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- EINE
- STADT FÜR
- ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Dieses Wahlprogramm wurde auf der Landesdelegiertenkonferenz am 5. und 6. März von Bündnis 90/Die Grünen
- in Berlin einstimmig beschlossen.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Eine Stadt für alle
- Berlins Aufbruch 2011
- „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen,
- sondern möglich machen.“
- (Antoine de Saint-Exupéry)
- 1. Unsere Idee für die Stadt: eine Stadt für alle
- Mit dem Wahlprogramm, das Sie in den Händen halten, wollen
- wir Sie von unserer Idee für Berlin überzeugen: Wir wollen eine
- Stadt für alle. Eine Stadt, in der jede und jeder gut leben kann.
- Statt eines weiteren Auseinanderfallens in Arm und Reich, in
- drinnen und draußen wollen wir einen Aufbruch hin zu einem
- Berlin, an dem alle teilhaben, bei dem alle dabei sein können.
- Eine Stadt für alle!
- Um diese Idee verwirklichen zu können, haben wir viel Energie
- darauf verwendet, zusammenzutragen, was wir in unserer
- Stadt verbessern, verändern und bewegen wollen. Wir haben
- miteinander und mit vielen Bürgerinnen und Bürgern über die
- Anliegen und Sorgen gesprochen, die Berlinerinnen und Berliner
- bewegen, sind dabei oftmals auf Stolz und Begeisterung für
- unsere Stadt gestoßen, aber immer wieder eben auch auf
- große Probleme. Wir haben mit viel Energie, Ernsthaftigkeit
- und Begeisterung an einer Idee für Berlin gearbeitet, die die
- Stadt bewegt und alle mitnimmt.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 15
- Präambel
- „Eine Stadt für alle“ ist dann möglich, wenn wir die Blockaden der Stadt aufbrechen und es jedem und jeder ermöglichen,
- seine bzw. ihre Potentiale zu entfalten und einzubringen. Und
- das ist nur möglich, wenn wir in unserer Stadt zu einer neuen
- politischen Kultur finden, in der sich Politik öffnet für die Ideen,
- aber auch Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, in der man sich
- zuhört und gemeinsam Lösungen entwickelt.
- Die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September 2011
- kann zu einem Wendepunkt in der Entwicklung der Stadt werden. Nach zehn Jahren Schwarz-Rot und danach weiteren
- zehn Jahren Rot-Rot gibt es in Berlin die berechtigte Hoffnung,
- die Ideenlosigkeit eines ausgelaugten Senates zu überwinden. Die Entscheidung ist recht einfach beschrieben: Bleibt es
- dabei, dass der Berliner Senat auf der Stelle tritt, oder wählen Sie
- einen Aufbruch für Berlin mit Renate Künast an der Spitze.
- 2. Blick zurück nach vorne
- Als vor 20 Jahren die friedliche Revolution in der DDR auch die
- Berliner Mauer niederriss, wurde Berlin weltweit zum Symbol
- für den Sieg der Freiheit über die Diktatur. Berlin entzündete
- in den 1990er Jahren die Fantasien und dafür schien es keine
- Grenzen zu geben. Die Energie von Christ- und Sozialdemokraten reichte aber nur für Wolkenkuckucksheime und Skandale.
- Heute geben die Bürgerinnen und Bürger Berlin mit viel
- Engagement ein neues Gesicht. Eine neue Generation ist hier
- aufgewachsen und viele Menschen haben sich hier neu beheimatet. Aus allen Winkeln Deutschlands, Europas und anderer
- Erdteile strömen Menschen nach Berlin, die hier ihre Ideen verwirklichen wollen und damit Teil der Ausstrahlung der Stadt werden. Berlins Universitäten und Forschungseinrichtungen, Berlins
- Lebensgefühl und Potentiale laden junge Menschen aus der
- ganzen Welt ein, mit ihren Ideen hierherzukommen, unsere
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Stadt nachts lebendiger und tagsüber ideen- und damit chancenreicher zu machen. Berlins tolerantes Klima lädt ein, hier die
- unterschiedlichsten Lebensentwürfe und Ideen zu verwirklichen.
- Berlin braucht die Potentiale seiner Bewohnerinnen und
- Bewohner, egal, ob hier geboren oder zugezogen.
- Berlin ist zum Verlieben, aber seine Regierung ist zum
- Davonlaufen. Mit diesem Senat herrscht bei den drängenden
- Herausforderungen und Zukunftsfragen der Hauptstadt Stillstand: Statt Innovation und einer Klimapolitik mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen gibt es einfallslose Betonpolitik à la
- A100. Statt endlich den Schulen in benachteiligten Stadtteilen
- mit einem Sofortprogramm unter die Arme zu greifen, debattiert Rot-Rot über ein nichtssagendes Integrationsgesetz.
- Die Schulreform geht von der Idee her in die richtige Richtung. Die Umsetzung ist jedoch miserabel. Der Senat hat viel
- Vertrauen zerstört – bei Eltern, die schlecht informiert wurden,
- bei Kindern, die in baufälligen Gebäuden ohne Mensa stehen
- und nicht zuletzt bei Lehrerinnen und Lehrern, die mit unausgegorenen Konzepten und dem verständlichen Unmut der
- Eltern alleingelassen werden.
- Auf das nicht endende S-Bahn-Chaos reagiert der Berliner
- Senat bislang allenfalls mit matten Ermahnungen, die auch
- weiterhin wirkungslos verpuffen werden, wenn auf die Worte
- keine ernsthaften Konsequenzen folgen. Das ist nicht weiter
- hinnehmbar. Hunderttausende Berlinerinnen und Berliner stecken regelmäßig fest oder stehen sich die Beine in den Bauch.
- Die hohe Arbeitslosigkeit scheint den Senat nicht zu beeindrucken. Horrende Erwerbslosigkeit, geringe Wirtschaftskraft
- und zunehmende Verarmung von Teilen der Bevölkerung sind
- die Ausgangslage nach zehn Jahren rot-roter Regierung. Wenn
- überhaupt, beschließt der Senat, dass er bis zur Wahl nichts
- mehr beschließt, wichtige Entscheidungen werden vertagt. Das
- Klimaschutzgesetz wurde zur Chefsache erklärt. Und was hat
- der Chef gemacht? Nüscht.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
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- Präambel
- Hinzu kommt die alarmierende Haushaltsnotlage Berlins. Die
- hohe Verschuldung schränkt die politische Handlungsfähigkeit
- der Stadt immer mehr ein. Die Zukunftsfähigkeit des Berliner
- Haushalts ist Linken und Sozialdemokraten offenbar nicht so
- wichtig. Ohne fortgesetzte Ausgabendisziplin, Mehreinnahmen und Entschuldungshilfe kommt Berlin aus der Schuldenspirale nicht mehr raus. Inzwischen hat sich Rot-Rot zum Schaden für die Stadt bundespolitisch isoliert. Solidarität unter den
- Bundesländern ist so nicht zu erringen.
- Die Menschen erwarten zu Recht einen Aufbruch für die
- Stadt. Die Zeit ist reif für einen Politikwechsel. Wir machen die
- Erfahrung, dass die Wechsel-Hoffnung vieler auf uns gerichtet ist – inhaltlich und personell. Die Zeit ist reif für grünen
- Schwung und grüne Ideen.
- 3. Was aus unserer Idee folgt: Blockaden lösen und
- neue politische Kultur
- „Eine Stadt für alle“ heißt für uns zweierlei.
- Erstens: Unsere Idee von einer „Stadt für alle“ braucht alle und
- wir wollen deshalb die sozialen Blockaden lösen und die Potentiale aller fördern.
- Und zweitens: Unsere Idee von einer „Stadt für alle“ lässt
- sich nur in einer neuen politischen Kultur verwirklichen, die von
- Offenheit, Transparenz und wechselseitigem Respekt gekennzeichnet ist.
- Die Blockaden lösen: Berlin braucht alle
- „Eine Stadt für alle“ kann es nur geben, wenn wir die Blockaden
- in unserer Stadt lösen und jede und jeder eine reale Chance hat.
- Jeder Mensch hat Fähigkeiten, Talente und Kompetenzen. Wer
- wie der derzeitige Senat glaubt, darauf verzichten zu können,
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- verspielt die Zukunft unserer Stadt. Deshalb streiten wir für
- öffentliche Institutionen, die diese Potentiale freisetzen – für
- bessere Kindertagesstätten, für bessere Schulen, für bessere
- Arbeit, für eine bessere Gesundheitsversorgung und bessere
- Löhne für Geringverdienende sowie gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
- Die Geschichten der Blockaden in Berlin sind zahlreich: Sie
- handeln von Müttern und Vätern, die alles für ihre Kleinen
- geben, die sich für Familie und Beruf engagieren - aber seit
- Monaten zunehmend genervt nach einem guten Betreuungsplatz für ihr Kind suchen. Sie handeln von arbeitslosen Alleinerziehenden, denen verwehrt wird, ihr Kind ganztägig in die Kita
- zu schicken, obwohl es dort gute Förderung bekommen würde.
- Sie handeln von Familien, denen nie die Möglichkeit aufgezeigt wurde, wie sie aus der Armutsfalle entkommen können.
- Sie handeln von Kindern, die davon träumen, AnwältIn oder
- MechanikerIn zu werden, die aber ein Schulsystem erleben, das
- sie früh zu Perspektivlosen stempelt, anstatt ihnen Chancen zu
- eröffnen. Sie handeln von hochmotivierten Jugendlichen mit
- gutem Schulabschluss, die keinen Ausbildungsplatz bekommen, weil ihr Name zu ausländisch klingt. Sie handeln von
- Schülerinnen und Schülern, die gerne in die Schule gehen – und
- dort Schulgebäude vorfinden, in denen der Putz von den Wänden kommt, von Eltern, die sich fragen, warum die Bedürfnisse
- und Begabungen ihres Kindes in der Schule so wenig individuelle Förderung erfahren, von Lehrern, die sich fragen, warum
- sie mit sozialen Problemen, Aggression und Verwahrlosung
- alleingelassen werden und dazu jeden Tag mehr Bürokratie
- über sich ergehen lassen müssen. Sie handeln von Studierenden, die sich für ihr Studienfach begeistern – und in überfüllten
- Hörsälen nicht durch den Eingang kommen.
- Die Blockaden werden zu Geschichten von Menschen, die in
- unserer Stadt ohne Arbeit sind, die sich mit ihren Fähigkeiten
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
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- Präambel
- einbringen wollen – und die über „arm, aber sexy“ nicht
- lachen können. Sie handeln von Frauen, die trotz gleicher Arbeit weniger Lohn erhalten oder denen trotz guter Ausbildung
- und Leistung der Weg in Führungspositionen versperrt bleibt.
- Von Menschen mit Migrationshintergrund, die sich integrieren
- wollen oder längst integriert haben, aber doch überall nur auf
- ihre Herkunft reduziert werden. Sie handeln von Menschen, die
- Opfer von Mobbing und Gewalt werden, weil sie anders lieben.
- Oder von Menschen mit Behinderungen, die keine angemessene Beschäftigung finden und in ihrer Mobilität eingeschränkt
- werden, weil Aufzüge kaputt sind, Schnee nicht geräumt wird
- oder die S-Bahn nicht fährt. Sie handeln von Selbstständigen
- und UnternehmerInnen, die in unserer Stadt etwas bewegen
- wollen, die für ihre Ideen brennen und zukunftsfähige Arbeit
- schaffen wollen – und im Senat keinen Ansprechpartner finden,
- der sich wirklich engagiert. Sie handeln von Bürgerinnen und
- Bürgern in den Stadtteilen, die ihren Kiez lieben – und erleben,
- wie sich die Stadt spaltet, wie eine horrende Mietentwicklung
- Menschen vertreibt und wie öffentliche Plätze verwahrlosen.
- Und sie handeln von Menschen und Initiativen, die sich für
- unsere Umwelt engagieren, die wissen, dass wir den Klimawandel gemeinsam stoppen müssen – und dafür keine Unterstützung finden.
- Wir wollen diese Blockaden lösen, da es die Bürgerinnen und
- Bürger verdient haben, ihre Lebensentwürfe auch umsetzen
- zu können. Auf jede Berlinerin und jeden Berliner kommt es
- an, wenn die Stadt vorankommen will. Niemand darf zurückbleiben. Niemand darf ausgeschlossen bleiben. Jede und jeder
- kann etwas, das die Stadt weiterbringt.
- Es ist unser Angebot, alle Kräfte zu bündeln, die Kräfte der
- Stadtgesellschaft, der Politik, der Wissenschaft und Kreativszene
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- und auch der Wirtschaft. Berlin braucht jede Einzelne und jeden Einzelnen - vom heranwachsenden Kind im Kitaalter bis
- zum Pensionär, vom Langzeitarbeitslosen bis zur Managerin.
- Berlin wird den Aufbruch schaffen, wenn die Menschen in der
- Stadt unterstützt, gehört und beteiligt werden. Genauso wie
- die Politik in Berlin endlich Verantwortung übernehmen muss,
- mit frischen Ideen und neuer Tatkraft, so gilt auch: Wir können
- das nur zusammen schaffen.
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Integration verstehen wir als gleichberechtigte Teilhabe aller
- Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Zu einem solchen Miteinander gehören unverbrüchlich Respekt, Toleranz
- und die Anerkennung der Grund- und Menschenrechte jedes
- und jeder Einzelnen. Viele Menschen mit Migrationshintergrund bauen längst aktiv mit an der Zukunft Berlins und sind
- bereit für mehr. Das unternehmerische Engagement, das Migrantinnen und Migranten in unsere Stadt einbringen, ist beeindruckend. Wir wollen verhindern, dass wegen reißerischer
- Debattenbeiträge am Ende aus den Kindern der Einwanderer
- Auswanderer werden. Wir wissen, dass Integration in vielen
- Fällen ein uneingelöstes Versprechen ist. Probleme gibt es in
- der Schule, in der Arbeitswelt, aber auch im Kiez. Hier ist die
- Politik gefragt, die Durchlässigkeit der Stadtgesellschaft zu erhöhen und die Teilhabe der Migrantinnen und Migranten zu
- fördern. Integration kann nur gelingen, wenn alle die vorhandenen Möglichkeiten nutzen und sich einbringen. Das gilt für
- die Wahrnehmung von Angeboten zum Spracherwerb wie
- beim Zusammenleben im Kiez. Aufgerufen sind alle, die Integration wollen, sich für die Werte des Grundgesetzes einzusetzen, für BürgerInnen-, Frauen- und Freiheitsrechte genauso
- wie gegen Diskriminierung. „Eine Stadt für alle“ heißt gerade
- hier: Nur zusammen können wir es schaffen, nur so ist eine
- integrative Stadt möglich.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- Mit der Stadt regieren: eine neue politische Kultur
- für Berlin
- Präambel
- Wir stellen Ihnen in unserem Programm konkrete Schritte und
- Wege vor, auf denen wir Berlin voranbringen wollen. Das kann
- nur gelingen, wenn wir unsere Idee mit einem neuen demokratischen Umgang, mit einer neuen politischen Kultur für Berlin
- verbinden. Wir wollen die Stadt mit ihren Bürgerinnen und Bürgern regieren – und nicht über sie hinweg. Wir wollen unsere
- Politik im Dialog entwickeln, Beteiligung ermöglichen, Maßstäbe offenlegen und Transparenz schaffen.
- Deshalb ist das vorliegende Programm nicht nur ein Programm für alle, die Berlins Aufbruch wollen, sondern auch ein
- Programm, in das die Ideen vieler Bürgerinnen und Bürger eingeflossen sind und das für Rückfragen und Kritik offen ist. Wir
- wollen mit unserem Programm das politische Spiel beenden, in
- dem die Partei am besten fährt, die den Kopf am tiefsten in den
- Sand steckt, die sich bedeckt hält und auf konkrete Vorschläge
- verzichtet, nur um keine Kritik auf sich zu ziehen.
- In unserer Stadt leben viele Menschen, die sich einmischen
- und mitgestalten wollen. Dem wollen wir anders als der derzeitige Senat Rechnung tragen. Ein Senat sollte die Bürgerinnen
- und Bürger weder vor den Kopf stoßen noch Angst vor ihnen
- haben. Politik sollte für die Erfahrung, das Wissen und die Kraft
- der Menschen offen sein: Erfahrungen aus Arbeit und Unternehmen, Initiativen und Verbänden, Familien und Stadtteilen,
- Vereinen und Religionsgemeinschaften. Wir wollen Demokratie anders und besser wagen.
- Zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört ein neuer
- Regierungsstil, der auf Dialog und Verständigung setzt. Viel zu
- oft scheiterte in den vergangenen Jahren der sachorientierte
- politische Dialog über wichtige Anliegen für die Stadt an der
- Selbstgefälligkeit im Roten Rathaus. Viel zu selten kam es zu
- Angeboten des politischen Austausches und der Kooperation
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- zwischen Regierung und Opposition. Viel zu selten kam es
- zum Gespräch mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Wir
- wollen deshalb eine regelmäßige BürgerInnensprechstunde
- einrichten, in der das unmittelbare Gespräch mit Regierender
- Bürgermeisterin und Senatorinnen und Senatoren möglich ist.
- Unsere Vorstellung vom Regieren heißt gemeinsame Ideenentwicklung mit der Bevölkerung, offene Dialogbereitschaft und
- transparenter Umgang mit Informationen und Entscheidungen.
- Deshalb gehört es auch zu unserer Vorstellung einer neuen
- politischen Kultur, immer wieder ehrlich Rechenschaft darüber
- abzulegen, wie wir bei der Umsetzung unserer Ziele vorankommen und wo es möglicherweise klemmt. Wir wollen deshalb
- alle Senatsverwaltungen verpflichten, jährlich einen öffentlichen Bericht an die Bürgerinnen und Bürger vorzulegen, in dem
- der Stand der Verwirklichung geplanter Projekte offengelegt
- und Umsetzungsdefizite benannt werden. Ein besseres Berlin
- bekommen wir nicht mit Show-Effekten und Schönrednerei,
- sondern indem wir den Aufbruch mit Kompetenz, Realismus
- und Lernbereitschaft verbinden. Unsere Idee für Berlin braucht
- Politik mit Herz und Verstand.
- Eine neue politische Kultur bedeutet auch, ökologische,
- ökonomische und soziale Ziele und Interessen zu verknüpfen, Politik so als Einheit zu betrachten und Synergieeffekte zu
- nutzen. Der „Green New Deal“ ist hierfür das beste Beispiel.
- Berlin braucht eine umfassende Strategie für nachhaltige Entwicklung, das bedeutet Engagement für Lebensqualität, eine
- lebenswerte Umwelt und sozialen Zusammenhalt.
- Eine neue politische Kultur für die Stadt verlangt zudem
- finanz- und haushaltspolitische Redlichkeit. Die Schieflage des
- Berliner Haushaltes minimiert außerdem unseren Gestaltungsspielraum für die Stadt und schadet damit dem gesellschaftlichen
- Zusammenhalt und der Demokratie. Wir müssen deshalb das
- Steuereinkommen durch die Verbesserung der wirtschaftlichen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
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- Präambel
- Dynamik erhöhen. Zur finanzpolitischen Redlichkeit gehört
- auch, dort zu sparen, wo es sich um sinnlose Ausgaben oder
- ungerechtfertigte Privilegien handelt. Wir sagen schon vor der
- Wahl offen und ehrlich: Für Klientelpolitik und Wahlgeschenke
- hat die Stadt kein Geld. Auch in der Haushalts- und Finanzpolitik gilt unser Anspruch: eine Stadt für alle.
- Eine neue demokratische Kultur muss zum selbstverständlich
- gelebten Alltag auch in der Verwaltung werden. Dies schließt
- Open Government, Open Data und Open Source als zentrale
- Instrumente einer intelligent vernetzten Stadt ein. Die Umsetzung von Bürgernähe, Partizipation und Transparenz kann nur
- gelingen, wenn wir eine Verwaltung haben, die auf diese Ziele
- festgelegt ist und die das im Alltagsgeschäft sicher umsetzt.
- Zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört auch, dass
- die Menschen mehr direkten Einfluss auf politische Entscheidungen bekommen. Politische Abstimmungen und Mehrheitsfindungen müssen auch zwischen den Parlamentswahlen stattfinden; sonst droht Demokratie einzuschlafen. Ein Instrument
- der Bürgerbeteiligung sind Bürger- und Volksbegehren, von
- denen die Berlinerinnen und Berliner zunehmend Gebrauch
- machen. Sie beleben die politische Auseinandersetzung und
- die demokratische Kultur unserer Stadt, selbst wenn wir nicht
- jedes Anliegen teilen.
- Zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört auch, jenen
- Menschen mehr Mitbestimmungsrechte zu geben, die noch
- länger von politischen Entscheidungen betroffen sind: den
- Jugendlichen in dieser Stadt. Angesichts von Bildungsmisere,
- Klimakatastrophe und Überlastung der öffentlichen Haushalte
- werden die heute jungen Menschen später die Probleme lösen
- müssen, die eine zukunftsvergessene Politik ihnen überlässt.
- Deshalb ist es uns ein wichtiges Anliegen, das aktive Wahlalter
- auf 16 zu senken.
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Und zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört es
- auch, die Bezirke und damit die Entscheidungsträger vor Ort
- zu stärken. Die Bezirke sind mittlere Großstädte, nur haben sie
- gegenüber dem Senat immer wieder mit Kompetenz- und Kapazitätsverlusten zu kämpfen. Dabei ist der Bezirk der Ort, an
- dem täglich daran gearbeitet wird, wohnort- und bürgernah
- dem Gemeinwohl zu dienen und den Anregungen von gesellschaftlichen AkteurInnen und Einzelpersonen nachzukommen.
- Wir wollen daher die Rechte der Bezirke ausweiten.
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 4. Unsere Werte: Gerechtigkeit und Freiheit
- Freiheit bedeutet Verantwortung. In unserer Idee einer Stadt
- für alle verbinden wir deshalb Gerechtigkeit und Freiheit mit
- Bildung, Arbeit und Klima. Andere Parteien spielen Gerechtigkeit und Freiheit gegeneinander aus. Wir sagen: Beide gehören
- zusammen!
- Ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung für alle kann es
- nur geben, wenn wir solidarisch zusammenleben. Ohne Gerechtigkeit, ohne eine Politik der Teilhabe an Bildung, Arbeit,
- Gesundheit und Einkommen bleibt Freiheit für viele ein leeres
- Versprechen.
- Gerechtigkeit braucht aber auch Freiheit. Das Erbe der Bürgerrechtsbewegung in der ehemaligen DDR und den osteuropäischen Staaten ist heute unverändert aktuell. Wir wollen ein
- Berlin, in dem alle Menschen ihr Leben in Selbstbestimmung
- führen können. Im Mittelpunkt unserer Politik, so heißt es im
- ersten Satz unseres Grundsatzprogramms, steht der Mensch
- mit seiner Würde und seiner Freiheit.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- 5. Worauf es ankommt: Bildung – Arbeit – Klima
- Präambel
- Unsere Grundorientierung an Selbstbestimmung in Solidarität
- macht Bildung, Arbeit und Klima zu zentralen Anliegen unserer
- Politik. Hier investieren wir Ideen und Mittel. An den Zielen in
- diesen Bereichen wollen wir uns in der Regierungsverantwortung messen lassen.
- Bildung ist der Schlüssel
- Bildung ist das Thema, das alle Eltern umtreibt, denn sie wissen,
- dass hier entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft ihrer Kinder getroffen werden. Um wirklich voranzukommen,
- brauchen wir keine neuerliche Schulreform, keinen neuen
- Schulkampf und auch keine großen Sprüche. Wir brauchen
- konkrete Vorschläge, die die erforderliche Qualität sichern und
- unsere Kitas und Schulen Schritt für Schritt besser machen. Und
- wir müssen den Schulen Zeit geben, Reformen umzusetzen.
- Wir werden Mittel und Förderung dort konzentrieren, wo die
- Probleme sind, damit kein Kind und keine Schule zurückbleibt.
- Schule braucht individuelle Förderung für Kinder und gemeinsames Lernen, braucht Freiraum, Akzeptanz und Solidarität,
- braucht intakte Schulgebäude und verlässliche Stundenpläne.
- Wir wollen starke Verantwortungsgemeinschaften mit unterschiedlichsten Partnern um Schulen herum etablieren, wir müssen Lehrerinnen und Lehrern mehr Unterstützung geben und
- Schüler und Eltern besser beteiligen.
- Bildungsgerechtigkeit ist das zentrale Zukunftsthema. Deshalb
- ist es dringend nötig, dass möglichst viele Kinder ohne Bedarfsprüfung in die Kita gehen können und dort früh und kompetent in ihrer sprachlichen und sonstigen Entwicklung gefördert
- werden. Deshalb ist es dringend nötig, unsere Schulen Schritt
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- für Schritt zu inklusiven Schulen zu machen, in denen Kinder
- mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen. Wir bleiben
- dabei, dass gemeinsames Lernen von Anfang an ein wichtiges
- Element des sozialen Zusammenhalts und der Chancengerechtigkeit darstellt. Unser Ziel ist es, die Vereinbarkeit von Familie
- und Beruf weiter zu verbessern und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Belange der Frauen zu richten. Insbesondere
- beim Thema Ganztagsschulen und Hortplätze muss endlich
- eine Lösung aus einem Guss erreicht werden. Förderung für
- alle Kinder und Unterstützung für alle Eltern, die Unterstützung
- brauchen, sind unser Ziel. Es gilt: Alle Kinder sind willkommen,
- alle Kinder werden individuell gefördert, kein Kind bleibt auf
- der Strecke.
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Arbeit für die Zukunft
- Die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit mit einem guten Einkommen nachzugehen, ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Noch immer setzen sich die Fähigkeiten und
- Potentiale Berlins nicht ausreichend in Arbeit und Einkommen
- um. Das wollen wir ändern. Arbeit heißt auch Anerkennung:
- Die Menschen wollen sich einbringen und nicht abseits stehen.
- Berlin ist immer noch die Hauptstadt der Aufstocker, hat die
- höchsten Arbeitslosenraten und etwa 80.000 Menschen in
- Berlin sind langzeitarbeitslos. Das ist die traurige Bilanz. Das
- nehmen wir nicht länger hin. Unser Ziel ist es, durch die
- gezielte Förderung von Zukunftsbranchen und eine aktive
- Ansiedlungspolitik in der kommenden Wahlperiode 100.000
- neue Jobs zu schaffen. In unserem Konzept für einen „Green
- New Deal für Berlin“ zeigen wir, wie es geht. Die Potentiale
- dafür sind vorhanden und müssen jetzt genutzt werden: von
- den erneuerbaren Energien bis zur Gesundheitswirtschaft, von
- der Mobilität der Zukunft bis zu neuen Medien, von der Pflege
- bis zur Betreuung und Bildung.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 27
- Präambel
- Indem wir die wirtschaftliche Basis unserer Stadt verbessern,
- verbessern wir zugleich die Möglichkeiten einer solidarischen
- Politik und höherer Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Eine Politik mit Herz und Verstand kann sich nicht davor
- drücken, dass es ein gutes Leben für alle in unserer Stadt nur
- geben kann, wenn genügend für alle erwirtschaftet wird.
- Eine soziale Idee für Berlin kann es ohne ökonomische Basis
- nicht geben. Der Spruch „Arm, aber sexy“ mag zunächst cool
- klingen, ist aber dummes Gerede, denn Armut ist für die Betroffenen das Gegenteil von „sexy“. Wir versprechen nicht
- „Reichtum für alle“, aber „arm“ ist uns zu wenig. Für uns gilt:
- Eine Stadt mit guter Arbeit und gutem Einkommen für alle ist
- möglich. Und es ist ein Armutszeugnis einer vermeintlich linken
- Regierung, so wenig dafür zu tun.
- Berlin hat die Ressourcen – die Köpfe, die Unternehmen
- und die räumlichen Möglichkeiten – für eine grüne industrielle Revolution, mit der wir zukunftsweisende Forschung, Entwicklung und Produktion nach Berlin holen. Berlin muss seine
- ökonomische Stagnation überwinden: Anstatt die Hände in
- den Schoß zu legen, wollen wir eine aktive und gezielte Förderund Ansiedlungspolitik, die sich engagiert und bewegt, die das
- Gespräch sucht und wirbt, die sich kümmert und prüft, was
- nachhaltige Arbeitsplätze schafft. Zum Beispiel mit unserem
- Konzept für einen Innovationspark Tegel zeigen wir an einem
- Projekt für Berlin, wie uns der ökonomische Strukturwandel in
- der Stadt gelingen kann.
- Berlin soll der Ort sein, der sich auf den Weg macht. Die
- Stadt, die zeigt, wie die Transformation zu einer ökologischeren
- Lebens- und Wirtschaftsweise mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze aussehen kann. Berlin will zeigen, wie ökologisches Leben und Wirtschaften in Einklang zu bringen sind. Berlin soll der
- Ort sein, an dem man sieht, wie es gehen kann. Das braucht
- einen Innovationsschub, und den gibt es nur, wenn sich alle
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- miteinander hinsetzen, über alle Parteien und Disziplinen hinweg gemeinsam nach neuen Lösungen und Modellen suchen.
- Was eine lebenswerte Stadt ist, entscheidet sich an der Qualität von Erziehung und Bildung, von Gesundheit und Pflege,
- von Mobilität und Kultur, aber auch im Lebensmittel- oder Bekleidungsgeschäft. Hier liegt das Potential für viele nachhaltige Arbeitsplätze, die wir schaffen und sichern wollen: durch
- gezielte Investitionen in Bildung und Betreuung, Gesundheit
- und Pflege, Mobilität und Kultur, aber auch durch unser Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen. Innovative
- Selbstständige, verantwortungsbewusste MittelständlerInnen
- und ExistenzgründerInnen lassen wir nicht hängen, sondern sie
- werden von uns aktiv unterstützt.
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Verantwortung für das Klima
- Ohne eine aktive Klimapolitik in Berlin sind Gerechtigkeit und
- Freiheit für die Zukunft gefährdet. Berlin steht als europäische Metropole in der Verantwortung, seinen Beitrag zur Beendigung der Klimazerstörung zu leisten und gemeinsam mit
- anderen Großstädten zu beweisen, dass urbanes Leben klimafreundlich gestaltet werden kann.
- Das Ziel einer neuen, klimaverträglichen Stadt ist eine
- große gesellschaftliche Aufgabe, die zugleich viele Arbeitsplätze und wirtschaftliche Dynamik schafft. Hier entstehen die
- Jobs der Zukunft, und Berlin hat das Potential für ein grünes
- Wirtschaftswunder. Erneuerbare Energien und aktive Wärmedämmung haben in Berlin bereits viele Arbeitsplätze entstehen
- lassen. Doch die Potentiale sind noch lange nicht ausgeschöpft
- - von Energieeffizienz über Mobilität bis Recycling.
- Großstädte wie Berlin sind mit ihrem Verkehr, ihrem Abfall und
- ihrem Energieverbrauch bisher selten Vorbilder. Das wollen wir
- ändern! Berlin soll ein Klimavorbild werden.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 29
- Präambel
- Klimaschutz wird immer mehr zu einer sozialen Frage. Wir
- meinen: Keinen Klimaschutz zu betreiben ist unsozial, weil die
- Energiepreise weiter steigen werden und unsere Wohnkosten
- in die Höhe treiben. Dem können wir nur mit energetischer
- Sanierung unserer Wohnungen begegnen, deren Lasten wir
- sozial gerecht aufteilen.
- 6. Zehn für Berlin
- 1. „Eine Stadt für alle“ kann es nur geben in einem
- solidarischen Berlin, in dem keine und keiner zurückbleibt.
- Berlin braucht ein soziales Netz für alle, eine gute öffentliche
- Daseinsvorsorge und gute öffentliche Institutionen, an denen
- alle teilhaben.
- Unsere soziale Idee für Berlin geht jedoch weiter.
- Gerechtigkeit braucht mehr:
- 2. „Eine Stadt für alle“ braucht ein prosperierendes Berlin,
- denn nur so können wir Arbeit und soziale Sicherheit für alle
- schaffen. Wir schaffen deshalb 100.000 neue, zukunftsfeste Arbeitsplätze für Berlin – durch die gezielte Stärkung von
- Zukunftsbranchen wie auch durch eine Qualitätsoffensive im
- Dienstleistungsbereich.
- 3. „Eine Stadt für alle“ meint ein lebenswertes Berlin für alle.
- Eine Stadt, in der alle gut leben können, braucht bezahlbare
- Mieten. Eine neue Politik des öffentlichen Raums braucht Mobilität für alle. Eine lebenswerte Stadt braucht eine intakte Umwelt, Vielfalt, Respekt und Sicherheit.
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 4. „Eine Stadt für alle“ braucht Umweltgerechtigkeit. Unser
- Ziel ist die Klimahauptstadt Berlin. Berlin braucht ein schlüssiges Energiekonzept mit Energieeffizienz, Energieeinsparung,
- erneuerbaren Energien und einem nachhaltigen Umgang mit
- Rohstoffen – so schützen wir das Klima und schaffen viele neue
- Arbeitsplätze.
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 5. „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem lernfähigen Berlin
- mit besseren Kindergärten, besseren Schulen, besserer Ausund Weiterbildung und besseren Hochschulen für alle. Bildung
- ist vorrangige Länderaufgabe, und die schreiende Bildungsungerechtigkeit in Berlin ist schon alleine ein Grund für die Abwahl von Rot-Rot.
- 6. „Eine Stadt für alle“ braucht ein familiengerechtes Berlin,
- in dem Jung und Alt in Solidarität zusammenleben. Zur Wahl
- steht ein neuer Generationenvertrag für die Stadt, der Kindern
- endlich den Platz einräumt, den sie brauchen, Jugendlichen
- mehr Mitbestimmung gibt, Familie und Beruf vereinbar macht
- und ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter ermöglicht.
- 7. „Eine Stadt für alle“ braucht dringend ein demokratisches
- Berlin mit einer neuen politischen Kultur für unsere Stadt. Wir
- wollen die Stadt mit ihren Bürgerinnen und Bürgern regieren –
- und nicht gegen sie oder an ihnen vorbei.
- 8. „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem geschlechtergerechten Berlin, in dem Frauen die gleichen Rechte und
- Chancen haben wie Männer. Gleichberechtigung ist in unserer
- Stadt in vielen Fällen noch immer ein uneingelöstes Versprechen – ob beim Einkommen, bei den Karrierechancen oder bei
- der doppelten Belastung mit Familie und Beruf.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- Präambel
- 9. „Eine Stadt für alle“ ist nur in einem kreativen Berlin zu
- haben. Kunst und Kreativität halten unsere Stadt lebendig und
- stoßen Veränderungen an. Deshalb sind wir für eine vielfältige
- Kulturlandschaft in Berlin aktiv – mit einer starken Infrastruktur,
- gezielter Förderung und gesicherten Arbeitsbedingungen für
- die Berliner Kulturschaffenden.
- 10. Und „eine Stadt für alle“ muss dem Anspruch einer Weltstadt Berlin gerecht werden. Deshalb wollen wir Berlin besser
- international vernetzen – politisch, wirtschaftlich und kulturell
- – und vor allem eine aktivere Rolle in Europa spielen.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- noch den Willen, die Potentiale Berlins und seiner Bürgerinnen
- und Bürger zu nutzen. Unsere Alternative zur ideenlosen Politik des rot-roten Senats ist eine kompetente, engagierte und
- weitsichtige Politik für Berlin – wie sie in diesem Programm
- beschrieben ist.
- Präambel
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Berlin braucht eine frische, engagierte und zukunftsorientierte Landesregierung unter Führung einer Regierenden
- Bürgermeisterin Renate Künast.
- 7. Für Berlin
- Bei der Wahl am 18. September 2011 geht es um viel. An diesem Tag entscheidet sich, ob sich Berlin bewegt oder nicht. Wir
- wollen einen Aufbruch hin zu einer Stadt für alle. Es geht darum, die Blockaden zu lösen und eine neue politische Kultur des
- Dialogs und der Transparenz einzulösen. Unsere Schwerpunkte
- liegen – auf der Grundlage von Gerechtigkeit und Freiheit – bei
- Bildung, Arbeit und Klima.
- Helfen Sie mit Ihrer Stimme mit, dass wir ab dem 18. September in die Fähigkeiten unserer Kinder investieren anstatt in Beton. Sorgen Sie mit Ihrer Stimme dafür, dass Berlin mit dem
- Grünen New Deal aus dem wirtschaftlichen Stillstand aufwacht
- und so zukunftsfähige Jobs und soziale Sicherheit entstehen.
- Und unterstützen Sie mit Ihrer Stimme eine Klimapolitik, die
- Verantwortung für die kommenden Generationen übernimmt,
- die Stadt lebenswerter macht und für nachhaltige Arbeit sorgt.
- Der gegenwärtige rot-rote Senat hat zwar eine Mehrheit im
- Abgeordnetenhaus, aber nach zehn Jahren weder die Kraft
- 32
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 33
- 1. Solidarisches Berlin
- „Niemand soll aufgrund von Dingen, für die er nichts kann,
- schlechter dastehen im Leben als andere.“
- (John Rawls)
- 1. Solidarisches Berlin
- Keiner bleibt zurück
- „Eine Stadt für alle“ kann es nur geben in einem solidarischen
- Berlin, in dem keine und keiner zurückbleibt. Berlin kann nicht
- auf die Kompetenzen seiner Einwohnerinnen und Einwohner
- verzichten. Ein solidarisches Berlin muss sich um die Entfaltung
- der Möglichkeiten aller kümmern, unabhängig von ethnischer
- und sozialer Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Identität,
- Religion und Weltanschauung.
- Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich in unserer Stadt
- immer weiter. Viele Menschen in Berlin leben in Armut und
- fühlen sich mit ihren Problemen alleingelassen. Wir nehmen
- nicht hin, dass Menschen an den Rand gedrängt werden, weil
- sie sich die Miete für ihre Wohnung nicht mehr leisten können.
- Eine soziale Stadtentwicklungspolitik muss hier tätig werden.
- Unser Ziel ist es, jeden Menschen in die Lage zu versetzen, die
- eigenen Fähigkeiten und Lebenschancen zu entfalten und den
- dafür notwendigen Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften.
- Dabei ist Arbeit ein entscheidender Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe. Viel zu lange hat sich der Berliner Senat mit der
- hohen Arbeitslosigkeit abgefunden. Wir nehmen die Entwicklung nicht hin, dass Menschen ohne existenzsicherndes Einkommen dauerhaft ins gesellschaftliche Abseits gedrängt werden. Wir wollen eine gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen
- 34
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wohlstand erreichen und allen Menschen Chancen auf den Zugang zu Arbeit, Bildung, Kultur, Gesundheit und gesellschaftlicher Teilhabe eröffnen. Für uns bleibt – wo immer dies möglich ist – die Unabhängigkeit von Menschen von staatlichen
- Transferleistungen das Ziel unserer Politik. Mehr und bessere
- Arbeitsplätze, neuer Aufschwung für benachteiligte Stadtteile
- und Sicherung der sozialen Infrastruktur gehören daher auf die
- politische Tagesordnung.
- Berlin braucht eine gute öffentliche Daseinsvorsorge und
- gute öffentliche Institutionen, an denen alle teilhaben. Und wir
- brauchen soziale Sicherheit für alle, die unsere Solidarität besonders benötigen: Arbeitslose, Kranke oder Pflegebedürftige.
- Ein solidarisches Berlin braucht Vielfalt und Respekt. Wir in Berlin wissen, was Freiheit bedeutet und dass Vielfalt eine Bereicherung ist. Ein tolerantes Berlin wendet sich gegen jede Form
- der Diskriminierung, sei es aufgrund einer Behinderung, der
- Herkunft, des Geschlechts oder der sexuellen Identität. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus dürfen in Berlin keinen Platz
- haben. Sexismus und Homophobie ebensowenig. Berlin ist
- bunt - und darauf sind wir stolz.
- Solidarität entscheidet sich nicht zuletzt an unseren Anstrengungen zur Integration aller. Und ein solidarisches Berlin
- braucht haushalts- und finanzpolitische Redlichkeit, die neue
- Gestaltungsspielräume eröffnet und für unsere Kinder Verantwortung übernimmt.
- Auch wenn Arbeitslosengeld II und Grundsicherung bundesgesetzlich geregelt sind, sind wir in Berlin gefordert, die Lebenssituation der Menschen, die davon abhängig sind, durch
- städtisches Handeln zu verbessern. Jeder Mensch muss sich
- darauf verlassen können, dass ihm im Bedarfsfall geholfen
- wird: schnell, unbürokratisch und existenzsichernd. Dabei ist
- es wichtig, dass den Menschen auf Augenhöhe begegnet wird
- und keine Stigmatisierung stattfindet. Die Menschenwürde
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 35
- 1. Solidarisches Berlin
- und das Sozialstaatsprinzip der Verfassung gebieten, jedem,
- der der Hilfe bedarf, die existenzsichernde Grundsicherung
- zukommen zu lassen.
- In einem solidarischen Berlin ist Einmischung erwünscht, gilt
- es, das bürgerschaftliche Engagement zu stärken und zu unterstützen. Viele Berlinerinnen und Berliner engagieren sich schon
- heute aktiv für die Gemeinschaft. Dieses Engagement ist von
- unschätzbarem Wert für unsere Stadt und macht sie ein Stück
- l(i)ebenswerter. Bürgerschaftliches Engagement ist ein hohes
- und sensibles Gut. Es darf weder „Ausfallbürge“ für nicht mehr
- bezahlte öffentliche Sozialleistungen sein, noch darf es durch
- kurzfristige Arbeitsmarktmaßnahmen wie Ein-Euro-Jobs ersetzt
- werden. Soziales Engagement von und für Bürgerinnen und
- Bürger dieser Stadt braucht Anerkennung und gute Bedingungen, unter denen sich das Engagement sinnvoll entfalten kann.
