesetz # Justus Haucap - verlegerische Leistung - besteht aus ganz unterschiedlichen Komponenten - Kompositions-Leistung - was ist der Kostenanteil? - Berechnung faktisch nicht möglich # Piratenpartei Berlin - evtl. negative Preise für Nutzung der Presseerzeugnisse - hauptsächlich kleine Verlage haben Reichweiten-Problem und damit wenig Werbung - also müssten kleine an Google zahlen, um gelistet zu werden, richtig? # Justus Haucap - ja # PP - Das ist Selbstmord der kleinen Verlage # Referent Linksfraktion - vorher Freier Journalist - Abgrenzung zu Rechten der Journalisten - Presse-Monitor GmbH nimmt Zahlungen ein, die nicht bei Journalisten, sondern Verlegern ankommt - VG Wort nimmt Gelder für Kopien in Ministerien ein - Trennung: wenn LSR, dann sollten die von Urheber-Abgaben trennen # Till - Abgrenzung schwierig - wenn mit LSR Einnahmen generiert werden, müssen Urheber die anderen Gelder bekommen - eher geringes Problem - Journalisten müssen selbst LSR zahlen, weil die das gewerblich nutzen - bestenfalls vollkommen unabsehbar, ob das nicht Nachteil für die Journalisten wird # Justus Haucap - "angemessene Beteiligung" ist kein ökonomischer Fachterminus # Stuttgart - Veränderung des Nutzerverhaltens - Spotify: automatisches Posting, was ich höre, in die Timeline - gibt's jetzt auch bei presse-Apps: Guardian, WashPost, Stern.. - kann so ein Gesetz den technischen Fortschritt überhaupt berücksichtigen? - verändert das die ökonomischen Voraussetzungen - ich als Nutzer nehme selten wahr, welche Zeitung hinter einem Text steht, den ich lese. eher, wie ich darauf gekommen bin # Justus Haucap - bei mir umgekehrt: wenn Freunde Guardian empfehlen klicke ich, bei unbekannten Zeitungen nicht - empirische Frage - Markenname kann verschwinden oder gestärkt werden # Till - wichtig bleibt, das Bekannte darauf hinweisen - juristisch allgemein: Anführung solcher Rechte bleibt eine Rechtfertigung - "Aus bestimmten Gründen ist es erforderlich ein solches Gesetz zu schaffen, weil sonst etwas kaputt geht oder leidet oder.." - wenn ich sie richtig verstehe, sehen sie diese Voraussetzung auch nicht gegeben - unklar, wie Pressemarkt der Zukunft aussieht und wie man dort Geld verdient - Auswirkung auf journalistischen Markt auch unklar - ein prophylaktisches Recht (damit keine negativen Effekte entstehen) ist problematisch # Julia, Referentin Medien Grüne - Handlung durch Google/Aggregatoren - ist das die Nutzung des Presseerzeugnisses, um dann Snippet zu erstellen? - oder ist es Übernehme der Leistung (das Snippet übernehmen)? - was ist die Leistung? # Till - gute Frage - nach meiner Lesart die Übernahme des Textes - Musik: 2-sekündiges Sample ist schützenswerte Leistung - wird im Entwurf auch referenziert - kann sehr weit runter gehen - "heute gefunden bei SpOn: Überschrift" kann bezahlpflichtig sein - unklar: wer ist Presseverleger? - so Grenzkosten für Rechteerwerb ohne Verwertungsgesellschaft sehr hoch - tausende potentielle Rechteinhaber, an die man sich wenden muss - mag Google können, Blogger nicht # Justus Haucap - richtig - Unterscheidung: freiwillige oder verpflichtende Verwertungsgesellschaft freiwillig - manche werden sich einer freiwilligen nicht anschliessen und setzen auf Abmahnungen - Geschäftsmodell ökonomisch zweifelhaft und ineffizient - verdacht: wird einzelne geben, die dieses Geschäftsmodell suchen verpflichtend - Monopol - Kartellpreise - Demo gegen GEMA gestern