Advertisement
Guest User

Guttenberg

a guest
Feb 17th, 2011
519
0
Never
Not a member of Pastebin yet? Sign Up, it unlocks many cool features!
text 12.86 KB | None | 0 0
  1.  
  2. Demgegenüber stand das Modell der Federalists, die für das Modell einer "Bundesrepublik" mit einer effektiven Zentralgewalt sowie für eine Stärkung und Expansion der Wirtschaft eintraten. Den theoretischen und intellektuellen Unterbau hierzu lieferten A. Hamilton, 1. Madison und 1. 1ay, die unter dem gemeinsamen Pseudonym "Publius" 85 Essays veröffentlichten, in denen sie die Bedeutung und Vorteile der Verfassung hervorzuheben suchte11. Diese heute unter dem Titel "Federalist Papers" versammelten Schriften gelten zu Recht als eines der wichtigsten Dokumente zur Staatstheorie und zählen zu den Klassikertexten im Verfassungsleben 5°, vielleicht sogar in literarischer Hinsicht. 51 In deren Plädoyer für einen amerikanischen Bundesstaat lebt die damals geführte Diskussion wieder auf und es sind prinzipielle Überlegungen über die Probleme zu finden, die Einigungsprozesse von solcher Größenordnung aufwerfen. Zudem ist eine Stringenz der Argumentation zu erkennen, die verwundern muss, wenn man die Entstehungsgeschichte der "Papers"bedenkt: Sie waren zunächst schlicht eine Serie von Zeitungsartikeln, die etwa ein Jahr lang, nämlich 1787/88, in mehrtägigem Abstand in drei New Yorker Zeitungen erschienen, bevor sie zusammengefaßt als Buch publiziert wurden. Der Anlass für diese eifrige Publikationstätigkeit war, für die Ratifizierung der neuen, nunmehr bundesstaatliehen Verfassung zu werben. Es war nicht vorgesehen, die Verfassung per Volksentscheid zu ratifizieren, vielmehr oblag diese Aufgabe gewählten Konventen. Dennoch richteten sich die Artikel der Autoren ebenso wie die Artikel und Pamphlete der Verfassungsgegner unmittelbar an die interessierten Bürger; es wurde argumentiert, polemisiert, mit zahlreichen Mitteln der politischen Rhetorik um Zustimmung gerungen. Offenbar fand diese öffentlich geführte Kontroverse um die künftige Gestalt der Union auch die erwünschte Resonanz; sie erweckte Leidenschaften. Gerade mit Blick auf
  3. in America, 1788-1828, 1999. Siehe auch die Textsammlung von H.J. Storing/ M. D1y (Hrsg.), The Comp1ete Anti-Federalist, 7Bde, 1977. 50 Die Begrifflichkeit "Klassikertexte im Verfassungsleben" prägte P. Häberle. Siehe ders., Klassikertexte im Verfassungsleben, 1981 sowie ders., Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, 2. Aufi. 1998, S. 481 ff. 51 J. Gebhardt spricht in diesem Zusammenhang von einem "Iivre de circonstance, das dank des Formats seiner Autoren und des Erfolgs der vertretenen politischen Position schließlich einen hervorragenden Platz einnehmen sollte im literarischen corpus der amerikanischen Ziviltheologie", vgl. ders., The Federalist (1787 /88), in: H. Maier u. a. (Hrsg.), Klassiker des politischen Denkens, Bd. II, 5. Aufi. 1987, S. 58 ff., 58. Textausgaben wurden u. a. herausgegeben von J. E. Cooke (Hrsg.), The Federalist, 1961; C. Rossiter (Hrsg.), The Federalist, 1961; B.F. Wright, The Federalist, 1961 - mit of~ zitierter Einleitung; I. Kramnick (Hrsg.), The Federalist Papers, 1987. Deutschsprachige Ubersetzungen editierten u. a. A. und W P. Adams (Hrsg), Hamilton/Madison/ Jay: Die Federalist Artikel, 1994 sowie F. Ermacora (Hrsg.), Alexander Hamilton, James Madison, John Jay, Der Föderalist, 1958. Zur politischen Interpretation der Federalist Paper vgl. D.F. Epstein, The Political Theory of the Federalist, 1984. Siehe auch K. von Oppen-Rundstedt, Die Interpretation der amerikanischen Verfassung im Federalist, 1970.