- Und ein solidarisches Berlin braucht Solidarität vor Ort. Das Leben der Berlinerinnen und Berliner findet in den Bezirken und
- den Kiezen statt. Die unterschiedlichen Lebenslagen der Menschen prägen das Miteinander in der Nachbarschaft. Hier muss
- die Infrastruktur stimmen. Hier sollen Beratungs- und Hilfsangebote bereitgestellt werden, hier findet Nachbarschaftsund Selbsthilfe statt. Viele präventive, sog. „freiwillige soziale
- Leistungen“ wurden von Rot-Rot in den letzten Jahren gestrichen. Dazu gehören Angebote der Nachbarschaftsarbeit, die
- sich Bezirke aufgrund ihrer knappen Kassen nicht mehr leisten
- können. Statt Prävention zu fördern, wird oft erst hingeschaut,
- wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Das macht
- wenig Sinn und kostet langfristig mehr Geld.
- Hilfe aus einer Hand
- Wo kann Menschen besser geholfen werden als in ihrem Kiez,
- in ihrem eigenen Lebensumfeld? Menschen in schwierigen
- 36
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Lebenssituationen brauchen Unterstützung, keine starren
- Paragraphen. Zu häufig laufen hilfesuchende Menschen von
- Amt zu Amt, um die passende Unterstützung zu finden. Wir
- setzen auf Sozialraumorientierung: Das ist Hilfe zur Selbsthilfe unter Nutzung der eigenen Möglichkeiten sowie des nachbarschaftlichen Umfeldes. Die Menschen bekommen auf ihre
- Lebenslage zugeschnittene Hilfestellung aus einer Hand –
- einen „Maßanzug“ und keine „Hilfen von der Stange“.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 1.1 Wohnen darf kein Luxus sein – Mieterschutz
- stärken
- Eine Stadt für alle erfordert bezahlbaren Wohnraum in allen
- Bezirken. Dieser wird für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen vor allem in der Innenstadt knapp. Seit zehn
- Jahren betreibt der Senat keine Wohnungspolitik mehr. Wir
- wollen die Trendumkehr: hin zu einer aktiven, effizienten und
- phantasievollen Wohnungspolitik, die eine soziale Mischung
- der Stadtquartiere erhält. Es ist gut, wenn sich die Lebens- und
- Wohnbedingungen verbessern. Wir wollen aber nicht, dass
- eingesessene Bewohnerinnen und Bewohner Zug um Zug
- aus ihrem Kiez verdrängt werden. Diesem als Gentrifizierung
- beschriebenen Vorgang wollen wir im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik gegensteuern.
- Zum Erreichen unserer Ziele wollen wir einen breiten Diskussions- und Entscheidungsprozess in der Stadt in Gang bringen.
- Diesen wollen wir mit allen Akteuren führen. Aber es braucht
- auch rechtliche Werkzeuge gegen die Verdrängung. Wir wollen
- mit einer Bundesratsinitiative erreichen, dass bei Gefährdungen
- der Wohnraumversorgung in Stadtteilen zeitlich begrenzt Mietobergrenzen für Wiedervermietungen möglich werden. Dafür
- werden wir aktiv Verbündete in anderen Bundesländern suchen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 37
- Gezielt begrenzen
- 1. Solidarisches Berlin
- Unser Ziel ist es, dass die Mieten bei Neuvermietungen von
- Wohnungen nicht in astronomische Höhen steigen. Vorschriften zur Verhinderung von Mietpreisüberhöhungen müssen für
- Bezirke und Kieze gelten und nicht unbedingt für das gesamte Stadtgebiet. Wir wollen die Grenze von derzeit 20 Prozent
- über der ortsüblichen Vergleichsmiete senken. Zudem werden
- wir durch das Einbringen von Bundesratsinitiativen die Spanne von Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen von
- 20 Prozent deutlich reduzieren, sofern keine Verbesserung der
- Wohnqualität vorliegt.
- Der Kündigungsschutz in Gebieten mit einem hohen Druck
- hinsichtlich der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sollte von sieben auf zehn Jahre ausgeweitet werden. Angesichts des abnehmenden Leerstands wollen wir der
- Zweckentfremdung von Wohnraum mit einer entsprechenden
- Verordnung begegnen. Wir wollen die vermieterunabhängigen
- Mieterberatungen in Sanierungs- und Erhaltungsgebieten erhalten und ausbauen.
- Die Sozialwohnungen in Berlin sind zum Teil teurer als Wohnungen auf dem freien Markt. Wir wollen diese Wohnungen in
- den Mietspiegel überführen und aus der fehlgeleiteten Förderung aussteigen, die Berlin Milliarden Euro kostet. Häuser, deren
- EignerInnen pleite sind, wollen wir im Einzelfall für die städtische
- Wohnungsversorgung ankaufen, anstatt teure Bürgschaften
- zu zahlen. MieterInnen in ehemaligen Sozialwohnungen, die
- von drastischen Mieterhöhungen bedroht sind, sollen von den
- städtischen Wohnungsbaugesellschaften bezahlbaren Wohnraum möglichst in der Nähe ihres alten Wohnumfeldes angeboten bekommen. Zur bedarfsgerechten Ausgestaltung der
- Wohnungslosenhilfe muss der Obdachlosenrahmenplan aktu-
- 38
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- alisiert und fortgeschrieben werden. Wir brauchen präventive
- Maßnahmen zur Vermeidung von Wohnraumverlust. Wir wollen die Wohnungslosenhilfe auch für Nichtdeutsche öffnen.
- Die Zusammenarbeit der Sozial-, Wohn- und Bürgerämter,
- Jobcenter und freien Träger muss verbessert werden, nach dem
- Vorbild des Jobcenters Tempelhof-Schöneberg. Wir wollen der
- Kältehilfe endlich Planungssicherheit geben.Mittelfristig wollen
- wir den Anteil landeseigener Wohnungen am Wohnbestand
- auf 15 Prozent erhöhen und besser auf die Stadt verteilen. Die
- Wohnungsbaugesellschaften müssen auf ihren ursprünglichen
- Zweck verpflichtet werden, Wohnraum für einkommensarme
- Mieter anzubieten.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Soziale und nachhaltige Formen des Wohneigentums
- unterstützen
- Wir werden Initiativen von Stiftungen, genossenschaftlich orientierten Trägern und insbesondere jungen Familien bei dem
- Bemühen unterstützen, neue Wege bei der Schaffung von
- Wohnraum zur Miete oder im Eigentum in zukunftsweisenden und kooperativen Projekten wie Baugruppen zu gehen. In
- Erhaltungsgebieten wollen wir aktiv Vorkaufsrechte an Grund
- und Boden nutzen und Mieterinnen und Mieter ermutigen, ihre
- Häuser später selbst zu übernehmen. Wir setzen uns auf allen
- Ebenen für alternative Wohnprojekte ein. Sie erfüllen eine wichtige soziale und kulturelle Funktion für den Kiez und die Stadt.
- 1.2 Arbeit heißt Anerkennung – Brücken in die
- Beschäftigung
- Wir wollen allen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt
- ermöglichen. Jeder Mensch hat das Recht auf eine Arbeit, die
- seine Existenz sichert. Wer Vollzeit arbeitet, muss auch von
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 39
- diesem Einkommen leben können. Gemeinsam mit der Berliner
- Wirtschaft und den Gewerkschaften wollen wir neue und
- bessere Arbeitsplätze schaffen.
- 1. Solidarisches Berlin
- Bei Menschen, die lange aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen
- waren, konnten Talente nicht mehr zum Tragen kommen. Ein
- solidarisches Berlin braucht alle: Wir können nicht hinnehmen,
- dass in Berlin eine große Anzahl Erwerbsloser mit geringer Qualifikation keine Perspektive mehr auf dem Arbeitsmarkt hat.
- Gerade hier wollen wir die Blockaden abbauen und sinnvolle
- Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen unterstützen,
- insbesondere bei Älteren, die in hohem Maße über Erfahrungswissen verfügen.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Streitigkeiten zwischen Erwerbslosen und Jobcentern beim
- Sozialgericht. Wir wollen unklare bundesgesetzliche Vorgaben
- durch Ermessensspielräume zu Gunsten der Betroffenen nutzen. Die Erreichbarkeit der Jobcenter muss verbessert werden.
- Der Sanktionsmechanismus hat sich nicht bewährt. Wir setzen
- auf Unterstützung. Diese soll durch die bestehenden Beratungsund Hilfsangebote freier Träger, der Kirchen, privater Initiativen und der Berliner Anwaltschaft stattfinden. Wir setzen uns
- für den Erhalt der Beratungshilfe neben der in einigen Bezirken
- praktizierten öffentlichen Rechtsberatung ein.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Da wir sehen, dass derzeit organisatorisch und strukturell in
- den Berliner Jobcentern nicht alles gut läuft, werden wir uns
- auf Bundesebene für ein Sanktionsmoratorium einsetzen. So
- wollen wir die sozialen Bürgerrechte der Betroffenen stärken.
- Unterstützung auf Augenhöhe
- Die Bundesagentur soll erwerbslosen Menschen helfen, wieder
- in Arbeit zu kommen. Angesichts der zu bewältigenden Papierberge bleibt eine individuelle und passgenaue Betreuung der
- Kundinnen und Kunden auf der Strecke, ihre Kenntnisse und
- Erfahrungen werden nicht erkannt.
- Wir wollen Jobcenter, in denen den Menschen respektvoll
- und auf Augenhöhe begegnet wird. Wo die Zeit dafür da ist,
- individuell zu beraten, und die Hilfsangebote aufgrund der
- Kenntnisse und Kompetenzen der Hilfesuchenden ausgewählt
- werden. Um dieses Ziel zu erreichen, befürworten wir, dass
- das Land Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt als „Optionskommune“ votiert, d.h. dass Leistungserbringung und Jobvermittlung für die Langzeitarbeitslosen aus einer Hand erfolgen.
- Aufgrund der vielfach unklaren bundesgesetzlichen Vorgaben
- und unzureichend geschulten Personals landen Tausende von
- 40
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Brücken in Beschäftigung bauen
- Auch jene, die seit längerem geringe Chancen auf eine Rückkehr ins Erwerbsleben haben, werden nicht zurückgelassen. In
- Berlin sind 80.000 Menschen langzeiterwerbslos. Unser Ziel ist
- es, möglichst viele Menschen wieder in eine sinnvolle und dauerhafte Arbeit zu bringen. Reine Beschäftigungstherapien und
- Endlosschleifen in Maßnahmen ohne nachhaltigen Effekt für
- die Betroffenen lehnen wir ab.
- Bildung ist der Schlüssel für die Integration in den Arbeitsmarkt.
- Sie gehört in den Mittelpunkt künftiger Arbeitsmarktpolitik.
- Vor allem für gering Qualifizierte, für junge Erwerbslose sowie
- für Menschen mit Migrationshintergrund müssen die Chancen
- auf dem Arbeitsmarkt durch Bildungsangebote, wie das Nachholen von Schulabschlüssen, Sprachkurse, berufliche Bildung
- und Weiterbildung, verbessert werden.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 41
- Landesbeschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose
- 1. Solidarisches Berlin
- Die Bundesregierung zieht sich immer mehr aus der Verantwortung für langzeitarbeitslose Menschen zurück. Wir wollen
- nicht, dass diese Frauen und Männer, die auch bei sich verbessernder Wirtschaftslage kaum Chancen auf einen Job auf dem
- ersten Arbeitsmarkt haben, abgehängt werden. Wir wissen:
- Die gesellschaftliche Integration langzeitarbeitsloser Menschen
- gelingt am besten durch Integration in Arbeit. Wir wollen für
- diese Menschen zusammen mit den Jobcentern ein Landesbeschäftigungsprogramm ins Leben rufen, das befristete qualifizierende Beschäftigungen anbietet. Ein solches Programm
- garantiert allgemeinen gesellschaftlichen Nutzen und den
- Beschäftigten gleichzeitig gesellschaftliche Anerkennung.
- Ein immenser Handlungsbedarf besteht bei der Pflege öffentlicher infrastruktureller Einrichtungen, für die keine kurzfristigen
- Sanierungen oder Instandsetzungen aus öffentlichen Mitteln
- vorgesehen sind. Zusammen mit den Bezirken kann hier ein
- nachhaltiges Beschäftigungsfeld aufgebaut werden.
- Ein aktualisiertes arbeitsmarktpolitisches Rahmenprogramm
- (ARP) sorgt für die Umsetzung des Konzepts, das zusätzlich und
- im öffentlichen Interesse ist, aber ohne die Positivliste auskommen wird. Über eine Bundesratsinitiative werden wir uns erneut
- für die Kapitalisierung des Arbeitslosengeldes II einsetzen.
- 1.3 Gute Gesundheit und gute Pflege
- Damit die Berlinerinnen und Berliner gesund bleiben, brauchen
- wir gesundheitsfördernde Lebens- und Arbeitsbedingungen und
- Prävention im Bezirk, in den Kiezen, in den Kitas und Schulen. Gesundheit ist Lebensqualität, aber viele Faktoren gefährden unsere
- Gesundheit. Armut, Arbeitslosigkeit, psychische Belastungen
- 42
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- und mangelnde Bildung gehören dazu. Prävention, die rund
- um die Geburt anfängt, Kinder schon im Kindergarten und Jugendliche in der Schule zu einer selbstbewussten und gesunden
- Lebensweise befähigt und sie durch das Arbeitsleben bis ins
- Alter begleitet.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wir wollen die Förderung der Gesundheit zu einem Schwerpunkt der künftigen Politik der Stadt machen. Vorbeugung ist
- uns ebenso wichtig wie das „Heilen“ von Krankheiten. Deshalb werden wir ein Berliner Landes-Präventionsprogramm
- initiieren, das die Gesunderhaltung in den Vordergrund stellt.
- Wir brauchen eine gute Versorgung, die allen Berlinerinnen
- und Berlinern offensteht. Der Öffentliche Gesundheitsdienst
- (ÖGD) spielt beim Schutz der Gesundheit der Berlinerinnen
- und Berliner neben den vielen Selbsthilfegruppen und Projekten der Gesundheitsversorgung eine wichtige Rolle. Ziel ist es,
- die beratenden, helfenden und aufsuchenden Angebote des
- Gesundheitsdienstes – wie Einschulungsuntersuchungen, AidsBeratung und Behindertenbetreuung – zu stärken, damit sie
- ihre präventive Wirkung entfalten können. Auch die Präventionsarbeit – und Aufklärungsarbeit – gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und die Angebote für
- Betroffene müssen verlässlich und langfristig gesichert werden.
- Wichtig ist uns die wohnortnahe Versorgung besonders für
- alte, chronisch kranke und behinderte Menschen. Wir wollen
- Spitzenmedizin in und aus Berlin.
- Dafür muss der Senat endlich seine Verantwortung als Eigentümer der beiden großen öffentlichen Krankenhausträger des
- Landes – Vivantes und die Charité – annehmen und sie in die
- Lage versetzen, dies zu leisten. Das ist vor allem eine Aufgabe für
- die Politik. Wir wollen, dass die Charité als Universitätsmedizin
- und das Vivantes-Netzwerk für Gesundheit in ihren jeweiligen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 43
- 1. Solidarisches Berlin
- Profilen klar gestärkt werden und die politische Verantwortung
- nicht länger in Ressortkonkurrenzen untergeht. Und schon jetzt
- muss nicht nur der Investitionsstau bei der Charité beseitigt
- werden, auch für die kommenden Investitionsnotwendigkeiten
- bei Vivantes gilt es, Vorsorge zu treffen. Dabei kommt ein Verkauf oder eine Privatisierung einer oder beider für uns nicht in
- Frage. Wir sprechen uns zudem auch klar für den universitären
- Gesundheitsstandort im Südwesten Berlins aus, erwarten aber
- auch von der Charité, dass sie ihre Chance nutzt, Vorreiterin in
- der medizinischen Forschung in Zukunftsfeldern wie Prävention, Public Health sowie alters- und lebenslagenspezifische
- Medizin zu werden – davon haben alle Berlinerinnen und
- Berliner etwas. Beide Institutionen müssen aus einer Hand gesteuert werden.
- Wir treten für einen konsequenten Nichtraucherschutz ein.
- Der Schutz vor dem Passivrauchen muss erweitert werden.
- Dazu gehören auch ein konsequenter Arbeitsschutz in den
- Krankenhäusern und der Gastronomie und ein Rauchverbot
- für Kinderspielplätze. Wir wollen verhindern, dass schon Kinder
- und Jugendliche mit dem Rauchen beginnen.
- Wir wollen den gesundheitsschädlichen Konsum von Drogen
- vermeiden und Abhängigkeiten verhindern. Das wird – und das
- hat die Vergangenheit gezeigt – nicht mit Strafverfolgung, sondern vor allem durch eine Stärkung der Suchtprävention gelingen. Übermäßigem Alkoholkonsum unter Jugendlichen wollen
- wir durch Programme begegnen, die auf das Erlernen von bewusstem und risikoarmem Konsum abzielen. Wir setzen uns für
- eine Beschränkung der Alkohol- und Tabakwerbung ein. Wir
- wollen den kriminellen Drogenhändlern das Handwerk legen,
- ihre Märkte austrocknen und nicht die DrogenkonsumentInnen bestrafen. Wir halten es für wirksamer, weiche Drogen wie
- Cannabis kontrolliert an Erwachsene abzugeben. Zum Schutz
- von KonsumentInnen muss die Qualitätskontrolle von Drogen
- 44
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- mittels Drugchecking möglich gemacht werden. Beides wollen
- wir in einem Modellversuch erproben. Die ärztliche Verschreibung von Drogen an Schwerstabhängige wollen wir ermöglichen. Der Staatsanwaltschaft wollen wir es ermöglichen, sinnlose Strafverfahren schneller einzustellen.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wir wollen das Bewusstsein für sexuelle Gesundheit fördern.
- An Schulen muss Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten zur Regel werden. Männer, die Sex mit Männern haben,
- sind besonders in Berlin überproportional vom Anstieg der HIVNeudiagnosen betroffen. Deswegen werden wir sie bei der Gewichtung der Mittel für Prävention stärker berücksichtigen. So
- unterstützen wir niedrigschwellige Präventionsangebote wie
- HIV-Schnelltests in Verbindung mit Beratung. Krankenkassen
- müssen sich endlich an der Aids-Prävention beteiligen! Menschen mit HIV und Aids müssen diskriminierungsfreien Zugang
- zum Arbeitsmarkt bekommen.
- PatientInneninteressen stärken
- Damit PatientInnen ihre Anliegen und Rechte besser kennen
- und durchsetzen können, wollen wir die Anforderungsprofile
- für PatientenfürsprecherInnen in Krankenhäusern konkretisieren, die Patientenberatungsstellen angemessen fördern und das
- Amt der Patientenbeauftragten stärken. Das Berliner Gesetz
- für psychisch Kranke werden wir im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention überarbeiten.
- Kinder stark machen – Gesundheitsförderung von
- Anfang an
- Bereits bei Kindern und Jugendlichen nehmen chronische und
- psychische Erkrankungen zu. Alarmierend ist jedoch vor allem,
- dass sich die Gesundheitsrisiken bei 20 Prozent der Kinder und
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 45
- 1. Solidarisches Berlin
- Jugendlichen konzentrieren. Insbesondere diejenigen aus sozial
- benachteiligten Familien sind betroffen.
- Die Frage, ob Kinder krank werden oder gesund bleiben,
- entscheidet sich vor allem dort, wo sie wohnen, spielen oder
- lernen. Frühzeitige Gesundheitsförderung und Prävention in
- Kindertagesstätten und Schulen in den Bereichen Ernährung,
- Bewegung, Stressbewältigung und Suchtprävention kann auch
- die Kinder und Jugendlichen erreichen, die durch andere Angebote nicht erreicht werden. Dazu sind Ressourcen notwendig
- und eine umfassende Qualifikation der Mitarbeiterinnen und
- Mitarbeiter in den Jugend- und Bildungseinrichtungen.
- Nicht die Menschen zur Hilfe, sondern die Hilfe zu den
- Menschen bringen
- Pflegebedürftige Menschen müssen wissen, welche Hilfen ihnen zur Verfügung stehen. Sie brauchen Transparenz und die
- Vernetzung der Akteure und Angebote, integrierte Versorgungssysteme und eine übersichtliche Infrastruktur. Das „persönliche Budget“ – die individuelle Auswahl von Unterstützung
- wie z.B. die persönliche Assistenz – trägt zum Erhalt der Selbständigkeit bei. Wir wollen, dass die Paragraphen zu den Menschen passen und nicht umgekehrt. Oberstes Ziel muss sein,
- Pflege so lange wie möglich zu vermeiden und alles dafür zu
- tun, dass die Menschen in ihrer eigenen Wohnung und im vertrauten Kiez bleiben können. Hilfreich dafür ist eine unabhängige Wohn- und Pflegeberatung, die in wohnortnahen Pflegestützpunkten gebündelt wird.
- Dreh- und Angelpunkt einer auf den Kiez bezogenen ambulanten Versorgungsstruktur ist eine von den Bürgerinnen
- und Bürgern getragene Kultur des Helfens. Sie übernehmen
- selbst Verantwortung in der Nachbarschaft und überlassen dies
- nicht allein den Pflege-Profis, mit dem positiven Effekt, dass
- 46
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- alte Menschen weniger einsam sind. Es geht um eine kluge
- Kombination von professionellen und angelernten Kräften, der
- Familie, nachbarschaftlicher Unterstützung und bürgerschaftlichem Engagement. Die Zahl der allein lebenden Menschen, die
- pflegebedürftig sind, nimmt in einer Großstadt wie Berlin stetig
- zu. Neben einer guten pflegerischen Versorgung sind für diese
- Menschen mehr Aufmerksamkeit und Solidarität geboten, z.B.
- durch aufsuchende Angebote.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Nicht allen ist das Glück beschieden, im Alter gesund und aktiv zu bleiben. Viele haben Angst, durch die eigene Pflegebedürftigkeit einen Großteil an Würde und Selbstbestimmtheit
- aufgeben zu müssen. Verstärkt wird das Unbehagen durch
- die Skandale über Missstände im Pflegebereich. Wir müssen
- sicherstellen, dass gesetzliche Vorgaben tatsächlich umgesetzt
- und Qualitätskontrollen durchgeführt werden. Außerdem müssen einheitliche Qualitätsstandards verbindlich festgeschrieben
- werden.
- Gute Arbeit – gute Pflege
- Pflegen ist anstrengend – die Arbeitsbelastungen steigen, die
- Attraktivität der Pflegeberufe sinkt. Das ist eine Entwicklung,
- die wir uns nicht leisten können. Leisten müssen wir uns hingegen eine gute und attraktive Vergütung für Pflegende. Die
- Entscheidung für einen Mindestlohn war längst überfällig. Wir
- brauchen eine Neustrukturierung der Alten- und Krankenpflegeausbildung, die flexibler ist, in der die Ausbildung zur
- Pflege(fach)kraft auch in einzelnen aufeinander aufbauenden
- Qualifikationsstufen möglich ist. So wird der Einstieg für viele erleichtert, aber auch die Weiterqualifizierung im Bereich der Pflege ermöglicht. Im Bereich der Pflege kommt es immer wieder zu
- Gewalt gegen pflegebedürftige und behinderte Menschen. In
- Berlin ist ein entsprechendes Schutzsystem auszubauen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- Türen öffnen für Menschen mit Demenz
- 1. Solidarisches Berlin
- Unsere besondere Fürsorge gilt den Menschen, die ihre Interessen nicht (mehr) selbständig vertreten können. Dazu zählen
- besonders Menschen mit Demenz, deren Zahl schnell wächst.
- Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz sind eine
- gute Entwicklung, vorausgesetzt, dass Pflegequalität und Verbraucherschutz sichergestellt werden. Notwendig sind klare
- Regelungen im Wohnteilhabegesetz, Unterstützungsangebote
- für die Angehörigen und eine Stärkung des bürgerschaftlichen
- Engagements. Erforderlich sind zudem Selbstverpflichtungen
- zu Qualitätsstandards und klar definierte Qualitätsanforderungen bei der Pauschalförderung. Barrierefreiheit umfasst für uns
- auch die Barrierefreiheit für Menschen mit Demenz.
- Würde bis zum Lebensende
- Viele Sterbende haben den Wunsch, ihre letzten Tage und
- Stunden mit vertrauten Menschen im gewohnten Lebensumfeld zu verbringen. Die Realität sieht anders aus: Die meisten Menschen sterben in Krankenhäusern oder Heimen. Wir
- wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Würde,
- Selbstbestimmtheit und Autonomie eines jeden Menschen bis
- zuletzt respektiert wird. Hierzu muss der Ausbau der ambulanten palliativen Versorgung verstärkt werden. Wir wollen
- uns dafür einsetzen, dass die erhöhten Kosten der Sterbebegleitung bei Patientengruppen mit besonderen Belangen (z.B.
- Aids- oder Demenzpatienten) von den Berliner Krankenkassen
- übernommen werden.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Menschen, die aus allen Ländern der Welt stammen, Ost- und
- Westdeutsche, Angehörige verschiedener Religionen und viele Konfessionslose, Lesben, Schwule, Bi- und Heterosexuelle,
- Junge und Alte, Menschen mit und ohne Behinderung, Frauen,
- Männer, Transgender und Intersexuelle. Sie alle sind Teil von
- Berlin. Eine Stadt für alle heißt, dass sie auch alle gleichberechtigt teilhaben sollen.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Diversity: Politik der Vielfalt
- Vielfalt macht Berlin stark und attraktiv. Wenn unterschiedliche
- Perspektiven zusammenkommen, kann eine kreative Spannung
- entstehen. Selbst Reibungen und Konflikte – die es natürlich zu
- erkennen gilt – können einen Gewinn für alle bedeuten. Das
- setzt voraus, dass jede Person so respektiert wird, wie sie ist. Eine
- Politik der Vielfalt muss Unterschiede anerkennen, Konflikte
- moderieren und Benachteiligungen entgegenwirken. Sie schärft
- den Blick für Mehrfachdiskriminierungen.
- Wir wollen, dass alle Behörden und Einrichtungen des Landes
- von der Schule über die Polizei bis zu den Einrichtungen der
- Gesundheitsvorsorge und den öffentlichen Unternehmen zum
- Umgang mit Vielfalt befähigt werden. Dazu gehören DiversityTrainings, die Entwicklung von unternehmensspezifischen Konzepten und die Etablierung von Diversity-Beauftragten, die die
- Umsetzung begleiten. Wir setzen uns dafür ein, dass öffentliche Aufträge und Zuwendungen nur an solche Organisationen
- vergeben werden, die ihre Beschäftigten nicht diskriminieren.
- Behindert ist man nicht, behindert wird man
- 1.4 Stadt der Vielfalt
- In Berlin treffen wie in keiner anderen Stadt in Deutschland die
- unterschiedlichsten Lebensweisen und -entwürfe aufeinander.
- 48
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Eine gerechte Gesellschaft muss die unterschiedlichen
- Bedürfnisse aller im Blick haben und miteinbeziehen – dies versteht man unter dem Begriff „Inklusion“. Inklusion bedeutet,
- dass Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen
- oder dass Menschen mit Behinderungen nicht in speziellen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- 1. Solidarisches Berlin
- Werkstätten arbeiten, sondern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert sind. Das ist gar nicht so einfach, denn vielfach
- werden die Menschen durch das Umfeld behindert. Dies wollen
- wir ändern: Barrieren und Diskriminierungen im Alltag müssen
- abgebaut, notwendige Hilfen zur Verfügung gestellt werden:
- Gebäude müssen auch im Rollstuhl zugänglich, öffentliche
- Internetseiten für Blinde nutzbar und Veranstaltungen für Gehörlose verfolgbar sein. Menschen mit Behinderung müssen
- selbstbestimmt leben können und individuelle Wahlmöglichkeiten haben. Für uns gilt: Ausgleich von Nachteilen, nicht
- Fürsorge. Die Inhalte der UN-Konvention über die Rechte von
- Menschen mit Behinderungen stellen einen Meilenstein in der
- Behinderten- und in der Rechtspolitik dar. Diese gilt es nun
- konsequent umzusetzen. Berlin muss allen Menschen rund um
- die Uhr umfassend und barrierefrei offenstehen.
- Stadt verschiedener sexueller Identitäten
- Berlin ist Anziehungspunkt und neue Heimat für viele, die vor
- konservativer Enge, vor Benachteiligung oder sogar Verfolgung
- aufgrund ihrer sexuellen Identität geflohen sind. Berlin – Hauptstadt der Lesben und Schwulen? Längst nicht überall in Berlin
- herrscht ein Klima von Akzeptanz. In vielen gesellschaftlichen
- Bereichen gibt es weiter Unverständnis und Anfeindungen,
- geben Homo- und Transphobie den Ton an. Darum haben wir
- einen Aktionsplan angeschoben, den das Abgeordnetenhaus
- beschlossen hat. Diesen gilt es konsequent umzusetzen und
- weiterzuentwickeln. Unter anderem wollen wir, dass Akzeptanz
- in den Schulen und Jugendeinrichtungen gefördert wird, aber
- auch in Vereinen und bei freien Trägern. Regenbogenfamilien
- brauchen die Gewissheit, dass ihnen ohne Vorbehalte begegnet
- wird. Bei der Vermittlung von Adoptionen und Pflegschaften darf
- nur das Kindeswohl das entscheidende Kriterium sein. Lesben
- und Schwule sind daher gleichberechtigt zu berücksichtigen.
- 50
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Die Rechte von Intersexuellen ins Besondere auf körperliche
- Unversehrtheit und Selbstbestimmung müssen respektiert
- werden. Auf Bundesebene muss Berlin weiter Druck machen
- für eine menschenwürdige Reform des Transsexuellenrechts,
- die Schärfung des Antidiskriminierungsrechts und die Öffnung
- der Ehe für Lesben und Schwule mit vollem Adoptionsrecht. Der
- Diskussion um weitere Formen vertraglicher Partnerschaften,
- in denen die PartnerInnen füreinander einstehen wollen, geben
- wir Raum.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Dem Hass keine Chance
- Vielfalt braucht gemeinsame Regeln, wechselseitigen Respekt,
- die Anerkennung von Vielfalt und gleichen Rechten. Aufrufe
- zum Hass gegen bestimmte Menschengruppen sind nicht hinnehmbar. Darum brauchen wir weiter Projekte gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus,
- Sexismus, Homo- und Transphobie und Islamfeindlichkeit. Wo
- immer sinnvoll und möglich, wollen wir diese Projekte durch
- Kooperation stärken für eine neue demokratische Kultur der
- Vielfalt. Eine Stadt für alle heißt: Bei Bedrohungen und Verbrechen aus Hass gegen einzelne Gruppen ist ganz Berlin
- solidarisch. Opfer müssen auch von staatlicher Seite adäquate
- Unterstützung finden, sei es von Polizei, Staatsanwaltschaft
- oder andere Behörden.
- Antidiskriminierungsarbeit stärken
- Wir wollen das Antidiskriminierungsrecht in Berlin und auf
- Bundesebene weiterentwickeln. Dazu gehört neben einer Verlängerung der Klagefristen auch die Einführung eines echten
- Verbandsklagerechts. Effektiver Schutz vor Diskriminierungen
- muss auch im Bildungsbereich sowie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Mittel gewährleistet werden. Die Antidiskriminierungsstelle des Landes wollen wir stärken und zu
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 51
- 1. Solidarisches Berlin
- einer bekannten, umfassenden Anlaufstelle machen für Fälle
- der Benachteiligung aufgrund der Hautfarbe, der ethnischen
- Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung,
- einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.
- Die Antidiskriminierungsstelle soll aber auch verstärkt selbst
- aktiv werden, um die Einhaltung der Antidiskriminierungsbestimmungen zu überprüfen, z. B. durch Testverfahren. Sowohl
- Einzelpersonen als auch Verbände soll sie bei Klagen unterstützen. Sie soll außerdem sowohl öffentliche Stellen als auch Organisationen, Vereine und Unternehmen dabei beraten, wie sie
- Diskriminierung vermeiden können. Die anonymisierte Bewerbung soll zumindest bei öffentlichen Stellen und bei Unternehmen mit Landesbeteiligung Standard werden.
- 1.5 Integration heißt Anstrengung aller
- „Eine Stadt für alle“ bedeutet, dass sich alle auf der Basis
- gleicher Rechte, Pflichten und Chancen mit wechselseitigem
- Respekt begegnen – egal ob sie aus Diyarbakir kommen oder
- aus Gera, aus Ulm, Beirut, New York, Shanghai oder Szczecin
- (Stettin).
- Berlin war und ist eine Stadt der Zugezogenen, der Eingewanderten und ihrer Kinder. Zuwanderung hat dazu beigetragen,
- dass unsere Stadt eine internationale, vielfältige und lebenswerte Metropole ist. Viele Migrantinnen und Migranten haben hier
- nicht nur ihren Weg gemacht. Sie bauen längst aktiv mit an der
- Zukunft Berlins, sind engagiert und sind bereit für mehr.
- Es gibt aber auch Probleme. Die werden wir nur lösen können, wenn die Sorgen und Ängste wechselseitig ernst genommen werden und niemand auf reißerische Debattenbeiträge hereinfällt. Hindernisse der Integration gilt es gemeinsam
- abzuräumen, statt nur zu streiten, wer in der Vergangenheit
- 52
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- welche Verantwortung für mangelnde Integration getragen
- hat. Integration heißt, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, damit alle gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen
- Bereichen teilhaben. Berlin will es sich nicht leisten, Einzelnen
- Chancen zu versagen. Und Berlin kann es sich nicht leisten,
- Potentiale von Migrantinnen und Migranten zu vergeuden. Jeder vierte Berliner und jede vierte Berlinerin hat migrantische
- Wurzeln, Tendenz steigend. Die Zukunft der Stadt hängt also
- maßgeblich davon ab, dass Integration gemeinsam gelingt.
- Das erfordert Anstrengungen und Respekt von allen Seiten.
- Grüne sehen dabei nicht weg, sondern genauer hin, und wir
- betrachten die verschiedenen Milieus genau. Viele Migrantinnen und Migranten sind durch die Art und Weise der Debatte
- im letzten Jahr eher abgeschreckt. Sie finden sich zu Recht nicht
- wieder in dem Zerrbild, das durch Schlagworte wie verbrecherische Familienclans, so genannte Ehrenmorde, Drogenhandel
- und islamischer Fundamentalismus bestimmt ist. Wo immer
- solche Probleme bestehen, müssen sie konsequent angegangen werden – und zwar mit den Migrantinnen und Migranten,
- nicht gegen sie. Das gilt für alle Themen: vom Schulabbruch
- bis zur Gewalt, von der Arbeitslosigkeit bis zur Zwangsverheiratung.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Integrationsblockaden bestehen vor allem dort, wo sich soziale
- und rechtliche Ungleichheit, Bildungsarmut und Perspektivlosigkeit mit ethnischer Herkunft überlagern. Ausgrenzung und
- Abgrenzung verschärfen die Spaltung. Das wollen wir überwinden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Gruppen von Eingewanderten doppelt so häufig arbeitslos sind wie der Berliner Durchschnitt. Dass ihre Kinder deutlich häufiger mit niedrigem oder
- ohne Abschluss die Schule verlassen und für sie nur schlechte
- Chancen auf einen Ausbildungsplatz bestehen, muss endlich
- ein Ende haben.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Arbeitsmarkt für alle
- Auch bei der Berufsvorbereitung, bei der Ausbildung und
- parallel zur Berufstätigkeit brauchen wir Maßnahmen zur
- Integrations- und Sprachförderung. Wir werden das Handwerk
- als Träger der beruflichen Integration mit seinen Problemen
- nicht weiter alleinlassen. Gerade im Übergang zwischen der
- schulischen und der beruflichen Bildung wollen wir sicherstellen, dass die Auszubildenden über die notwendigen Kenntnisse
- und sozialen Voraussetzungen verfügen, um eine Ausbildung
- erfolgreich abschließen zu können. Wir werden in Zusammenarbeit mit der HWK und IHK die Ausbildungs- und Integrationskompetenz der Betriebe stärken und gemeinsam Maßnahmen entwickeln, um einen erfolgreichen Start ins Berufsleben
- zu ermöglichen. Die Arbeitsvermittlung wollen wir weiter interkulturell öffnen und dafür sorgen, dass die Jobcenter zielgerichtete Angebote machen und Maßnahmen entwickeln, die
- Migrantinnen und Migranten weiterbringen.
- Obwohl wir in Deutschland und Berlin dringend und zunehmend auf Fachkräfte angewiesen sind, verzeichnen wir derzeit
- mehr Abwanderung als Zuwanderung. So sehen immer mehr
- gut ausgebildete türkische Berlinerinnen und Berliner für sich
- bessere Perspektiven in der Türkei als hier. Das liegt auch an der
- Diskriminierung, die Menschen mit Migrationshintergrund im
- Alltag und im Job erfahren – selbst bei gleicher Qualifikation.
- Wir wollen nicht, dass aus den Kindern der Einwanderer jetzt
- Auswanderer werden.
- Schulen, die in besonderer Weise Integrationsaufgaben übernehmen, brauchen dafür besondere Mittel und Kapazitäten,
- möglichst auch Personal mit eigenem Migrationshintergrund,
- das Vorbild und Mittler sein kann, das gilt auch für das Gymnasium. Neben der gezielten Deutschförderung müssen Kinder
- auch Zugang zu ihrer Kultur und Sprache bekommen. Lehrerinnen und Lehrer wollen wir unterstützen mit der Anerkennung
- dieser wichtigen Arbeit als Arbeitszeit, mit Fort- und Weiterbildung, mit Supervision und Trainings und mit dem Einsatz
- von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die ihnen zur
- Seite stehen.
- 54
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 1. Solidarisches Berlin
- 1. Solidarisches Berlin
- Integration durch Bildung
- Bildung ist mehr denn je ein Schlüssel zum persönlichen Erfolg
- sowie zur gesellschaftlichen Integration. Darum brauchen wir
- eine Qualitätsoffensive an allen Bildungseinrichtungen, die den
- Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft gerecht
- wird. Interkulturelle Erziehung und Bildung lässt Grenzen in den
- Köpfen erst gar nicht entstehen. Ganz im Gegenteil – sie schafft
- Begegnungen, baut Ängste ab und fördert den Dialog. Daher
- wollen wir die interkulturelle Erziehung und Bildung zum festen
- Bestandteil in den Bildungseinrichtungen machen. Gleiche Teilhabechancen erfordern gute Deutschkenntnisse, und zwar so
- früh wie möglich. Dafür ist eine entsprechende Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher an den Kitas und der
- Lehrerinnen und Lehrer unverzichtbar. Interkulturell geschultes
- und möglichst mehrsprachiges Personal kann Brücken schlagen
- zu den Communities und den Familien. In die Sprachförderung
- müssen die Eltern einbezogen werden, durch konkrete Angebote wie Elternkurse und direkte Ansprache. Die Integrationskurse der Volkshochschulen sollten in den Kitas und Schulen
- stattfinden können. Schulen müssen sich öffnen, mit anderen
- Einrichtungen kooperieren und einen kurzen Draht schaffen.
- Nicht nur offenem Rassismus muss weiterhin entschieden entgegengetreten werden. In einer Stadt für alle muss jeder Form
- von struktureller Benachteiligung entgegengewirkt werden.
- Wir wollen die Antidiskriminierungsstelle des Landes stärken,
- damit sie besser gegen ungerechtfertigte Benachteiligung vorgehen kann.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- Anerkennungszentrum für ausländische Abschlüsse
- 1. Solidarisches Berlin
- Viele Berlinerinnen und Berliner können ihren Beruf nicht
- ausüben, weil ihre im Ausland erworbenen Abschlüsse oder
- Qualifikationen nicht anerkannt werden. Nicht nur der Bund,
- sondern auch das Land ist in der Pflicht, diesen Missstand
- gründlich zu beheben. Wir wollen eine zentrale Anlaufstelle,
- die Unterstützung bietet bei den oft komplizierten und langwierigen Anerkennungsverfahren.
- Das betrifft schulische, berufliche und universitäre Qualifikationen. Wenn eine volle Anerkennung der Abschlüsse nicht
- möglich ist, sollen Wege der Nachqualifikation und Prüfung
- aufgezeigt und vermittelt werden. Dazu müssen die anerkennenden Stellen eingebunden werden, von Hochschulen über
- Kammern bis zu Berufsschulen.
- Öffentlicher Dienst – offen für alle
- Benachteiligung gibt es nicht nur in der Wirtschaft, sondern
- auch im staatlichen Bereich. Die Behörden von Berlin müssen
- für alle offen sein und ihr Personal soll der Vielfalt der Berliner
- Bevölkerung entsprechen. Um in dieser Stadt effektiv arbeiten
- zu können, braucht die Verwaltung schon heute die Fähigkeiten, das Wissen und die Kontakte von Migrantinnen und Migranten. Deren Kompetenzen werden künftig immer wichtiger
- werden. Darum ist es richtig, Migrantinnen und Migranten
- gezielt für den Öffentlichen Dienst zu gewinnen, sie mit Bewerbungstrainings zu unterstützen und Mehrsprachigkeit als
- positives Einstellungskriterium zu berücksichtigen.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Die Residenzpflicht wollen wir abschaffen. Auch Menschen
- ohne Papiere brauchen zumindest Zugang zur Gesundheitsversorgung. Alle Kinder sollen ihr Recht auf Bildung ohne Angst
- vor Abschiebung wahrnehmen können. Dazu gehört, dass
- auch die Familien eine Aufenthaltsperspektive erhalten.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wir wollen, dass Berlin alle rechtlichen Spielräume auf Landesebene im Sinne einer menschen- und integrationsfreundlichen
- Handhabung ausschöpft. Die Berliner Ausländerbehörde muss
- an den Menschen und an Ihren Bedürfnissen orientiert werden
- – etwa mit dezentralen Stellen.
