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Sep 23rd, 2014
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  2. Pulverfass Gorbitz
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  4. Wo Alteingesessene immer mehr Asylsuchende als Nachbarn bekommen, steigt die Angst. Es fehlt an Polizei und Aufklärung.
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  7. Von Lars Kühl
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  10. Die 72 Hakenkreuze im vierten Wohnkomplex sind wieder verschwunden. Rechte Schmierereien finden sich in Gorbitz trotzdem an einigen Stellen. Foto: Sven Ellger
  11. © - keine angabe im hugo-archivsys
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  13. Die Lage in Gorbitz spitzt sich langsam zu. Dieser Eindruck entsteht bei den Meldungen aus dem Wohngebiet in den vergangenen Wochen und Monaten. Angezündete Autos, Schlägereien beim Westhangfest und Nazi-Propaganda. Ein negativer Höhepunkt war die Schmiererei von 72 Hakenkreuzen in nur einer Nacht, kurz vor der Landtagswahl. Vorher war schon Wahlwerbung massiv zerstört worden. In den Plattenbauten scheint es zu brodeln.
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  15. „Eine gewisse Unruhe ist da“, bestätigt Ulrich Krause vom Quartiersmanagement. Bürger melden sich in seinem Büro. Sie sind verunsichert. Gerüchte machen die Runde. Die Situation gleiche einem Pulverfass. Auslöser ist das Zusammenleben von Alteingesessenen mit Asylbewerbern in der Nachbarschaft. Denn im vierten Wohnkomplex oberhalb des Gorbitz-Centers bietet die Gagfah in der Harthaer und Sanddornstraße Asylsuchenden eine Bleibe. Die Stadt hat auf die Blöcke Belegungsrechte.
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  17. Allerdings leben in dem Gebiet auch viele sozial Schwache. Die Langzeitarbeitslosen sind oft zu Hause und beobachten ihre neuen Nachbarn argwöhnisch. Sie berichten Krause immer wieder von Problemen. Es gab sogar bereits eine Unterschriftenliste gegen die Asylbewerber, diese seien im Wohnumfeld nicht gewollt. Trotz der angespannten Lage will der Quartiersmanager noch nicht von einer Eskalation sprechen. Er beruft sich dabei auf die Statistik. „Gorbitz ist eigentlich ein völlig unauffälliges Gebiet.“ Größere Zusammenstöße sind ihm nicht bekannt.
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  19. Landtagsabgeordnete Eva-Maria Stange (SPD) sieht die Situation kritischer. Die Anwohner würden sich nicht mehr sicher fühlen und mit ihren Sorgen alleingelassen. Die Stadt und die Gagfah hätten ihnen keine Informationen über die Zuzüge der Flüchtlinge gegeben. Eines hat Stange in Gesprächen deutlich zu hören bekommen: Viele Bürger fühlen sich bedroht und haben Angst vor Übergriffen von Asylsuchenden. „Man muss die Sorgen und Probleme der Anwohner aber ernst nehmen.“ Denn auch nach dem Wahlkampf stellen rechtsextreme Strömungen eine latente Gefahr dar, die die Unzufriedenheit zahlreicher Bürger für ihre Zwecke auszunutzen drohen. Deshalb fordert Stange von der Polizei, die Streifenpräsenz vor Ort zu erhöhen. Zum Schutz der Gorbitzer als auch der anvertrauten Asylbewerber.
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  21. „Natürlich haben uns die Gerüchte und Ängste der Anwohner vor Übergriffen erreicht“, bestätigt Polizeisprecher Thomas Geithner. „Auch wenn dieser Furcht keine objektiven Gründe zugrunde liegen, sehen wir uns als Polizei im Zugzwang.“ Es gebe auch schon eine Reaktion: „Beamte des Polizeireviers West sind verstärkt in dem Bereich auf Streife.“ Allerdings schränkt Geithner sofort ein, dass dies nur möglich sei, wenn die Beamten keinen anderen Auftrag abarbeiten würden. Wie viel mehr Streife vor Ort ist, kann er nicht sagen. Darüber werde keine Statistik geführt. Also lasse sich das nicht beziffern. Ansonsten spricht die Polizei zum Thema „Asylbewerber“ mit mehreren Einrichtungen im Viertel und darüber hinaus. Dazu zähle die zentrale Ausländerbehörde des Freistaates in Chemnitz, die Dresdner Ausländerbehörde oder das hiesige Sozialamt. „Es geht letztlich darum, eine Art behördliches Frühwarnsystem aufzubauen, um nicht von aktuellen Entwicklungen oder Tendenzen überrascht zu werden“, sagt Geithner. Dass das Wohngebiet ein Nazi-Problem hat, sieht er aber nicht so. „Im Vergleich zu anderen Stadtteilen fällt Gorbitz in Hinblick auf rechtsextremistische Straftaten nicht auf.“ Die Hakenkreuz-Schmiererei vom August sei eine Ausnahme.
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  23. Die Symbole sind schon längst wieder beseitigt. Nicht nur deshalb will Quartiersmanager Krause die Situation auch noch nicht dramatisieren. Er setzt lieber auf den Dialog miteinander und präventive Aktionen, wie das Stadtteilfest, Podiumsdiskussionen und Ausstellungen. „Wir müssen die Augen öffnen und uns für Menschen anderer Kulturen sensibilisieren“, sagt der Quartiersmanager.
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