  4.  
  5. den europäischen Einigungsprozess ist es erhellend, wie eine von Leidenschaft aetragene Einigung andere Kräfte freisetzt als ein Zusammenfinden, das auf ~1 ühsamen, kleinteiligen Gewinn-und-Verlust-Rechnungen beruht. Gleichwohl: Über die unmittelbare Bedeutung der Federalist Papers in der Auseinandersetzung um die Verfassung sind die Meinungen geteilt; New York jedenfalls wählte einen anti-federalistischen Konvent. Nachdem jedoch mit Virainia als zehnter Staat nach Massachusetts ein anderer großer Schlüsselstaat die b Verfassung ratifiziert hatte, stand der Staat New York vor der Wahl, der Union fernzubleiben und eine Sezession der Stadt New York zu riskieren oder sich dem Druck der Umstände zu beugen. Der Konvent entschloss sich schließlich mit knapper Mehrheit für die Ratifizierung. Obwohl die Anti-Federalisten unter dem Strich den Kampf um die Verfassung verloren hatten, ging im Rahmen des erzielten Kompromisses ihre Idee vom republikanischen Kleinstaat ebenso in das amerikanische Selbstverständnis ein wie die einzelnen Prinzipien ihrer federalistischen Widersacher. Der Verdienst der Federalist Papers lag weniger in deren tagespolitischem Erfolg als in der ideenpolitischen Langzeitwirkung auf das politische Selbstverständnis der amerikanischen Republik. Der Schritt zu einer neuen, die nationale Willensbildung und Entscheidungstindung vereinfachenden Fasson staatlichen Zusammenlebens hatte sich zuletzt trotz oder gerade aufgrund der langatmigen Ratifikationsauseinandersetzung vollzogen. Einige der Staatsversammlungen hatten die neue Verfassung allerdings nur unter der Prämisse ratifiziert, dass G. Washington als erster Präsident den Beschluß eines Grundrechtekatalogs im Kongress durchsetzen würde.
  6.  
  7. e) Die Schlüsselrolle der Ve~fassung Virginias-Pionierinder Menschenrechte; konstitutionelle "Morgendämmerung"- die Bill of Rights
  8. In ihrer Tragweite ist dabei die Verfassung Virginias vom 12./29. Juni 1776 kaum zu unterschätzen. Sie sollte die erste Verfassung sein, die den Schritt von traditionellen konstitutionellen Denkmustern zur Verfassungs-Moderne insoweit zu meistern vermochte, als sie erstmals Regeln der Staatsorganisation ("Constitution or Form of Government") mit einem Menschenrechtskatalog ("Virginia Bill of Rights" 52 ) verband. Die naturrechtliche Lehre von den unveräußerlichen
  9. In Art. 1 der Erklärung heißt es: "Alle Menschen sind von Natur aus gleichermaßen frei und unabhängig und besitzen gewisse angeborene Rechte [ ... ] und zwar auf Genuß des Lebens und der Freiheit und dazu die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben und zu besitzen und Glück und Sicherheit zu erstreben und zu erlangen."(zitiert nach der Übersetzung von W. P. Adams, im Internet unter http://chnm.gmu.edu/declaration/gerrnan.html). Hinzu kamen unter anderem Gewährleistungen der Pressefreiheit (Art. 12) und der freien
  10. 52
  11.  
  12. 36
  13.  
  14. B. Verfassungserweckung und Verfassungsbestätigung
  15.  
  16. I. Eckpunkte der US-amerikanischen Verfassungsentwicklung
  17.  
  18. 37
  19.  