- Demokratische Beteiligung ausweiten
- Derzeit sind über 16 Prozent der volljährigen Berlinerinnen und
- Berliner vom Wahlrecht ausgeschlossen, weil sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Das wollen wir ändern. Wer in
- Berlin lebt, soll das gemeinsame Leben mitgestalten. Darum
- wollen wir alle Spielräume zur Einbürgerung nutzen und uns
- im Bund für bessere Regelungen zum Erwerb der Staatsbürgerschaft einsetzen. Wir wollen zudem einen neuen Vorstoß
- unternehmen, um zumindest auf Bezirksebene ein Wahlrecht
- auch ohne deutschen Pass zu ermöglichen. Mit einer Änderung
- der Verfassung von Berlin wollen wir erreichen, dass nicht nur
- Deutsche und EU-Staatsangehörige die Bezirksverordnetenversammlung wählen können, sondern alle Berlinerinnen und
- Berliner, die dauerhaft hier leben.
- Integration folgt gemeinsamen Regeln
- Integrationsverbote abschaffen, Teilhaberechte stärken
- Das restriktive Ausländerrecht schafft mehr Probleme, als es
- löst. Arbeitsverbote für bestimmte Gruppen kommen staatlichen Integrationsverboten gleich, ein unsicherer Aufenthaltsstatus, die Unterbringung in Heimen sind weitere Hürden.
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Dazu gehören die Anerkennung unserer Verfassung wie auch
- das Recht jeder Person, sich frei zu entwickeln. Die Gleichheit
- ist ebenso unverhandelbar wie die Religionsfreiheit. Darum setzen wir uns ebenso gegen Zwangsverheiratungen ein wie für
- die Gleichbehandlung der Religionen und Weltanschauungen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- Der Islam gehört zu Berlin
- 1. Solidarisches Berlin
- Der Islam gehört längst zu Berlin, deshalb wollen wir seine
- verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung mit anderen
- Religionen und Weltanschauungen auch auf Landes- und
- Bezirksebene praktisch umsetzen. Das Recht der MuslimInnen
- auf die Errichtung von Moscheen, Cem- und Gebetshäusern
- ist für uns selbstverständlicher Teil muslimischer Religionsausübung. Dazu gehören für uns auch die Einrichtung eines Lehrstuhls für islamische Theologie an einer Berliner Hochschule
- zur Ausbildung von ReligionslehrerInnen für Berliner Schulen
- und die Weiterentwicklung der Curricula für islamischen Religionsunterricht mit VertreterInnen der muslimischen Glaubensgemeinschaften in Berlin. Außerdem setzen wir uns für
- den Abbau von Vorurteilen durch konkrete Aufklärungs- und
- Partizipationsinitiativen auf Bezirks- wie auf Landesebene ein.
- 1.6 Nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik
- Ein solidarisches Berlin kann es ohne eine nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik nicht geben. Nur Reiche können sich
- einen armen Staat leisten, sie profitieren von sicheren Geldanlagemöglichkeiten und ihre Kinder erben Vermögen statt
- Schulden. Die weniger Wohlhabenden leiden dagegen schon
- heute – und noch mehr in der Zukunft – als Erstes unter den
- steigenden Zinskosten und der maroden Infrastruktur. Eine
- Stadt für alle – das heißt, durch Haushaltskonsolidierung und
- finanzpolitische Redlichkeit Gestaltungsspielräume für unsere
- Zukunftsaufgaben Bildung, Arbeit und Klima zu eröffnen. Nur
- ein handlungsfähiger Staat kann die Teilhabe aller ermöglichen
- und den Zusammenhalt unterstützen.
- Eine Stadt für alle – das schließt unsere Kinder und Kindeskinder und geschlechtergerechtes Handeln mit ein. Wir dürfen
- 58
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- nicht weitere Lasten auf die Schultern künftiger Generationen
- häufen, sei es in Form von verfallenden Schulgebäuden, steigenden Schulden und damit Zinsen oder hohen Folgekosten,
- die aufgrund von Kürzungen an falschen Stellen entstehen.
- Um diese Ziele zu verwirklichen, müssen wir uns um eine
- Entlastung des Landeshaushalts und Mehreinnahmen durch
- wirtschaftliche Dynamik bemühen. Da über viele Steuern auf
- Bundesebene entschieden wird, müssen wir uns zudem über
- den Bundesrat für ein Ende der Klientelgeschenke und eine
- nachhaltige Steuerpolitik auf Bundesebene einsetzen. Und wir
- müssen kreativ denken – wie können wir bürgerschaftliches Engagement auch im Bereich der Finanzen fördern?
- Wir müssen aber auch sparen. Entscheidend ist dabei die Frage, wo wir sparen. Wir müssen künftig jeden Euro zwei Mal
- umdrehen und die öffentlichen Mittel sinnvoll, das bedeutet
- vor allem nachhaltig – sozial verträglich und ökologisch vernünftig – verwenden. Gleichzeitig dürfen wir nicht den Fehler
- machen, an Stellen zu kürzen, wo hohe Folgekosten entstehen.
- Uns geht es dabei nicht nur um den Abbau der finanziellen,
- sondern auch um den Abbau der sozialen und ökologischen
- Verschuldung Berlins. Grüne Haushalts- und Finanzpolitik hat
- das Ganze im Blick, investiert gezielt in die Zukunft und verändert Strukturen, um so langfristig Geld zu sparen, anstatt die
- Kosten einfach nur in die Zukunft zu schieben.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Schulden haben keine Zukunft – sozial-ökologisch
- investieren
- Die Folgen der Wiedervereinigung, die Rekordarbeitslosigkeit
- Anfang dieses Jahrhunderts und zuletzt die Weltwirtschaftskrise
- haben tiefe Spuren im Berliner Haushalt hinterlassen. Und als
- wäre das nicht genug, hat sich Rot-Rot in der letzten Legislaturperiode den größten Ausgabenanstieg seit 1995 geleistet. Die
- neue Regierung wird eine schwere Erblast übernehmen müssen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 59
- 1. Solidarisches Berlin
- Zudem gilt seit 2011 die von der schwarz-roten Bundesregierung beschlossene und im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Unabhängig von der Schuldenbremse sind Schulden
- irgendwann ein Problem.
- Das Land Berlin hat mehr als 60 Milliarden Euro Schulden. Daraus resultiert eine Zinslast von derzeit etwa 2,2 Milliarden Euro
- pro Jahr, das sind rund elf Prozent der jährlichen Einnahmen.
- Sollten die Zinssätze um nur ein Prozent steigen, würden dem
- Landeshaushalt weitere 600 Millionen Euro für staatliche Leistungen und Zukunftsinvestitionen fehlen. Die Uhr tickt – aber
- die rot-rote Koalition stellt sich schlafend. Dass der regierende
- Bürgermeister die Armut auch noch zum Label der Stadt macht,
- ist vor diesem Hintergrund besonders geschmacklos.
- Dabei sind sich die Bürger und Bürgerinnen mehr als je zuvor der Risiken der enormen Staatsverschuldung bewusst. Wir
- nehmen das ernst und wollen das Vertrauen der Menschen in
- die Handlungsfähigkeit Berlins zurückerobern. In Berlin ist es
- daher höchste Zeit, die Schulden zu begrenzen. Haushaltskonsolidierung funktioniert aber nur, wenn es dafür einen politischen Willen gibt. Wir haben den Willen. Wir werden uns für
- Zukunftsinvestitionen einsetzen, die langfristig Geld einsparen,
- wie die energetische Gebäudesanierung, wir werden alle Ausgaben kritisch prüfen und dort, wo es möglich ist, Einsparungen vornehmen und wir werden uns in Berlin und vor allem
- über den Bundesrat dafür einsetzen, dass die öffentliche Hand
- genügend Mittel hat, um ihre Aufgaben, wie gute Bildung für
- alle, erfüllen zu können.
- Trotzdem wird es noch Jahre dauern, bis Berlin aus eigener
- Kraft den hohen Ausstattungsgrad der öffentlichen Hand und
- der Sozial-, Kultur- und Bildungsinstitutionen tragen kann. In
- der Zwischenzeit werden wir mit dem auskommen müssen,
- was wir heute haben.
- 60
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Die Verfassung schreibt vor, das strukturelle Haushaltsdefizit in
- den nächsten zwei Legislaturperioden bis zum Jahr 2020 abzubauen. Obendrein muss Berlin den Abbau des Solidarpakts
- Ost in Höhe von jährlich etwa 150 Millionen Euro kompensieren. Der danach verbleibende Verteilungsspielraum ist derart
- gering, dass alle ausgabenwirksamen Maßnahmen unter dem
- Vorbehalt stehen, sie durch Umschichtung innerhalb des Haushalts zu finanzieren. Zudem ist der Haushalt steigenden Kosten
- ausgesetzt, die sich nicht vermeiden lassen. Dazu gehören Gehälter, Pensionen und Sozialleistungen oder steigende Kosten
- durch erfreulicherweise wachsende Kinderzahlen in Kitas.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Alle Parteien in Berlin haben gerechnet und sind sich im Ergebnis einig: Wollen wir handlungsfähig sein, müssen wir in der
- kommenden Legislaturperiode angesichts der unvermeidlichen
- Kostensteigerungen mindestens 500 Millionen Euro effektiv
- einsparen. Eine Strukturbereinigung in diesem Umfang ist nicht
- einfach. Doch für einen zügigen, sozial und ökologisch gerechten Schuldenabbau braucht es uns Grüne!
- Ausgabenkritik – wo können wir sparen?
- Wir sind auch bereit, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.
- Wahlgeschenke wird es keine geben und mit Ausnahme der
- Bildung werden wohl alle Politikbereiche von Budgetkürzungen betroffen sein. Dazu werden wir uns dem Ausgabenvergleich mit anderen Stadtstaaten stellen und unter dem Strich
- Subventionen in Höhe von rund 250 Millionen Euro einsparen
- müssen. Für uns stehen die Effizienzsteigerungen eindeutig vor
- der Streichung von Leistungen.
- Ein weiteres Beispiel für Effizienzreserven ist die Erbringung
- und das Zustandekommen sozialer Leistungen Berlins. Dort
- herrscht ein Wildwuchs von Kostensätzen und intransparenten
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 61
- 1. Solidarisches Berlin
- Verwaltungsregelungen, die aus den sozialen Zielsetzungen
- nicht mehr zu erklären sind. Wenn es gelingt, die sozialen
- Leistungen in Zukunft zielgenau wirksam und bedarfsgerecht
- bereitzustellen und vergleichbare Leistungen auch gleich zu
- entgelten, könnten in diesem Sektor strukturelle Einsparungen
- erzielt werden, und dies nicht zu Lasten der Betroffenen. Ein
- Weg dahin wäre die flächendeckende Einführung von Leistungsverträgen im sozialen Bereich.
- Es muss mehr Geld für Zukunftsgestaltung zur Verfügung stehen und dafür weniger für Verwaltung, Prestigeobjekte und
- Subventionen ausgegeben werden. Wir werden die Reserven
- aufdecken und Blockaden aufheben. An erster Stelle stehen
- Transparenz, die Abschaffung von Schattenhaushalten und
- eine detaillierte Analyse. Wo stecken Reserven, wo wird Energie und Potential verschleudert – sei es etwa durch schlechte
- Strukturen oder Doppelzuständigkeiten. Konsequent müssen
- wir alle Ressorts auf den verschiedenen Ebenen der politischen
- Entscheidungsprozesse auf Effizienz, Einsparmöglichkeiten
- oder gar Überflüssiges durchleuchten.
- Verwaltung der Verwaltung - schlanker und besser
- Deutliche Effizienzreserven stecken in der sogenannten Querschnittsverwaltung – dazu gehören die Personalverwaltung,
- Gebäudebewirtschaftung und Informationstechnologie. Diese Bereiche verschlingen allein mit rund 2,5 Milliarden Euro
- ein Drittel der gesamten Personalkosten und über die Hälfte
- der Sachkosten. Die Pensionierungswelle bietet die einmalige
- Chance, in eine moderne Service-Architektur einzusteigen,
- statt die alten Strukturen aufzufüllen. Zehn Prozent der heutigen Kosten – also 250 Millionen Euro – dürften durch eine
- Reform der „Verwaltung der Verwaltung“ mindestens einzusparen sein.
- 62
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Stärkung der Habenseite
- Bei der Sanierung des Haushaltes und der Eröffnung neuer
- Handlungsspielräume setzen wir auch auf höhere Einnahmen.
- Einnahmezuwächse entstehen vor allem durch eine Verbesserung der ökonomischen Basis Berlins, durch unseren grünen
- wirtschaftspolitischen Kurs. Hätte Berlin die bundesdurchschnittliche Wirtschaftskraft, hätten wir 500 Millionen Euro
- mehr an kommunalen Steuereinnahmen. Durch die Stärkung
- der Green Economy, die Ansiedlung grüner Industrie sowie die
- Unterstützung der Dienstleistungsunternehmen sorgen wir für
- wirtschaftliche Dynamik und schaffen 100.000 neue Arbeitsplätze. So kann Berlin eine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen. Das bündelt Energien, macht die Stadt lebenswerter
- und schafft neue Einnahmen und Entlastungen bei den Sozialleistungen.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wir werden uns zudem auf allen politischen Ebenen und insbesondere zusammen mit den anderen finanzschwachen Bundesländern weiter dafür einsetzen, dass die Bundespolitik endlich
- ihren Beitrag zur Konsolidierung der Länder- und Gemeindefinanzen leistet. Anstatt Kommunen so auszustatten, dass sie
- ihre Aufgaben gut erfüllen können, wurden die einnahmestärkeren Jahre der Vergangenheit dazu verwendet, bei Umsatzund Abgeltungssteuer Steuergeschenke zu verteilen. Wer über
- die Steuerquote nicht reden will, sollte über die Verschuldung
- der öffentlichen Haushalte lieber schweigen. Die neuen Mehrheiten im Bundesrat haben die Bedingungen verbessert, den
- finanzpolitischen Kurs der Steuergeschenke zu beenden.
- Aber auch die wirtschaftlich Leistungsfähigen sollen einen
- Beitrag zu den öffentlichen Einnahmen und zum Lastenausgleich leisten. Daher wollen wir gemeinsam mit der Berliner
- Wirtschaft erreichen, dass über die Gewerbesteuer 150 Millionen Euro zusätzlich fließen. In der Finanzsteuerverwaltung
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- 1. Solidarisches Berlin
- wollen wir das Personal aufstocken. Es kann nicht sein, dass
- dem Land und damit den Bürgerinnen und Bürgern jedes Jahr
- Millionen durch Steuerhinterziehung entgehen. Zudem befürworten wir eine „City-Tax“ auf jede Übernachtung in Hotels
- und Pensionen, die für den einzelnen Touristen ein kleiner Beitrag ist, der Stadt und den Bezirken aber hilft, steigende Kosten
- durch das Anwachsen der Touristenströme zu begleichen und
- so die finanzielle Situation zu verbessern. Berlin könnte damit
- ungefähr 40 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen erzielen.
- Darüber hinaus streben wir eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer an, die nicht nur weitere Einnahmen erzielt, sondern
- auch die Spekulationswelle in Teilen des Berliner Wohnungsmarkts dämpft. Eine weitere Maßnahme zur Entlastung des
- Wohnungsmarkts und Einnahmensteigerung ist die Anhebung
- der Zweitwohnungssteuer.
- Bürgerschaftliches Engagement – auch bei Finanzfragen!
- Viele Bürgerinnen und Bürger haben erkannt, dass Berlin angesichts der strukturellen Unterfinanzierung nicht mehr in der
- Lage ist, alle notwendigen kommunalen Strukturen aufrechtzuerhalten. Deshalb unterstützen wir die Bereitschaft vieler
- BürgerInnen, die Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu übernehmen. Unser Ziel ist dabei nicht, die Privatisierungsfehler der
- Vergangenheit zu wiederholen, sondern privates und öffentliches Geld miteinander zu versöhnen. Denkbar ist die Finanzierung ausgewählter Vorhaben in Form von privatwirtschaftlichen Organisationen wie Genossenschaften, Stiftungen oder
- Bürgerfonds. BürgerInnen stellen die Finanzierung im Tausch
- gegen inhaltliche Mitgestaltung bereit.
- Öffentliche Ausgaben, die nicht der allgemeinen Daseinsvorsorge dienen, sollten stärker an den von Quartier zu Quartier
- unterschiedlichen Interessenlagen ausgerichtet sein. Daher
- 64
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- können wir uns vorstellen, die Gründung von BürgerInnenräten
- zu unterstützen und die öffentlichen Ausgaben in einer stadträumlichen Kleinregion (Quartier oder Stadtteil) zu überprüfen
- und zu beraten. Diese BürgerInnenräte wollen wir mit angemessenen Rechten und Pflichten ausstatten.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 1.7 Teilhabe durch öffentliche Institutionen
- Wir werden im Bereich der Daseinsvorsorge die politische Steuerung mit der Flexibilität des Marktes verbinden. Wo keine funktionierenden Märkte bestehen oder bestehen können, muss
- der Staat die Versorgung der Bevölkerung in die eigene Hand
- nehmen und zugleich für Kontrolle und Transparenz sorgen.
- Öffentliche Daseinsvorsorge muss die Teilhabe aller an zentralen Gütern wie Bildung, Gesundheit oder Arbeit sicherstellen.
- Eine Stadt für alle – dafür brauchen wir einen Sozialstaat, der
- befähigt, der fördert und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gewährleistet. Dazu müssen wir für eine ausreichende
- Finanzierung aber auch für effiziente Strukturen sorgen. Nur
- wenn die sozialen Leistungen zielgenau und bedarfsgerecht
- bereitgestellt werden, ist ein solidarisches Berlin möglich.
- Die Landesunternehmen in den Dienst der Menschen
- stellen
- Das Wirken und Zusammenwirken der 60 Berliner Landesunternehmen ist ein wichtiges Kapital für ein solidarisches und
- lebenswertes Berlin.
- Die Landesunternehmen können aber nur dann gute Dienstleistungen für alle erbringen, wenn sie wirtschaftlich handeln.
- Viele Unternehmen des Landes Berlins weisen nach wie vor
- einen enormen Sanierungsbedarf auf und haben mit einer
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 65
- 1. Solidarisches Berlin
- hohen Verschuldung zu kämpfen. Die unzureichende Finanzkraft vieler bedeutender Landesunternehmen hat außerdem zur
- Folge, dass notwendige Investitionen Jahr für Jahr verschoben
- werden. Das führt letztlich dazu, dass auch bei öffentlicher Daseinsvorsorge Qualität oder Preis vielfach nicht stimmen in Berlin. Eine Gesamtschuldenlast der Landesunternehmen Berlins
- von ca. 11 Milliarden Euro ist zudem ein zusätzliches Risiko zu
- Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die im Widerspruch zur (Daseins)Vorsorge stehen. Um der öffentlichen Daseinsvorsorge gerecht zu werden, ist eine weitere Sanierung der
- Landesunternehmen daher unverzichtbar. Leistungsfähig und
- zukunftsorientiert können die Unternehmen nur sein und bleiben, wenn sie eine nachhaltige Investitionsstrategie verfolgen.
- Wir wollen die Verschwendung der Ressourcen in den
- öffentlichen Unternehmen – sei es durch ineffiziente Strukturen
- oder durch Vetternwirtschaft – beenden.
- Sozial-ökologisches Leitbild, Transparenz und Kontrolle
- Aussagen, Staatsunternehmen seien per se demokratischer und
- sozialer als jede Marktwirtschaft sind ebenso falsch, wie die
- Annahme, Private könnten sowieso alles besser. Auch die These der Linken, dass Staatsunternehmen geringere Risiken für
- die Steuerzahlenden bergen, ist irreführend. Nehmen wir die
- Berliner Bankengesellschaft– sie hat beim Finanzpoker deutlich
- verloren und Milliardenschulden zu Lasten der Berliner Bevölkerung hinterlassen.
- Wir sprechen uns klar gegen eine weitere Privatisierung von
- Berliner Landesunternehmen aus dem Bereich der Daseinsvorsorge aus. Gleichzeitig lehnen wir die milliardenschweren,
- durch nichts gedeckten Rekommunalisierungsversprechen von
- Rot-Rot ab. Eine Verstaatlichung von Unternehmen kommt für
- uns nur dann in Frage, wenn das Kosten- und Nutzenverhältnis
- 66
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- stimmt, es finanzierbar ist und eine soziale und ökologische
- Verbesserung für die Berlinerinnen und Berlinern damit erreicht
- werden kann.
- Berlin muss nicht alle Unternehmen besitzen, sondern klare
- Ziele setzen, Regeln formulieren und eine intelligente und professionelle Kontrolle über deren Wirtschaften ausüben. Wo wollen wir hin? Wem nützt was? Nur wenn wir diese Frage beantworten, können wir entscheiden, was dem sozialen Ausgleich
- dient, der Freiheit der Schwachen, deren Selbstbestimmung wir
- wollen. Unser Ziel für die Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand
- und jegliche Beteiligung an Unternehmen sind sozialere Preise
- sowie eine umweltbewusste Investitionstätigkeit. Wir wollen
- die staatlichen Unternehmen zu Vorbildern für sozial und ökologisch verantwortungsvolles Wirtschaften entwickeln.
- Um das zu steuern, wollen wir ein effizientes Beteiligungsund Risikomanagement für alle Landesunternehmen Berlins
- schaffen. Grundlage dafür ist vor allem die Schaffung von
- mehr Transparenz. Gebühren und Tarife für Müll, Verkehr oder
- Wasser können erst dann als angemessen bewertet werden,
- wenn deren Entstehung nachvollziehbar belegt wird und sie
- einem Preisvergleich standhalten. Auch beim Management in
- öffentlichen Institutionen wollen wir durch die Offenlegung
- sämtlicher Bezüge für eine angemessenere Vergütung sorgen.
- Die Umsetzung von politischen Zielen in Beteiligungsunternehmen wollen wir durch die Entsendung von Vertreterinnen und
- Vertretern der öffentlichen Hand in die Aufsichtsräte oder Gewährträgerversammlungen sicherstellen.
- 1. Solidarisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Außerdem wollen wir die Rechnungshofbefugnisse des Parlaments stärken. In zwei Wahlperioden hat es Rot-Rot nicht
- geschafft, dass sich etwa der städtische Klinikbetreiber Vivantes einer solchen Prüfung stellt, die Unregelmäßigkeiten aufdecken kann.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 67
- Wer in Berlin Grün wählt …
- •
- 1. Solidarisches Berlin
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- 68
- stimmt für öffentliche Institutionen, die eine gute
- Versorgung für alle gewährleisten.
- stimmt für eine Arbeitsvermittlung, die Arbeitssuchenden
- auf Augenhöhe begegnet und sie in ihren Fähigkeiten
- und Interessen unterstützt.
- wählt ein solidarisches Gesundheitssystem und eine
- menschenwürdige Pflege.
- stimmt für eine Politik der Vielfalt, der Toleranz und der
- Anerkennung
- stimmt für eine Integrationspolitik, die alle Menschen
- teilhaben lässt – auf der Basis gleicher Rechte, Pflichten
- und Chancen.
- stimmt für bezahlbares Wohnen in allen Bezirken.
- weiß, dass eine Reduzierung der Neuverschuldung
- notwendig ist, weil jeder Euro für Zinsen eine Belastung
- für kommende Generationen und ein solidarisches Berlin
- darstellt.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Probleme kann man niemals mit
- denselben Denkweisen lösen,
- mit denen sie entstanden sind.“
- (Albert Einstein)
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 2. Prosperierendes Berlin
- Berlins Wirtschaft soll wachsen –
- aber richtig!
- Wir stehen am Anfang der dritten – der grünen – industriellen Revolution. Klimawandel und Verknappung der natürlichen
- Ressourcen ziehen weltweit weitreichende Konsequenzen nach
- sich. Wollen wir unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen
- erhalten, müssen wir anders produzieren, anders transportieren, anders konsumieren und anders wachsen. Wer ökologisch
- produziert, produziert auch ökonomisch vernünftig. Wer energieeffiziente und verbrauchsarme Produkte herstellt, hat auch
- weltweit die Nase vorn. Und wer die Politik, die das erkennt, zu
- fördern und zu nutzen weiß, ist grün.
- Nie waren die Chancen größer als heute, dass Berlin von dem
- enormen Wachstum der Umweltbranchen profitiert. Dafür werden wir Ressourcen und Potentiale – insbesondere Fachkräfte,
- das umfangreiche Flächenangebot und die Wissenschaftslandschaft Berlins – miteinander verknüpfen und für das neue Wirtschaften nutzbar machen. Unser Ziel: Berlin als Standort zukunftsweisender Produktion und grüner Industrie auszubauen.
- Diese Stadt soll ein Synonym für innovative und zukunftsfähige
- Wirtschaft sein. Neue und vorhandene Unternehmen werden
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 69
- wir mit Wissenstransfer aus den Universitäten und gezielter Förderung unterstützen; Gesundheitswirtschaft, Kreativwirtschaft,
- nachhaltigen Tourismus und den Bereich der neuen Mobilität
- zu Aushängeschildern nachhaltigen Wirtschaftens machen. Die
- neue Marke Berlin wird verbreitet werden über grüne Produkte
- und Dienstleistungen, die in alle Welt exportiert werden.
- 2. Prosperierendes Berlin
- Politik kommt die Rolle zu, wirtschaftliche Dynamik zu fördern
- und zu fordern sowie ökologische und soziale Leitplanken vorzugeben, z. B. durch ein Klimaschutzgesetz und Mindestlöhne.
- Sinnvolle Regulierung mit einer eindeutigen Werteorientierung
- in einem verbindlichen, klaren und transparenten Rahmen ist
- das, was grüne Wirtschaftspolitik ausmacht. Mit diesen Leitlinien wollen wir Berlins Wirtschaft zukünftig weiterentwickeln.
- Aufschwung braucht Dialog und konkrete Projekte. In Berlin
- wird außerordentlich viel gedacht, konzipiert, entworfen – und
- die Ergebnisse werden dann allzu oft einfach nicht umgesetzt.
- Das wollen wir ändern. Wir wollen mit der Berliner Wirtschaft
- einen Pakt für Wirtschaft und Arbeit transparent und offen
- aushandeln, in dem wir Ziele und Projekte vereinbaren und gegenseitige Verpflichtungen festhalten. Wir begreifen die Wirtschaft als Partner, mit dem wir gemeinsam Neues entwickeln.
- Wir wollen weg von „leeren“ Gesamtkonzepten, hin zu konkreten, fassbaren Projekten, die in der Verwaltung verankert
- und personell untersetzt sind. Wir laden alle ein, diese Projekte
- mit uns zu entwerfen und umzusetzen – die Berliner Wirtschaft,
- die Gewerkschaften, Verbände und die Berlinerinnen und Berliner. Gemeinsam machen wir die Zukunft für alle möglich.
- In vielen Bereichen ist die Berliner Wirtschaft Weltklasse.
- Sei es die Kreativwirtschaft, der Tourismus, die Gesundheitswirtschaft oder die einzigartige Forschungs- und Hochschullandschaft. Das Berliner Handwerk genießt international einen
- guten Ruf. Die Produkte vieler Berliner Unternehmen sind
- 70
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Spitzenreiter im Bereich Klimaschutz, erneuerbare Energien und
- Ressourceneffizienz. Berlins Wirtschaft ist international gut vernetzt. Wir haben die richtigen Zutaten für einen Berlin-Boom,
- wir könnten schon längst mehr Arbeitsplätze, höhere Löhne
- und Honorare haben. Dennoch haben wir immer noch eine der
- höchsten Arbeitslosenzahlen im Bundesvergleich. In Berlin wird
- immer noch weniger verdient als in München, Stuttgart oder
- Hamburg. Das wollen wir ändern.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Eine Stadt für alle“, dafür brauchen wir Wirtschaftskraft und
- Wirtschaftswachstum, das nachhaltig und klimaschonend ist,
- denn nur so können wir nachhaltig Arbeit und soziale Sicherheit für alle schaffen. Wir wollen ein solidarisches Miteinander,
- ein Berlin der Arbeitsgerechtigkeit, wo jede und jeder Zugang
- zu guter Arbeit und einem angemessenen Einkommen hat.
- Und wir wollen ein Berlin, in dem unternehmerisches Handeln
- und wirtschaftliches Engagement willkommen sind. Berlin soll
- wieder zu einem Wirtschaftsstandort werden, von dem weltweit bekannt ist, dass es sich lohnt, hier zu investieren. Für
- Berlin als grünen Wirtschaftsstandort national wie international zu werben – das wird zu den ersten Amtshandlungen einer
- grünen Bürgermeisterin gehören. Berlin hat sich zu einem internationalen Magneten entwickelt. Aus aller Welt kommen die
- Menschen zu uns, weil Kreativität und Freiheit einladen, hier
- zu leben. Diese Kraft, die uns jährlich Millionen von Besuchern
- beschert, gilt es auch in anderen Branchen in Wirtschaftskraft
- und Arbeitsplätze umzusetzen.
- Unser Ziel: 100.000 neue, zukunftsfeste Arbeitsplätze für
- Berlin und damit eine drastische Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Das ist zu schaffen, wenn wir den bestehenden Berliner
- Unternehmen – ob im Konzern, als klein- und mittelständische
- Einzelunternehmen oder Handwerksbetrieb – ermöglichen
- zu wachsen. Wir wollen Unternehmen weltweit für Berlin als
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 71
- 2. Prosperierendes Berlin
- Investitions- und industriellen Produktionsstandort begeistern.
- Neue Ideen aus Berlin sollen zu Unternehmungen werden. Wir
- wollen insbesondere wohnortnahe Arbeitsplätze fördern.
- Für die wirtschaftliche Entwicklung wird entscheidend sein,
- ob in Berlin ausreichend Fachkräfte vorhanden sind. 237.000
- sollen in den nächsten zehn Jahren fehlen. Das entspricht in
- etwa unserer Arbeitslosenzahl. Ein unhaltbarer Zustand. Niedriger Qualifikation von Erwerbslosen und mangelnder Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen wollen wir in Kooperation mit
- der Berliner Wirtschaft mit Qualifizierungs- und Ausbildungsinitiativen begegnen.
- Eine Weltmetropole kann nur prosperieren, wenn sie gut erreichbar ist – mit allen Verkehrsmitteln. Ein leistungsstarker
- Flughafen BBI Willy Brandt mit interkontinentalen Verbindungen ist dafür unabdingbar. Auf kurzen Strecken hat die Bahn
- für uns Vorrang vor klimaschädlichem Flugverkehr. Das Recht
- der betroffenen Menschen in Berlin und Brandenburg auf
- Schutz vor Fluglärm und auf Erhalt der Nachtruhe – kurzum
- auf Gesundheit – setzt aber enge Grenzen. Das gilt auch für
- den Werterhalt von Grundstücken. Es ist Aufgabe der Politik,
- die wirtschaftlichen Interessen der Stadt, des neuen Flughafens
- und die Rechte der Betroffenen zum Ausgleich zu bringen. Bisher hat Klaus Wowereit dabei versagt. Die Diskussion um veränderte Flugrouten, die für den gesamten Standort schädlich
- ist, wäre vermeidbar gewesen, wenn der Senat von Anfang an
- mit offenen Karten gespielt hätte. Er hat bewusst verschwiegen, dass sich die Flugrouten und damit die Belastungen ändern werden. Alle Fakten auf den Tisch! Das ist der Ausgangspunkt, um über Lärmschutz und Nachtflugverbot zu reden. Ein
- transparentes Verfahren wird dafür sorgen, dass alle Akteure
- den BBI auch unter Betrieb akzeptieren. So wird der Flughafen
- ein Erfolg für Berlin.
- 72
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 2.1 Grüne industrielle Revolution
- Produzierende Unternehmen sind Nachfrager und Schrittmacher für produktionsnahe und häufig wissensintensive
- Dienstleistungen, z. B. im Bereich der Datenverarbeitung oder
- Logistik. Jeder neue Industriearbeitsplatz zieht drei Dienstleistungsjobs nach sich. Die grüne industrielle Revolution schafft
- wichtige Impulse für die ökologische Ausrichtung der Dienstleistungen und nicht zuletzt die ökologische Fokussierung von
- Forschung und Entwicklung.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Berlin ist besser als andere Bundesländer durch die Krise gekommen. Doch das täuscht nicht über zwei Probleme hinweg:
- die geringe Industriebasis und das niedrige Level, auf dem sich
- die Wirtschaftskraft Berlins bewegt. Derzeit gibt es in Berlin
- nur noch ca. 100.000 Industriearbeitsplätze. Das sind etwa 30
- Industriearbeitsplätze auf 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner. In Hamburg ist diese Quote doppelt so hoch. Im deutschen Durchschnitt erbringt die Industrie etwa 20 Prozent der
- Wertschöpfung – in Berlin sind es nur elf Prozent. Die geringe
- Exportquote macht uns nicht krisenfest, sondern chancenlos.
- Mittelfristig müssen wir es schaffen, die Anzahl der Industriearbeitsplätze zu verdoppeln. Dabei setzen wir auf die Stärken
- Berlins: erneuerbare Energien, Energietechnik und Energieeffizienz; Wasserwirtschaft, Rohstoff- und Materialeffizienz,
- Kreislaufwirtschaft und Mobilität, aber auch auf internationale
- Netzwerkbildungen, für die wir unsere Städtepartnerschaften,
- die Universitäten und andere Initiativen nutzen können.
- Das wird nur gelingen, wenn wir den Aufbau industrieller
- Kapazitäten gezielt fördern und uns als Standort der Green
- Economy aufstellen – mit Know-how, wissenschaftlicher
- Begleitung und politischer Schirmherrschaft. Wir wollen den
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 73
- Masterplan Industrie energisch fortführen. Seine Maßnahmen
- wollen wir auf die Förderung und den Ausbau grüner Industrien konzentrieren. Berlin soll zu d e m Standort für energiesparende, ressourcenschonende industrielle Produktion werden.
- Solche Investitionen werden wir unterstützen.
- 2. Prosperierendes Berlin
- Ökologie, die sich auszahlt – Rohstoff- und
- Energieeffizienz
- Material- und Energiekosten verursachen nach aktuellen Studien rund die Hälfte der Kosten im produzierenden Gewerbe.
- Sie sind der größte Kostenblock, weit vor dem Personal (ein
- Fünftel). Ressourcen- und Energieeffizienz ist ein Schlüssel für
- Wettbewerbsfähigkeit. Gutachten gehen von einer Verdreifachung des Umsatzes im Leitmarkt Rohstoffeffizienz auf etwa
- 300 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren aus. Höchste
- Zeit, diesen Trend zu unterstützen und für ein prosperierendes
- Berlin zu nutzen. Zu diesem Zweck starten wir eine Innovationsoffensive, deren Herzstück der Aufbau von Netzwerken
- zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen ist. Insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen wollen wir durch den Transfer von Wissenschaftsleistungen unterstützen.
- Durch ambitionierte Produkt- bzw. Umweltstandards unter
- Beachtung der Produktlebenszyklen unterstützen wir die Akzeptanz und die Nachfrage in diesen Bereichen. Ferner möchten wir Berlin zur Modellregion für nachhaltige Lösungen und
- Technologien in der Wasserwirtschaft entwickeln. Dafür richten wir ein Zentrum für neue Wassertechnologien ein. Es vernetzt die Akteure der Branche, kooperiert mit den Lehrstühlen
- der Universitäten und Hochschulen und übernimmt die internationale Vermarktung.
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Energie, die uns (vor)antreibt – energieeffiziente
- IT-Infrastrukturen fördern, fordern und mit gutem
- Beispiel vorangehen
- Ob innovative Speicher, neue Netztechnologien oder optimierte Netzsteuerung – die Entwicklungspotentiale und der Bedarf
- nach neuen Technologien sind weltweit immens. Wir wollen
- Berlin zu einem führenden Standort in diesem Sektor entwickeln. Wir werden dafür sorgen, dass Wirtschaft und Wissenschaft in diesem Feld noch stärker vernetzt werden und Berlin
- zum attraktiven Standort für Unternehmen aus der Energietechnik wird. Ein Ansatzpunkt dafür ist Green IT. Green IT ist
- ein Innovationsmotor, der über reine Energieeffizienz/Ressourcenschonung hinausgeht und den gesamten Lebenszyklus vom
- Design der Systeme bis zur Produktion der Komponenten, über
- deren Verwendung bis zur Entsorgung bzw. zum Recycling der
- Geräte umfasst. Dieser Innovationsmotor sollte für die grüne
- Zukunft Berlins genutzt und ausgebaut werden.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Von der Mülltonne zur Klimatonne
- Der beste Abfall ist der, der gar nicht entsteht. Wann immer
- möglich, sollten Produkte wiederverwertet werden. Müllverbrennung ist nur sinnvoll, wenn eine Wiederverwertbarkeit
- nicht möglich ist. Abfall ist Rohstoff. Gerade in den hochwertigen elektronischen Geräten finden sich viele wiederverwertbare Bestandteile, die immer seltener werden. Zu viele Wertstoffe landen heute noch im Hausmüll und können darum nicht
- hochwertig verwertet werden. Wir wollen die Anstrengungen
- verstärken, die wiederverwertbaren Stoffe zurückzugewinnen
- und die Wiederverwertbarkeit nachvollziehbar darzustellen.
- Wir wollen die Menge des getrennt gesammelten Bioabfalls
- verdoppeln, um in Zukunft durch die Erzeugung von Biogas
- das Klima zu schützen. Kunststoffmüll muss kundenfreundlich und haushaltsnah in einer Tonne eingesammelt werden.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 75
- Der Modellversuch des Sammelsystems „Gelbe Tonne plus“
- zeigt, dass dies erfolgreich möglich ist. In Verbindung mit der
- Orange Box der BSR muss eine Wertstoffsammlung aus einer
- Hand berlinweit angeboten werden.
- Standort des Verkehrsstroms
- 2. Prosperierendes Berlin
- Elektromobilität ist einer der Wachstumsbereiche der näheren
- Zukunft. Wir setzen uns dafür ein, in der Stadt nicht nur eine
- möglichst große elektrische Fahrzeugflotte zu haben, sondern
- einen Teil des Herstellungsprozesses aller Elektrofahrzeuge
- nach Berlin zu holen. Viele technische Probleme der E-Mobility
- sind ungelöst. Berlin bietet mit seiner guten wissenschaftlichen
- Struktur eine gute Basis, anwendungsorientierte Forschung,
- gekoppelt mit ersten Produktionsstandorten, zu betreiben. In
- Berlin wurde Ende des 19. Jahrhunderts die Batterie erfunden,
- jetzt soll Berlin wieder zum Standort für die Batterie werden,
- mit der die Elektromobilität der Zukunft realisiert wird. Wir wollen sicherstellen, dass in Berlin der Strom für Elektrofahrzeuge
- aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Darum müssen wir
- für den Aufbau der nötigen Infrastruktur private Investoren für
- Berlin gewinnen.
- Um die Kompetenzen nicht nur virtuell zu bündeln, sprechen
- wir uns für den Flughafen Tegel als künftiges E-Mobility-Zentrum für Berlin aus. Dort gibt es genug Raum, um Wissenschaft
- und Wirtschaft an einem Standort zu bündeln und zugleich
- mit in den in der näheren Umgebung ansässigen Unternehmen Kooperationsbeziehungen aufzubauen. Zur Elektromobilität gehören für uns aber nicht nur Elektroautos, sondern
- auch Straßen- und Eisenbahnen. Die in diesem Bereich in Berlin
- vorhandenen Kompetenzen wollen wir ebenfalls stärken, denn
- öffentlicher Personennahverkehr benötigt innovative und zuverlässige Fahrzeuge, die Energie sparen und unsere Umwelt
- schonen.
- 76
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 2.2 Neue Qualität der Dienstleistungen
- Bedarf an guter Arbeit gibt es aber nicht nur im industriellen
- Bereich, sondern auch bei den „Dienstleistungen“. Hier gibt
- es viel zu tun, also viel Arbeit, die den BürgerInnen zu Gute
- kommt. Wir wollen auch in diesem Bereich dafür sorgen, dass
- gute Arbeitsbedingungen herrschen und die Menschen von
- ihrem Einkommen leben können. Packen wir‘s an!
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Hinzu kommt, dass Dienstleistungen und Produktion oftmals
- eng zusammenhängen. Dem Produkt folgt die Dienstleistung,
- aber die Dienstleistung formt das Produkt durch Ideen und
- Kreativität.
- Viele Berliner Unternehmen setzen bereits erfolgreich auf
- Diversity-Management. Wir begrüßen diese Entwicklung und
- werden uns dafür einsetzen, dass sich noch mehr Berliner
- Firmen der Charta der Vielfalt anschließen. Auch die öffentlichen Unternehmen der Stadt wollen wir hierfür fit machen.
- Wir sind überzeugt: Das stärkt ihre Wettbewerbsfähigkeit und
- erhöht ihren wirtschaftlichen Erfolg.
- An der Zukunft arbeiten: Betreuung und Bildung
- Wir wollen Arbeitsplätze dort befördern, wo der gesellschaftliche Bedarf liegt. Deshalb werden wir für eine verlässliche und
- qualitativ hochwertige Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur
- sorgen, die die Eltern wirklich entlastet. Auch hier gibt es viel zu
- tun. Wir müssen weitere Erzieherinnen und Erzieher einstellen
- und Eigeninitiativ-Kitas bei ihrer Gründung unterstützen. Zudem wollen wir für eine bessere Verknüpfung von Arbeits- und
- Familienwelt sorgen, indem wir die vielfältigen Initiativen für
- familienfreundliche Unternehmen unterstützen. Dieses Thema
- muss beim Austausch zwischen Politik und Wirtschaft immer
- wieder auf der Agenda stehen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 77
- Arbeit in der alternden Gesellschaft
- 2. Prosperierendes Berlin
- Wir alle werden immer älter. Die durchschnittliche Alterserwartung steigt. Die Menschen sind auch im Alter gesünder und
- leistungsfähiger als frühere Generationen. Dies ist eine völlig
- neue Situation. Für einen erfolgreichen längeren Verbleib im
- Arbeitsmarkt ist der Gesundheitszustand ausschlaggebend.
- Deshalb müssen Arbeitsförderung und Gesundheitsförderung
- eng miteinander verzahnt werden. Insbesondere für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in gesundheitlich belastenden Berufen brauchen wir zudem sozialverträgliche Lösungen,
- die einen reibungslosen Berufswechsel, einen früheren Ausstieg
- oder einen fließenden Übergang in die Rente ermöglichen. Mit
- Investitionen in Qualifizierung, Gesundheitsförderung, altersgerechte Arbeitsbedingungen und eine bessere Vermittlung
- älterer Arbeitsloser wollen wir Rahmenbedingungen schaffen,
- die ein längeres Berufsleben und eine tragfähige Kultur der
- Altersarbeit ermöglichen.
- Gleichzeitig wird der Bedarf an Pflegekräften steigen. Alle Pflegekräfte müssen mehr Wertschätzung erfahren. Das schließt
- eine faire Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten, die bessere
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie, einen besseren Personalschlüssel und mehr Zeit für die zwischenmenschliche Begegnung ein. Pflegekräfte brauchen ein breiteres Angebot zur
- Fort- und Weiterbildung. Wir brauchen ein abgestuftes und
- durchlässiges Ausbildungssystem, in dem jede und jeder eine
- Chance bekommt. Dafür setzen wir uns ein.
- Kreativ und produktiv
- Die Medien-, Informations- und Kreativbranchen gehören zu
- Berlins größten Wirtschaftszweigen. Berlin ist die Stadt der
- Kreativen, hier entsteht Kreatives. Zur Kehrseite gehört auch
- der hohe Anteil der prekär Beschäftigten in dieser Branche.
- 78
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Kreativität lebt von Experimenten, sie braucht Freiheit. Wir
- wollen die Kreativen unterstützen, ohne sie einzuengen. Nicht
- alle streben nach einer Festanstellung – aber viele nach einem
- guten Einkommen und sozialer Sicherheit. Dies wollen wir unterstützen, u. a. indem wir die Kreativität als treibende Kraft
- wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und sozialer Innovationen in
- Berlin nutzen. Dazu werden wir die Kreativwirtschaft als Produzent wissensbasierter, kreativer, designorientierter Waren und
- Dienstleistungen stärker mit der Industrie verknüpfen. Um sie
- auch als unerschöpfliche Ressource für die Green Economy zu
- mobilisieren, möchten wir Orte und Netzwerke schaffen, damit
- durch interdisziplinäre Kontakte die Industrie von den kreativen
- Impulsen im Hinblick auf Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit
- profitiert und die Märkte für die Kreativwirtschaft wachsen.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Im Übrigen plädieren wir für die Förderung auf Augenhöhe
- mit anderen Branchen. Berlin braucht einen Kreativwirtschaftsfonds, der diesen Namen verdient. Ein dazu installierter Kreativbeirat wird dafür Sorge tragen, kreative Dienstleistungen
- auch über die Kommunikations- und Informationstechnologien hinaus in ökonomische Sphären zu übersetzen. Ein weiterer Schritt ist der vereinfachte Zugang zu Mikrokrediten und
- Messeförderung. Wir möchten bestehende Netzwerke unterstützen, insbesondere durch eine Professionalisierung.
- Wir schaffen gemeinsame Orte für Kreative, Freie und Selbstständige aus anderen Berufsfeldern. Gemeinsam mit den Fördereinrichtungen für die Kreativwirtschaft und privaten Akteuren
- wollen wir Berlin als Standort für die Computerspiele-Industrie
- stärken. Gerade in Berlin bildet sich eine engagierte Szene aus
- erfolgreichen Unternehmen, Einrichtungen und Bildungsstätten. Wir wollen die Verbreitung der Verwendung von CreativeCommons-Lizenzen oder vergleichbarer Lizenzen fördern.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 79
- Im Mittelpunkt steht der Mensch –
- Gesundheitswirtschaft mit klaren Strukturen
- 2. Prosperierendes Berlin
- Ein weiteres Zukunftsfeld ist für uns nach wie vor die Gesundheitswirtschaft. Eine große medizinische Versorgungsdichte,
- eine starke Grundlagen- und klinische Forschung, Hochleistungsmedizin der Charité, Pharmaunternehmen bis hin zur
- Medizintechnik und nicht zuletzt die Nähe zur Politik – Berlin
- ist als Standort für die Gesundheitswirtschaft außerordentlich
- attraktiv. Das spiegelt sich u. a. in der großen Anzahl der in
- diesem Feld tätigen Unternehmen sowie der Anzahl der Beschäftigten wider. Doch auch in diesem Sektor liegen Schätze
- vergraben. Wesentliche politische Weichenstellungen hat RotRot bislang versäumt bzw. vertagt. Das Cluster „Gesundheit“
- ist gut aufgestellt, aber es wird an Stabilität und Dynamik verlieren, wenn die wesentlichen Strukturfragen für die Charité
- und Vivantes nicht umgehend geklärt werden.
- Der Senat ist nicht in der Lage, für das Land Berlin die Verantwortung als Eigentümer der beiden großen Krankenhausträger
- auszuüben. Er ist nicht in der Lage, eine eigene Strategie für beide Häuser zu entwickeln und sie in die Lage zu versetzen, ihre
- Aufgaben zu erfüllen. Derzeit sind drei Senatsverwaltungen mit
- unterschiedlichen Interessen mit der Leitung und Steuerung befasst. Exzellente Forschung und eine gute klinische Versorgung
- unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit
- sind nur bei Steuerung aus einer Hand gewährleistet. Wir wollen mit den Betroffenen dazu ein Modell entwickeln. Neue Verwaltungsstrukturen gewährleisten zügige Entscheidungen für
- den Gesundheitsstandort – davon profitieren Unternehmen,
- die Wissenschaft und auch die Patientinnen und Patienten. Für
- uns Grüne gehören zur Gesundheitsstadt Berlin aber nicht nur
- neue Technologien, die Gesundheitstechnik und Krankenversorgung. Das Gesundheitscluster muss durch einen deutlichen
- 80
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Schwerpunkt in den eher ganzheitlich orientierten Bereichen
- Public Health und Prävention ergänzt werden.
- Die Reise nach Berlin
- Immer mehr Menschen entscheiden sich für Berlin als Reiseziel. Davon profitiert nicht nur die klassische Tourismusindustrie, sondern die ganze Stadt insgesamt: Im vergangenen Jahr
- haben Berlins Touristen so viel ausgegeben, dass rund 200.000
- BerlinerInnen davon ihr Einkommen bestreiten könnten. Tourismus ist ein wichtiger und vor allem breit wachsender Wirtschaftszweig in Berlin. Wir werden dafür sorgen, dass Berlin
- als Tourismusmagnet für alle attraktiv bleibt – für die, die hier
- leben, und für die, die es besuchen. Wir wollen gemeinsam mit
- den anderen Akteuren der Stadt ein Tourismuskonzept erarbeiten, mit dem wir auch das Entstehen weiterer Übernachtungsmöglichkeiten gezielt steuern wollen.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Ökosiegel für den Tourismus
- Ein weiterer Hoffnungsträger für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins ist der Tourismus. Auch für dieses Wirtschaftsfeld
- entwickeln wir unter dem grünen Leitbild eine NachhaltigkeitsStrategie. Klimaschutz, Energieeffizienz und schonender Ressourcengebrauch sind ebenso Bestandteile eines nachhaltigen
- Tourismuskonzepts wie der Ausgleich zwischen berechtigten
- Interessen der Berlinerinnen und Berliner, die in den touristisch
- besonders attraktiven Teilen Berlins leben, und den Gästen
- unserer Stadt. Auch hier kann Berlin Vorreiter für eine neue
- Entwicklung werden. Besonders im Kongressgeschäft steigt
- die Nachfrage nach sogenannten „Green Meetings“. Im Bereich der An- und Abreise sowie bei der Fortbewegung in der
- Stadt setzen wir auf nachhaltige Verkehrssysteme und wollen
- auch hier den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität voranbringen. Nachhaltige Gastronomie, die auf regionale Produkte
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 81
- 2. Prosperierendes Berlin
- setzt, nachhaltige Hotellerie, die an Ökologie mehr zu bieten
- hat als die Mehrfachnutzung der Handtücher, und nicht zuletzt
- die Messen, Kongresse etc. bieten viel Spielraum für ökologische Kreativität. Mit einem Ökosiegel, das sich an den von dem
- Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) mitentwickelten globalen Kriterien orientiert, wollen wir den Wert des
- nachhaltigen Tourismus über die Stadtgrenzen hinaus bekannt
- machen.
- 2.3 Kreative Berliner Wirtschaft braucht
- kreative Partner in der Verwaltung
- Wir wollen nicht nur Touristen, sondern auch Investoren überzeugen, nach Berlin zu kommen. Dafür müssen wir unsere Ressourcen anpreisen und uns als verlässlichen Partner präsentieren. Die beste Imagepflege ist das Lob der bereits ansässigen
- Unternehmen. Deshalb müssen wir auch deren Vertrauen in die
- Berliner Wirtschaftspolitik und die Verwaltung stärken. Berlins
- Wirtschaft ist kreativ – wir wollen auch der Verwaltung ermöglichen kreativ zu sein. Moderne Wirtschaftsverwaltung räumt
- Hindernisse aus dem Weg und unterstützt Menschen und
- Unternehmen, die diese Stadt voranbringen wollen.
- Dialog von Wirtschaft und Verwaltung
- Unser Angebot für die Zukunftsfelder Berlins: intelligente und
- effiziente Strukturen, auf denen sie gründen und die sie intern
- und extern verknüpfen. Moderne Wirtschaftsverwaltung muss
- Dienstleistung aus einer Hand bieten. Egal, ob Unternehmen
- eine zentrale Anlaufstelle für die Stadt aufsuchen oder die
- lokalen Ansprechpartner im Bezirk vorziehen: Die gesamte
- Kompetenz der Verwaltung steht auf allen Zugangswegen zur
- Verfügung. Sie steuert, lenkt und setzt kreative Kräfte frei –
- 82
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- statt sie wie bisher zu blockieren. Es gilt, die vorhandenen Strukturen in unserer Stadt zu bündeln und an den Bedürfnissen der
- Wirtschaftsakteure auszurichten. Wir binden Wirtschaftsakteure von allen Ebenen – kleine Gewerbetreibende und Großunternehmen, Selbstständige und Mittelstand – in der Stadt in
- diesen Prozess ein. Der Dialog von Wirtschaft und Verwaltung
- ist bei uns kein Zufall, sondern Gesetz, und hat System. Nur
- durch einen regelmäßigen Austausch können wir gegenseitig
- Hilfe leisten und voneinander lernen.
- Innovationsförderung ist die enge wissenschaftliche Verzahnung mit der Wirtschaft und deren Know-how. Hochschulabsolventinnen und -absolventen sollen in der Stadt gehalten
- werden – dazu müssen wir sie rechtzeitig auf ihre künftigen
- Arbeitsplätze und Gestaltungsräume aufmerksam machen.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Berlin wird Gründungshauptstadt
- Berlin muss Gründungshauptstadt werden. Die grüne Revolution
- kann die öffentliche Hand nicht allein bewältigen. Eine Stadt
- für alle – dazu brauchen wir Menschen, die den Wandel
- unterstützen. Dazu gehören Mut und Verantwortung der Unternehmerinnen und Unternehmer. Die größten Gründungsquoten haben wir bereits unter den Migrantinnen und Migranten,
- doch es ist noch mehr drin. Kulturelle Vielfalt, alternative Modelle der Arbeitsorganisation und neue Unternehmensformen
- bereichern schon heute die Berliner Wirtschaft. Wir wollen dafür sorgen, dass durch besseren Zugang zu den Fördermöglichkeiten und Weiterbildungsmaßnahmen und nicht zuletzt durch
- eine aufgeklärte Verwaltung Hürden überwunden werden.
- Wir wollen unternehmerische Kompetenzen und Unternehmensgründungen von Frauen gezielt fördern. Allen Gründerinnen und Gründern, ob jung, ob alt – ob deutsch oder anderer
- Herkunft, öffnen wir die Türen, bieten Anerkennung und
- finanzielle Unterstützung. Es bedarf einer niedrigschwelligen
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- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- Anlaufstelle, die Kompetenzen bündelt und während der notwendigen administrativen Prozesse konstruktiv begleitet. Wir
- werden den Mentalitätswechsel vorantreiben – von der Schule
- über die Ausbildung bis zur Verwaltung.
- Vorbildfunktion der öffentlichen Hand
- 2. Prosperierendes Berlin
- Ein weiterer Schlüssel liegt in der öffentlichen Beschaffung. Öffentliche Hand und landeseigene Unternehmen kaufen jährlich
- für etwa 4 Milliarden Euro Waren und Dienstleistungen von
- Unternehmen ein. Mit unseren Anforderungen an ökologische
- Qualität und nachhaltige Produktion dieser Güter können wir
- gezielt einen Beitrag zum Umbau unserer Wirtschaft leisten
- und Vorbild sein. Wohnungsbaugesellschaften als Vorbilder für
- energetische Sanierung, die BSR als grüne Expertin der Kreislaufwirtschaft, die öffentliche Verwaltung als Umsetzer von
- Green IT, die BVG als ein Kernstück der neuen Mobilität – wir
- haben viele starke Akteure, die es zu nutzen gilt. Ergänzend
- dazu richten wir ein Monitoring für grüne Beschaffung ein,
- wodurch wir für Transparenz sorgen und handhabbare Anleitungen für die Unternehmen geben. Wir wollen prüfen, ob wir
- das sogenannte Schweizer Vergabemodell, bei dem das teuerste und billigste Angebot bei der Vergabe nicht berücksichtigt
- werden, übernehmen.
- Haus der Wirtschaft – Unternehmerservice an einem Ort
- Stellen Sie sich vor, Sie sind Unternehmerin oder Unternehmer
- und suchen nach einem geeigneten Standort für Ihre Investition
- und nach finanzieller Unterstützung. Oder Sie möchten ein
- Unternehmen gründen, Sie brauchen eine bessere Verkehrsanbindung für Ihr Unternehmen, Sie suchen nach einem Partner
- für die nächste Messe, Ihr Umbau wirft Denkmalschutzfragen auf... Kein Problem – kommen Sie zu uns – ins Haus der
- Berliner Wirtschaft. Hier finden Sie offene Ohren, gebündelte
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- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Beratungs- und Entscheidungskompetenz und moderne
- Datenverarbeitung. Mehrsprachigkeit ist selbstverständlich.
- Den Termin können Sie gern auch online buchen. Auf unserer
- Homepage können Sie sich gern vorab über freie Ansiedlungsflächen und deren Profile informieren.
- Im Haus der Wirtschaft werden wir die Verantwortlichen
- der Wirtschaftsverwaltung aus den Bezirken und dem Senat,
- Berlin Partner, die Kundenberatung der IBB etc. an einem Ort
- bündeln. Investoren werden zeitnah, transparent und kompetent mit den wichtigsten Informationen versorgt und in ihren
- Bemühungen, Wirtschaftskraft in Berlin zu mehren, tatkräftig
- unterstützt.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 2.4 100.000 neue Jobs
- Eine Milliarde Euro an Investitionen bringt 25.000 neue Arbeitsplätze, ein neuer Arbeitsplatz in der Industrie zieht drei
- weitere im Dienstleistungsbereich nach sich, 1,5 Prozent
- Wachstum erhöhen die Zahl der Erwerbstätigen um 1 Prozent.
- In den nächsten zehn Jahren werden allein in Deutschland 235
- Milliarden Euro in Anlagen zur Erzeugung von Strom, Wärme
- und Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien investiert werden.
- Davon muss einiges nach Berlin fließen. Berlin hat so viele
- Potentiale und Talente. Jede noch so erfolgreiche Wirtschaftsregion beneidet uns um mindestens zwei Dinge: unser außerordentliches Flächenangebot und die vielen kreativen
- Menschen, die in Berlin arbeiten wollen. Nicht nur riesige
- Flächen liegen brach – auch viele Talente.
- Dass Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch sind und die
- Umweltbranche – die Green Economy – längst Beschäftigungsmotor in Deutschland ist, hat sich schon herumgesprochen.
- In Berlin gibt es 42.000 Arbeitsplätze in diesem Bereich, die
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 85
- 2. Prosperierendes Berlin
- Branche wächst jedes Jahr um zehn Prozent. Allein in diesem
- Bereich könnten in den nächsten fünf Jahren 20.000 Arbeitsplätze zusätzlich entstehen. Deshalb setzen wir auf die Green
- Economy als dauerhafte Verknüpfung von ökonomischem und
- ökologischem Erfolg.
- Besondere Chancen sehen wir im Mobilitätssektor. Berlin bietet bereits Einzigartiges – ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrssystem, nur ein Drittel der Bevölkerung nutzt ein eigenes
- Auto, Kompetenz und Produktionsstrukturen im Fahrzeugbau.
- Das sind einzigartige Voraussetzungen, um zum Leitmarkt für
- Elektromobilität zu werden. Auch im Bereich der erneuerbaren
- Energien und Energietechnik sowie der Wasser- und Kreislaufwirtschaft stecken noch enorme Entwicklungspotentiale für
- Berlin.
- Wenn Berlin seine Chancen ergreift, können wir zur Modellstadt der grünen Industrialisierung werden – dem Platz, an
- dem mit neuen, ressourcenschonenden Produktionsmethoden
- für Klimaschutz und mit den Technologien der Zukunft produziert wird. Wir sind überzeugt, dass sich dieses Ziel durch die
- grüne Industrialisierung und die Transformation bestehender
- Unternehmen erreichen lässt. Berlin braucht einen Innovationsschub und soll der Ort sein, an dem ökologische Modernisierung sichtbar wird. Hinzu kommt das große Potential an neuen
- Dienstleistungen, das wir entfalten wollen. Berlin ist international anerkannt, DIE Stadt der Kreativwirtschaft. Über 25.000
- Unternehmen erwirtschafteten 2009 18,3 Milliarden Euro mit
- ca.121.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Der
- Bereich wird weiter wachsen. Hier werden 10.000 weitere neue
- Arbeitsplätze entstehen.
- Auch im Tourismus rechnen wir mit mindestens 10.000 neuen
- Arbeitsplätzen.
- Gerade in den sozialen Dienstleistungen entscheidet sich,
- wie wir im zukünftigen Berlin zusammen leben werden.
- 86
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- In Bildung und Betreuung, Gesundheit und Pflege können
- weitere Arbeitsplätze entstehen. Die 100.000 sind machbar –
- qualifiziert und angemessen bezahlt.
- Energetische Sanierung
- Schon allein im öffentlichen Gebäudebestand besteht ein Investitionsbedarf für energetische Sanierung von mehreren Milliarden Euro – von der Wärmedämmung, der Umstellung auf
- Erdwärme bis zur Installation von Solardächern oder modernen
- Heizungsanlagen. Wir wollen Investitionsmittel bündeln. Bei
- einer Investition von einer Milliarde Euro entstehen ca. 25.000
- Arbeitsplätze. Die Sanierung schafft Jobs bei Baufirmen, Dachdeckerbetrieben und Heizungsinstallationsfirmen – bietet aber
- auch Wachstumschancen für das produzierende Gewerbe,
- da in Berlin Solarmodule, Dämmstoffe und Heizungsanlagen
- hergestellt werden.
- 2. Prosperierendes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wer in Berlin grün wählt …
- •
- •
- •
- •
- •
- stimmt für einen wirtschaftlichen Aufbruch zum Wohle
- aller, die hier leben.
- schafft 100.000 neue zukunftsfeste Jobs in Industrie und
- qualitativen Dienstleistungen.
- unterstützt die grüne industrielle Revolution, die Klimaschutz fördert und Arbeit schafft.
- stimmt für eine moderne Wirtschaftsverwaltung, die
- Wege öffnet, anstatt sie zu verbauen.
- macht die öffentliche Hand zum Vorbild für sozial verantwortliches und nachhaltiges Wirtschaften.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 87
- „Städte lassen sich an ihrem
- Gang erkennen wie Menschen.“
- (Robert Musil)
- 3. Lebenswertes Berlin
- 3. Lebenswertes Berlin
- Gerechtigkeit geht weiter
- „Eine Stadt für alle“ meint ein lebenswertes Berlin für alle. Eine
- Stadt, in der alle gut leben können, braucht eine neue Wohnund Stadtentwicklungspolitik, braucht eine neue Politik des
- öffentlichen Raums als Orte des Zusammenlebens und der Teilhabe. Lebensqualität entscheidet sich an Mietpreisen, daran,
- wie wir wohnen, und an der Entwicklung unseres Viertels.
- Wir wollen ein Miteinander und keine soziale Verdrängung.
- Der Politik fehlte in den letzten Jahren der Kompass für eine
- zukunftsfähige Entwicklung der Stadt. Es gab keine aktive und
- kreative Stadtplanung, keine Impulse in der Stadterneuerung
- und keine gezielte Wohnungspolitik. Wir wollen das ändern.
- Berlin braucht endlich eine umfassende Strategie für eine
- nachhaltige Entwicklung. Das Engagement für Lebensqualität,
- lebenswerte Umwelt und sozialen Zusammenhalt ist ein
- Markenzeichen grüner Stadtpolitik.
- Ein lebenswertes Berlin braucht Umweltgerechtigkeit, nach der
- alle vor Lärm geschützt sind und Berliner Luft zum Atmen haben,
- die auch sauber ist. Umweltschutz ist ein wichtiger Beitrag zur
- sozialen Gerechtigkeit. Wenn wir in einigen Jahren endlich wieder in der Spree baden können – dann ist Berlins Umbruch in der
- Umweltpolitik gelungen. Und Berlin braucht eine aktive Politik
- für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Damit endlich Licht
- in den Dschungel der Produkte und Angebote kommt.
- 88
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Ein lebenswertes Berlin braucht umweltverträgliche und barrierefreie Mobilität. Unser Ziel ist es, dass alle gut ans Ziel kommen
- – ohne das Klima zu zerstören oder andere zu belästigen.
- Eine lebenswerte Stadt braucht zudem Sicherheit vor Gewalt –
- und es sind gerade die Einkommensschwächeren, die darunter
- leiden. Hier zu echten Fortschritten zu kommen, statt aus der
- Angst vor Kriminalität politisches Kapital schlagen zu wollen, ist
- Ziel bündnisgrüner Politik.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 3.1 Berlin bleibt zusammen: soziale Stadtentwicklung
- Wir wollen Wohnungspolitik und Stadtentwicklung wieder in
- den Dienst der Menschen stellen, die hier leben. Dem sozialen
- Auseinanderfallen der Viertel werden wir nicht weiter tatenlos zusehen. Eine gestaltende Wohnungspolitik, die bezahlbare
- Wohnungen sichert und teilweise wieder neu schafft, ist in
- Berlin überfällig.
- Das Programm „Soziale Stadt“ mit den Quartiersmanagements leistet für die soziale Stabilisierung und den Aufbau von
- nachbarschaftlichem Zusammenhalt einen wichtigen Beitrag.
- Es kann aber nicht allein die sozialen Probleme im Stadtteil lösen. Die vom Senat eingeführten „Aktionsräume Plus“ binden
- viel Geld ohne irgendein inhaltliches Konzept. Das wollen wir
- ändern. Wir werden die Bezirke mit sozialen Brennpunkten
- nicht alleinlassen. Berlin braucht eine Gesamtstrategie zur sozialen Stärkung benachteiligter Stadtteile und eine verbindliche
- Zusammenarbeit der zuständigen Senatsverwaltungen. Mit
- einer verbindlichen Sozialraumorientierung, einer präzisen
- Sozialplanung und einer verlässlichen Finanzierungstruktur
- können wir dies erreichen. Damit kann auch auf kleinteilige
- soziale Verwerfungen in Wohnquartieren und Nachbarschaften
- angemessen reagiert werden.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 89
- Berlin nachhaltig gestalten heißt:
- unsere Stadt zukunftsfähig machen
- 3. Lebenswertes Berlin
- Unser Leitbild heißt „Soziale Stadt im Klimawandel“. Berlin hat
- gute Voraussetzungen, die Stadt gleichermaßen sozial und barrierefrei wie klima- und umweltverträglich zu entwickeln. Wir
- wollen urbane Dichte mit viel Grün verbinden, soziale Vielfalt,
- Barrierefreiheit und eine gute Nutzungsmischung in unseren
- Stadtteilen erhalten und schaffen. Es gilt, dem demografischen
- Wandel Rechnung zu tragen und gleichzeitig die Stadt attraktiv
- für junge Familien und Kinder zu machen. Daher unterstützen
- wir den Trend zum Wohnen in der Innenstadt. Für uns gilt:
- Auch in zentralen Lagen brauchen wir Wohnquartiere.
- Wir wollen öffentliche Räume zu Orten der Begegnung und
- des Zusammenlebens machen. Lebensqualität entscheidet sich
- auf den Plätzen und Straßen, in Parks und auf Spielplätzen,
- in Jugend- und Kultureinrichtungen. Aktiver Denkmalschutz,
- gute Architektur und Stadtbildpflege gehören dazu.
- Grüne Politik achtet und fördert die Anliegen des Denkmalschutzes und bewahrt unser baukulturelles Erbe. Im Konflikt
- mit der notwendigen energetischen Modernisierung unseres
- Gebäudebestandes sind neue Lösungsansätze zu entwickeln.
- Berlin wird mit uns der Vielfalt der Stadtteile, ihren Bewohnerinnen und Bewohnern sowie dem kleinteiligen Gewerbe neue
- Zukunft geben. Wir werden die Städtebauförderung räumlich
- stärker konzentrieren, ökologisch ausrichten und auch für die
- Förderung von einzelnen, besonders sozialen und ökologischen
- Wohnprojekten einsetzen. Berlin kann so zum Modell für sozial
- verträgliche, barrierefreie, energetische Quartierserneuerung
- gemacht werden. Mit vorbildlich modernisierten Schulen und
- Kitas und konzentrierter energetischer Gebäudesanierung können wir eine soziale Klimahauptstadt werden.
- 90
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Planungs- und Baukultur neu beleben
- An zu vielen Ecken und Enden planen Senat und Bezirke gleichzeitig neue Quartiere, Einkaufszentren, Hotels, Büro- und Gewerbeflächen. Leerstand und Überangebote an Bauflächen
- am Alex und am Hauptbahnhof, an der Heidestraße, im Mediaspree-Gebiet und in der Luisenstadt behindern sich gegenseitig. Die Ödnis um den Hauptbahnhof ist ein erschreckendes
- Beispiel. Sie ist eine schlechte Begrüßung für alle Besucherinnen
- und Besucher Berlins.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wir setzen auf eine Planungskultur, die einen klugen Interessensausgleich von Gemeinwohl und Investitionswünschen sucht.
- Die gewachsenen Einkaufsstraßen dürfen nicht geschwächt,
- Nachbarschaftsrechte nicht ausgehebelt, kleinteiliges Gewerbe
- darf nicht verdrängt werden. Der aktuellen Flut von Spielhallen
- in unseren Kiezen müssen Grenzen gesetzt werden.
- Klare städtebauliche Prioritäten setzen
- Der Alex ist als Zentrum des Ostens zu stärken. Er soll aber
- nicht länger auf unrealistische Hochhausbauten warten. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern wollen wir Wege
- suchen, die Plätze und Platzräume der Berliner Altstadt, den
- Spittelmarkt, Petriplatz und Molkenmarkt wieder sichtbar zu
- machen. Das Rathausforum, die Fläche zwischen Fernsehturm
- und Spree, soll unbebaut bleiben. Eine neue Flächengestaltung
- soll an den Altstadtgrundriss erinnern. Die City West ist mehr
- als Shopping. Wir wollen sie auch als Standort für Dienstleistungen und Kultur, Wohnen, Freizeit und nachhaltigen Tourismus stärken. Für das Tempelhofer Flughafengebäude suchen
- wir eine tragfähige Nachnutzung. Tegel wird ein guter Standort
- für Zukunftstechnologien. Aber die unversiegelten Freiflächen
- wollen wir für Grünanlagen und Klimaschutz erhalten.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 91
- Stadtverträgliche Grundstückspolitik
- 3. Lebenswertes Berlin
- Unter Rot-Rot hat der Liegenschaftsfonds eine einseitig auf
- Höchstgebote zielende Grundstücksvergabe betrieben. Das
- wollen wir ändern. Beim Verkauf öffentlicher Grundstücke wollen wir Infrastruktur und Wohnungsbedarf in den Vordergrund
- stellen. Die Vergabe muss verknüpft werden mit sozialen, wohnungspolitischen, ökologischen und baukulturellen Zielen. Um
- die Wirtschafts- und Eigentümervielfalt unserer Stadt zu stärken, sollen bei Wohnungsbaugrundstücken auch differenzierte
- Erbpachtmodelle genutzt werden.
- Einmischung erwünscht
- Eine Stadt für alle heißt auch, dass alle mitgestalten können.
- Ob Mediaspree, Autobahnbau oder Landwehrkanal: Die BerlinerInnen haben die rein formale Bürgerbeteiligung satt, die
- alle unbequemen Forderungen sofort beiseite schiebt. Gute
- Bürgerbeteiligung braucht gleiche Augenhöhe. Wir werden in
- allen Bezirken für rechtzeitige und wiederholte umfassende Informationen sorgen. Ein Bürgerdialog funktioniert nur, wenn er
- vor Ort stattfindet. Ob Mediationen, runde Tische oder Sonderausschüsse: Wir Bündnisgrüne haben in der Vergangenheit
- viele neue Beteiligungsformen angestoßen und werden dies
- auch in Zukunft weiter tun. Verhandlungen über die Gestaltung
- des Mediaspree-Gebiets, über den Gendarmenmarkt oder die
- Oderbergerstraße zeigen, dass eine ernsthafte Einbeziehung
- der Zivilgesellschaft oft ein steiniger Weg ist. Aber er lohnt sich!
- Internationale Bauausstellung „Soziale Stadt im
- Klimawandel“
- Das Tempelhofer Feld hat sich zu einem Park der tausend Möglichkeiten entwickelt. Der Senat plant am Rand des Tempelhofer Feldes eine Internationale Bauausstellung (IBA). Diese darf
- aber nicht wie ein Ufo auf der Fläche landen. Das Tempelhofer
- 92
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Feld soll im Wesentlichen eine große Parklandschaft werden
- und darf keinesfalls innerhalb des existierenden Parkway-Rings
- bebaut werden. Die IBA soll den Schwerpunkt auf die Quartiere
- im angrenzenden Nord-Neukölln legen und zukunftsweisende
- Antworten auf die drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen der großen Städte geben. Dazu zählen Klimawandel,
- Bildung und Jugendpolitik, Integration und sozialer Zusammenhalt. Eine ökologisch und sozial ausgerichtete IBA bietet die
- Chance, die Aufwertung, die durch die Öffnung des Tempelhofer Parks ausgelöst wurde, zu steuern und die Verdrängung
- der ansässigen Bevölkerung zu verhindern. Die Lösungen
- müssen gemeinsam mit den angrenzenden Bezirken und den
- Bürgerinnen und Bürgern entwickelt werden. Wir wollen hier
- beispielhaft Berlin als soziale Stadt im Klimawandel gestalten.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 3.2 Umwelt gemeinsam schützen:
- ökologische Stadtentwicklung
- Gute Umweltpolitik ist eine Frage von Gerechtigkeit und Lebensqualität für alle Berlinerinnen und Berliner. Die billigsten
- Wohnungen und der höchste Wohnungsleerstand finden sich
- häufig an Hauptverkehrsstraßen. Damit sind gerade Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen Lärm und Schadstoffen ausgesetzt. Berlin gilt als grünste Hauptstadt Europas und
- ist auch deshalb Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt.
- Damit das so bleibt, müssen wir unser Grün besser schützen
- und die Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger
- verbessern.
- Vermeidung von Lärm und Feinstaub
- „Berliner Luft jibt‘s nich in Tüten“, tönte früher der Leierkastenmann. Das können auch wir nicht versprechen, aber wir
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 93
- 3. Lebenswertes Berlin
- versprechen, alles zu tun, damit die Berliner Luft sauberer wird.
- Die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide werden in
- Berlin regelmäßig überschritten. Zehn Prozent der Berliner Bevölkerung sind in der Nacht von gesundheitsschädlichem Lärm
- betroffen – in den allermeisten Fällen Verkehrslärm. An Wohnstraßen mit hoher Lärm- und Feinstaubbelastung benötigen wir
- deshalb Durchfahrtsverbote für LKWs und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die Fahrzeugflotte der BVG muss vollständig
- auf den höchsten europäischen Abgasstandard umgestellt werden, der öffentliche Fuhrpark und die Fahrgastschiffe müssen
- endlich vollständig mit Dieselrußfiltern ausgestattet werden.
- Indem wir umweltfreundlichen Verkehrsmitteln den Vorrang
- gewähren, verringern wir den Energieverbrauch, die Lärmbelastung und die Luftverschmutzung. Feinstaub entsteht jedoch
- nicht nur im Verkehr, auch an Baustellen müssen Reduktionsmaßnahmen umgesetzt werden.
- Auch im Umfeld der Flughäfen setzen wir uns für konsequenten Lärmschutz ein. Ein striktes Nachtflugverbot von 22
- bis 6 Uhr gehört dazu. Um einen ökonomischen Anreiz für
- einen anwohnerfreundlichen Flugbetrieb zu setzen, sollen die
- Start- und Landegebühren wie in Frankfurt am Main tageszeitabhängig gestaffelt werden. Der Umgang mit den „neuen“ Flugrouten und die entsprechende Kommunikation waren
- ein Skandal. Auch über den Wahltag hinaus werden wir nicht
- lockerlassen und aufklären, wer wann was wusste und ob womöglich wir Berlinerinnen und Berliner und unsere brandenburgischen Nachbarn belogen wurden. Davon unabhängig wollen
- wir mehr Transparenz und die Einbeziehung der Betroffenen
- bei der Festlegung der Flugrouten. Dabei muss an erster Stelle
- die Verkehrssicherheit stehen, dann aber auch der Lärmschutz
- und somit die Gesundheit der betroffenen BürgerInnen. Gesundheitsgefährdende Belastungen müssen minimiert werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Flugrouten Berlin und
- 94
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- bewohnte Gebiete in Brandenburg so weit wie möglich
- umgehen, um die Anzahl betroffener Anwohnerinnen und
- Anwohner zu minimieren.
- Berlin wird grüner werden
- Ein Drittel der Gesamtfläche Berlins sind Grünflächen. Das ist
- das Sinnbild für die hohe Lebensqualität in der Stadt. In Zukunft
- werden sie wegen des Klimawandels weiter an Bedeutung gewinnen. Grün- und Freiflächen sind die Frischluftschneisen
- einer großen Stadt. Deshalb wollen wir im Flächennutzungsplan und in der Bauleitplanung Flächen für Grün und Natur auf
- Dauer freihalten. Dazu zählen auch die dauerhafte Sicherung
- der Kleingärten und die stärkere Verankerung des Baumschutzes im Baurecht. Die Bauordnung werden wir ökologisch ausrichten.
- Wir setzen uns für eine umfassende Strategie der biologischen Vielfalt, für Arten- und Naturschutz überall in der Stadt
- ein. Dafür wollen wir Grünzüge sowie Naturflächen in einem
- Biotopverbund miteinander vernetzen. Wir unterstützen urbane Landwirtschaft, die wachsende Bewegung für Gemeinschaftsgärten und interkulturelle Gartenprojekte. Wir engagieren uns für die Verwirklichung der sieben mit Brandenburg
- vereinbarten Regionalparks und den Aufbau eines Grüngürtels
- rund um die Stadt. Unser Ziel ist, im Rahmen einer zukunftsweisenden Planung die zusätzliche Flächeninanspruchnahme
- schrittweise zu reduzieren.
- Wir wollen öffentlichen Raum zum Flanieren, für Spiel und
- Erholung zurückgewinnen. Wir werden die Bürgerinnen und
- Bürger stärker in zukünftige Planungen mit einbeziehen und
- in ihrem Engagement für ein grünes Berlin unterstützen und
- fördern. Hierzu sind die Ämter als Partner nötig. Wir setzen uns
- daher gleichzeitig für eine bessere Personalausstattung in den
- Ämtern ein.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
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- Neue Bäume für Berlin
- 3. Lebenswertes Berlin
- Wir werden dem jährlichen Verlust von tausenden von Straßenbäumen ein Ende bereiten und endlich wieder mehr Straßenbäume pflanzen als gefällt werden. Das Engagement von
- Bürgerinnen und Bürgern hierbei wollen wir unterstützen und
- nicht mit bürokratischen Vorschriften behindern. Dazu gehört
- eine transparente und frühzeitige Information über geplante
- Pflege- und Fällmaßnahmen. Gleichzeitig wollen wir eine Grünflächenberatung in den Ämtern installieren, die den Bürgerinnen und Bürgern in der gemeinsamen Pflege und dem Erhalt
- von Parks, Gartenanlagen, Straßenbäumen und Baumscheiben
- Hilfestellung bietet.
- Uferloses Berlin – nein danke!
- Havel, Dahme, Spree: Berlin ist von Gewässern durchzogen.
- Gerade in der Innenstadt sind die Ufer auch 20 Jahre nach dem
- Mauerfall auf weiten Strecken nicht überall zugänglich. Wir
- wollen an Berlins Wasseradern entlang spazieren. In einer Stadt
- für alle dürfen öffentliche Zugänge zum Wasser nicht verbaut
- werden. Die 20 grünen Wege durch die Stadt wollen wir aktiv
- ausbauen, zuallererst die Wege am Spreeufer. Wir wollen die
- Anstrengungen der Bezirke nicht blockieren, sondern diese darin unterstützen, Berlin zur Wasserstadt zu machen. Mediaspree
- und die Luisenstadt müssen so gestaltet werden, dass wir im
- Grünen am Wasser entlang ins Herz der Stadt laufen können.
- Baden in der Spree
- Keine andere deutsche Stadt verfügt über ein so dichtes Netz
- an Flüssen und Seen innerhalb und im nahen Umfeld der Stadt.
- Berlins Gewässer sorgen für ein gutes Stadtklima, sind Lebensraum vieler Tiere und nicht zuletzt wichtig für die Attraktivität
- der innerstädtischen Erholungsgebiete. Wer möchte nicht auch
- in der Berliner Innenstadt in eine klare, saubere Spree springen
- 96
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- können? Bisher noch ein Traum, könnte dies durch eine konsequente Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie
- im Laufe der Jahre Wirklichkeit werden.
- Bisher läuft bei starken Regenfällen regelmäßig die Mischwasserkanalisation über und das Abwasser verschmutzt Spree und
- Kanäle. Rückhaltebecken können kurzfristig das Problem verringern. Langfristig muss jedoch das alte System der Mischkanalisation sukzessive rückgebaut und getrennt werden. Statt
- Abwasserkanäle und Klärwerke mit dem relativ sauberen Regenwasser zu belasten, wollen wir innovative Konzepte zum
- Regenwassermanagement und zur Entsiegelung von Flächen
- fördern.
- Berlin hat Trinkwasser von hoher Qualität, weil es direkt vor
- Ort gewonnen wird. Damit dies so bleibt, ist ein sparsamer
- Umgang mit Wasser geboten, insbesondere wenn sich in der
- Region durch den Rückgang von Niederschlägen die Folgen
- des Klimawandels verschärfen. Wir wollen die Höchstmenge
- für die Grundwasserförderung regional so festlegen, dass Keller
- nicht volllaufen und empfindliche Naturräume geschützt sind.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Bärenstark für den Tierschutz
- „Eine Stadt für alle“ heißt auch, die Bedürfnisse und Lebensräume von Tieren in unserer Stadt ernst zu nehmen. Auch in
- Zukunft werden wir uns in enger Zusammenarbeit mit Tierschutzinitiativen und Experten für einen besseren und umfassenderen Tierschutz starkmachen. Wir fördern tierversuchsfreie
- Forschung und kämpfen für ein Verbot der Wildtierhaltung
- in Zirkussen. Wir wollen den Berliner Zoo familien- und tierfreundlicher gestalten. Ebenso kämpfen wir gegen Massentierhaltung in der Nutztierindustrie. Schon bevor es ein bundesweit einheitliches Heimtiergesetz gibt, wollen wir in Berlin
- verbindliche Tierschutzmaßnahmen für Haustiere.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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- Wie in allen anderen Politikfeldern heißt es auch im Tierschutz:
- Nur gemeinsam sind wir stark und alle gemeinsam wollen wir
- den Tieren eine starke Stimme geben. Deswegen fordern wir ein
- Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen.
- 3.3 Stadt der Verbraucherinnen und Verbraucher
- 3. Lebenswertes Berlin
- Die Lebensqualität in einer Stadt hängt auch davon ab, was
- Menschen in ihrem Konsumalltag erleben. Ist in einem Produkt drin, was draufsteht? Wo bekomme ich unabhängige
- Informationen? Wie kann ich mich gegen Übervorteilung zur
- Wehr setzen? Berlinerinnen und Berliner mussten sich in den
- vergangenen Jahren häufig ärgern – über unappetitliche Restaurantküchen, Einschränkungen beim S-Bahn-Verkehr, lästige
- Werbeanrufe oder überhöhte Energie- und Wasserpreise. Das
- muss sich ändern! Wer beim Kauf stärker auf ökologische und
- soziale Kriterien achten will, braucht dafür mehr Informationen
- und Angebote.
- Zurzeit blockieren Geldnot und Verwaltungswirrwarr Fortschritte in der Verbraucherpolitik. Wir wollen eine starke Verbraucherpolitik im Berliner Senat mit Rückhalt in allen Ressorts. Seien
- Sie sicher: Mit uns Bündnisgrünen kommt die politische Stimme
- der Verbraucherinnen und Verbraucher ins Rote Rathaus.