  20. Menschenrechten und die Rechtsentwicklungen in England bildeten den geistigen Unterbau, um die bedeutendsten Freiheiten als allgemeine Bürger- oder Menschenrechte in einem Grundrechtskatalog zu konzentrieren und als positives Gesetz zu verkünden. 53 Es mag der damaligen Mentalität der Siedler, ihrem ausgeprägten Unabhängigkeitssinn und deren gewachsenem Streben nach Glaubensfreiheit zuzuschreiben sein, dass sich eine beispiellose Offenheit für zeitgenössische Staatsphilosophie beobachten ließ, die schließlich in deren konkreter Umsetzung mündete. Laut 0. Vossler sieht der Amerikaner "im Mayf!ower Compact, in den Covenants von Connecticut [ ... ] wirklich durch Vertrag Staaten entstehen, ihm ist in allen diesen Punkten das Naturrecht gar nicht Theorie und Literatur, sondern fassbare, sichtbare, lebendige Wirklichkeit." 54 Zwar steht die Menschenrechtserldärung von Virginia noch außerhalb, also formal getrennt von der "Constitution or Form of Government". Jedoch sollte es nicht lange dauern, bis es zu der Verschmelzung beider Bestandteile kam. In der Verfassung Pennsylvanias vom 28. 9. 1776 wurde erstmals diese für das spätere Verfassungsverständnis wesentliche Verbindung formuliert:
  21. "We [ ... ] do ordain, declare and establish the following Declaration of Rights and Frame of Government, to be the constitution of this commonwealth. " 55
  22.  
  23. Herrschaftsordnung und Grundrechte in der westlichen Verfassungstradition seit der Einbeziehung der Ten Amendments als "Bill of Rights" in die amerikanische 57 Verfassung im Jahre 1789 (ratifiziert 1791) eine untrennbare Einheit bilden und nicht hinweg zu denkender Bestandteil moderner Verfassungen sind. 58 Selten wird darauf verwiesen, dass im Prozess der amerikanischen Verfassunge:ebung 1787/88 die Föderalisten zunächst für eine Verfassung ohne Grundrechte ~intraten. 59 Hamilton, Madison und Jay, betonten in den gemeinsam von ihnen verfassten Federetlist Papers, Gerechtigkeit und Freiheit seien ausreichend durch Gewaltenteilung und die repräsentative Demokratie gesichert; grundrechtliche Abwehrrechte seien überflüssig, ja schädlich, ließen sie doch den Eindruck entstehen, das mit ihnen abgewehrte Verhalten des Staats sei eigentlich erlaubt und müsse erst verboten werden. Zndem würde so abgelenkt von der letztlich entscheidenden Gemeinwohlsicherung, dem Geist der Freiheit in der Bürgerschaft, der sich in demokratischer Selbstbestimmung äußere: "Hier müssen wir [ ... ] letzten Endes das einzige solide Fundament für alle unsere Rechte suchen. " 60 Bekanntlich konnten sich die Föderalisten mit diesem Ansatz nicht durchsetzen. Auf Druck der Anti-Föderalisten wurde bald nach Verfassungsannahme ein Grundrechtskatalog entworfen, die Bill of Rights, für die die amerikanische Verfassung berlihmt geworden ist. Der "Vorabend" der Bundesverfassung nahm unter dem Gesichtspunkt der Verknlipfung dieser heute untrennbar erscheinenden Elemente also durchaus den Zeitraum bis 1789 in Anspruch. Das J a.hr 1791 mag als die "Morgendämmerung" einer modernen Verfassung bezeichnet werden, die der englischen Tradition von der Magna Charta 1215 über die Petition of Right 1627, die Habeas Corpus Act 1679 und die Bill of Rights 1689 folgend strukturell und inhaltlich schon ein Stlick in die Zukunft enteilt war.