- Bitte lächeln – Smileys für ganz Berlin
- Was grüne Politik auch bei angespannter Haushaltslage erreichen kann, zeigt Pankow mit dem Smiley-Modell: Der Bezirk
- veröffentlicht das Ergebnis von Hygienekontrollen in Restaurants im Internet und stärkt damit Transparenz, Aufklärung
- und Wahlfreiheit. Das Smiley-Modell muss schleunigst in
- einheitlicher Form in ganz Berlin umgesetzt und auf weitere
- Bereiche auch über den Lebensmittelbereich hinaus ausgedehnt
- 98
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- werden. Die Ergebnisse und Rohdaten müssen für alle öffentlich im Internet zugänglich gemacht werden. Nicht nur, wenn
- es um Lebensmittel geht, müssen grundsätzlich mehr Kontrollen stattfinden. Dafür ist mehr Personal, aber auch ein besser
- abgestimmtes Vorgehen der einzelnen Bezirke nötig.
- Bei der Neuvergabe von Pachtverträgen für öffentliche Mensen und Kantinen und bei der Ausschreibung von Schulernährung wollen wir den Anteil von biologisch angebauten und fair
- gehandelten Produkten erhöhen. Ebenfalls wollen wir das Angebot veganer und vegetarischer Kost erweitern. Wir setzen
- uns für die Vermarktung von Produkten aus der Region, der
- ökologischen Landwirtschaft und dem fairen Handel ein.
- Wir streiten auf allen politischen Ebenen für eine bessere
- Lebensmittelkennzeichnung – z. B. durch die Nährwertampel
- – sowie für gentechnikfreie Produkte und eine gentechnikfreie
- Landwirtschaft. Wir wollen eine länderübergreifende Initiative
- starten, damit Berlin und andere Bundesländer dem „Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen“ beitreten.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Städteinitiative „Kühlschrank ohne Gentechnik“
- Die große Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher
- will kein Genfood auf dem Teller – auch nicht in Berlin. Deshalb starten wir die Städteinitiative „Kühlschrank ohne Gentechnik“. Gemeinsam mit anderen Großstädten stärken wir die
- Nachfrage nach gentechnikfreien Produkten, z. B. durch eine
- Selbstverpflichtung, in städtischen Einrichtungen wie Kitas oder
- Kantinen und bei städtischen Veranstaltungen nur gentechnikfreie Lebensmittel zu verwenden.
- Gut informiert und beraten – von Finanzen bis Gesundheit
- Gute Verbraucherpolitik zeichnet sich durch unabhängige
- Information und gute Beratung aus. Wir wollen Beratungsangebote wie z. B. die Schlichtungsstelle Nahverkehr oder die
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 99
- 3. Lebenswertes Berlin
- Behördenrufnummer 115 bekannter machen. Zugleich muss
- die Finanzierung von Verbraucherverbänden und anderen unabhängigen Beratungsangeboten sichergestellt werden. Wir
- wollen die Daten wie jene der Lebensmittel-, der Gesundheitsund der Gewässerkontrollen sowie die Fahrpläne der Verkehrsbetriebe computerlesbar veröffentlichen, damit kreative
- Menschen mit diesen Daten zum Beispiel Fahrplananwendungen oder Badesee-Orientierungshilfen zum Nutzen aller programmieren können. Behörden- und Landesbetriebsdaten sind
- nämlich Daten aller Berliner. Daher sollten beispielsweise auch
- Kita-Qualitätsberichte und ähnliche Statistiken grundsätzlich
- veröffentlicht werden.
- Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich für eine Stärkung der
- Rechtsdurchsetzung, Verbraucherberatung und –aufklärung
- bei den Themen Datenschutz, Informationsgesellschaft und Internet ein. Wir fordern , dass die Aufsichtsbehörden, aber auch
- die Verbraucherzentrale Berlin in diesen Fragen eine stärkere
- Rolle übernehmen.
- Immer mehr Berlinerinnen und Berliner sind tief verschuldet
- und gehen in die Verbraucherinsolvenz. So weit muss es nicht
- kommen. Wir wollen frühzeitig Wege aus der Überschuldung
- anbieten und die Schulden- und Insolvenzberatungsstellen bedarfsgerecht ausbauen.
- Größere Aufmerksamkeit verdienen auch die Rechte von
- Patientinnen und Patienten. Viele wissen nicht, dass sich die
- medizinische Versorgung an ihren Interessen ausrichten muss.
- Um die Rechte der Berlinerinnen und Berliner im Falle einer
- Erkrankung zu stärken, wollen wir Patientenberatungsstellen
- angemessen fördern und das Amt von Patientenbeauftragten
- stärken. Die Anforderungen an Patientenfürsprecher und -fürsprecherinnen in Krankenhäusern sollen so konkret sein, dass
- sie ihre Funktion zielgerichtet ausüben können.
- 100
- Abgeordnetenhauswahl 2011
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- EINE STADT FÜR ALLE.
- 3.4 Mobile Stadt
- Nachhaltige Mobilität für alle
- Wir Grüne wollen Berlin zu einer Vorzeigemetropole für
- klimafreundliche Mobilität entwickeln und eine Mobilität für
- alle ermöglichen, mit der die Zahl der Unfälle mit Toten und
- Verletzten auf null sinkt.
- Wir wollen ein Mobilitätsangebot, das sicher, verlässlich und
- ohne Angst genutzt werden kann. Wir werben dabei für eine
- Mobilitätskultur der gegenseitigen Achtsamkeit im Verkehr.
- Die Autonutzung insbesondere in der Innenstadt ist seit Jahren
- rückläufig, denn viele Berlinerinnen und Berliner sind in den
- letzten Jahren auf öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad
- umgestiegen. Diesen Trend wollen wir weiter stärken. Denn
- weniger Autoverkehr in der Innenstadt heißt bessere Luft,
- weniger Lärm und mehr Platz für alle. Das ist auch eine soziale Frage: Unter lauten, gesundheitsschädlichen Hauptstraßen und Autobahnen leiden viele Berlinerinnen und Berliner,
- insbesondere die mit geringem Einkommen. Mobilität ist die
- Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Dennoch sind die
- notwendigen Kosten der Mobilität für viele Menschen nicht
- aufzubringen. Der Preis des Berliner Sozialtickets übersteigt
- beispielsweise die Regelleistungen für Mobilität. Daran muss
- sich etwas ändern – auf Bundesebene streiten wir Bündnisgrüne für eine angemessene Erhöhung der Regelsätze, z. B. beim
- Arbeitslosengeld II (ALG II). Auch in Berlin suchen wir nach
- einem Ausgleich, um für alle Menschen ausreichende Mobilitätsangebote zu ermöglichen. Daher wollen wir als ersten
- Schritt verschiedene Maßnahmen prüfen, wie etwa kostenlose
- Fahrten für ALG-II-EmpfängerInnen und ihre Kinder in eingeschränkten Geltungszeiträumen außerhalb des Berufsverkehrs. Außerdem soll der Preis des „Schülertickets“ für diese
- Kinder gesenkt werden. Angesichts der großen Kinderarmut in
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
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- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- notwendig wären, brauchen wir an anderer Stelle dringender.
- Neuinvestitionen im Straßenneubau sind nur noch im Ausnahmefall zu rechtfertigen. Auch europäische Infrastrukturmittel
- sollen für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und der
- Fahrradinfrastruktur verwendet werden.
- Moderne Verkehrspolitik hat klare Ziele
- Mobil kombiniert – die Mobilitätskarte
- Wir wollen eine verträglichere Mobilität, die das Klima schont,
- die leiser und gesünder ist und die den Verkehr weg vom Öl hin
- zu erneuerbaren Energien bringt. Wir wollen den Stadtraum für
- die Nahmobilität behutsam entwickeln und dem Rad- und dem
- Fußverkehr entsprechend seiner gestiegenen Bedeutung mehr
- Platz einräumen. Straßen und Plätze sollen wieder mehr zu Orten der nachbarschaftlichen Begegnung werden. Wir möchten
- die öffentliche Diskussion über autofreies Leben führen. Für
- Berlinerinnen und Berliner, die autofrei leben wollen, möchten
- wir entsprechende Projekte vorantreiben.
- Die verschiedenen Verkehrsmittel müssen optimal miteinander
- kombinierbar werden. Umsteigemöglichkeiten müssen verbessert werden. Für einen einfachen Übergang zwischen den
- Verkehrsmitteln wollen wir eine Mobilitätskarte entwickeln, die
- im ersten Schritt als zum Umwelt-Abo zubuchbares Mobilitätspaket angeboten wird. Dieses könnte etwa neben einer BahnCard Vergünstigungen für Leihfahrräder, Car-Sharing, Mietwagen und Taxifahrten bieten. Die Mobilitätskarte wird damit
- zum Schlüssel zur Stadt. Daten zur Bewegung im ÖPNV dürfen
- nicht gespeichert werden. Sparsamkeit bei personenbezogenen
- Daten hat für uns oberste Priorität.
- Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, des Radund Fußverkehrs sowie die Instandhaltung von Straßen haben Vorrang. Die ohnehin knappen Landesmittel, die für
- den Bau der sogenannten Tangentialverbindung Ost und die
- Ost-West-Trasse oder die Verlängerung der Autobahn A100
- 102
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Ein gutes Klima im Verkehr
- Geredet wird viel über Klimaschutz, faktisch spielte er bisher in
- der Verkehrspolitik nur eine geringe Rolle. Wir wollen konkrete
- Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen im Verkehrsbereich
- festlegen. Bis 2020 wollen wir die CO2-Emissionen des Verkehrs gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent senken. Ziel
- ist eine klimaneutrale Mobilität bis 2050. Alle Maßnahmen des
- Stadtentwicklungsplans Verkehr müssen hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Klimaschutz überprüft werden.
- 3. Lebenswertes Berlin
- 3. Lebenswertes Berlin
- Berlin ist eine rasche Lösung für Kinder und Jugendliche besonders dringend, um die Teilnahme an schulischen, aber gerade
- auch außerschulischen Aktivitäten sicherzustellen. Aber auch
- für Menschen mit geringem Einkommen, etwa Personen mit
- Anspruch auf Wohngeld, wollen wir Teilhabe durch Mobilität ermöglichen und prüfen daher die Vergünstigungen des
- „berlinpasses“.
- Wir wollen die Alternativen zum Privatauto attraktiver machen, um noch mehr Menschen zum Umstieg zu bewegen.
- Vor allem wollen wir den Berlinerinnen und Berlinern ein noch
- besseres öffentliches Mobilitätsangebot machen. Der Schlüssel
- dazu liegt in der optimalen Verknüpfung aller Verkehrsarten:
- Busse und Bahnen, Radfahren und Zufußgehen, Auto, Taxi und
- Car-Sharing-Netze. Wir wollen bessere und einfachere Übergänge zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln schaffen.
- Eine Stadt für alle – mehr Platz für alle
- Eine lebenswerte Stadt braucht Straßen, auf denen alle gleichberechtigt sind und rücksichtsvoll miteinander umgehen. Dafür
- wollen wir Modelle nach dem Prinzip des Shared Space oder
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 103
- Begegnungszonen erproben. Gewinner sind wir dabei alle:
- FußgängerInnen und Radfahrende kommen sicherer und erholter ans Ziel, Umsätze der Geschäfte steigen, denn der
- Schaufensterbummel wird attraktiver, und wer Auto fährt,
- steckt weniger im Stau.
- 3. Lebenswertes Berlin
- Die Erfahrungen mit den zahlreichen Parkraumbewirtschaftungszonen in Berlin zeigen, dass diese in Gebieten, in denen
- ein großer Parkplatzmangel herrscht, zusätzliche Freiräume
- schaffen. Sie ermöglichen Anwohnerinnen und Anwohnern,
- stressfrei einen Parkplatz vor der Haustür zu finden. Nerviger
- Parksuchverkehr im Kiez ist damit Geschichte. Wir werden
- daher den Ausbau von Parkraumbewirtschaftungszonen in
- allen Gebieten mit großem Parkdruck weiter vorantreiben. Bei
- Zielkonflikten wollen wir im Dialog mit allen Betroffenen faire
- Lösungen erarbeiten.
- Mobilität für alle barrierefrei
- Eine Stadt für alle heißt auch: Mobilität muss für alle möglich
- sein. Ein Drittel aller Fahrgäste sind in ihrer Bewegungsfreiheit
- eingeschränkt, sei es aufgrund des Alters, einer körperlichen
- Einschränkung oder der Mitnahme eines Kinderwagens.
- U- und S-Bahnhöfe sowie Bus- und Tram-Haltestellen müssen
- deutlich schneller als bisher geplant barrierefrei sein. Darüber
- hinaus sollen Automaten für Fahrscheine und Informationen
- barrierefrei gestaltet werden. Neben Blindenschrift helfen zum
- Beispiel Piktogramme für eine einfache und rasche Orientierung über Sprachbarrieren hinweg.
- Fahr Rad!
- In Berlin ist das Fahrrad auf kurzen Strecken meist zeitlich unschlagbar! Dazu spart es Platz, schont das Klima und hält gesund. Deshalb ist es wenig erstaunlich, dass sich die Anzahl
- 104
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- der Fahrradfahrerinnen und -fahrern in den letzten zehn Jahren
- verdoppelt hat. Die Infrastruktur konnte bei diesem Wachstum nicht mithalten. Mehr Fahrradstreifen auf der Fahrbahn
- und Fahrradstraßen machen das Leben von Radfahrerinnen
- und Radfahrern sicherer und stressfreier. Fahrradfahren im Alltag muss einfacher werden. Wir benötigen dazu ein attraktives Netz von Haupt- und Nebenrouten und Radfernwegen in
- ganz Berlin. Der Ausbau von Fahrradstellplätzen – vor allem
- an Haltestellen – und unkomplizierte Mietradsysteme tragen
- dazu bei, dass Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel leichter
- kombiniert werden können. Für den Neubau und die Instandhaltung der Fahrradwege muss dringend mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Damit wollen wir den Radverkehrsanteil
- bis 2020 verdoppeln.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Die Zukunft fährt Tram
- Paris, Barcelona und London machen es vor: Die Tram ist eines
- der Verkehrsmittel der Zukunft! Auf eigenem (Rasen-)Gleiskörper ist die Tram eine schnelle, staufreie, komfortable Alternative zum Auto – besser noch, sie lässt sich vergleichsweise
- kostengünstig realisieren.
- Wir werden einen Masterplan „Berliner Tramnetz“ entwickeln. Dafür schaffen wir Planungsrecht für neue Linien, die
- wir schrittweise realisieren wollen. Vordringlich ist für uns die
- Verlängerung der M10 vom Nordbahnhof zum Hauptbahnhof
- und weiter zur Turmstraße und der Linien vom Alexanderplatz
- über den Potsdamer Platz und weiterführend bis zum Rathaus
- Steglitz. Danach sollen die Straßenbahn von Rosenthal durch
- das Märkische Viertel nach Wittenau sowie die Verlängerung
- von der Warschauer Straße zum Hermannplatz entstehen.
- Damit die Tram nicht im Stau steckt, wollen wir wirkungsvolle
- Vorrangschaltungen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 105
- S-Bahn für Berlin fit machen
- 3. Lebenswertes Berlin
- Die Bewältigung der S-Bahn-Krise wird eine Erblast des rotroten Senats für viele Jahre sein. Die Ursache liegt in einem
- miserabel ausgehandelten Vertrag zwischen dem Land Berlin
- und der S-Bahn Berlin GmbH, der zu den jetzt von Klaus Wowereit beklagten Missständen geradezu einlud. Mit der Operation S-Bahn wurde im Hinblick auf den geplanten Börsengang
- der Bahn systematisch daran gearbeitet, die Gewinne zu maximieren, koste es, was es wolle: Mitarbeiter wurden entlassen,
- Werkstätten geschlossen, Wartungen nicht eingehalten und es
- wurde ohne Reserve auf Verschleiß gefahren.
- Leidtragende waren die Fahrgäste, die horrende Verspätungen und überfüllte Züge ertragen mussten. Den Höhepunkt
- erlebte die S-Bahn-Krise im Winter 2010/2011 als zeitweise
- ganze S-Bahn-Strecken stillgelegt werden mussten, weil die
- Wagen nicht zur Verfügung standen.
- Der regierende Bürgermeister saß das S-Bahn-Chaos aus, anstatt kurzfristige Maßnahmen zu erarbeiten und die notwendigen Entscheidungen für die Anschaffung von neuen Zügen für
- den Aufbau eines landeseigenen Fuhrparks zu treffen.
- Berlin braucht eine S-Bahn, die qualitativ und quantitativ
- einer Metropole würdig ist. Die Verantwortung für Züge und
- Werkstätten gehört in öffentliche Hand. Deshalb wollen wir
- schnellstmöglich mit dem Aufbau eines landeseigenen S-BahnFuhrparks beginnen. Außerdem soll Berlin im Bundesrat eine
- Initiative starten, mit der das S-Bahn-Netz aus der Deutschen
- Bahn AG herausgelöst und mit einem finanziellen Ausgleich
- für die Unterhaltung an das Land übertragen wird. Eine Direktvergabe ist inzwischen auch durch den Bundesgerichtshof
- ausgeschlossen worden. Wir wollen in Ausschreibungen klare
- Vorgaben zur Qualität des Angebots und Strafen bei Nichteinhaltung vertraglich festlegen. Unter dieser Maßgabe soll der
- Betrieb der S-Bahn stufenweise ausgeschrieben werden, wobei
- 106
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- die S-Bahn sich auf diese Ausschreibung genauso bewerben
- kann wie andere Anbieter auch. Einen Wettbewerb zu Lasten
- der Beschäftigten und der Umwelt schließen wir aus, indem wir
- tarifliche und ökologische Standards garantieren, wie es etwa
- das rot-grün regierte Bremen bei der Vergabe seines S-BahnNetzes gemacht hat.
- Gute Mobilität – nicht nur für die Innenstadt!
- In einer Stadt für alle muss es auch für die Außenbezirke eine
- gute Anbindung geben. Öffentlicher Nahverkehr kann sinnvoll ergänzt werden. Nicht nur in den Nachtstunden schließen
- taxiähnliche Rufbusse, Kiezbuslinien oder Sammeltaxen Angebotslücken. Park-and-ride-Parkplätze an ÖPNV-Halten am
- Stadtrand – wie in Buch und Heinersdorf – ermöglichen es auch
- Pendlern mit schlechter ÖPNV-Anbindung, die Berliner Innenstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
- Kurzfristig wollen wir die Ostbezirke durch eine neue Regionalbahnlinie über Hohenschönhausen, Lichtenberg, Ostkreuz
- und Schöneweide an den Flughafen BBI anbinden. Ein Umsteigebahnhof Karower Kreuz soll die Angebotslücke für die
- nördlichen Bezirke schließen. Die Realisierung der sogenannten
- „Nahverkehrstangente“ zwischen Springpfuhl und BBI über
- den Außenring wollen wir in der nächsten Legislatur mit Priorität planerisch vorbereiten. Das ist Teil unserer Alternative zur
- A100-Verlängerung und zur geplanten Tangentialverbindung
- Ost. Wir treten für den Neubau des Regionalbahnhofs Köpenick ein. Ein gut funktionierendes System von kurzfristig und
- unkompliziert zu mietenden Autos in ganz Berlin ergänzt das
- Angebot der Öffentlichen.
- Dass auf Straßen in Wohngebieten, im Umfeld von Krankenhäusern, Seniorenheimen, Kitas und Schulen Tempo 30 üblich
- ist, sichert dort Lebensqualität und sorgt für Sicherheit. Dies
- betrifft schon heute etwa 70 Prozent unserer Straßen. Auf den
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 107
- großen Magistralen gilt Tempo 50. In der Realität ist Tempo
- 30 die Regel und Tempo 50 schon heute die Ausnahme. Wir
- wollen das Gesetz der Realität anpassen – das spart Verwaltungsaufwand und auch eine Menge Verkehrsschilder.
- Die Wirtschaft zieht mit
- 3. Lebenswertes Berlin
- Der Berliner Güterverkehr umfasst derzeit ein Drittel des Gesamtverkehrs, verursacht aber rund zwei Drittel Lärm- und
- Schadstoffemissionen. Diese Belastungen zu verringern, ist
- eine Herausforderung. Dazu brauchen wir ein integriertes
- Wirtschaftsverkehrskonzept, das innovative Technologien und
- bestehende Infrastruktur einbindet. Durch eine bessere Einbindung der bestehenden Güterverkehrszentren in die Stadtlogistik können Mehrfachanfahrten zu einem Ziel vermieden und
- kann unnötiger Verkehr reduziert werden.
- Eine bessere Ausnutzung von Schiene und Binnenschiff
- bietet ein großes Verlagerungspotential. Damit der Warenumschlag von der Straße auf die Schiene funktioniert, ist die
- planungsrechtliche Sicherung von Bahnflächen dringend geboten. Dem Ausverkauf von strategisch bedeutsamen Flächen,
- etwa entlang dem S-Bahn-Ring, muss Einhalt geboten werden!
- BBI-Anschluss statt A100-Weiterbau
- Der Weiterbau der A100 wird zu mehr Verkehr in der Innenstadt führen. Verkehrschaos an der Elsenbrücke ist vorprogrammiert. Anwohnerinnen und Anwohner werden unter
- mehr Lärm- und Schadstoffbelastung leiden. In einer Stadt für
- alle sind Straßen dazu da, Quartiere zu verbinden, statt sie zu
- zerschneiden. Wir lehnen daher den Weiterbau der A100 ab.
- Wir werden alle rechtlichen und politischen Mittel dafür einsetzen, den Weiterbau der A100 zu verhindern. Den Planfeststellungsbeschluss wollen wir aufheben. Stattdessen werden
- wir mit der Bundesregierung verhandeln, um die Bundesmittel
- 108
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- für einen optimalen Lärmschutz an den bestehenden Berliner
- Autobahnen und an der Dresdner Bahn zu verwenden. So wird
- eine gute Anbindung des Flughafens Berlin Brandenburg International nicht weiter verzögert.
- 3.5 Berlin - sichere Stadt der Freiheit
- „Eine Stadt für alle“ erfordert auch Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger. Soziale Sicherheit, aber auch Schutz vor
- Gewalt und Kriminalität. Es sind in der Regel nicht die Wohlhabenden, die unter Gewalt und der Verwahrlosung des öffentlichen Raums leiden, sondern gerade diejenigen, die in Gegenden
- mit sozialen Problemen wohnen und arbeiten. Dafür brauchen
- wir eine besser geschulte und ausgestattete, bürgernahe Polizei. Alles, was diese Viertel sozial stärkt, trägt zur Verbesserung
- bei. Durch eine gezielte soziale Quartiers- und Mietenpolitik
- und eine gezielte Bildungs- und Arbeitspolitik verhindern wir
- die Verdrängung der Schwächeren aus dem Viertel und fördern
- ein gutes, solidarisches Zusammenleben im Kiez.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Kaum etwas beeinträchtigt die Lebensqualität so unmittelbar wie das Opfer einer Gewalttat zu werden. Aber schon
- die Angst vor Kriminalität kann Beschränkungen bedeuten.
- Unterschiedliche Bereiche der Stadt können für unterschiedliche Menschen Angsträume sein. Eine Stadt für alle bedeutet, dass sich alle überall hinreichend sicher fühlen können,
- unabhängig vom Einkommen, vom Bezirk, von Hautfarbe,
- Herkunft, Geschlecht, Alter oder der sexuellen Identität. Die
- Angst vor Straftaten nehmen wir ernst, auch wenn die Polizeistatistik einen Rückgang der Kriminalität verzeichnet. Niemand
- kann absolute Sicherheit versprechen, aber manches kann
- besser gemacht werden.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 109
- 3. Lebenswertes Berlin
- Grüne Sicherheitspolitik setzt auf Besonnenheit, Rechtsstaatlichkeit und Bürgernähe. Unser oberster Wert bleibt die Freiheit.
- Grüne Sicherheitspolitik dient immer der Sicherung der Freiheit
- des Einzelnen. Deshalb darf sie auch nie die Rechte jedes Menschen übergehen oder rechtsstaatliche Standards in Frage stellen. Wir wollen die Freiheit aller schützen, gegen Terrorismus
- und Kriminalität, gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht
- und gegen unzulässige Eingriffe des Staates. Freiheit kann man
- nicht verteidigen, indem man sie aufgibt. Wir wollen neue
- Akzente einbringen, entschieden auf Prävention und die Vermeidung von Verbrechen setzen und die unterschiedlichen
- Institutionen, die für die öffentliche Sicherheit relevant sind,
- besser miteinander vernetzen.
- Wachsamkeit statt Panik
- Verantwortungsvolle Sicherheitspolitik muss wachsam und besonnen der Möglichkeit ins Auge blicken, dass Terrororganisationen versuchen, auch in Berlin Anschläge zu verüben. Terrorwarnungen kann niemand auf die leichte Schulter nehmen.
- Andererseits ist Panik genau das, was die Terroristen erreichen
- wollen. Dem wollen wir ein klares Signal entgegensetzen:
- Berlin lässt sich seine freiheitliche Lebensweise nicht nehmen,
- weder durch Bombendrohungen noch durch vorauseilende
- Aushöhlung des Rechtsstaates. Bestehende Befugnisse der
- Sicherheitsbehörden sind mehr als ausreichend, um den
- Gefährdungen zu begegnen. Wir streben die Evaluation aller Berliner Sicherheitsgesetze an, um ihre Wirksamkeit und
- Angemessenheit zu überprüfen und die Bürgerrechte zu stärken, gegebenenfalls auch durch die Zurücknahme einzelner
- Regelungen oder Gesetze. Teil der Verantwortung für die
- Sicherheit der Stadt sind lückenlose Vorsorge und Planung
- beim Katastrophenschutz.
- 110
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Öffentliche Plätze gemeinsam sicher und lebenswert
- gestalten
- Manche öffentliche Plätze und Orte lösen Ängste aus und mitunter gibt es Konflikte zwischen unterschiedlichen Nutzerinnen
- und Nutzern. Um hier zu vermitteln und gemeinsam Lösungen zu finden, wollen wir lokale Präventionsstrukturen stärken,
- die unterschiedliche Akteurinnen und Akteure zusammenbringen: an erster Stelle die Anwohnerinnen und Anwohner, aber
- auch z. B. Jugend- und Sozialarbeit, Quartiersmanagement,
- Stadtplanung, Polizei und auch Respektspersonen aus unterschiedlichen Communities. Wenn Menschen gemeinsam Verantwortung übernehmen, ist das effektiver als der Einsatz von
- Videokameras, die bestenfalls Straftaten aufzeichnen, wenn es
- zu spät ist. Auch private Sicherheitsunternehmen, die zuallererst dem Eigentumsschutz ihrer Auftraggeber verpflichtet sind,
- sind keine Lösung für Räume, die allen gehören.
- 3. Lebenswertes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Videoüberwachung auf den Prüfstand
- Unter Rot-Rot hat sich die Zahl der Videokameras in Berlin
- vervielfacht. Die BVG filmt inzwischen flächendeckend auf
- U-Bahnhöfen und ist dabei, alle Waggons, Trams und Busse
- mit Kameras auszustatten. Das mag das subjektive Sicherheitsgefühl verbessern, Hilfe leisten können jedoch nur Menschen.
- Doch die schauen sich die Aufzeichnungen allenfalls an, wenn
- es zu spät ist. Was die Kameras überhaupt bringen, muss
- dringend geklärt werden. Eine Evaluation brach die BVG mit
- Billigung des Senats ab, als sich abzeichnete, dass sich keine
- Hinweise auf eine tatsächliche Verringerung der Kriminalität
- ergaben. Das wollen wir nicht hinnehmen. Wir fordern eine
- echte wissenschaftliche Überprüfung des Nutzens und der
- Nebenwirkung der Videoüberwachung und bis dahin zumindest ein Moratorium ihrer ständigen Ausweitung. Wir sind
- gegen eine flächendeckende Videoüberwachung öffentlicher
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 111
- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Plätze und lehnen das anlasslose polizeiliche Filmen von Demonstrationen ab.
- Für eine effektive Justiz
- 3. Lebenswertes Berlin
- Wir brauchen nicht immer mehr Polizei, aber mehr Polizistinnen und Polizisten auf den Bürgersteigen. Um das zu erreichen,
- gehört die Polizeistruktur auf den Prüfstand. Hier müssen die
- richtigen Prioritäten gesetzt werden und gute Arbeitsbedingungen für die Polizistinnen und Polizisten herrschen. Unser
- Leitbild ist eine moderne, offene, gut ausgebildete und ausgestattete Polizei, die den Herausforderungen einer vielfältigen
- Großstadt gerecht wird. So wird etwa bei Gewalt an der Schule
- die Polizei inzwischen stärker einbezogen. Das ist gut und richtig. Damit sich die Polizei auf wichtige Aufgaben konzentrieren
- kann, wollen wir auch prüfen, wo sie entlastet werden kann.
- Um das Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und
- der Polizei zu verbessern, soll es einen unabhängigen Polizeibeauftragten geben. An diese Stelle können sich Bürgerinnen
- und Bürger mit ihren Beschwerden wenden, hier können Polizistinnen und Polizisten ihre Anliegen vorbringen und können
- strukturelle Defizite zur Sprache gebracht werden. Wir wollen
- das von uns lange betriebene Vorhaben, alle Beamtinnen und
- Beamten im Einsatz mit einer eindeutigen Kennzeichnung zu
- versehen, in der Praxis erfolgreich machen.
- Berlins Polizei und Justiz internationaler machen
- Was in Ländern wie Großbritannien oder den USA schon fast
- selbstverständlich ist, ist in Berlin immer noch schwer – der Zugang von Migrantinnen und Migranten zu Polizei, Justiz und
- den Finanzbehörden. In einer Stadt für alle ist dies zwingend
- erforderlich: vom Polizeidirektor zur Vorsitzenden einer Großen
- Strafkammer.
- 112
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 3. Lebenswertes Berlin
- Für eine bürgernahe Polizei
- Die Berlinerinnen und Berliner müssen die Gewissheit haben,
- dass sie in angemessener Zeit ihre Rechte auch gerichtlich
- durchsetzen können. Zügige und schnelle Gerichtsverfahren
- sind Zeichen eines demokratischen Rechtsstaates. Wir wollen,
- dass die Justiz in der Hauptstadt zu einem Modell für bürgerInnenfreundliche, moderne und weltoffene Justiz wird. Justiz ist
- kein wohlfeiles Gut und nicht billig zu haben.
- Bei der Berliner Justiz müssen erhebliche Ausstattungsdefizite
- wettgemacht werden. Verbesserungen wollen wir über eine effizientere Organisation in der Justiz erreichen, die Verwaltungsautonomie der Gerichte wollen wir weiter stärken. Sie müssen
- auch Personalverantwortung im nichtrichterlichen Bereich bekommen.
- Wir wollen die Zusammenarbeit von Justiz, Polizei und Jugendämtern zur Verstärkung von Präventionsarbeit verbessern.
- Wir wollen helfen, die Jugendgerichtsverfahren zu beschleunigen, und Wege finden, um erzieherische Maßnahmen schneller
- wirksam werden zu lassen. Eine Absenkung des Alters für die
- Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts lehnen wir ab.
- Die Verwaltungsgerichtsbarkeit muss ebenso beschleunigt
- werden. Denn im Durchschnitt über ein Jahr auf eine Entscheidung in erster Instanz zu warten, ist für die BürgerInnen nicht
- zumutbar.
- Junge Straftäter: Prävention, Intervention und schnellere
- Verfahren
- Eine besondere Herausforderung – nicht nur für die Polizei –
- sind Straftaten von Jugendlichen. Lebensperspektiven zu bieten
- und Bildungschancen zu eröffnen ist die beste Prävention und
- kann helfen, dass aus Kindern keine Straftäter werden. Auch
- wenn die Statistik auf einen Rückgang der Jugendkriminalität
- hinweist, sind einige junge, zumeist männliche Täter für eine
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 113
- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wer in Berlin Grün wählt …
- Eine Kriminalpolitik, die vor allem auf Gefängnisstrafen setzt, ist
- kurzsichtig. Niemandem ist geholfen, wenn Menschen wegen
- Schwarzfahrens hinter Gittern landen, weil sie ihre Geldstrafe
- nicht bezahlen können. Für die täglich über 200 Menschen,
- die so eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, sind Programme wie
- „Schwitzen statt sitzen“ sinnvoller – und kostengünstiger. Gerade im Bagatellbereich wollen wir Haft vermeiden. Die Justizvollzugsanstalten sollen sich darauf konzentrieren, die wegen
- schwerer Verbrechen Verurteilten auf ein künftiges Leben ohne
- Straftaten vorzubereiten, und zwar von Anfang an. In Haft
- begonnene Therapien müssen nach der Haft ambulant fortgesetzt werden können. Statt in Beton wollen wir in Resozialisierung investieren. Besonders wichtig sind Therapie, Unterstützung bei der Resozialisierung und Führungsaufsicht bei den
- Tätern, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden.
- •
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- 3. Lebenswertes Berlin
- Berlin Straftäter ohne ausreichende Vorbereitung entlassen.
- Das werden wir ändern. Berlin braucht ein Konzept für den
- geregelten Übergang von der Haft in die Freiheit. Eine vorzeitige Entlassung kann nach genauer Prüfung des Einzelfalls
- und nach intensiver Vorbereitung unter Auflagen stattfinden.
- Bereits vorher muss die Bewährungshilfe einbezogen werden,
- die anschließend zusammen mit der Polizei die Einhaltung der
- Auflagen kontrolliert.
- Resozialisierung statt Beton
- 3. Lebenswertes Berlin
- Vielzahl von Straftaten verantwortlich. Für Prävention, Intervention und rasche Ahndung wollen wir die unterschiedlichen
- Stellen noch besser vernetzen. Die Jugendstaatsanwaltschaften müssen endlich dezentralisiert werden, damit sie besser
- und schneller vor Ort vernetzt sind mit Polizei, Jugendämtern
- und anderen. Intensivtäter brauchen intensive Betreuung. Aber
- nicht nur die Täter brauchen Betreuung, vor allem brauchen
- die Opfer Hilfe. Die Berliner Opferhilfen wollen wir stärken und
- Möglichkeiten des Täter-Opfer-Ausgleichs weiter ausbauen.
- stimmt für eine soziale und nachhaltige Stadtentwicklung.
- wählt eine gute Umwelt mit weniger Lärm und mehr
- Grün, stärkt die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher.
- fördert ökologische Mobilität für alle statt A 100.
- macht unsere Stadt sicherer, anstatt Ängste auszunutzen.
- Rückfallrisiken senken
- Nachhaltige Sicherheitspolitik blickt auch hinter die Gefängnismauern. Wenn in der Haft vor allem Verwahrung und
- Verrohung stattgefunden haben oder das Umfeld und die
- Perspektiven nach der Entlassung sehr schwierig sind, ist
- das Rückfallrisiko besonders hoch. Viel zu häufig werden in
- 114
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 115
- „Der Mensch ist ständig in Gefahr,
- das nie Dagewesene für undenkbar zu halten.“
- (Al Gore)
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- Neue Energie für die Stadt
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- „Eine Stadt für alle“ braucht Umweltgerechtigkeit. Während
- in unserer Stadt die Folgen des Klimawandels langsam spürbar werden, sind sie vielerorts schon längst zur existentiellen
- Bedrohung geworden: Aber Berlin will nicht auf Kosten anderer
- leben.
- Verkehr, Ernährung, Produktion, Konsum, Wohnen und Energieverbrauch beeinflussen auf vielfältige Weise das Klima und
- den Zustand unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Und unsere
- Energieversorgung wird zunehmend zum sozialen Problem:
- Steigende Energiekosten verteuern die Warmmiete; schlecht
- gedämmte Wohnungen und Büros werden im Sommer zum
- Backofen. Berlin steht in der Verantwortung, seinen Beitrag
- zum Klimaschutz zu leisten. Wir haben gemeinsam die Chance,
- Berlin zur Klimahauptstadt zu machen. Alles andere wäre zu
- kurz gesprungen. Das bedeutet einen Schub auszulösen für
- Energieeinsparung, Energieeffizienz und den Einsatz von erneuerbarer Energie von den Endverbrauchern bis zur Produktion.
- In Berlin versuchen viele Menschen längst, ihren Alltag
- entsprechend zu verändern. Zahlreiche Unternehmen haben
- sich auf den Wandel eingelassen. Aber systematisch wurde
- diese Aufgabe in Berlin bisher nicht angepackt. – Das wollen
- wir ändern. Die Berliner Energieversorgung basiert fast
- 116
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- ausschließlich auf klimaschädlichen fossilen Rohstoffen: Wir verbrennen für unseren Energiebedarf zum größten Teil Braunkohle
- aus der Lausitz, Steinkohle aus Kolumbien und Gas aus Russland.
- Rot-Rot hat diese Herausforderung bisher jedoch ignoriert und
- so rangiert Berlin im bundesweiten Vergleich beim Einsatz erneuerbarer Energie und Energieeffizienz auf dem letzten Platz.
- Deshalb wollen wir, dass Berlin Schritt für Schritt umsteigt.
- Berlin braucht ein schlüssiges Energiekonzept mit Energieeffizienz, Energieeinsparung und neuer, erneuerbarer Energie – so
- schützen wir das Klima, senken die Energiepreise und schaffen
- viele neue Arbeitsplätze.
- Energieeffizienz und der Einsatz erneuerbarer Energien sind
- nicht nur die Grundlage für eine nachhaltige Energieversorgung, sie bergen auch ein enormes wirtschaftliches – bisher
- kaum genutztes – Potential für unsere Stadt. Allein durch die
- energetische Sanierung aller öffentlichen Gebäude mit einem
- Investitionsvolumen von ca. einer Milliarde Euro können wir
- etwa 25.000 Arbeitsplätze im Jahr neu schaffen – und für die
- Zukunft Ausgaben einsparen.
- Linke und Sozialdemokraten haben ihren löchrigen Entwurf
- eines Klimaschutzgesetzes gerade wieder zu den Akten gelegt,
- obwohl vom Mieterverein bis zur Berliner Wirtschaft alle darauf warten. Wir wollen ein umfassendes Klimaschutzgesetz,
- das verbindliche Klimaschutzziele festschreibt: Berlins Treibhausgasemissionen müssen bis 2050 um 95 Prozent verringert
- werden.
- Mit unserem Klimaschutzgesetz verpflichtet sich der zukünftige Senat, dem Abgeordnetenhaus Klimaschutzaktionspläne
- für alle relevanten Bereiche wie Gebäude, Verkehr, Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung vorzulegen, in denen aufgezeigt wird, wie qualifizierte und quantifizierte Zwischenziele
- erreicht werden können. Wir beenden damit den derzeitigen
- Unsinn, dass in den verschiedenen Ressorts Konzepte zum
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 117
- Klimaschutz parallel und ohne Absprache mit den betroffenen
- Bereichen erarbeitet werden.
- Mit uns Grünen wird das Land Berlin der Atompolitik und der
- schwarz-gelben Bundesregierung entschieden entgegentreten
- und konsequent den Umstieg auf erneuerbare Energien fördern.
- 4.1 Der erneuerbare Schatz der Stadt
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- Berlin hat große innerstädtische Potentiale für die Nutzung
- erneuerbarer Energien. Der bundesweite Boom ist an unserer
- Stadt bisher jedoch nahezu spurlos vorbeigegangen; nicht einmal ein Prozent der in Berlin verbrauchten Energie wird aus
- erneuerbaren Energien gewonnen – bundesweit liegt der Anteil
- beim Strom im Durchschnitt schon bei etwa 17 Prozent.
- Im bundesweiten Vergleich im Bereich erneuerbarer Energien
- liegt Berlin seit Jahren konsequent auf dem letzten Platz. Grund
- dafür ist nicht der Mangel an Fläche, sondern vor allem das fehlende Engagement des Senats, wie ein Blick auf Bremen zeigt:
- Bremen erreicht in der Gesamtwertung Platz neun. Der Stadtstaat gehört bei den Forschungsausgaben und Studiengängen
- zu den führenden Bundesländern und liegt auf Platz eins bei
- den industrie- und technologiepolitischen Maßnahmen.
- Um Berlins Energieversorgung Schritt für Schritt auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen, wollen wir unsere großen städtischen Potentiale für die nachhaltige Energiegewinnung jetzt erschließen: die konsequente Nutzung von Abfällen
- und Abwässern, Erdwärme und Solarenergie.
- Keine Landesregierung in Deutschland legt Menschen, die
- erneuerbare Energien nutzen wollen, mehr bürokratische und
- rechtliche Hindernisse in den Weg als der Berliner Senat. Wir
- wollen die Genehmigungen vereinfachen und Engagement
- unterstützen, nicht behindern.
- 118
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Für Berlin gibt es zwar inzwischen einen Solaratlas, in dem sich
- gebäudescharf sehen lässt, ob ein Haus vom Sonneneinfall her
- für die Nutzung von Solarenergie geeignet ist. Diese Informationen wurden bisher jedoch nicht genutzt, um tatsächlich
- Solaranlagen zu installieren. Und die öffentliche Hand versagt
- als Vorbild. Wir wollen Solardächer auf allen geeigneten öffentlichen Gebäuden. Sofern das Land Berlin nicht selbst investiert,
- sollen die Dächer kostenfrei privaten Initiativen für den Bau von
- Solaranlagen überlassen werden. Die großen städtebaulichen
- Entwicklungsgebiete der Stadt wollen wir gezielt mit innovativen regenerativen Energiekonzepten entwickeln.
- Alle Energiequellen nutzen
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Klimafreundliche Energie lässt sich nicht nur aus Sonne, Wind
- und Wasser gewinnen, sondern auch aus Bioabfall aus der
- Biotonne, Deponiegas, Klärschlamm, Speiseresten oder Grünschnitt. Überall in unserer Stadt schlummern Potentiale, die für
- die Energiegewinnung nutzbar gemacht werden müssen.
- Aus den tagtäglich anfallenden Unmengen von Abfällen und
- Reststoffen können Gas, Strom, Kraftstoff und Wärme erzeugt
- werden. Diese Potentiale wollen wir endlich effizient nutzen.
- Berlin und Brandenburg gemeinsam
- Unsere Energieversorgung zukunftsfähig zu gestalten, bedeutet
- auch, Berlin und Brandenburg zusammenzudenken und hierfür
- gemeinsame, konkrete Ziele und Umsetzungsstrategien zu entwickeln und zu vereinbaren. Die gemeinsame Landesplanung
- Berlin-Brandenburg besteht im Bereich Energie jedoch derzeit
- lediglich darin, die jeweiligen Planungen nicht abgestimmt
- und unabhängig voneinander fortzuschreiben. Diese Praxis
- dient weder der Wertschöpfung der Region als Ganzes noch
- dem Klimaschutz und steht auch der gemeinsamen Landesentwicklung diametral entgegen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 119
- Im Rahmen der bestehenden gemeinsamen Landesplanung
- mit Brandenburg setzen wir uns für einen schnellstmöglichen
- Braunkohleausstieg ein und werden der Vattenfallstrategie, mit
- unterirdischen CO2-Speichern ihre Kohlepolitik fortzusetzen,
- entschieden entgegentreten.
- Unser Ziel ist es, bis 2050 den Gesamtenergiebedarf Berlins
- und Brandenburgs zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien
- zu decken. Dafür bedarf es bei Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien einer gemeinsamen Anstrengung – der Länder, der Wissenschaft, der Wirtschaft und vieler
- BürgerInnen.
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- Biomasse ist nicht per se der beste Weg
- Die energetische Nutzung von Biomasse bietet eine Chance,
- schneller von Kohle und Öl unabhängig zu werden. Sie setzt
- zugleich verstärkte Anstrengungen der Energieeinsparung und
- Energieeffizienz voraus. Die Nutzung von Biomasse darf für
- die Energiegewinnung nur bei Einhaltung strenger Nachhaltigkeits- und Sozialstandards erfolgen und soweit ihr Import entwicklungspolitische Ziele nicht gefährdet, sondern befördert. Es
- ist weiterhin umstritten, ob in Zukunft tragfähige Nachhaltigkeitskriterien, insbesondere im internationalen und weltweiten
- Rahmen, überhaupt erreichbar sind und zuverlässig überwacht
- und eingehalten werden können.
- Die energetische Biomassenutzung, die Vattenfall derzeit in
- Form zweier Holzheizkraftwerke und der Holzzufeuerung in
- Berlin plant, muss sich an den verfügbaren Potentialen ausrichten. Wir werden einem Import von Energieholz nicht zustimmen,
- wenn es nicht nachprüfbar nachhaltig, sozial verantwortbar und
- entwicklungspolitisch fair erzeugt und gehandelt wird. Biomasseimporte aus Ländern mit hoher Sozial- und Energiearmut, starken Demokratiedefiziten und korruptionsanfälliger Wirtschaft
- werden diesen Anforderungen in der Regel nicht gerecht.
- 120
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 4.2 Energetische Sanierung voranbringen
- Die letzten Winter sind uns allen noch in lebhafter – frostiger –
- Erinnerung. Auch die Hitzeperiode des Sommers, in der es in
- vielen Wohnungen und Büros fast unerträglich warm war, haben wir noch gut im Gedächtnis. Aufgrund des Klimawandels
- ist zu erwarten, dass Extremwitterungen dieser Art zunehmen
- werden. Wir müssen die Wohn- und Bürohäuser Berlins energetisch sanieren. Denn: Wir wollen in Zukunft die Wohnungen
- beheizen, nicht die Straßen.
- Der rot-rote Senat hat die Bürgerinnen und Bürger mit diesem Problem alleingelassen. Über zwei Jahre lang hat er einen
- nahezu wirkungslosen Gesetzentwurf zur Gebäudesanierung
- kursieren und dann wieder in der Schublade verschwinden lassen. Und das, obgleich es eine große Bereitschaft in der Stadt
- gibt, diese Herausforderung jetzt anzugehen. Wir werden uns
- dieser Aufgabe stellen, denn schlecht gedämmte Häuser und
- wenig effiziente Heizungen sind nicht nur ein Klimaproblem,
- sondern auch ein enormes soziales Problem. Schließlich sind
- die Einkommensschwächsten durch Energiepreissteigerungen
- besonders betroffen.
- Ohne eine schrittweise energetische Sanierung des Gebäudebestands auf hohem Niveau, zum Beispiel mit Wärmedämmung, modernen Heizungsanlagen und Thermofenstern,
- werden wir die notwendigen Energie- und Emissionseinsparungen nicht erreichen können. Für uns steht an vorderster Stelle,
- die Sanierung der Gebäude ökologisch, sozialverträglich und
- wirtschaftlich in Angriff zu nehmen.
- Investitionen in den Klimaschutz an Gebäuden führen langfristig zu niedrigeren Warmmieten, zunächst aber oft zu einem
- Mietanstieg. Wir wollen diese Mehrkosten gerecht verteilen
- und insbesondere für einkommensschwache Haushalte abfedern. Wir betreiben Klimaschutz mit den Berlinerinnen und
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 121
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- Berlinern und nicht gegen sie. Damit jede und jeder mitmachen
- kann, haben wir die sozialen Grundlagen im Blick.
- Im ersten Schritt wollen wir da, wo besonders hoher Energie-verbrauch anfällt, die Eigentümerinnen und Eigentümer
- der Gebäude zum Einsatz von Klimaschutzmaßnahmen verpflichten. Die Sanierung ist hier besonders wirtschaftlich und
- weniger belastend für die Mieterinnen und Mieter, da hohe
- Energie- und damit auch Kosteneinsparungen zu erwarten
- sind. Bis 2050 soll der gesamte Berliner Gebäudebestand stufenweise auf Niedrigenergiehaus-Standard saniert werden.
- Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),
- der Berliner Mieterverein und die Industrie- und Handelskammer haben hierfür einen gemeinsamen Vorschlag erarbeitet.
- Wir wollen dieses Stufenmodell aufgreifen und damit das
- Wohnen und Arbeiten in unserer Stadt zukünftig wetterfest
- und bezahlbar werden lassen.
- Um unsere Klimapolitik mit den Menschen und nicht gegen
- sie zu betreiben, werden wir behutsam und zugleich konsequent vorgehen. Das ist eine Herausforderung. Wir können uns
- aber nicht vorstellen nichts zu tun.
- Informationen und Beratung für alle
- Die Umsetzung von Klimaschutz in unserer Stadt braucht nicht
- nur den gemeinsamen Willen, sondern auch Informationen
- und vor allem konkrete Unterstützung. Deshalb wollen wir
- eine Informationsoffensive in Sachen Klimaschutz für die Stadt
- starten.
- Insbesondere Eigentümerinnen und Eigentümer mit kleinem
- und mittelgroßem Wohneigentum nutzen bisher die Förderkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien im
- Wärmebereich nur wenig. Wir wollen eine Koordinierungsstelle
- 122
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- einrichten, die private Wohnungseigentümerinnen und
- -eigentümer mit den bestehenden Netzwerken und Institutionen zusammenbringt. So werden wir den Zugang zu unabhängigen Informationen über finanzielle und technische Möglichkeiten bei der energetischen Sanierung bündeln und verbessern.
- 4.3 Klimaschutz sozial gestalten
- Gebäude zu sanieren bedeutet langfristig Entlastung bei kurzfristiger Belastung. Klar ist, dass das Nichtstun die schlechteste
- Sozialpolitik wäre. Angesichts steigender Energiepreise werden
- die Heizkosten ohne energetische Sanierung noch viel stärker
- steigen – betroffen sind davon allein die Mieterinnen und Mieter.
- Zentral ist daher, die Investitionen für die notwendige energetische Sanierung und Modernisierung schnell anzuschieben
- und gerecht zu verteilen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von EigentümerInnen, MieterInnen und der öffentlichen
- Hand, die insbesondere die Kosten für die sozial Schwächeren
- abfedern muss.
- Wir wollen Verdrängungen und Mietpreisexplosionen vermeiden. Mit einem innovativen Fördermodell unterstützen wir
- Klimaschutzinvestitionen, ohne den Landeshaushalt zu belasten:
- Mit unserem Bürgschaftsmodell bei der Klimaschutzförderung
- geben wir den Zinsvorteil des Landes für Klimaschutzinvestitionen weiter. Damit Haushalte mit geringem Einkommen nicht
- in energetisch schlecht saniertem Wohnraum leben müssen,
- machen wir uns auf Bundesebene stark für ein „Klimawohngeld“ für einkommensschwache Haushalte. Für Menschen im
- Arbeitslosengeld-II-Bezug soll dies durch eine Anpassung der
- Mietkostenübernahme bei energetischer Sanierung erfolgen.
- Die Modernisierungsumlage wollen wir mit einer Bundesratsinitiative im Umlagesatz deutlich reduzieren und auf Investitionen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 123
- für Klimaschutz und Barrierefreiheit beschränken; Luxusmodernisierungen gegen die Zustimmung der Mieter wollen wir verhindern. Ins Klimaschutzgesetz werden wir eine Härtefall-Klausel
- aufnehmen, wie sie der Berliner Mieterverein vorgeschlagen hat.
- Damit das Klimaschutzgesetz trotzdem seine volle Wirksamkeit
- entfalten kann, setzen wir uns für eine Rücknahme der schwarzgelben Kürzungen bei der Klimaschutzförderung ein.
- Mit der Stadt beginnen
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- Dass Berlin hoch verschuldet ist, wissen alle. Warum der Senat
- in den vergangenen Jahren nichts zur Senkung der landeseigenen Energiekosten getan hat, versteht jedoch niemand. Und
- dabei hatte sich Wowereits Senat sogar vorgenommen, ein
- Finanzierungskonzept für die Sanierung öffentlicher Gebäude
- zu entwickeln – bis heute liegt jedoch noch nicht einmal ein
- Überblick über die zu sanierenden Gebäude vor, geschweige
- denn ein Finanzierungsplan.
- Wenn MieterInnen und VermieterInnen für die klimafreundliche Sanierung ihrer Häuser gewonnen werden sollen, muss
- das Land Berlin bei seinen landeseigenen Gebäuden mit gutem
- Beispiel vorangehen. Das Land Berlin besitzt viele Gebäude:
- schöne, alte, hässliche, moderne – und eines ist fast allen gemein: Sie sind Energieschleudern, und das wollen wir ändern.
- Es kann nicht sein, dass private Hauseigentümerinnen und
- -eigentümer hohe energetische Standards erfüllen müssen, die
- landeseigenen Gebäude davon jedoch unberührt bleiben.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Der Schwerpunkt soll zunächst darauf liegen, die Energieeffizienzpotentiale öffentlicher Gebäude zu nutzen und den Ausbau
- der Gewinnung erneuerbarer Energie in landeseigenen Gebäuden sowie den Liegenschaften Berlins und auf den Stadtgütern voranzutreiben. Konkret heißt das etwa, dass öffentliche
- Gebäude eine vernünftige Dämmung und moderne Heizungsanlagen erhalten. Photovoltaikanlagen kommen aufs Dach und
- in den Keller gasbetriebene Blockheizkraftwerke, die die Nachbarhäuser mit Wärme versorgen.
- Dieses Klimastadtwerk „Berlin Energie“, das unter anderem
- viele kleine Energieerzeuger so koordiniert, dass ein großes
- Kraftwerk ersetzt wird, soll schrittweise mit einem Eigenkapital
- von 500 Millionen Euro ausgestattet werden, indem ihm jährlich im Haushalt vorhandene Mittel der baulichen Unterhaltung
- zugeführt werden. Bei einer gering veranschlagten Eigenkapitalrendite können so erstmals auch Klimaschutzinvestitionen
- angeschoben werden, die sich erst nach längerer Zeit refinanzieren. Um auch darüber hinaus wirtschaftliche Investitionen
- in Anlagen der erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und
- hocheffiziente Blockheizkraftwerke anzuschieben, wollen wir
- auch Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen ermöglichen,
- sich finanziell bei entsprechenden Projekten des Klimastadtwerks zu engagieren. So kann das Klimastadtwerk Energieversorgungsstrukturen in Bürgerhand aufbauen helfen.
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 4.4 Netze in unabhängige Hände geben
- Kräfte bündeln – Stadtwerk gründen
- Berlin braucht ein Unternehmen, das mit wirtschaftlichem
- Eigeninteresse die Aufgabe, Berlin klimafreundlich zu gestalten, in Angriff nimmt. Dieses Stadtwerk für den Klimaschutz –
- das die Ressourcen des Landes Berlin für die Energiewende
- hin zu den Erneuerbaren nutzt – wollen wir initiieren.
- 124
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Fast zehn Prozent der Berliner Bevölkerung beziehen privat inzwischen Ökostrom – die einen aus Überzeugung, andere, weil
- Ökostrom zum Teil inzwischen weniger kostet als Strom aus
- Kohle und Atomkraft. Als Vattenfall und der Senat in BerlinRummelsburg ein neues Kohlekraftwerk bauen wollten, waren
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 125
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- es vor allem die Berlinerinnen und Berliner, die – oft angestoßen durch unsere Stromwechselkampagne – Vattenfall die Rote
- Karte zeigten und das Kohlekraftwerk 2009 endgültig gestoppt
- haben. Zehntausende kleine Entscheidungen für Ökostrom haben mächtige Wirkungen, und auch das Land Berlin könnte
- durch gute Entscheidungen die Energiewirtschaft zu mehr Klimaschutz zwingen.
- 2013 und 2014 laufen die Konzessionsverträge aus. Wir
- werden den Klimaschutz zum zentralen Kriterium bei der anstehenden Entscheidung über den Betrieb der Energienetze für
- Gas, Strom und Fernwärme machen. Außerdem wollen wir mit
- der Konzessionsvergabe die nötigen Investitionen in die Netze
- sicherstellen. Dafür kann es notwendig sein, den Netzbetrieb
- von den Hauptversorgern der Stadt zu trennen und unabhängig zu führen oder dem neuen Klimastadtwerk „Berlin Energie“
- zuzuordnen. Wir setzen uns für die Belange der durch einen
- möglichen Betreiberwechsel betroffenen Mitarbeiterinnen und
- Mitarbeiter ein und suchen nach Möglichkeiten, den Bürgerinnen und Bürgern auf eigenes Risiko eine Beteiligung am Stromnetz zu ermöglichen.
- 4.5 Klimahauptstadt werden wir nur gemeinsam
- 2010 war Freiburg im Breisgau Hauptstadt Deutschlands – und
- zwar „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“. Ausgezeichnet wurde die Stadt für ihr vorbildliches Engagement für den Klimaschutz. Berlin hat sich für diesen Wettbewerb noch nicht einmal
- beworben.
- Wir wollen, dass Berlin die Klimahauptstadt wird – aber das
- können wir nur gemeinsam erreichen. Unsere Stadt braucht
- dafür eine umfassende und langfristig wirkende Strategie der
- 126
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- zukunftsfähigen Entwicklung, die ökologische Nachhaltigkeit,
- soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Lebensfähigkeit und kulturelle Kreativität sinnvoll verbindet.
- Wir unterstützen dafür das bürgerschaftliche Engagement im
- Rahmen der Lokalen Agenda 21 in Berlin und deren Vernetzung mit den Bezirken und Brandenburg. Ein vorbildliches Projekt in diesem Sinne ist der „Stadtvertrag Klimaschutz“. Von
- uns initiiert haben sich Handwerkskammer, IHK, BUND und
- DGB unter diesem Namen zu einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen, das Beschäftigte, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger in Berlin zur konkreten Umsetzung von Klimaschutzaktivitäten inspirieren und motivieren möchte.
- Wir wollen zukünftig das Wissen der zivilgesellschaftlichen
- Akteure bündeln und zum Wohle der Region einen Nachhaltigkeitsrat für Berlin-Brandenburg einsetzen.
- 4. Klimahauptstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Grüne Bildung für nachhaltige Entwicklung
- Klimahauptstadt werden wir nur, wenn alle Menschen mitmachen und nachhaltige Entwicklung auch in der Bildung und
- Ausbildung einen Platz bekommt. Kindertagesstätten, allgemeinbildende und berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildungszentren müssen dabei unterstützt werden, die Ziele der
- Bildung für nachhaltige Entwicklung endlich in die Tat umzusetzen. Diese schreibt unter anderem der Orientierungsrahmen
- der Kultusministerkonferenz fest. Nur so können neue Lebensstile und Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln
- langfristig entwickelt und gefestigt werden. Wir wollen dafür
- unter anderem die Zusammenarbeit von Schulen mit bestehenden Initiativen und Vereinen der Bildung für nachhaltige
- Entwicklung erleichtern und verbessern. Die energetische Modernisierung von Schulen wollen wir im Unterricht umweltpädagogisch begleiten.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 127
- Wer in Berlin Grün wählt …
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- 4. Klimahauptstadt Berlin
- •
- macht den Weg frei für mehr erneuerbare Energien in
- Berlin.
- stellt sich der Herausforderung, Berlins Gebäude
- energetisch zu modernisieren.
- stimmt für eine sozial gerechte Verteilung der Klimaschutzinvestitionen.
- setzt auf ein Klimastadtwerk „Berlin Energie“ statt auf
- teure Energiemonopole.
- setzt sich mit uns gegen die schwarz-gelbe
- Atompolitik ein.
- macht Berlin zur Klimahauptstadt.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist
- als Bildung: keine Bildung.“
- (John F. Kennedy)
- 5. Lernfähiges Berlin
- Gute Bildung für alle
- „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem lernfähigen Berlin mit
- besseren Kitas, besseren Schulen, besserer Aus- und Weiterbildung sowie besseren Hochschulen für alle. Gute Bildung ist die
- Zukunft der gesamten Stadt. Unser Anspruch ist hoch: In einer
- Stadt für alle muss es bestmögliche Bildung für alle geben – von
- der Kita über die Schule bis zu Ausbildung, Weiterbildung und
- Hochschule. Denn Bildung ist der Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe, Integration, demokratisches Mitwirken und
- wirtschaftliche Entwicklung in der ganzen Stadt.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- In Berlin richten sich die Bildungschancen noch viel zu oft nach
- Herkunft und Geldbeutel. Besonders ungerecht ist, dass Kinder
- aus armen oder Migrantenfamilien überdurchschnittlich häufig
- in der Schule scheitern, obwohl sie nachweislich nicht weniger
- Talente und Begabungen mitbringen. Wir brauchen die besten
- Schulen gerade für die Kinder mit dem größten Förderbedarf!
- Doch auch Kinder mit besseren Startbedingungen werden zu
- oft ausgebremst – von Personalmangel, Unterrichtsausfall,
- maroden Gebäuden, schlechter Ganztagsbetreuung oder anspruchslosem Unterricht.
- Bildung ist eine vorrangige Länderaufgabe. Rot-rot ist dieser
- Aufgabe nicht gewachsen. Alleine das ist schon ein Grund für
- 128
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 129
- 5. Lernfähiges Berlin
- ihre Abwahl. Zu viele schlecht umgesetzte Reformen, leere
- Versprechen und Vertrauensbrüche haben Schülerinnen und
- Schüler, Studierende, Lehrende und Eltern ausgezehrt. Wir
- brauchen ein neues Bildungsklima – geprägt von Vertrauen,
- Verlässlichkeit und Beteiligung. Wir wollen Menschen von Veränderungen überzeugen, statt ihnen Reformen überstülpen.
- Dazu gehören eine dialogbereite Verwaltung, transparente
- Entscheidungen und die Bereitschaft, eigene Positionen zu
- hinterfragen. Wir wollen Bildungseinrichtungen mehr Freiheit
- in ihrer täglichen Arbeit geben, verlangen aber auch, dass sie
- dann bestimmte Bildungsziele und Standards erreichen. Bildungseinrichtungen sind Lern- und Lebensorte, die sich stärker
- in ihre Umgebung hinein öffnen müssen. Das fängt bei der Kita
- an, die mit der örtlichen Musikschule kooperiert, und geht bis
- zur Hochschule, die neue Weiterbildungsangebote für Ältere
- konzipiert. Kulturelle Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung sind wichtige Pfeiler des Lernens, die wir gezielt fördern und ausbauen wollen.
- Bestmögliche Bildung für alle und eine entsprechende Qualitätsoffensive werden nicht kostenneutral zu haben sein. Geld, das
- durch sinkende SchülerInnenzahlen oder Bildungsgutscheine
- des Bundes eingespart wird, muss im System bleiben. Insbesondere werden wir für eine klare Unterstützung der Reform in
- den Schulen sorgen. Wir wollen, dass die neuen Sekundar- und
- Gemeinschaftsschulen erfolgreich sind. Zugleich müssen Mittel
- effizienter eingesetzt, Ausgaben überprüft und brachliegende
- Ressourcen genutzt werden. Unser Ziel ist es, die Potentiale
- Berlins als Stadt des Wissens und der Kreativität zu nutzen. Wir
- wollen Kinder früh fördern, alles für die Qualität unserer allgemeinbildenden und beruflichen Schulen tun, die Chancen auf
- eine gute Ausbildung erhöhen und die Berliner Hochschulen
- und Forschungseinrichtungen stärken.
- 130
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- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 5.1 Auf den Anfang kommt es an
- Kitas können mehr als Betreuung – Kitas können Bildung. Hier
- können alle Kinder ihre Potentiale entfalten. In Berlin wächst
- mehr als ein Drittel der Mädchen und Jungen in armen Familien mit oft geringeren Teilhabechancen auf. Umso bedeutsamer
- ist eine frühe Förderung. In Kitas ist der Kontakt zu den Eltern
- noch eng, weshalb sie der ideale Ort sind, um Familien aus
- allen gesellschaftlichen Milieus früh mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten zu erreichen.
- Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch an Kitas. Ziel
- muss sein, in jedem Kind die Neugier, die Lust am Lernen und
- den Entdeckergeist zu wecken. Kinder mit und ohne Behinderungen, Kinder unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft sollen gemeinsam spielen und lernen sowie individuell
- gefördert werden. Wir dürfen kein Kind zurücklassen. Grüne
- Bildungspolitik orientiert sich an den Stärken eines Kindes, weil
- es aus ihnen heraus Selbstvertrauen gewinnt. Kinder sollen mit
- Kopf, Herz und Hand lernen, mitgestalten, sich mit Kunst und
- Kultur genauso auseinandersetzen wie mit Naturphänomenen.
- Es ist für uns wichtig, sowohl für die vorschulische als auch
- für die schulische Bildung Naturerlebnisräume in der Stadt
- zu schaffen.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Familienzentren in jedem Bezirk
- Wir bauen Kitas zu Familienzentren aus. Über den Kita-Betrieb
- hinaus werden hier familienorientierte Angebote gebündelt,
- die den sozialen Austausch und die Elternkompetenz stärken.
- Das kann von Geburtsvorbereitung bis Erziehungsberatung,
- von Kochkursen bis Schuldnerberatung und Integrationskursen
- reichen. Ziel ist es, frühe und leicht erreichbare Angebote zu
- schaffen, die besonders Familien mit vielfältigen Problemlagen
- helfen, aus dem Teufelskreis von Armut und schlechter Bildung
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 131
- EINE STADT FÜR ALLE.
- auszubrechen. Familienzentren sind Treffpunkte für alle Eltern.
- Hier wird bürgerschaftliches Engagement gelebt. Die bestehenden Familienzentren dienen als Vorbild und werden verstetigt.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- nun tatsächlich auch genug Geld bereitgestellt werden. Zur
- Qualität von Kitas gehören für uns auch ansprechende Räume,
- Bewegung und gesundes Essen.
- Platz da!
- 5. Lernfähiges Berlin
- Von immenser Bedeutung ist die Sprachkompetenz, weil sie
- stark über Bildungschancen entscheidet. Kinder lernen sprechen beim Sprechen. Deshalb ist Sprachförderung nicht mit
- ein paar Extra-Förderstunden abgehandelt. Viel entscheidender ist es, im Kita-Alltag stetig Sprachanlässe zu schaffen und
- vorhandene Instrumente wie das Sprachlerntagebuch besser
- zu nutzen. In der Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen und
- Erziehern muss die Sprachförderung eine stärkere Rolle spielen.
- Weil Sprache lernen mit Unterstützung der Eltern noch viel besser funktioniert, wollen wir das Modell der Elternkurse für noch
- mehr Mütter und Väter anbieten. Bei Kindern mit festgestelltem Sprachförderbedarf wollen wir verbindliche Bildungsvereinbarungen zwischen Eltern und Kita bzw. Schulen anregen,
- damit alle Beteiligten zum Sprachlernerfolg beitragen können.
- Kitas sind nur so gut wie ihr Personal. Deshalb brauchen wir
- ausreichend und gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher,
- Möglichkeiten zum Quereinstieg sowie attraktive Fortbildungsangebote. Die Ausbildung muss Sprachförderung, interkulturelle und auch naturwissenschaftliche Inhalte behandeln. Um
- vielfältigere Rollenvorbilder in Kitas zu verankern, wollen wir
- mehr Männer und mehr Menschen mit Migrationshintergrund
- für den ErzieherInnenberuf gewinnen. Perspektivisch wollen
- wir die Weichen dafür stellen, dass Erzieherinnen und Erzieher
- auf Hochschulniveau ausgebildet werden.
- Auch auf grünen Druck hin wurden Qualitätsverbesserungen
- wie ein höherer Personalschlüssel durchgesetzt. Dafür muss
- 132
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Die Kita kann Bildungsungerechtigkeit nur abmildern, wenn
- möglichst viele hingehen. Tatsächlich besuchen aber gerade
- jene Kinder, die besonders auf die Bildungsstätte Kita angewiesen wären, diese viel zu oft gar nicht oder nur für kurze
- Zeit. Wir wollen jedem Kind zum dritten Geburtstag einen KitaGutschein für sieben Stunden Bildungszeit am Tag zuschicken
- – das heißt Kita-Zugang ohne Bedarfsprüfung, unbürokratisch
- und mit einem verständlichen Begleitschreiben, das auch in der
- Herkunftssprache der Eltern verfasst ist. Außerdem wollen wir
- in Kooperation mit Stadtteilmüttern, Elternlotsen, KinderärztInnen und anderen AkteurInnen bei Eltern mit Migrationshintergrund verstärkt auf die Vorteile eines Kita-Besuchs hinweisen. Angesichts der derzeitigen finanziellen Lage der Stadt
- haben für uns die Qualität von frühkindlicher Bildung, ein besserer Personalschlüssel und ein ausreichendes wohnortnahes
- Angebot an Kita-Plätzen Vorrang vor weiterer Beitragsfreiheit.
- 5. Lernfähiges Berlin
- Sprache ist der Schlüssel
- Bildungsbrücken bauen
- Ein durchlässiges Bildungssystem braucht funktionierende
- Übergänge. Deshalb wollen wir die Kooperation zwischen Kita
- und Grundschule verbindlicher gestalten und mehr zeitliche
- Ressourcen dafür geben. Jedem Kind hilft es, wenn Elemente
- wie die Sprachförderung systematisch aufeinander abgestimmt
- sind und ein Übergangsgespräch zwischen Eltern, Kindern, ErzieherIn und LehrerIn stattfindet. Gemeinsame Fortbildungen
- sollen dazu beitragen, dass sich Fachkräfte aus Kita und Schule
- auf Augenhöhe austauschen und gemeinsam Konzepte für
- „ihre“ Kinder entwickeln.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 133
- 5.2 Schulkonsens für Qualität
- 5. Lernfähiges Berlin
- Berliner Schulen haben in den letzten Jahren etliche Reformen
- verkraften müssen. Es ist gut, dass die perspektivlose Hauptschule abgeschafft wurde und Jugendliche auf der neuen
- Sekundarschule unter besseren Bedingungen länger gemeinsam lernen können – bis zum Abitur. Wir sehen aber mit Sorge,
- dass der rot-rote Senat bei der konkreten Umsetzung von Reformen schlampt.
- Schulen brauchen jetzt vor allem Zeit und die nötigen Ressourcen, um sich zu konsolidieren und die Reformen auszugestalten. Wir Grüne wollen die Schulen bei diesem Prozess
- begleiten und unterstützen, Reformen evaluieren und bei
- Bedarf notwendige Anpassungen vornehmen – immer mit dem
- Ziel einer besseren Förderung von Kindern und Jugendlichen
- und unter Beteiligung von Eltern und SchülerInnen. Jetzt geht
- es darum, Qualität an Schulen zu sichern und Freude am Lernen und Eigenaktivität der Schülerinnen und Schüler zu fördern.
- Wir wollen gemeinsam mit Eltern, Schülerinnen und Schülern,
- Lehrkräften, Verbänden, Betrieben und Parteien über Qualitätsziele sprechen, um uns mit allen Beteiligten auf einen „Berliner
- Schulkonsens“ zu verständigen. Das demokratische Mitwirken
- aller Beteiligten ist dabei selbstverständlich. Wir wollen Erfolg
- an den Schulen. Dafür brauchen wir ein Lernklima, das so
- motivierend und unterstützend ist, dass die Schülerinnen und
- Schüler es schaffen, auch hohe Leistungen zu erbringen. Das
- heißt im Klartext: Es muss uns gelingen, die viel zu hohe Zahl
- von Jugendlichen ohne Schulabschluss in der kommenden Legislaturperiode deutlich zu senken. Langfristig soll keine Schülerin und kein Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen. Wir
- wollen mehr Schülerinnen und Schüler zu besseren Abschlüssen
- bringen. Beides gelingt nur, wenn alle Kinder bei Schuleintritt
- ausreichend gut sprechen können. Dafür wollen wir sorgen.
- 134
- Abgeordnetenhauswahl 2011
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- EINE STADT FÜR ALLE.
- Gute Schulen werden im Kiez gemacht – den ganzen Tag
- Schulen sollen ein offenes Bildungszentrum für den ganzen
- Stadtteil sein – am besten ganztägig. Ganztagsschulen bieten
- mehr Raum für die individuelle Förderung von Kindern und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Unser Ziel
- ist, dass die Ganztagsschule in Berlin zum Standard wird.
- Lebensorte des Lernens
- Wir werden dafür sorgen, dass alle Grundschulkinder an offenen Ganztagsschulen Zugang zu den Nachmittagsangeboten
- bekommen, also die derzeitige Betreuungslücke in den Klassen
- 5 und 6 sofort geschlossen wird. Alle Kinder sollen an Schulen
- ein gesundes und ökologisches Mittagessen erhalten, für Jungen und Mädchen aus einkommensschwachen Familien muss
- es kostenlos sein. Sprach- und Leseförderung müssen Schwerpunkt an allen Grundschulen werden.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Musik, Theater, Sport, aber auch Technik, Handwerk, Schülerfirmen oder soziales Engagement sind wichtige Felder des Lernens und der Anerkennung. Sie brauchen einen starken Platz
- in jeder Schule. Insbesondere bei den neuen Sekundarschulen kommt es darauf an, das duale Lernen attraktiv für alle zu
- machen. Praxis- bzw. berufsbezogene Leistungen müssen als
- gleichwertig neben klassischen schulischen Bildungsinhalten anerkannt werden. Unsere Kinder werden für den Frieden erzogen.
- Unterrichtsinhalte und Lehrmaterialien sollten an Konfliktprävention und friedlicher Konfliktlösung ausgerichtet sein. Wenn
- Bundeswehrvertreter zur politischen Bildung eingeladen werden,
- dann nur zusammen mit geeigneten Fachkräften für zivile Konfliktbewältigung oder FriedensforscherInnen. Werbung für den
- Eintritt in die Streitkräfte darf an Schulen nicht stattfinden.
- An einer guten Schule sind viele beteiligt, doch manchmal
- hapert es an der Zusammenarbeit. Schule und Jugendhilfe
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 135
- 5. Lernfähiges Berlin
- haben viele gemeinsame Aufgaben, suchen jedoch zu selten
- gemeinsame Lösungen. Wir wollen das Verhältnis von Schule
- und außerschulischen Partnern neu austarieren – auf Augenhöhe und mit gegenseitiger Wertschätzung. Die Häufung von
- Missbrauchsfällen, zunehmende Konflikte, Mobbingfälle und
- Diskriminierungen unter Schülerinnen und Schülern, zwischen
- den Eltern und den Schulen legen nahe, nach neuen Lösungen
- zu suchen. Kooperationen müssen organisatorisch, personell
- und finanziell besser abgesichert werden.
- Bisher wird Unterschiedlichkeit zu oft als Störfaktor und zu
- selten als Bereicherung wahrgenommen. Dabei ist die Vielfalt Berlins seine Chance. Individuell fördern heißt dabei nicht
- nur, sich um die Schwachen zu kümmern, sondern auch, den
- Starken anspruchsvolle Angebote zu machen. Wir wollen eine
- Pädagogik, die es allen Schülerinnen und Schülern ermöglicht,
- sich frei von Vorurteilen und Rassismus zu entfalten. Wir möchten Schulen zu einem Ort des Respekts und der gegenseitigen
- Anerkennung machen. Lesbische, schwule, intersexuelle und
- transidente Jugendliche sollen dort angstfrei ihr Coming-out
- haben können. Wir brauchen zudem eine geschlechtersensible Erziehung, die traditionelle Rollenbilder hinterfragt und
- Mädchen wie Jungs neue Freiräume eröffnet. Die Auseinandersetzung mit der Unterschiedlichkeit der Menschen gehört
- fächerübergreifend in den Unterricht und in die Schulbücher.
- Wir werben dafür, Schulprofile – wie etwa bei dem Projekt
- Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage – entsprechend
- anzupassen. Die Gemeinschaftsschule hat einen festen Platz in
- der Berliner Bildungslandschaft, den wir nachhaltig sichern wollen. In ihrem Anspruch, Ernst zu machen mit der individuellen
- Förderung von Kindern und längerem gemeinsamen Lernen,
- hat sie für uns eine Vorbildfunktion. Gemeinsames Lernen von
- Anfang an fördert den sozialen Zusammenhalt und erhöht die
- Chancengerechtigkeit. Dieses gemeinsame Lernen darf aber
- 136
- Abgeordnetenhauswahl 2011
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- EINE STADT FÜR ALLE.
- nicht schon nach der 4. Klasse aufhören. Deshalb wollen wir
- erreichen, dass durch eine attraktive Grundschule alle SchülerInnen bis zur 6. Klasse gemeinsam lernen. Eine für alle ist auch
- unser Ziel für das Berliner Schulsystem.
- Kein Kind zurücklassen – die inklusive Schule
- Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen muss endlich auch im Berliner Bildungssystem ankommen. Alle Kinder brauchen den gleichberechtigten Zugang
- zur allgemeinbildenden Schule. Wir bauen in allen Berliner
- Bezirken schrittweise mehr inklusive Schulplätze in allen Schulformen auf und Plätze an Förderzentren ab. Förderzentren mit
- den Schwerpunkten emotional-soziale Entwicklung und Lernen
- werden sukzessive geschlossen. Beim Umbau zur inklusiven
- Schule muss jederzeit eine adäquate personelle und sächliche
- Ausstattung gewährleistet sein. Kinder und Jugendliche mit
- Behinderungen, deren Eltern und die Schulen müssen sich in
- Zukunft auf ausreichende Unterstützung verlassen können.
- Weiterhin wollen wir Kompetenzzentren und Anlaufstellen für
- Eltern und Kinder mit Behinderungen aufbauen. Es braucht
- Beratungsstellen, an die sich Eltern mit ihren Sorgen wenden
- können, um Informationen sowie kompetente fachliche Unterstützung und individuelle Förderung für ihr behindertes Kind
- erhalten zu können.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Keine Schule zurücklassen
- Viele Schulen sind erfolgreich und auf einem guten Weg – in
- allen Teilen der Stadt. Allerdings hat Berlin auch Bildungseinrichtungen, deren Erfolge zu wünschen übrig lassen. Auf diese
- Schulen müssen wir unser Handeln und die bestehenden
- Fördermittel konzentrieren, damit kein Kind zurückbleibt. Alle
- Kinder haben Anspruch auf eine gute Schule. Bildung braucht
- qualitativ hochwertige Lehrmaterialien, die wir durch die
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- Förderung lizenzfreier Materialien, auch bekannt als Open
- Educational Resources, stärken und in Zusammenarbeit mit
- allen Akteuren der Bildungsarbeit in Berlin gemeinsam weiterentwickeln wollen. Insbesondere die Versorgung mit Räumen
- muss sich endlich stärker an pädagogischen Kriterien und den
- Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausrichten. Wir
- brauchen Schulgebäude, in denen das Lernen Spaß macht und
- die den Anforderungen einer inklusiven Schule genügen.
- Sofortprogramm für Schulen mit besonderen
- Problemlagen
- 5. Lernfähiges Berlin
- Schulen, die aufgrund vielfältiger Problemlagen die Mindeststandards guter Bildung verfehlen, brauchen umgehend schulaufsichtliche Begleitung und Unterstützung. Auf der Basis
- konkreter Zielvereinbarungen sollen sie zusätzliche Mittel erhalten, die sie für sozialpädagogische Projekte, zur Sprachförderung, zur Profilbildung oder zur Vernetzung mit bezirklichen
- Strukturen einsetzen können. Zwischen Schule, beteiligten
- Institutionen und freien Trägern wird eine förmliche „Verantwortungsgemeinschaft“ gegründet, um ein frühzeitiges und
- abgestimmtes Vorgehen bei Problemfällen zu gewährleisten.
- Zur Vermeidung von Schulschwänzen ist die aufsuchende Eltern- und Jugendarbeit zu stärken. Neue Formen der Elternbeteiligung sollen ebenso erprobt werden wie verpflichtende Bildungsvereinbarungen zwischen der Schule und den Familien.
- Nötig sind außerdem mehr Coaching-Angebote für Lehrkräfte
- sowie Unterstützung der Schulleitung durch Schulentwicklungsberatung und gegebenenfalls Austausch von Personal
- möglichst auf freiwilliger Basis.
- Gut ein- und umsteigen
- Unser Ziel ist es, bildungsbewusste Familien in sogenannten
- „Problemkiezen“ durch eine bessere Schulqualität zu halten.
- 138
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Dafür wollen wir die Schulen besser ausstatten und sie dabei
- unterstützen, besondere Schulprofile auszubilden. Die Verankerung der Grundschulen in ihrem „Kiez“ ist im Grundsatz
- richtig. Um aber die jährliche Lostrommel zu vermeiden und
- das Problem mit Scheinanmeldungen abzumildern, sollen
- Grundschulen über ein Fünftel ihrer Plätze selbst entscheiden
- können. Das stärkt die Eigenverantwortung und Profilbildung
- von Schulen und macht möglich, dass eine gewachsene soziale
- Gruppe von Kita-Kindern gemeinsam an „ihre Schule“ geht.
- Mehr individuelle Förderung und messbare Erfolge durch die
- flexible Schulanfangsphase (SAPh) und das jahrgangsübergreifende Lernen (JÜL) setzen voraus, dass alle Beteiligten hinter
- dem Konzept stehen. Um das zu erreichen, werden wir eine
- Aufklärungs- und Weiterbildungsoffensive starten.
- Beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende
- Schule zählt für uns, dass Kinder möglichst auf der Schule bleiben können, auf der sie aufgenommen wurden, dass sie dort
- optimal gefördert werden und einen Abschluss erreichen. Das
- gilt auch für Kinder an Gymnasien, weshalb wir auch dort das
- Sitzenbleiben abschaffen wollen. Um die Gleichwertigkeit von
- integrierter Sekundarschule und Gymnasium zu sichern, wollen
- wir das Probejahr auf den Prüfstand stellen und Modelle für
- Alternativen entwickeln. Eine andere Lehr- und Lernkultur und
- individuelle Förderung müssen auch am Gymnasium von der
- Ausnahme zur Regel werden.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Schulen vertrauen und ihnen etwas zutrauen
- Wir meinen es ernst mit einem anderen Regierungsstil. Insbesondere zwischen Schulen, Bildungsverwaltung und Bezirksämtern
- brauchen wir eine neue politische Kultur. Berliner Schulen haben
- zu wenig Spielraum und werden zu oft gegängelt. Die Stärkung
- der Eigenverantwortung muss zu einer Entbürokratisierung der
- Bildung führen. Die verkrusteten Verwaltungsstrukturen sind oft
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 139
- 5. Lernfähiges Berlin
- ein Hindernis für Bildungsinnovationen. Unser Leitbild ist die
- eigenverantwortliche Schule, die ein eigenes Schulbudget für
- Personal, Projekte, kulturelle Bildung, Bildung für nachhaltige
- Entwicklung sowie für Fortbildung verwaltet. Eingesparte Mittel bleiben bei den Schulen. Wichtig ist auch, dass die Schulleitung ihre Managementaufgaben bewältigen kann und dafür
- in jeder Schulform angemessene Ressourcen bekommt. Durch
- eine zeitgemäße Softwarelösung werden wir Schulen bei ihrer Verwaltungsarbeit und der Erfüllung ihrer Berichtspflichten
- entlasten. Wir werden sie bei der Beschaffung und Aufrechterhaltung einer zeitgemäßen IT-Infrastruktur unterstützen. Eine
- zentrale Schülerdatei mit umfangreichen Sozialindikatoren und
- Zugriffsrechten für eine Vielzahl von Behörden lehnen wir aus
- datenschutzrechtlichen Gründen ab. Schulen sollten bestehende Instrumente der Qualitätsprüfung und -sicherung für ihre
- Weiterentwicklung nutzen und transparent damit umgehen. Eltern und Schülerschaft müssen im Sinne einer demokratischen
- Schule stärker einbezogen werden. Die Verwaltung wiederum
- hat die Bringschuld, die Versorgung mit Räumen, Personal sowie Lehr- und Lernmitteln vom ersten Schultag an sicherzustellen und die Qualität von Schulen zu kontrollieren.
- Gute Schule – eine saubere Sache
- Kinder haben ein Recht darauf, in sauberen und freundlichen
- Schulen zu lernen. In viel zu vielen Schulen ist das seit Jahren
- nicht der Fall. Wir wollen dieses Recht durch ein nachhaltiges
- Schulanlagen-Sanierungsprogramm schrittweise für alle Schulen umsetzen. Dafür müssen die Zuständigkeiten zwischen
- Bezirks- und Hauptverwaltung geklärt werden.