  24. vorderg1ündig gegen England gerichtet und zunächst nicht zur unbeschränkten inneren Umsetzung ~estimmt. Überdies fand es nur in drei Grundrechtserklärungen Berücksichtigung. Vgl. hierzu W P. Adams, Republikanische Verfassung und bürgerliche Freiheit. Die Verfassungen und politischen Ideen der Amerikanischen Revolution, 1973. 57 Der Kongress verabschiedete am 25. September zunächst zwölf Verfassungszusätze (Amendments), von denen die Bundesstaaten letztlich zehn bestätigten. Einzelheiten zu den Amendments unte~ ausführlich IV. ~. a) Zur Geschichte der amerikanischen "Bill of Rights" vgl. aus neuererZeitdas sehr umstnttene Werk von L. W Levy, Ori ains of the Bill of Ri ahts 1999 .. Die historischen und verfassungsrechtlichen Grundlagen so~ie die Fortentwicklun~ bespnchtA. ReedAmar, The Bill ofRights: Creation and Reconstruction, 1998. Siehe auch C. R. Smith, To form a more perfect union. The ratification of the Constitution and the Bill ofRights, 1787-1791, 1993. Vgl. auch K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 1984, S. 65; W Hertel, Supranationalität als Verfassungspiinzip, 1999, S. 26. 59 Anders freilich W Brugge1; Verfassungen im Vergleich: USA & Deutschland. in: Ruperto Carola- Forschungsmagazin der Universität Heidelberg, Heft 3/1994, S. 22 ff. 60 Vgl. The Federalist No. 84 (Hamiltan).
  25. 58
  26.  
  27. Die Staaten Virginia, New York und Massachusetts waren es dann auch, die eine Annahme der Bundesverfassung von der Bedingung abhängig machten, dass Grundrechte dauernde Berücksichtigung fänden. 56 So kam es schließlich, dass
  28. Religionsausübung (Art. 16). Siehe zu den ersten amerikanischen Entwürfen von Grundrechtskatalogen bereits H. Hägermann, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in den ersten amerikanischen Staatsverfassungen, 1910. Vgl. auch B. Schwartz, The Great Rights of Mankind. A History of the American Bill of Rights, 1977; R.A. Rutland, The Birth ofthe Bill ofRights, 1776-1791, 1955. 53 Bereits das Massachusetts Bady af Liberties von 1641 enthielt ein detailliertes Bekenntnis zu Individualrechten. In den General Fundamentals von New Plymouth aus dem Jahre 1671 wurde die Gleichheit vor dem Gesetz und in der Rechtsprechung, die Achtung von Leib, Leben, Freiheit, gutem Namen und Besitztum sowie die Glaubens-, Gewissensund Kultusfrreiheit für unverletzlich erklärt, vgl. dazu R. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, 13. Aufl. 1999, S. 329; 1. Hatschek, Allgemeines Staatsrecht, Bd. II, 1909, S. 133 f. 54 0. Vassle1; Studien zur Erklärung der Menschemechte, in: R. Schnur (Hrsg.), Zur Geschichte der Erklärung Menschenrechte und Grundfreiheiten, 1964 (2.Aufl.l974), S.166ff.,l80f. 55 Vgl. "The Constitution of Pennsylvania", zitiert nach S. E. Marisan (Hrsg.), Sources and Documents Illustrating the American Revolution 1764-1788, 2. Aufl. 1929, Neudr. 1953, S. 162 f. 56 Bis 1780 schufen lediglich sechs Staaten Grundrechtserklärungen (Virginia, Delaware, Pennsylvania, Maryland, North Carolina, Massachusetts). Inhaltlich gab es hierbei erhebliche Differenzen. So war die Frage nach dem konkreten Inhalt von "Freiheit" nicht eindeutig im Sinne einer allgemeinen Übereinstimmung zu beantworten. Freiheit als politische Partizipation war nicht gleichmäßig verwirldicht; in fünf Staaten waren beispielsweise nur Protestanten amtsfähig. Das Gleichheitsprinzip der Unabhängigkeitserklärung war
Advertisement
Add Comment
Please, Sign In to add comment
Advertisement