- Gemeinnützige Schulen in freier Trägerschaft sind auch Ausdruck eines aktiven BürgerInnen-Engagements in der Stadt und
- ein Stück gelebte Demokratie.Wir wollen diesen Schulen nicht
- 140
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- das Wasser abgraben, sondern Planungssicherheit geben. Wir
- halten eine ein- bis dreijährige Wartefrist, in der festgestellt
- wird, ob der Träger einen ordnungsgemäßen Schulbetrieb aufnehmen und dauerhaft gewährleisten kann, für angemessen.
- Beim Ausbau einer Schule durch einen bewährten Schulträger
- kann die Wartepflicht ganz entfallen. Die Finanzierung von
- Schulen in freier Trägerschaft muss transparent sein und für
- Planungssicherheit sorgen. Grundsätzlich erwarten wir einen
- angemessenen finanziellen Beitrag des Trägers.
- Wir wollen ein Modell prüfen, bei dem eine Erhöhung der
- Finanzierung der gemeinnützigen Schulen in freier Trägerschaft nur dann möglich ist, wenn sie eine ausgewogene
- soziale Mischung nachweisen und auf Schulgeld verzichten.
- Eine pauschale Erhöhung der Zuschüsse zu Schulen in freier
- Trägerschaft wollen wir nicht. Eine ausreichende Finanzierung
- und Gewährleistung eines für alle zugänglichen, breiten und
- qualitativ hochwertigen öffentlichen Bildungsangebots hat
- selbstverständlich Priorität bei der Neugestaltung der Zuschussregelung für Schulen in freier Trägerschaft.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Neue Lehrerinnen und Lehrer braucht das Land
- Schulreformen bleiben Papiertiger, wenn das, was inhaltlich dahintersteht, nicht im Denken und Handeln der Lehrenden ankommt. Die individuelle Förderung von Kindern, der produktive
- Umgang mit Vielfalt oder das duale Lernen an den neuen Sekundarschulen erfordern eine grundlegend andere Lehrerausund -fortbildung. Deshalb wollen wir das Lehrerbildungsgesetz
- in Abstimmung mit Brandenburg novellieren. Grünes Leitbild
- ist, die Lehrerausbildung nicht länger an Schularten, sondern
- an Schulstufen auszurichten. Lehramtsstudierende müssen viel
- früher Praxiserfahrung sammeln können und eine hochwertige
- pädagogische und fachdidaktische Ausbildung bekommen, die
- LehrerInnen auf den Umgang mit Heterogenität und inklusive
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 141
- 5. Lernfähiges Berlin
- Bildung und Erziehung vorbereitet. Alle Lehramtsstudiengänge sollen künftig mit dem zweijährigen Masterstudium abschließen. Das Referendariat soll für alle Lehrämter gleich lang
- dauern und im Bedarfsfall auch Teilzeitregelungen ermöglichen.
- Initiativen für mehr Lehramtsstudierende mit Migrationshintergrund wollen wir stärken und weiterentwickeln. Berlin steht
- vor einem dramatischen Lehrkräftemangel. Eine Stadt, die mit
- anderen im Wettbewerb um die besten Köpfe steht, muss den
- angehenden Lehrerinnen und Lehrern mehr bieten. Bessere Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten sind wichtige Instrumente
- dafür. Einstellungsverfahren müssen früher starten und schneller vonstattengehen, Einstellungszusagen frühzeitig ausgesprochen und viel mehr unbefristete Stellen vergeben werden. Zu
- diskutieren ist auch eine Reduzierung der Wochenstundenzahl
- für Lehrkräfte in den ersten beiden Berufsjahren. Generell
- halten wir eine Neuregelung der Lehrerarbeitszeit für sinnvoll,
- die alle Aufgaben und Tätigkeiten der jeweiligen Lehrkräfte
- sowie individuelle Belastungen angemessen berücksichtigt. Zur
- Absicherung eines qualitativ guten Unterrichts brauchen wir
- eine verlässliche Lehrkräftebedarfsplanung mit klar definiertem
- Einstellungskorridor bis 2017.
- 5.3 Aktiv für Ausbildung
- Für fast zwei Drittel der Berliner Schülerinnen und Schüler beginnt die eigentliche Bildungsherausforderung erst nach der
- Schulzeit. Jede und jeder hat das Recht auf eine gute Ausbildung. Aber Berliner Unternehmen bilden deutschlandweit am
- wenigsten aus, die Schule entlässt zu viele nicht ausbildungsreife Jugendliche und etliche „Qualifizierungs“-Maßnahmen
- entpuppen sich als Sackgasse ohne Anschlussperspektive.
- Absurd: auf der einen Seite ein Geflecht aus teuren ausbildungs-
- 142
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- und berufsvorbereitenden Kursen, in denen mehr als 20.000
- Jugendliche „feststecken“ – auf der anderen Seite Unternehmen,
- die händeringend Fachkräfte und Azubis suchen.
- Diese Vergeudung von Potentialen und Geld können wir
- uns nicht leisten. Eine kluge Stadt braucht alle Talente! Aufstieg durch Bildung kann nur gelingen, wenn Schule, Politik
- und Wirtschaft ihrer Verantwortung für ein durchlässiges Bildungssystem endlich nachkommen. Notwendig ist dafür auch
- die Stärkung und Weiterentwicklung der beruflichen Schulen
- als duale Partner. Wir sehen Berufsbildung als gleichwertig mit
- der allgemeinen Bildung an.
- Ausbildung geht alle an
- Zuallererst müssen die Unternehmen die Versäumnisse der
- letzten Jahre nachholen und deutlich mehr Ausbildungsplätze schaffen – in ihrem Interesse und im Interesse der
- ganzen Stadt. Es darf nicht sein, dass eine Bewerberin wegen
- ihres ausländisch klingenden Namens abgelehnt wird oder ein
- Schulabgänger keine Chance bekommt, weil sein Abschluss
- zwei Jahre zurückliegt.
- Unser Ziel ist es, mit der Berliner Wirtschaft zu einer Vereinbarung zu kommen, dass jene 50 Prozent der Berliner Betriebe,
- die ausbilden könnten, dies auch wirklich tun! Unternehmen
- müssen zumindest Abschnitte einer beruflichen Ausbildung bei
- sich anbieten – in Arbeitsteilung mit anderen Betrieben oder Bildungsträgern. Diese Verbundausbildung wollen wir ausbauen.
- Für landeseigene Unternehmen soll eine Ausbildungsquote von
- sieben Prozent gelten, der Anteil von Azubis mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst muss steigen, besonders im
- pädagogischen Bereich, aber auch bei Polizei und Feuerwehr.
- Unternehmen bilden eher aus, wenn sie wissen, was auf sie
- zukommt und welche Hilfen es für Auszubildende gibt, z.B.
- Sprachförderung, Kinderbetreuung oder auch Arbeitsassistenz
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 143
- 5. Lernfähiges Berlin
- für junge Menschen mit Behinderung. Deshalb wollen wir die
- Begleitung und Beratung von Betrieben stärken.
- Darüber hinaus wollen wir die beruflichen Schulen stärken
- und weiterentwickeln, weil sie mit ihren vielfältigen Ausbildungsangeboten einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung der
- wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit Berlins und zur beruflichen
- Integration junger Menschen leisten. Die vollschulischen Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote wollen wir als dauerhafte Aufgabe des öffentlichen Bildungssektors sichern und die
- Oberstufenzentren (OSZ) zu Kompetenzzentren für Berufsbildung und Nachhaltigkeit entwickeln. Sie sollen eine qualifizierte Ausbildung für alle SchulabgängerInnen anbieten, die sonst
- in Warteschleifen landen würden. Diese Ausbildungen müssen
- zu einem anerkannten Berufsabschluss führen. Der Zugang zur
- Berufsbildung darf weder von konjunkturellen Entwicklungen
- noch vom Ausbildungsinteresse einzelner Unternehmen abhängig sein.
- Unser Ziel, 100.000 neue Jobs in Zukunftsbranchen wie Umwelttechnik, erneuerbare Energien oder personennahe Dienstleistungen zu schaffen, muss auch mit Veränderungen in der
- Ausbildung einhergehen. Wir brauchen z. B. im Energiebereich
- neue Berufsbilder für die niedrig qualifizierte und FacharbeiterInnenebene. In der Gastronomie könnten mit einem zusätzlichen Berufsschultag mehr Qualifikationen für innovative Verfahren, nachhaltiges Wirtschaften und gesunde, biologische
- Ernährung vermittelt werden.
- Kein Abschluss ohne Anschluss
- Wir wollen den Dschungel aus Übergangsmaßnahmen
- zwischen Schule und Beruf lichten und klare Förderstrukturen schaffen. Kurse ohne verwertbares Zertifikat werden
- abgeschafft. Das spart Geld für anderes. Jugendliche mit
- 144
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Schulabschluss, die keine betriebliche Lehrstelle bekommen
- haben, können eine öffentlich geförderte, hochwertige schulische Berufsausbildung erhalten, die sich am regionalen Arbeitsmarkt orientieren muss und die Möglichkeit eines Wechsels in
- eine betriebliche Ausbildung offen hält. Zusätzlich findet an
- allen Schulen eine frühere Berufsorientierung statt, die viel Praxis
- außerhalb der Schule einschließt und jenseits von Geschlechterklischees Raum zum Ausprobieren gibt. Dafür braucht es eine
- neue Kultur der Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern,
- Betrieben, Bildungsträgern, Arbeitsagentur usw. Jede und jeder
- Jugendliche bekommt eine feste Ansprechperson, die sie bzw.
- ihn über das Ende der Schulzeit hinaus bis in den nächsten Ausbildungsschritt begleitet.
- Weiterbilden – weiterkommen
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wer es mit dem Schlagwort vom lebenslangen Lernen ernst
- meint, muss es endlich aus den Sonntagsreden in den Alltag holen und für flächendeckende qualitativ gute Angebote
- sorgen. Eine wichtige Aufgabe von Weiterbildung ist es, den
- Weg in zukunftsfähige Branchen zu erleichtern. Wir wollen u.a.
- in enger Abstimmung mit den beruflichen Schulen Quereinsteigerprogramme unterstützen, um Menschen neue Jobs in
- den Feldern erneuerbare Energien, neue Mobilität, Umweltschutz und Ressourceneffizienz, Gesundheit und Pflege, frühkindliche Bildung, nachhaltiger Tourismus und Kreativwirtschaft zu ermöglichen.
- Alle brauchen eine zweite Chance – deshalb gilt unser Augenmerk auch den Angeboten zur Alphabetisierung und zum Nachholen von Schulabschlüssen. Wir dürfen Menschen nicht am
- Lernen und Weiterkommen hindern. Deshalb fordern wir die
- zügige Prüfung von ausländischen Abschlüssen, verbunden mit
- einer Beratung für maßgeschneiderte Weiterbildungsangebote.
- Außerdem brauchen wir genügend Plätze in Integrationskursen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 145
- 5.4 Hochschule neu denken
- 5. Lernfähiges Berlin
- „Eine Stadt für alle“ braucht Zugangsgerechtigkeit für alle
- Hochschulbewerberinnen und -bewerber, eine gute Qualität
- der Lehre und gute Bedingungen für Forschung. Überfüllte
- Hörsäle, schlechte Betreuung und überforderte Lehrende müssen der Vergangenheit angehören. Wir lehnen Studiengebühren ab, weil sie sozial ungerecht sind. Gebühren haben eine
- abschreckende Wirkung auf diejenigen, die nicht aus bildungsnahen oder ökonomisch abgesicherten Verhältnissen kommen.
- Ein leistungsfähiges Studentenwerk, das Wohnheimplätze,
- Essensversorgung, Kita-Plätze und vielfältige Beratungsangebote vorhält, ist das A und O, damit Studieren auch ohne
- dickes Portemonnaie gelingt. Universitäten, Fach- und Kunsthochschulen sind zudem nicht nur Orte der Ausbildung und
- Wissensspeicher. Sie müssen auch Ort des Nachdenkens über
- aktuelle gesellschaftliche Fragen sein und bei Themen wie
- Demokratie, Klimawandel, Wirtschaft oder Integration vorausdenken.
- Bachelor und Master studierbar machen
- Auch die Studierendenproteste haben gezeigt: Bachelor- und
- Masterstudiengänge in Berlin müssen flächendeckend überarbeitet und verbessert werden. Die Curricula müssen wieder
- individuelle Schwerpunktsetzung ermöglichen und überfachliche Qualifikationen fördern. Ebenso müssen die Studiengänge
- wieder den Lebensrealitäten der Studierenden wie Teilzeitstudium, Nebenjob, Familie, gesundheitliche Beeinträchtigungen
- etc. angepasst werden. Die Durchlässigkeit der Studiengänge
- zwischen den Berliner Hochschulen muss wieder deutlich verbessert und bürokratische Hürden müssen abgebaut werden.
- Auch dazu wollen wir das Berliner Hochschulgesetz ändern,
- denn die rot-rote Novelle verschlimmert das Problem eher,
- 146
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- als es zu verbessern. Studium darf kein Elitenprojekt sein. Der
- Hochschulzugang muss offener gestaltet und die Übergangsquote vom Bachelor zum Master von nur 50 Prozent deutlich
- erhöht werden. Wir lehnen die weitere Absenkung der Studienqualität zugunsten billig gerechneter Studienplätze ab und
- fordern eine grundlegende Überarbeitung des Finanzierungsmodells („Preismodell“) und seiner Kriterien. Hochschulen dürfen beispielsweise nicht bestraft werden, wenn sie Fachwechsler aufnehmen oder Studierende in Teilzeit studieren. Dies muss
- in den nächsten Hochschulverträgen geregelt werden. Die Verhandlungen über die notwendigen Veränderungen wollen wir
- frühzeitig aufnehmen.
- Gute Lehre als Karriereschub!
- Für uns ist es entscheidend, dass gute Lehre endlich belohnt
- wird: Die Hochschullehre muss aus dem Schatten der Forschung und Drittmitteleinwerbung treten und als Karriereschub
- etabliert werden, um die Qualität der Lehre dauerhaft zu verbessern. Wir fordern daher den Ausbau des Weiterbildungsangebots speziell für Hochschullehrer. Wer nicht lehren kann,
- kann nicht Professor oder Professorin sein. Außerdem wollen
- wir ein neues Programm zur Qualitätssicherung in Studium
- und Lehre für die Hochschulen. Wir wollen, dass gute Hochschullehre endlich belohnt wird. Mit seinen Exzellenzclustern,
- Sonderforschungsbereichen und Instituten verfügt Berlin über
- eine herausragende Forschungslandschaft, die wir weiter stärken wollen. Auch hier muss eine bessere Verzahnung mit der
- Lehre stattfinden, so dass sich Forschungsqualität auch in der
- Qualität der Lehre niederschlägt.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Hochschulen wollen solide finanziert sein
- Berlin ist gefragt: Auf einen Studienplatz in Berlin kommen in
- der Regel mehr als fünf Bewerbungen. Dabei haben allzu oft die
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 147
- eigenen Landeskinder das Nachsehen. Wir wollen den Hochschulen helfen, ehrlich finanzierte Studienplätze bis zum Master aufzubauen, anstatt die unterfinanzierten „Studierchancen“ des Senats zu dulden. Das lohnt sich: Jeder Zuschuss-Euro
- für die Hochschulen schafft eine dreimal höhere Nachfrage in
- der Stadt und bringt Mittel aus dem Länderfinanzausgleich.
- 5. Lernfähiges Berlin
- Die Berliner Hochschulen brauchen eine transparente, zuverlässige und vor allem ausreichende Finanzierung für Forschung
- und Lehre. Dazu gehören bis zum Masterabschluss ausfinanzierte Studienplätze, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
- Landes- und Projektfinanzierung sowie eine ehrliche Neuberechnung des Bedarfs an Studienplätzen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bedarfe der Hochschulen von Grund auf neu
- berechnet werden und alte Probleme wie die Pensionslasten
- oder aufgeschobene Investitionen endlich gelöst werden. Wir
- wollen Schattenhaushalte und Parallelstrukturen wie die Einsteinstiftung auflösen und die frei werdenden Gelder direkt der
- Forschung und Lehre zukommen lassen. Das Land Berlin muss
- den Hochschulen eine solide Grundfinanzierung bieten und die
- Kofinanzierung bei Drittmittelprojekten auf sichere Beine stellen. Dabei geht es auch darum, die Hochschulen in die Lage zu
- versetzen, den doppelten Abiturjahrgang 2012 aufzunehmen.
- Vertrauen und Transparenz wiederherstellen
- Das Berliner Hochschulsystem zeigte sich zuletzt an vielen Stellen blockiert – sowohl im Verhältnis zwischen Land und Hochschulen als auch innerhalb der Hochschulen und ihrer Personalgruppen. Wir wollen wieder ein Klima des Vertrauens und der
- Verlässlichkeit schaffen, damit die Akteure nicht weiter gegeneinander agieren, sondern gemeinsam die Zukunftsaufgaben
- anpacken. Für uns braucht es daher neue Formen der Beteiligung aller Hochschulmitglieder an wichtigen Entscheidungen.
- 148
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Eine moderne Hochschule definiert Hochschulautonomie nicht
- als Präsidialdiktatur, sondern sorgt für mehr Demokratie und
- moderne „partizipative“ Entscheidungsverfahren. Ziel ist, dass
- sich alle Mitglieder einer Hochschule an der Selbstverwaltung
- beteiligen können. Um der Vielfalt und Autonomie unserer
- Hochschulen Rechnung zu tragen, treten wir für ein von allen
- Statusgruppen paritätisch besetztes Grundordnungsgremium
- ein, das die Struktur der internen Entscheidungswege unabhängig festlegt.
- Für uns gehört eine ehrliche mittel- und langfristige Entwicklungsplanung der Berliner Hochschulen zur Grundvoraussetzung, damit das Land Berlin sie effektiv in ihren Aufgaben
- unterstützen kann. Wir setzen dabei auf klar formulierte Ziele,
- transparente Entscheidungen und ehrliche Zahlen. Wir bekennen uns zu einem guten Hochschulvertragssystem mit klaren
- Zielvereinbarungen – ohne einseitige Ausstiegsklauseln – anstelle des jetzt eingeführten Preismodells und der kleinteiligen
- Detailsteuerung. Zusammen mit den Beteiligten aus Hochschulen und Forschung planen wir, ein neues, modernes Berliner
- Hochschulgesetz zu verfassen.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Berliner Hochschulgesetz modernisieren
- Wir wollen das Berliner Hochschulsystem zusammen mit den
- Hochschulen grundlegend modernisieren. Dabei legen wir besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der Studierbarkeit
- und der Bedingungen in der Lehre. Wir wollen flexible und
- durchlässige Personalstrukturen schaffen, die vielfältige Karrierewege bieten. Ebenso wird die Gremienstruktur den Bedürfnissen der einzelnen Hochschulen angepasst und die Demokratisierung vorangetrieben. Die Modernisierung des Berliner
- Hochschulgesetzes ist ein wichtiger Schritt, um den tiefgreifenden und dringend notwendigen Kulturwandel an den Berliner
- Hochschulen zu unterstützen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 149
- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Europaweites Lernen und Studieren
- Geschlechtergerechtigkeit ist für uns ein selbstverständliches
- und grundlegendes Ziel, das überall in Forschung, Wissenschaft und Lehre ausdrücklich gefördert werden muss. Doch
- die Gleichstellung von Frauen und Männern ist in den Hochschulen noch lange nicht erreicht. Wir unterstützen Hochschulen in ihrem Bemühen um die Anwerbung von Studentinnen
- und Wissenschaftlerinnen und setzen uns für offene und transparente Personalauswahlverfahren ein, die wir gesetzlich etablieren wollen. Dabei legen wir großen Wert darauf, dass die
- Potentiale und Qualifikationen von Frauen auch in männlich
- dominierten Fachkulturen als eine Bereicherung begriffen werden. Nur mit einem so gestalteten Kulturwandel werden die
- Hochschulen im 21. Jahrhundert zukunftsorientiert ihre gesellschaftlichen Aufgaben wahrnehmen können.
- Berlins Universitäten und Forschungseinrichtungen, sein lässiges Lebensgefühl und seine scheinbar grenzenlosen Potentiale
- laden junge Menschen aus der Welt ein, mit ihren Ideen und
- Potentialen hierherzukommen, unsere Stadt bunter und ideenreicher und damit chancenreicher zu machen.
- Draht zur Stadt
- Die Gesellschaft braucht einen direkten Draht zur Hochschule.
- Und wir brauchen immer mehr hochqualifizierte Fachkräfte,
- also einen breiteren Zugang zu höherer Bildung. Nicht zuletzt
- deshalb müssen Hochschulen sich stärker öffnen, flexibler werden und ihre Angebote überarbeiten. Mehr Menschen aus migrantischen oder bildungsfernen Familien, mehr Berufstätige
- ohne Abitur, mehr Männer und Frauen auf dem sogenannten
- zweiten oder dritten Bildungsweg und mehr Ältere sollen an die
- Hochschulen kommen. Dafür sind unterschiedliche Hochschultypen und Profile, wie sie in der Berliner Hochschullandschaft
- zu finden sind, gut und richtig. Und damit keine Akademikerin und kein Akademiker auf der Straße sitzt, werden wir auch
- für eine zügigere Anerkennung von im Ausland erworbenen
- akademischen Abschlüssen einschließlich der Umwandlung in
- entsprechende deutsche Grade und Titel sorgen.
- 150
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Wir bekennen uns zu den ursprünglichen Zielen des BolognaProzesses: der Schaffung des gemeinsamen Europäischen
- Hochschulraumes, in dem Hochschulabschlüsse auf der Grundlage der Gleichwertigkeit anerkannt werden. Internationale
- Mobilität, Freiheit und akademischer Austausch sollten verbessert werden. Wir wollen alles tun, um diese Ziele endlich mit
- den Berliner Hochschulen zu erreichen. Und das, ohne die Berliner Landeskinder weiter durch den Verdrängungsprozess zu
- benachteiligen, denn Mobilität ist ein Recht und keine Pflicht.
- Wir wollen die internationale Vernetzung und Strahlkraft der
- Berliner Hochschulen fördern. Unser Ziel ist es, Studierenden
- in Berlin beste Bedingungen zu bieten und ihnen jede Menge
- Gründe zu liefern, auch nach dem Studium hier in Berlin ihre
- Potentiale auszuleben – zu unser aller Gewinn.
- An den Hochschulen wollen wir den internationalen Austausch von Studierenden als auch von Lehrenden intensivieren.
- Ebenso wollen wir den Austausch über Lehrinhalte und Forschung anregen. Auch an Schulen muss das Erlernen globaler
- und europäischer Zusammenhänge eine höhere Priorität bekommen und die Europa-Kompetenz gestärkt werden.
- 5. Lernfähiges Berlin
- 5. Lernfähiges Berlin
- Vielfalt schließt Geschlechtergerechtigkeit ein
- 5.5 Wissenschaft und Forschung in und für Berlin
- Berlin ist mit seinen vielfältigen Hochschulen und Forschungsinstitutionen einer der wichtigsten Wissenschaftsstandorte in
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 151
- Deutschland und Europa. Mit diesem Pfund wollen wir
- wuchern – zum Wohle der ganzen Stadt.
- Forschung für die Gesellschaft
- 5. Lernfähiges Berlin
- Forschung heißt, die Welt von morgen bereits heute zu denken und Zusammenhänge verstehen zu wollen. Das brauchen
- wir, um Antworten auf soziale, kulturelle, ökologische und
- ökonomische Fragestellungen zu finden. Dabei müssen Politik,
- Wissenschaft und Wirtschaft eng zusammenarbeiten. Ebenso
- braucht es eine bessere Verzahnung zwischen Bund und Land.
- Der interdisziplinäre Austausch zwischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen muss gestärkt und verlässliche Zukunftsperspektiven für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
- müssen geschaffen werden.
- Wissenschaft und Forschung spielen eine entscheidende Rolle
- für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins, durch den Wissenstransfer oder die Kooperation mit großen, kleinen und mittelständischen Betrieben, durch die Ausbildung von dringend
- benötigten Fachkräften oder durch die Wirtschaftskraft, die
- Studierende und Forschende mit nach Berlin bringen. Deshalb
- werden wir die Sicherung und den Ausbau des Instituts für Angewandte Forschung vorantreiben.
- Von der Öffentlichkeit geförderte Forschung muss ihre wissenschaftlichen Publikationen und die ihnen zugrundeliegende Daten der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung stellen (Open
- Access). Die bisherigen Publikationsstrukturen stellen eine Privatisierung des von der Allgemeinheit finanzierten Wissens dar.
- Durch Open Access soll verhindert werden, dass dieses Wissen
- erneut von der Allgemeinheit finanziert bzw. von den Verlagen zurückgekauft werden muss, die durch die Publikation die
- Nutzungsrechte erhalten haben. So wird auch die digitale Kluft
- 152
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- verringert: Unter anderem können so WissenschaftlerInnen mit
- geringem Budget an wissenschaftliche Ergebnisse gelangen
- und am Diskurs teilnehmen. Wir wollen Berlin als Vorbild für
- die Umsetzung des Open-Access-Prinzips etablieren.
- Undank ist der Welten Lohn? – Wissenschaft als Beruf
- Wissenschaft als Beruf muss endlich wieder attraktiver werden!
- Akademische Laufbahnen erweisen sich als kaum planbar, kennen lange Phasen prekärer Beschäftigung und sind häufig nicht
- familienkompatibel. Wir brauchen berechenbare, familienfreundliche und durchlässige Personalstrukturen, die auch den
- Wechsel zwischen Wissenschaft und anderen Berufen möglich
- machen.
- Berliner Hochschulen sollen Arbeitgeber sein, die attraktive
- Aufgabenprofile bieten. Wir setzen uns für eine gute Mischung
- aus befristeten und unbefristeten Stellen im wissenschaftlichen
- „Mittelbau“ ein. Der Flaschenhals der regulären Professur ist
- schädlich für Berlins Hochschullandschaft, da zu viele Wissenschaftskarrieren im Aus enden. Die Verbeamtung der Professuren schafft mehr Probleme als Vorteile und gehört daher abgeschafft. Auch für das nicht wissenschaftliche Personal müssen
- Hochschulen ein attraktiver Arbeitgeber sein.
- 5. Lernfähiges Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Vielfalt der Forschung
- Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, verlangen vielfältige Antworten, die manchmal auch in neuen oder risikoreichen Forschungsthemen liegen.
- Zentrale Basis für Innovationen und Fortschritt ist die Grundlagenforschung. Sie bildet den Nährboden für gesellschaftliche
- Reflexion und für erfolgreiche anwendungsorientierte Forschung. Grundlagenforschung muss daher eine wesentliche
- Säule der öffentlichen Forschungsförderung bleiben.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 153
- Wer Innovation erzwingen will, versteht nicht, wie Wissenschaft funktioniert. Wir wollen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen wieder eine Kultur des Austausches und
- der „Fehlerfreundlichkeit“ etablieren. Viele Ideen müssen gedacht und diskutiert oder auch verworfen werden, auch über
- disziplinäre Grenzen hinweg, ehe ein anwendungsfähiges Ergebnis entsteht. Kooperation zwischen verschiedenen Fachkulturen ist dabei das Schlüsselwort. Wir wollen interdisziplinäre
- Vorbildprojekte, wie das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, sowie andere Vordenker fördern und sichtbar
- machen, um Berlin als Ganzes voranzubringen.
- 5. Lernfähiges Berlin
- Wer in Berlin Grün wählt ...
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- 154
- stimmt für frühe Sprachförderung für alle Kita-Kinder.
- sorgt für gute Schulen mit Perspektiven für alle.
- schafft Ausbildungsplätze für alle und sorgt für beruflichen
- Anschluss.
- sagt Nein zu Studiengebühren und stärkt die Lehre.
- schafft Studienplätze statt nur Studierchancen.
- fördert Forschung, die allen zugutekommt.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Und ein Junge fegt den Flur
- Weil er das am besten kann
- Wollen wir das?
- Wollen wir das?“
- (Beatsteaks/Turbostaat)
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Ein neuer Generationenvertrag
- für die Stadt
- „Eine Stadt für alle“ bedeutet ein generationengerechtes Berlin, in dem Jung und Alt in Solidarität zusammenleben. Berlin wird demografisch gesehen zugleich jünger und älter, die
- Lebensentwürfe werden vielfältiger. Das verändert Bedürfnisse
- und Ansprüche. Gerade Junge und Alte erleben unsere Gesellschaft häufig als blockiert. Kinder erhalten nicht die Förderung
- und die Spielräume, die sie brauchen. Menschen, die sich um
- andere kümmern – um kleine Kinder genauso wie um Alte oder
- Pflegebedürftige –, werden mit dieser Aufgabe alleingelassen.
- Jugendliche bekommen zu wenige Chancen auf echte Teilhabe und Beteiligung. Ältere Menschen fürchten, nicht mehr
- gebraucht oder gefragt zu werden. Es ist an der Zeit, diese Blockaden aufzubrechen und die Potentiale aller Generationen für
- Berlin und seine Bewohnerinnen und Bewohner zu nutzen.
- Zur Wahl steht ein neuer Generationenvertrag für Berlin,
- der Kindern den Platz einräumt, den sie brauchen, Eltern nicht
- im Stich lässt, jungen Menschen Gehör gibt und ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter ermöglicht.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 6. Familiengerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 155
- 6.1 Ein neuer Generationenvertrag für Berlin
- Wir müssen uns neu darüber verständigen, was Alt und Jung
- in Berlin zusammenhält. Wir wollen eine Stadt der kulturellen
- Vielfalt, in der Kinder sich willkommen und Jugendliche sich
- akzeptiert fühlen. In der Familien gut leben und ältere Menschen aktiv mitgestalten können – aber auch im Pflegefall gut
- versorgt sind. Ein neuer Generationenvertrag bedeutet eine
- Vereinbarung darüber, wie und wo Raum für Begegnungen
- zwischen den Generationen entstehen und bürgerschaftliches
- Engagement gestärkt werden kann. Und er steht für eine Gesellschaft, die der nachfolgenden Generation noch Spielraum
- für Entscheidungen lässt. Deshalb heißt generationengerechtes
- Handeln in Berlin auch, die Stadt nicht tiefer in den Schuldensumpf zu treiben.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Bist du dabei?
- Gemeinsam ist alten und jungen Menschen in Berlin, dass sehr
- viele von ihnen bereits in prekären Verhältnissen gelebt haben
- oder immer noch leben. Entsprechend groß ist die Angst, den
- sozialen Anschluss zu verpassen. Das ist nicht unbedingt eine
- Frage von Arbeitslosigkeit oder Bildungsferne, ein Leben kann
- schon ins Wanken geraten, wenn im nahen Umfeld jemand
- stirbt oder das Geld trotz Arbeit nur reicht, solange nichts Unvorhergesehenes passiert. Wir kämpfen gegen soziale Exklusion. Es kommt in unserer Stadt auf jede Einzelne und jeden
- Einzelnen an!
- Richtig organisiert und ausreichend unterstützt können Junge und Alte, Frauen und Männer, Menschen unterschiedlicher
- kultureller Herkunft noch viel mehr voneinander profitieren
- und lernen, etwa bei der gemeinsamen Gestaltung ihres Stadtviertels, in neuen generationsübergreifenden Wohnformen
- 156
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- oder in Unternehmen, wenn sich Erfahrungsschatz und Ideenreichtum der Einen mit Risikobereitschaft und Kreativität der
- Anderen verbinden.
- Wir wollen das Zusammenleben der verschiedenen Generationen fördern und dafür auch die nötige Infrastruktur in den
- Stadtteilen bereitstellen. Wenn Menschen sich repräsentiert
- und von öffentlichen Institutionen ernst genommen fühlen,
- wenn sie beteiligt werden und selbstbestimmt entscheiden
- können, stärkt dies auch das Vertrauen in die Demokratie und
- vermeidet Diskriminierung.
- 6.2 Eine Stadt für alle Kinder
- Für uns ist Familie überall dort, wo Menschen – ob verwandt
- oder nicht – verbindlich füreinander Verantwortung übernehmen, insbesondere für Kinder. Dazu gehören in Berlin gerade
- auch viele Alleinerziehende, Patchwork- sowie Regenbogenfamilien. Die Vielfalt der unterschiedlichen Familienmodelle muss endlich als Normalität wahrgenommen werden. Wir
- wollen eine kinder- und familienfreundliche Stadt mit echten
- Teilhabechancen für alle Mädchen und Jungen. Eine Stadt, in
- der diejenigen, die sich um Kinder, Ältere oder Pflegebedürftige kümmern, Anerkennung erfahren und ihr Engagement mit
- einer Berufstätigkeit verbinden können.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Kinder und Jugendliche haben eigenständige Rechte. Sie haben
- ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, auf Bildung und Betreuung, und sie haben ein Recht darauf, zu spielen. Sie brauchen
- die liebevolle Zuwendung ihrer Eltern, haben aber gleichzeitig
- auch Anspruch auf Unterstützung und Förderung durch den
- Staat. Es ist ein Erfolg grüner Politik, dass Kinderrechte in der
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 157
- Berliner Landesverfassung verankert wurden. Wir verstehen
- dies als starken Auftrag an die Politik, Prioritäten zugunsten
- von Kindern und Jugendlichen zu setzen.
- Arm sein ist überhaupt nicht sexy
- Berlin ist bei der Kinderarmut trauriger Spitzenreiter in Deutschland. Für die betroffenen Kinder heißt das weniger Chancen
- auf Teilhabe, auf Gesundheit, auf einen Schulabschluss. An erster Stelle muss deshalb stehen: echte Teilhabe für Kinder aus
- armen Familien schaffen – egal, ob sie ALG II bekommen oder
- mit ihrem Einkommen knapp darüberliegen. Wir müssen die
- gesamte Infrastruktur für Familien, wie z. B. Kindertagesstätten, Familienbildung, Erziehungs- und Gesundheitsberatung,
- konsequent am Bedarf armer und sozial benachteiligter Kinder
- ausrichten.
- Ein Strauß Hilfe
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Der beste Schutz gegen Kinderarmut ist die Erwerbstätigkeit
- der Eltern. Deshalb braucht Berlin eine gut aufeinander abgestimmte Wirtschafts-, Ausbildungs- und Arbeitsmarktpolitik. Dazu kommt die Bildungsinfrastruktur: Kitas und Schulen
- müssen früher, individuell und ganzheitlich fördern. Wir wollen
- stärker für einen frühen Kita-Besuch werben und mit einem
- Kita-Gutschein dafür sorgen, dass alle Kinder ab drei Jahren für
- sieben Stunden pro Tag ohne Bedarfsprüfung die Kita besuchen können. Und natürlich müssen Kinder sozial abgesichert
- sein, weshalb wir am tatsächlichen Bedarf orientierte Regelsätze brauchen und gezielte Sachleistungen wie ein gesundes
- Mittagessen.
- Kinder haben ein Recht darauf, sich unabhängig von den
- Möglichkeiten, die ihnen ihre Familien geben können, zu entwickeln. Wir wollen alles dafür tun, dass der Zugang zu Sport-,
- Musik- und Kulturangeboten nicht vom Geldbeutel der Eltern,
- 158
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- sondern von den Interessen der Kinder abhängt.
- Im Interesse der Kinder müssen Leistungen des Bildungspaketes der Bundesregierung möglichst unbürokratisch eingelöst werden können. Es ist sicherzustellen, dass vorhandene
- Angebote in der Stadt nicht abgebaut oder plötzlich kostenpflichtig werden, sondern dass sie effizient und unentgeltlich
- erhalten werden.
- Frühe Hilfe statt später Hilflosigkeit
- Täglich setzen Eltern alles daran, ihre Kinder zu selbstständigen
- und eigenverantwortlichen Persönlichkeiten zu erziehen. Den
- allermeisten gelingt diese beachtliche Leistung. Es gibt aber
- auch Eltern, die grundsätzlich überfordert sind und Schwierigkeiten mit der Erziehung ihrer Kinder haben. Diese Familien
- wollen wir mit niedrigschwelligen Angeboten möglichst früh
- und präventiv erreichen, am besten schon in gut organisierten
- bezirklichen Netzwerken rund um die Geburt.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Dazu gehören ein wertschätzender Begrüßungsbesuch aller
- Neugeborenen durch den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst und der Einsatz von Familienhebammen und Elternbriefen. Das verbindliche Einladungswesen zu den Vorsorgeuntersuchungen ist auf seine Wirksamkeit hin zu prüfen und ggf.
- zugunsten verbesserter Förderangebote und Hilfen für Familien aufzugeben. Wir wollen außerdem aus Kitas interkulturelle Familienzentren machen, die Beratungsangebote für Eltern
- verzahnen und ihnen in vielfältigen Lebenslagen Unterstützung und Bildung bieten.
- Auch Gesundheitsförderung sowie präventiver und reaktiver
- Kinderschutz müssen als Querschnittsaufgabe und im unmittelbaren Lebensumfeld von Kindern, also in Kitas, Schulen und
- Jugendfreizeiteinrichtungen, verankert werden.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 159
- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Spiel- und Bewegungsräume für Kinder
- Mitsprechen lassen, nicht nur so tun
- Es gilt, in der Stadt- und Verkehrsplanung verstärkt den Schwerpunkt auf sichere Spiel- und Schulwege und die Entwicklung von
- Spiel- und Bewegungsräumen für Kinder und Jugendliche zu legen. Öffentliche Plätze und Freiflächen müssen zu attraktiven
- Kommunikations- und Aufenthaltsorten für Kinder, Erwachsene
- und alte Menschen umgestaltet werden. Damit Freiräume ihren
- Namen verdienen, müssen sie auch barrierefrei sein.
- Partizipation ist ein zentraler Ansatz grüner Jugendpolitik. Wir
- sind der Überzeugung, dass diejenigen, die es angeht, auch
- über ihre eigenen Anliegen mitentscheiden sollen. Deshalb treten wir dafür ein, dass Jugendliche schon ab 16 Jahren an der
- Wahl zum Abgeordnetenhaus teilnehmen können. Das stärkt
- die Demokratie und fördert die politische Bildung. Beteiligung
- beschränkt sich aber nicht darauf, einmal in fünf Jahren zu
- wählen. Kinder und Jugendliche sollten sich auch über Jugendbüros, Jugendparlamente oder Projekte wie die Kiezdetektive
- einbringen können. Genauso wichtig ist es, Mitbestimmung
- und Demokratie in der Schule und in Jugendeinrichtungen zum
- Alltag zu machen.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Unser Ziel ist, dass Berlin zu einer bespielbaren Stadt für alle
- Generationen wird. Wir brauchen ein Netz von Spiel-, Bewegungs-, Erlebnis- und Aufenthaltsbereichen, die fußläufig erreichbar sind. Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und
- Experten für die Schätze ihres Kiezes. Deshalb entscheiden sie
- bei der Gestaltung ihrer Spielräume mit – und zwar am besten
- schon im Planungsstadium. Wir wollen die in Pankow bereits
- erprobte Spielleitplanung auf möglichst viele Bezirke ausweiten. Es geht darum, für ein bestimmtes Gebiet ein Konzept zu
- entwickeln, das auf einer gemeinsamen Leitidee beruht. Alle
- Planungs- und Umsetzungsebenen sollten in diesen Prozess
- einbezogen sein.
- 6.3 Die Jugend von heute
- Es ist wichtig, jungen Menschen ausreichend Gehör zu verschaffen und sie ernsthaft, nicht alibimäßig, an politischen
- Prozessen zu beteiligen. Jugendliche sind in aller Regel in einer besonderen Phase der Persönlichkeitsentwicklung und dafür einerseits auf große Freiräume, andererseits aber auch auf
- bestmögliche Unterstützung angewiesen. Das gilt vor allem in
- Sachen Schulabschluss, Ausbildung und Berufseinstieg.
- 160
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Bestimmt selbst! Jugendbudget in jedem Bezirk
- Wir meinen es ernst mit der Mitbestimmung. Wir wollen dafür sorgen, dass jeder Bezirk ein Budget von mehreren tausend
- Euro für jugendpolitische Zwecke erhält, über dessen Verwendung Jugendliche aus dem Bezirk selbst bestimmen. Organisiert
- werden kann die Verteilung etwa über Kinder- und Jugendjurys
- oder andere Formen der Jugendbeteiligung. Auch Stiftungen
- oder andere private Geldgeber können dieses Budget auffüllen.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Bespielbares Berlin
- Wir wollen die Vielfalt der Jugendkulturen fördern, auch weil
- kulturelle Vielfalt der beste Schutz gegen rechtsextreme Einfalt
- ist. Die Eigenständigkeit von Jugendarbeit und Jugendeinrichtungen muss erhalten bleiben. Sie spielen eine wichtige Rolle
- im Bildungssystem als Lernort mit vielen Freiräumen, an dem
- Selbstvertrauen, Selbstorganisation, Teamfähigkeit und andere
- soziale Kompetenzen gestärkt werden. Wir verlangen zugleich
- aber eine gute Kooperation mit Schulen auf Augenhöhe. Wir
- brauchen engagierte Jugendverbände und eine starke Jugendhilfe, die benachteiligte Jugendliche gezielt unterstützen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 161
- können und auch zukünftig vielfältige Angebote machen, vor
- allem im Bereich Qualifizierung und Persönlichkeitsentwicklung. Öffentliche und freie Träger der Jugendhilfe sind so auszustatten, dass sie ihre vielfältigen Aufgaben verantwortlich
- wahrnehmen können. Die Jugendhilfeausgaben sind in Richtung Prävention umzuschichten.
- Ihr seid uns nicht egal
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Wir wollen dafür sorgen, dass jede und jeder Jugendliche in
- Berlin einen Schulabschluss schafft und danach ein Ausbildungsplatzangebot bekommt. Durch unser Projekt „Kein Abschluss ohne Anschluss“ wollen wir die Berufsorientierung in
- der Schule stärken, den Übergang in die Ausbildung durch eine
- gute Begleitung verbessern und das Dickicht der ausbildungsoder berufsvorbereitenden Maßnahmen lichten und klarer
- strukturieren. Außerdem setzen wir uns für ausreichende und
- ausfinanzierte Studienplätze ein.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Freiräume schaffen – die Stadt erobern
- Jugendliche sind besonders auf Freiraum jenseits der eigenen
- vier Wände angewiesen. Sie brauchen Raum, um auch außerhalb von Institutionen wie der Schule frei von Leistungsdenken
- und Erfolgsdruck aktiv sein zu können. Aber junge Menschen
- sind im öffentlichen Raum unbeliebt: Sie machen Lärm, sie
- fallen auf. Wir meinen: Junges Leben gehört in die Mitte der
- Gesellschaft, in die Mitte von Kiez und Stadt.
- Leider werden in einer Großstadt wie Berlin Freiflächen immer
- seltener. Schulhöfe sind viel zu oft nachmittags geschlossen,
- Spielplätze oft nur für kleine Kinder. Wir wollen in einer Kampagne dafür werben, dass Jugendliche Bolzplätze und ähnliche
- Freiflächen in der Stadt in einem friedlichen Miteinander mit
- den Nachbarn besser nutzen können.
- Viele Jugendliche kommen aus ihrem Kiez nicht heraus, kennen nur die paar Straßen um sich herum, obwohl sie in einer
- spannenden, großen Metropole mit vielfältigen Menschen,
- Kulturen und Stadtteilen leben, die es zu entdecken gilt.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Freiwillige vor
- Junge Menschen wollen sich gesellschaftlich einbringen. Die
- Nachfrage nach Freiwilligendiensten ist in Berlin weit höher als
- das Angebot an Plätzen. Sollte durch die Reform der Wehrpflicht der Zivildienst entfallen, müssen die frei werdenden
- Mittel für den sofortigen Ausbau von Freiwilligendiensten zur
- Verfügung stehen. Wir wollen das freiwillige soziale und das
- freiwillige ökologische Jahr in ihrem Charakter als Bildungs- und
- Lernzeit stärken und die pädagogische Betreuung sicherstellen.
- Eine wichtige Aufgabe besteht darin, mehr Jugendliche aus
- bildungsferneren Familien für solche Angebote zu begeistern.
- Freiwilligendienste sind klar von arbeitsmarktqualifizierenden
- Maßnahmen und vom klassischen Ehrenamt abzugrenzen.
- 162
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Kiezaustausch
- Warum nicht mal Schüleraustausch zwischen Zehlendorf und
- Kreuzberg? Oder eine Chorreise von Marzahn nach Reinickendorf? Wir starten ein Kiezaustauschprogramm, das Innenstadt
- und Vorstadt, Ost und West, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und viele andere mehr zusammenbringt.
- Schulen, Jugendeinrichtungen, soziale Projekte usw. sollen dafür Ideen einreichen, die besten werden finanziell unterstützt.
- 6.4 Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Eltern müssen sicher sein, dass sie auch nach der Elterngeldzeit
- das Leben mit ihrem Kind und eine Berufstätigkeit miteinander
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 163
- verbinden können. Das gilt insbesondere für Alleinerziehende.
- Aber auch jene, die Angehörige pflegen, sind auf Unterstützung angewiesen. Deshalb brauchen wir einerseits eine andere Arbeitskultur in Unternehmen und Organisationen, andererseits ausreichende, verlässliche und qualitativ hochwertige
- Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Die Pflege von pflegebedürftigen Angehörigen wird heute immer noch überwiegend
- durch weibliche Angehörige durchgeführt. Sie sind zumeist
- selbst auch noch berufstätig. Dies stellt eine Doppelbelastung
- dar, die sie oft an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit bringt.
- Damit pflegebedürftige Menschen, wie wir es wollen, in ihrer
- Wohnumgebung verbleiben können und wir gleichzeitig die
- pflegenden Angehörigen entlasten, muss es auch mehr und
- bessere Angebote der Tagespflege für Pflegebedürftige geben.
- Den Ausbau dieser Angebote werden wir aktiv unterstützen.
- Verlass dich drauf
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Wir setzen uns für eine bessere Abstimmung von Kita-Öffnungszeiten, ergänzender Kindertagespflege und flexiblen Kinderbetreuungsprojekten in der Stadt ein und unterstützen dort,
- wo es nötig ist, die Einrichtung von Nacht- und Wochenendbetreuung in Kitas, z. B. in Unternehmen mit Schichtbetrieben.
- Unser Kita-Gutschein zum dritten Geburtstag erlaubt Eltern,
- auf unbürokratische Weise sieben Stunden Bildungszeit pro
- Tag für ihre Kinder einzulösen. Die Qualifizierung und Weiterbildung von Tagesmüttern wollen wir verbessern. Außerdem
- setzen wir uns für den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen
- in Berlin ein. Alle Kinder von der 1. bis zur 6. Klasse müssen
- im offenen Ganztag an der Nachmittagsbetreuung teilnehmen.
- Die bestehende Betreuungslücke in der 5. und 6. Klasse wollen
- wir sofort schließen.
- Alleinerziehende haben es schwer auf dem Arbeitsmarkt und
- sind auch im Alltag stärker belastet. Daher brauchen gerade
- 164
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Einelternfamilien ein gutes Netz aus flexibler Kinderbetreuung
- und auf sie zugeschnittene Angebote und soziale Dienste.
- Berlin ist auch als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort mit
- zunehmendem Fachkräftemangel darauf angewiesen, familienfreundliche Strukturen zu schaffen. Das gilt auch für Unternehmen. Ihr Engagement für Betriebs-Kitas und ähnliche Angebote wollen wir unterstützen. Männer müssen darin bestärkt
- werden, ihre Vaterrolle im Spannungsfeld zwischen Familie und
- Beruf wahrnehmen zu können. Überstunden müssen ein für
- allemal uncool werden.
- Auch wer Angehörige pflegt, leistet wichtige Familienarbeit, die es noch viel stärker wertzuschätzen gilt. Wir wollen
- Pflegenden mehr Unterstützung bei der Organisation der
- Pflege bieten und entsprechende Beratungsangebote, aber
- auch Möglichkeiten für den Austausch Betroffener untereinander fördern. Auch die Arbeitgeber sind in der Pflicht, Pflegenden flexiblere Arbeitszeitmodelle anzubieten und eine andere
- Arbeitskultur voranzutreiben.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 6.5 Selbstbestimmt im Alter
- Der Anteil alter Menschen, darunter auch viele mit Migrationshintergrund, wird in den kommenden Jahren in Berlin rasant
- ansteigen. Immer mehr Menschen können bereits heute bis
- ins hohe Alter ihr Leben aktiv und selbstbestimmt führen. Und
- gleichzeitig gibt es Ältere, die den Eindruck haben, dass sie
- nirgends mehr gefragt sind, dass niemand mehr zuhört. Altern
- im 21. Jahrhundert ist vielfältig und verlangt nach differenzierten und flexiblen Antworten. Zentral ist für uns der Wunsch
- nach Selbstbestimmung, dessen Verwirklichung nicht an ein
- bestimmtes Lebensalter, den Gesundheitszustand, den finanziellen oder ethnischen Hintergrund, die sexuelle Identität oder
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 165
- eine Behinderung gekoppelt sein darf. Ebenso wenig sollte das
- selbstständige Leben im Alter durch Barrieren im öffentlichen
- Leben eingeschränkt werden.
- Heim oder WG?
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Ältere wie pflegebedürftige Menschen wünschen sich andere
- Wohn- und Lebensformen als das klassische Heim. Wir wollen
- Angebote fördern, die dem Bedürfnis nach Individualität,
- Vertrautheit und Häuslichkeit Rechnung tragen. Dazu gehört
- generationenübergreifendes Wohnen genauso wie neue
- Wohn- und Pflegeformen in Haus- oder Siedlungsgemeinschaften. Gerade in einer Stadt wie Berlin bieten sich vielfältige
- Möglichkeiten, „mitten im Leben“ zu bleiben.
- Viele Ältere leben alleine in ihren Wohnungen. Neben pflegerischer Hilfe brauchen sie Ansprache und Kontakt zu anderen.
- Teilhabe bedeutet für diese Menschen, sie nicht zu vergessen.
- Sie brauchen ein gutes Hilfenetz aus professioneller und ehrenamtlicher Betreuung in ihrem Wohnumfeld. Deshalb müssen
- Nachbarschaftshilfe und bürgerschaftliches Engagement gestärkt bzw. neu aufgebaut werden. Dazu gehören beispielsweise
- Stadtteilprojekte wie Mehrgenerationenhäuser, in denen es
- um Begegnung und Bildungsangebote für alle Generationen
- geht, aber auch ehrenamtliche Mobilitätshilfedienste, die Begleithilfen für hochbetagte oder behinderte Menschen leisten.
- Für die Koordination und Bereitstellung dieser Strukturen ist die
- Altenhilfeplanung der Bezirke verantwortlich, die dafür mehr
- Personal braucht.
- Treffpunkt Mittagessen
- Wir wollen keine „Sonderwelten“ für alte Menschen, in
- denen sie vereinsamen. Die wohnortnahe Infrastruktur soll
- für verschiedene Zielgruppen nutzbar sein. Das bedeutet zum
- Beispiel, ein Mittagessensangebot in der Schule nebenan
- 166
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- für alte Menschen zu öffnen, statt sie mit einem fahrbaren
- Mittagstisch zu versorgen. Wir wollen generationsübergreifende Treffs in Nachbarschaftszentren schaffen und stärker
- auf Betreuungsformen setzen, die familiäre, nachbarschaftliche, ehrenamtliche Hilfen einbeziehen.
- Der eigene Wille zählt
- Wir wollen die Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen
- stärken. Dafür müssen Senat und Bezirke gemeinsam dafür
- Sorge tragen, dass die Hilfe bei den betroffenen Menschen
- ankommt und nicht in den Taschen von unlauteren Anbietern
- landet. Das hilft den Menschen, die Pflege brauchen und den
- vielen PflegerInnen und Pflegeunternehmen, die engagiert und
- ehrlich arbeiten. Alle Leistungen müssen mit Qualitätsstandards
- verbunden werden, auch für die Pflegewohngemeinschaften.
- Ein weiteres wichtiges Ziel ist, Transparenz in Heimangelegenheiten zu bringen. Darüber hinaus wollen wir, dass bürgerschaftliche Projekte mit Angehörigen das „wahre“ Leben in die
- Versorgungseinrichtungen tragen und mit ihrer Anwesenheit
- gleichzeitig Garanten einer guten Versorgung werden. Angesichts der steigenden Anzahl pflegebedürftiger Menschen mit
- Migrationshintergrund sind kultursensible Pflegekonzepte nötig.
- Die meisten Menschen sterben in Institutionen wie Pflegeheimen und Krankenhäusern, obwohl der Großteil es vorziehen
- würde, im Kreis von vertrauten Personen die letzte Lebenszeit
- zu verbringen. Wir wollen ein menschenwürdiges Lebensende
- und Sterben Schwerstkranker sicherstellen und unterstützen
- den Ausbau wohnortnaher Hospizeinrichtungen.
- 6. Familiengerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Barrieren abbauen
- In einer generationengerechten Gesellschaft dürfen ältere
- Menschen nicht durch fehlendes Personal oder andere
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 167
- 6. Familiengerechtes Berlin
- Zugangshürden von Mobilität ausgeschlossen werden.
- Ältere sind in besonderer Weise auf einen gut ausgebauten und
- tatsächlich barrierefreien öffentlichen Nahverkehr angewiesen.
- Ein frommer Wunsch: Zurzeit sind nicht einmal die Hälfte der
- U- und S-Bahnhöfe barrierefrei. Wir brauchen schnellstmöglich
- einen verbindlichen Zeitplan für den Umbau der noch fehlenden Haltestellen – im Interesse von Älteren, von Menschen mit
- Behinderungen und von Eltern, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind. Für sie alle ist es auch ein großes Ärgernis, dass
- viele Straßen im Stadtgebiet nicht in einer Ampelphase überquert werden können. Hier wollen wir für mehr fußgängerfreundliche Ampelschaltungen sorgen.
- Barrieren im Alltag entstehen außerdem durch die mangelnde
- Altenfreundlichkeit vieler Produkte. Das fängt bei kaum lesbaren Beipackzetteln an und hört bei der schwierigen Bedienbarkeit vieler Geräte noch lange nicht auf. Eine aktive Verbraucherschutzpolitik muss die berechtigten Interessen der Älteren
- klarer zur Geltung bringen. Wenn gesellschaftliche Teilhabe immer mehr über neue Medien gewährleistet wird, dann müssen
- wir auch die Medienkompetenz von Älteren stärken. Wir setzen
- uns außerdem dafür ein, dass ältere Menschen eine gut erreichbare Gesundheitsinfrastruktur in ihrer Nähe vorfinden.
- Wer in Berlin grün wählt ...
- •
- •
- •
- •
- •
- 168
- stimmt für einen besseren Zusammenhalt der
- Generationen in Berlin.
- kämpft mit uns gegen Kinderarmut.
- nimmt Jugendliche ernst und beteiligt sie.
- stimmt für eine bessere Vereinbarung von Familie und
- Beruf.
- stimmt für bessere Teilhabe älterer Menschen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Glaube nicht, es muss so sein,
- weil es nie anders war.“
- (Hedwig Dohm)
- 7. Demokratisches Berlin
- Mit der Stadt regieren: eine neue
- politische Kultur für die Stadt
- „Eine Stadt für alle“ braucht dringend ein demokratisches
- Berlin mit einer neuen politischen Kultur für unsere Stadt. Wir
- wollen die Stadt mit ihren Bürgerinnen und Bürgern regieren
- – und nicht gegen sie oder an ihnen vorbei. Das entspricht
- unserer langen demokratischen Tradition. Wir wollen deshalb
- unsere Politik im Dialog entwickeln, Beteiligung ermöglichen,
- Maßstäbe offenlegen und Transparenz schaffen. „Eine Stadt
- für alle“ braucht eine bürgernahe Verwaltung, die die Menschen unterstützt, anstatt sie zu gängeln. Wir wollen die
- Bezirke stärken, denn vor Ort lassen sich die Probleme oftmals
- am besten lösen. Wir wollen die BürgerInnenrechte und die Privatsphäre besser schützen, als dies bislang der Fall ist. Und zu
- einer demokratischen Kultur für Berlin gehört eine vielfältige
- Medienlandschaft. Dabei gilt unser besonderes Augenmerk
- den neuen Medien, die zu einem immer wichtigeren Teil
- unserer Kommunikation werden.
- In der ganzen Republik geben sich Bürgerinnen und Bürger
- nicht mehr einfach zufrieden mit Entscheidungen von Politik
- und Verwaltung: Sie wollen an diesen Entscheidungen früher
- und effizienter beteiligt werden. Auch wir Berlinerinnen und
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 169
- 7. Demokratisches Berlin
- Berliner kritisieren, protestieren, verlangen Informationen und
- Erklärungen, machen uns ein eigenes Bild, gründen Bürgerinitiativen, unterbreiten Vorschläge und sammeln gegebenenfalls
- Unterschriften, um über unsere Forderungen abstimmen zu
- lassen.
- Der SPD-geführte Senat scheint diese Stimmen vor allem als
- lästiges Rauschen im Betrieb wahrzunehmen, das es so lange
- wie möglich zu ignorieren gilt. Beim Tempelhof-Volksbegehren
- machte der Regierende Bürgermeister bereits vor der Abstimmung deutlich, dass das Ergebnis für ihn nichts ändert. Wir
- sehen Einmischung als Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft. Nicht alle Anliegen der Volksentscheid-Initiativen teilen
- wir, aber gerade dann gilt es, ernsthaft zu diskutieren, statt Kritik als Majestätsbeleidigung zu behandeln. Eine Stadt für alle ist
- nicht eine Stadt für einen.
- Wir meinen, es ist Zeit für mehr Demokratie, Kommunikation
- und Transparenz in Berlin. Die Arbeitsteilung zwischen „die da
- oben machen sowieso, was sie wollen“ und „das Volk murrt“
- bringt Berlin nicht weiter. Im Gegenteil: Wahlerfolge extrem
- rechter Parteien und eine unbefriedigend niedrige Wahlbeteiligung von zuletzt nur 58 Prozent sind ernst zu nehmende Anzeichen einer tiefen Vertrauenskrise der Bürgerinnen und Bürger in die politische Führung unserer Stadt. Wir wollen einen
- anderen Politikstil, eine neue politische Kultur in Berlin, die alle
- einbezieht, Informationen teilt, Entscheidungen transparent
- macht, Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden lässt.
- Wir machen uns und Ihnen nichts vor: Auch Grüne in Regierungsverantwortung werden angesichts der Haushaltslage
- harte und schmerzhafte Entscheidungen fällen müssen und
- können nicht alle Wünsche erfüllen. Gerade deshalb müssen
- und wollen wir unsere Politik erklären, Einwände und Alternativen ernsthaft prüfen und uns gegebenenfalls Volksentscheiden
- stellen. Die Herausforderungen, vor denen Berlin steht, sind
- 170
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- enorm. Aber die Potentiale der Berlinerinnen und Berliner sind
- es auch. Darum gilt es, gemeinsam Ideen und Problemlösungen zu entwickeln. Wir sind überzeugt, dass Berlin sich nur mit
- den Berlinerinnen und Berlinern regieren lässt und nicht über
- sie hinweg.
- 7.1 Demokratie neu und anders wagen
- Beteiligung und Transparenz sollen Markenzeichen einer neuen politischen Kultur werden. Dabei geht es sowohl um einen
- neuen Politikstil als auch um konkrete Maßnahmen. Wir wollen das Wahlrecht erweitern und die Bedingungen für direkte
- Demokratie ebenso verbessern wie die Informationsmöglichkeiten. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen auch jenseits
- von Wahlen Möglichkeiten, aktiv und gestaltend in politische
- Prozesse einzugreifen. „Ja“ oder „nein“ zu sagen, genügt den
- meisten Menschen schon lange nicht mehr. Entscheidungen
- und Verfahren müssen transparent sein. Mit Transparenz kann
- auch Korruption verhindert werden.
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wahlrecht erweitern
- Wie wollen, dass sich mehr BerlinerInnen und Berlin an Wahlen
- und Abstimmungen beteiligen können. Wer 16 ist, soll nicht
- nur in den Bezirken an Wahlen teilnehmen können, sondern
- auch auf Landesebene. Auch beim kommunalen Ausländerwahlrecht wollen wir einen neuen Vorstoß wagen. Es kann
- kein Dauerzustand sein, dass Deutsche und andere EU-Bürger
- wählen dürfen, anderen BerlinerInnen und Berliner aber ausgeschlossen bleiben. Wir setzen uns für entsprechende Verfassungsänderungen ein. Wir wollen die 5-Prozent-Hürde überprüfen, damit die Stimmen von mehr Bürgerinnen und Bürgern
- wirksam werden.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 171
- Demokratie direkt und fair
- 7. Demokratisches Berlin
- Die direktdemokratischen Instrumente auf Bezirksebene (Bürgerbegehren und Bürgerentscheid) und auf Landesebene
- (Volksbegehren und Volksentscheid) werden von den Berlinerinnen und Berlinern rege genutzt. Mit dem Wasser-Volksentscheid war erst ein Volksentscheid erfolgreich, aber alle haben
- viel erreicht.
- In einer neuen politischen Kultur ergänzen sich parlamentarische Demokratie und direkte demokratische Beteiligung der
- Bürgerinnen und Bürger. Abgeordnetenhaus und Senat müssen
- sich frühzeitig und ernsthaft mit den Bürgerinitiativen auseinandersetzen. Jeder Anschein von Trickserei muss vermieden
- werden. Faire Bedingungen dürfen nicht im Ermessen des Senats liegen, sondern müssen klar gesetzlich geregelt werden.
- Dazu gehört, dass der Termin der Abstimmung mit Wahlen zusammengelegt wird, wenn die Trägerin oder der Träger eines
- Volksbegehrens das will.
- Die Bürgerentscheide auf Bezirksebene müssen endlich verbindlich werden. Bisher sind sie praktisch nur als „Ersuchen“
- und „Empfehlung“ möglich. Das wird der lokalen Demokratie
- nicht gerecht. Die Partei „Die Linke“ und die SPD beschränkten
- sich darauf, die Unverbindlichkeit der Bürgerentscheide zu betonen. Für Grüne kommt es darauf an, dies zu ändern.
- Zugang zu Informationen verbessern
- Wer sich einmischen will, braucht Informationen. Wir wollen
- das von Grünen erstrittene Informationsfreiheitsgesetz weiterentwickeln. Die Berlinerinnen und Berliner sollen nicht nur ihr
- gutes Recht auf Akteneinsicht leichter wahrnehmen können.
- Die Verwaltung soll von sich aus alle relevanten Informationen nutzungsfreundlich und bereinigt von Daten zu Privatpersonen ins Netz stellen. „Eine Stadt für alle“ bedeutet auch,
- dass alle Zugang zu Daten der öffentlichen Verwaltung haben.
- 172
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Geheimverträge der öffentlichen Hand darf es nicht mehr
- geben. Nicht nur die Wasserverträge, sondern auch z.B.
- Verträge zum Verkauf großer Bestände öffentlicher Wohnungen gehören veröffentlicht. Die Verwaltung soll auch regelmäßig über den Stand der Verwirklichung geplanter Projekte
- Auskunft geben – nicht nur auf Anfrage gegenüber dem Parlament, sondern allen.
- Transparente Politik braucht transparente Abgeordnete
- Wir wollen das Abgeordnetengesetz ändern und mehr Transparenz schaffen: Künftig soll veröffentlicht werden, in welcher
- Größenordnung Abgeordnete welche Einkünfte neben ihren
- Diäten beziehen. Mögliche Interessenkonflikte und Verflechtungen müssen deutlich werden. Wer solche Einkünfte nicht
- anzeigt, soll mit Sanktionen rechnen müssen. Die Verhaltensregeln im Berliner Abgeordnetenhaus müssen mindestens ebenso
- streng sein wie im Bundestag. Mögliche Interessenverflechtungen müssen offengelegt werden.
- Konsequent gegen Filz und Korruption
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wir wollen, dass die einstige Hauptstadt der Korruption zur
- Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung wird. Auch nach
- dem Berliner Bankenskandal bleibt hier viel zu tun, um z.B.
- Filz bei der Vergabe öffentlicher Mittel und Aufträge entgegenzuwirken. Die Aufdeckung der dubiosen Machenschaften
- des ehemaligen SPD-Abgeordneten Hillenberg müssen endlich
- auch in den Zentralen der anderen Parteien das Bewusstsein
- dafür schärfen, dass Berlin im Wettbewerb mit anderen Metropolen insgesamt nur verlieren kann, wenn jedem Spatenstich in
- Berlin der Verdacht der Korruption anhaftet. Vergabe nach dem
- Motto „Man kennt sich eben“ muss ein für alle Mal aufhören.
- Wir brauchen klare Vergaberegeln, ohne großzügige Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht, zumal für Genossen und
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 173
- Parteifreunde. Das Personal, das in der Verwaltung für die
- Vergabe zuständig ist, muss regelmäßig rotieren. Über alle
- Zuwendungen und erbrachten Leistungen muss öffentlich Rechenschaft abgelegt werden. Die Kontrolle darf nicht Personen
- oder Trägern überlassen werden, die selbst in die Geschäfte
- verwickelt sind. Vier-Augen-Prinzip, Ombudsleute, Korruptionsbeauftragte und die Möglichkeit anonymer Hinweise auf
- Korruption müssen selbstverständlicher Teil der Praxis werden. Die Intensität der Prüfungen des Rechnungshofes wollen
- wir verstärken, gerade bei den landeseigenen Unternehmen.
- Bei Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, muss die
- Vergütung von Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat
- vollständig transparent gemacht werden. Außerdem sollen alle
- Senatsverwaltungen nach einheitlichen strengen Regeln öffentlich berichten, von wem sie in welchem Umfang und zu
- welchem Zweck Sponsoring erhalten haben. Auch Beratungsleistungen, die in Gesetzesvorlagen des Senates eingeflossen
- sind, müssen transparent gemacht werden.
- 7. Demokratisches Berlin
- Berlin – kein Ort für Nazis!
- Demokratiefeindliche Entwicklungen haben in einem vielfältigen, demokratischen und bunten Berlin keinen Platz.
- Rassismus, Antisemitismus, Islamhass und andere Formen
- gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit stellen nicht allein
- ein Problem extremistischer Randgruppen dar, sondern kommen in der Mitte der Gesellschaft vor. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, ist eine demokratische und aktive Zivilgesellschaft unerlässlich.
- Im Kampf gegen Rechts leisten viele Akteure, insbesondere die
- Opferberatungen und mobilen Beratungsstellen, vor Ort bedeutende Arbeit. Diese unabhängigen zivilgesellschaftlichen
- Projekte und Initiativen sind unersetzlich. Daher setzen Bündnis
- 174
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 90/Die Grünen Berlin auf eine Stärkung dieser zivilgesellschaftlichen Akteure.
- Aber auch staatliche Strukturen müssen ihren Teil im Kampf
- gegen Demokratiefeindlichkeit beitragen. Bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der Berliner Landeskonzeption gegen Rechtsextremismus müssen alle Senatsverwaltungen und
- Dienststellen mit einbezogen werden.
- Im Kampf gegen Rechtsextremismus müssen Prävention und
- Aufklärung im Vordergrund stehen.
- Die rechtsextreme Szene ist einem ständigen Wandel
- unterzogen und entwickelt stets neue Strategien, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten.
- Rechtsradikale versuchen, insbesondere Kinder und Jugendliche für sich zu gewinnen. An Berliner Schulen finden rechtsextreme Kinderturnveranstaltungen statt oder es werden CDs und
- Zeitungen mit neonazistischem Gedankengut verteilt. Mit neuen
- Symbolen und Erscheinungsformen wie der „Anti-Antifa“, den
- „Rechtsextremen Autonomen“ oder scheinbar harmlosen Kleidercodes sollen insbesondere Jugendliche für die gewaltbereite
- rechte Szene gewonnen werden. Berliner Schulen und andere
- Bildungseinrichtungen, Vereine etc. müssen über diese Entwicklung aufgeklärt werden und auf neue Strategien der Neonazis vorbereitet werden, um den neuen Nazis entschlossen
- und gezielt entgegenwirken zu können.
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 7.2 Bezirke stärken
- „Eine Stadt für alle“ braucht starke Bezirke. Viele Berlinerinnen
- und Berliner identifizieren sich in erster Linie mit dem Kiez, in
- dem sie leben. Wir wollen deshalb die demokratische Selbstverwaltung der Bezirke stärken, denn hier werden die örtlichen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 175
- 7. Demokratisches Berlin
- Belange des Gemeinwohls beraten und entschieden. Rot-Rot
- hat trotz anderslautender Wahlversprechen eine entsprechende Bezirksreform und gemeinsam mit der CDU durch eine Verfassungsänderung das politische Bezirksamt verhindert.
- Die Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlungen (BVV)
- stellen meist nur Empfehlungen und Ersuchen dar. Wir wollen
- ein verbindliches Entscheidungsrecht der BVV für alle Bezirksaufgaben. Das schafft auch mehr Planungssicherheit.
- Wir wollen den „Rat der Bürgermeister (RdB)“ zu einem „Rat
- der Bezirksämter“ mit echter Relevanz und wirksamen Mitgestaltungsmöglichkeiten machen.
- Mit den Bezirksverwaltungen kommen alle in Kontakt. Sei es
- bei der An- und Ummeldung, der Beantragung eines Hort-Platzes
- oder bei der Diskussion über das Bauprojekt um die Ecke. Wenn
- die Bezirke nicht funktionieren, spüren wir alle das unmittelbar. Etwa durch endloses Warten auf den Bürgerämtern oder
- monatelanges Warten bei der Bewilligung von Wohngeld. Wir
- alle merken, wenn nicht genügend Geld für Jugendförderung,
- Sozialarbeit oder die Pflege von Grünanlagen vorhanden ist.
- Ein starkes Berlin braucht aber auch steuernde Senatsverwaltungen und serviceorientierte Landesämter. Um dieses Zusammenspiel gut zu gestalten, bedarf es klarerer Aufgaben- und
- Verantwortungsabgrenzungen als bisher.
- SOS für die Bezirksfinanzen - Gelder gerechter verteilen
- In Berlin wurde jahrelang vor allem bei den Bezirken gespart
- und Personalabbau betrieben. Für die Bezirke ist es immer
- schwieriger geworden, gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben
- überhaupt noch erfüllen zu können. Ein eigener Gestaltungsspielraum für bezirkliche Schwerpunktsetzungen ist kaum mehr
- gegeben. Anders als Kommunen sind die Bezirke von den Mittelzuweisungen des Senates abhängig. Hier zu sparen, war einfach, aber vielfach kurzsichtig. Wir wollen, dass die Zahl von
- 176
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 24.000 MitarbeiterInnen in den zwölf Bezirken nicht weiter
- reduziert wird.
- Die Produktbudgetierung auf der Grundlage der Kosten- und
- Leistungsrechnung, also die Art und Weise, wie das Geld den
- Bezirken vom Abgeordnetenhaus zugewiesen und zwischen
- den Bezirken verteilt wird, hat sich grundsätzlich bewährt. Sie
- führt jedoch durch die bezirkliche Konkurrenz in eine Abwärtsspirale. Wo die Mittel nicht reichen, zementieren die Zuweisungen Ungerechtigkeiten. Die Bezirke sind aber verschieden
- und sehen sich ganz unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber – ob es soziale Problemlagen sind oder alte bezirkliche
- Gebäude, die teuer im Unterhalt sind. Wo Hilfe nötig ist, muss
- sie gewährt werden und darf nicht nur quantitativ in Leistung
- und Kosten gemessen werden. Eine solche Politik ignoriert
- zudem die oft viel höheren Folgekosten. Wir wollen das System
- transparenter und gerechter machen.
- Den Bezirken sind in den letzten Jahren vielfach Aufgaben
- zugewiesen worden, ohne für eine entsprechende Finanzierung
- zu sorgen. Damit wollen wir Schluss machen. Neue Aufgaben an
- die Bezirke wird es unter grüner Beteiligung nur zusammen mit
- der erforderlichen finanziellen Ausstattung geben. Für bezirkliche
- Aufgaben sollen durch das Abgeordnetenhaus in Abstimmung
- mit den Bezirken qualitative und quantitative Standards plus
- einem Gestaltungsspielraum erstellt werden als Grundlage für
- die Zuweisung der bezirklichen Globalsummen. Strukturell eingesparte Mittel werden wir den Bezirken zum Teil belassen für
- die dringend notwendige Sanierung von Schulen, für funktionsfähige Musikschulen, Volkshochschulen und Bibliotheken, für
- Jugendeinrichtungen, den öffentlichen Gesundheitsdienst, für
- Grünflächen und serviceorientierte Bürgerdienste. Nur handlungsfähige Bezirke, die Schwerpunkte setzen können, sind
- dazu in der Lage, einen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu führen und wirkliche Beteiligung umzusetzen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 177
- Personal für die Bezirke
- 7. Demokratisches Berlin
- Viel Kompetenz, Erfahrung und Wissen gehen in den nächsten
- Jahren in den Ruhestand. Wir brauchen dringend junge Leute in
- den Bezirksverwaltungen, um einen Wissens- und Erfahrungstransfer jetzt zu gestalten. Gleichzeitig sind im zentralen Stellenpool des Landes viele gesuchte berufliche Qualifikationen
- längst nicht mehr zu finden. Den zentralen Stellenpool wollen
- wir in einem schrittweisen Verfahren zu einer echten Personalvermittlungsagentur umbauen, die auch als Dienstleister für
- die einzelnen Verwaltungen tätig wird. Im Rahmen eines nachhaltigen Personalbedarfskonzeptes sollen die Bezirke selbst für
- leistungsstarke und bürgerorientierte Bezirksämter sorgen. Der
- Abbau von präventiven und beratenden Angeboten der Bezirke
- hat in den letzten Jahren in vielen Fällen nicht zu Kosteneinsparungen, sondern nur zu Kostenverlagerungen geführt. Hinzu
- kommt, dass viele Ämter heute die Leistungen, die etwa freie
- Träger erbringen, nicht kontrollieren. Hier müssen die Bezirke
- Steuerungsfähigkeit zurückgewinnen. Starke Bezirke müssen
- nicht alle Leistungen selber erbringen, aber sie müssen unbedingt die Fähigkeit behalten, die Erbringung der Leistungen zu
- kontrollieren. Das verhindert Verschwendung und Korruption.
- Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in den Bezirken
- Wer sich heute für seinen Bezirk engagieren will, stößt schnell
- an Grenzen. Unklare und intransparente Zuständigkeiten der
- Verwaltung und der Verweis auf knappe Ressourcen lassen Initiativen häufig ins Leere laufen. Die Bezirksämter sind mit ihren
- Leistungen oft die erste Anlaufstelle für alle Berlinerinnen und
- Berliner. Sie sollen effizient und bürgernah organisiert sein. Bürgernähe bedeutet heute eine zielgerichtete, transparente Informationspolitik und eine aktive Beteiligung an den wichtigen
- Vorhaben im Bezirk. Wir werden die Grundlagen für neue und
- moderne Beteiligungsverfahren befördern und unterstützen.
- 178
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Bürgerbeteiligungshaushalte sind ein gutes Instrument, damit Bürgerinnen und Bürger die Prioritäten gerade auch für
- begrenzte Bezirksfinanzen mit setzen können. Sobald eine
- Bezirksverordnetenversammlung oder ein Bürgerentscheid dies
- wünscht, werden wir den Prozess aus Senat und Abgeordnetenhaus heraus politisch, finanziell und organisatorisch aktiv
- unterstützen und unsere guten Erfahrungen aus den Bezirken
- mit einbringen.
- Information über Beteiligungsmöglichkeiten verbessern
- Viele Berlinerinnen und Berliner können und wollen sich
- engagieren, einmischen, mitentscheiden. Sie wollen Verantwortung übernehmen, in ihrer Stadt oder in ihrer Nachbarschaft mitgestalten. Doch viele wissen nicht, welche Möglichkeiten es gibt, z.B. auf Bauvorhaben oder Gesetzgebung
- Einfluss zu nehmen, direktdemokratische Instrumente zu nutzen, Petitionen zu unterstützen, Beschwerden einzureichen, an
- Stadtteiltreffen teilzunehmen oder sie zu initiieren, Fragestunden für Einwohnerinnen und Einwohner zu nutzen oder sich an
- lokalen Bürgerinitiativen zu beteiligen. Wir wollen, dass solche
- Informationen gebündelt und nutzungsfreundlich aufbereitet werden. Sowohl im Internet als auch schriftlich soll über
- alle Beteiligungs-, Mitbestimmungs- und Entscheidungsmöglichkeiten auf Landes-, Bezirks- und Stadtteilebene informiert
- werden. Dabei soll auch die Vielfalt der Berlinerinnen und Berliner
- berücksichtigt werden, z.B. durch altersgerechte und mehrsprachige Publikationen.
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 7.3 Bürgerfreundliche und zukunftsfähige Verwaltung
- Verwaltungsreform – ein langweiliges Thema? Nicht für die
- Berlinerinnen und Berliner, wenn sie mit einem Anliegen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 179
- Kontakt zu Behörden haben. Zu Recht erwarten sie einen kompetenten, effektiven, bürgerfreundlichen und transparenten
- öffentlichen Dienst. Berlins Verwaltung hat dieses Image noch
- nicht. Dabei sind einzelne Projekte wie die Servicenummer 115,
- die elektronische Terminvergabe oder das Pankower SmileySystem für Gaststättenhygiene durchaus innovativ. Doch die
- Verwaltungsmodernisierung blieb Stückwerk. Eine tragfähige
- Verbindung zwischen EinwohnerInnenbeteiligung, moderner
- Verwaltung und E-Government scheitert zu oft an den RessortEgoismen und an mangelnder politischer Führung. Das wollen
- wir ändern.
- Konzentrierte Aufgabenerledigung
- 7. Demokratisches Berlin
- Zur Neuaufstellung der Berliner Verwaltung brauchen wir dringend eine erneute Aufgabenkritik: Was soll und kann die Verwaltung künftig leisten? Welche Aufgaben können zugunsten
- welcher neuen Aufgaben wegfallen? Welche Effizienzgewinne
- sind durch neue Technik erwartbar? Diese Fragen sind zu klären, wenn Personal zielgenau eingestellt werden soll.
- Sparen wollen wir vor allem bei der „Verwaltung der Verwaltung“. Die Personal- und Gebäudeverwaltung und die Bereitstellung von Informationstechnik können effizienter werden.
- Vergleichbare Vorgänge in unterschiedlichen Bezirken und auf
- Landesebene müssen angeglichen werden. Für wesentliche Verwaltungsprozesse wird eine einheitliche IT-Anwendung genutzt.
- Serviceversprechen der Berliner Verwaltung
- Wir wollen schrittweise für alle Verwaltungsteile mit Bürgerkontakten auf Landes- und Bezirksebene erreichen, dass sie bei
- Antragstellung mitteilen, wie lange eine Entscheidung dauert,
- nachdem alle notwendigen Unterlagen abgegeben sind. In
- Pilotbereichen soll unter Beachtung aller datenschutzrechtlichen
- 180
- Abgeordnetenhauswahl 2011
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- EINE STADT FÜR ALLE.
- Bedingungen erprobt werden, den Bearbeitungsstand des jeweiligen Antrags im Internet für die Berechtigten einsehbar zu
- machen.
- Neue Angestellte braucht das Land
- Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Verwaltung
- haben durch Stellenabbau, Arbeitsverdichtung und Gehaltseinbußen wesentlich zur Haushaltskonsolidierung beigetragen.
- Dafür gebührt ihnen Anerkennung, die ihnen vom rot-roten Senat häufig verweigert wurde. Nun steht der öffentliche Dienst
- in Berlin erneut vor großen Herausforderungen. Bis 2020 geht
- ein Drittel des heutigen Personals in den Ruhestand. Schon im
- Laufe der nächsten Legislaturperiode wird der Personalabbau
- abgeschlossen sein.
- Wir müssen jetzt anfangen, dafür zu sorgen, dass die dann
- frei werdenden Stellen auch wieder besetzt werden können
- und der Personalaufbau beginnt. In Tätigkeitsbereichen, deren
- Funktionsfähigkeit infolge der Personalfluktuation gefährdet
- ist, müssen schon jetzt gezielt Einstellungskorridore eröffnet
- werden. Es ist höchste Zeit, durch ein modernes Personalmanagement auf den demografischen Wandel in der Verwaltung
- zu reagieren. Die Gewinnung, Führung und Entwicklung des
- Personals werden dabei eine Schlüsselrolle spielen. Denn Berlin
- konkurriert mit dem Bund und anderen Bundesländern um die
- besten Köpfe.
- Wir wollen dafür sorgen, dass die Besoldung der Berliner
- Beamtinnen und Beamten bis 2017 der durchschnittlichen
- Besoldung in den Bundesländern entspricht. Den Anteil von
- Migrantinnen und Migranten im öffentlichen Dienst und von
- Frauen in Führungspositionen der Verwaltung werden wir
- gezielt erhöhen. Des Weiteren sollen SchülerInnen und StudentInnen unabhängig von ihrer finanziellen Situation die Möglichkeit
- haben, Praktika in der Verwaltung und den öffentlichen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 181
- Einrichtungen der Stadt Berlin abzulegen. Daher sollen mehrmonatige Praktika mit einer angemessenen Aufwandsentschädigung vergütet werden.
- Wir wollen, dass das Land Berlin in allen Bereichen vorbildlicher Arbeitgeber wird. Weitere Bausteine dafür sind: verlässliche
- Aus- und Fortbildung, Gesundheitsförderung, Diversity-Management, familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung, zeitgemäße Arbeitsplatzausstattungen und ein modernes Mitbestimmungsrecht. Zudem muss die Verwaltung durchlässiger werden.
- Wir brauchen dringend den Austausch zwischen Verwaltung,
- Wissenschaft und Wirtschaft und werden den Wechsel zwischen
- diesen Bereichen erleichtern. Wir werden das öffentliche Dienstrecht weiter modernisieren, um diese Ziele zu erreichen.
- Projektberichte für die Öffentlichkeit
- 7. Demokratisches Berlin
- Die Öffentlichkeit erfährt oft erst spät oder gar nicht, welche
- Projekte die Verwaltung plant und wie es um die Umsetzung
- steht. Zur neuen politischen Kultur gehört ehrliche Rechenschaft darüber, ob und wie gesteckte Ziele erreicht werden.
- Darum wollen wir alle Verwaltungen verpflichten, regelmäßig
- an die Bürgerinnen und Bürger zu berichten, um den Stand der
- Verwirklichung ihrer zentralen Projekte offenzulegen und zu
- benennen, wo es möglicherweise klemmt.
- 7.4 Stadt der Freiheit: Bürgerrechte wahren, private
- Daten schützen
- Berlin steht schon lange nicht mehr für Untertanengeist. Der
- Hauptmann von Köpenick hätte heute keine Chance, seinen
- Coup zu landen. Das heutige Berlin zeichnet sich aus durch ein
- freiheitliches Klima, das individueller Lebensgestaltung ebenso
- Raum bietet wie dem gemeinsamen öffentlichen Engagement.
- 182
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Freiheit ist die Grundbedingung einer lebendigen demokratischen Kultur, in der die Rechte der Bürgerinnen und Bürger
- geschätzt und geschützt werden. Sie brauchen die Gewissheit,
- dass der Staat ihre Rechte achtet, nicht unverhältnismäßig in sie
- eingreift und auch Eingriffen von Unternehmen entgegenwirkt.
- Diese Sicherheit wollen wir verbessern, das Versammlungsrecht stärken und den Schutz privater Daten auch in Zeiten des
- technologischen Wandels gewährleisten.
- E-Government
- Wir wollen Berlin zu einer Modellstadt für modernes E-Government machen, die BürgerInnen und Wirtschaft zugutekommt.
- Dies spart mittelfristig Personal im öffentlichen Dienst und gibt
- Impulse für die regionale IT-Wirtschaft. Gemeinsam mit anderen
- Bundesländern streben wir eine einheitliche IT-Plattform an,
- um überteuerte Insellösungen in gemeinsam verwendete Anwendungen zu überführen. Wir wollen die Entwicklung einer
- „Public Cloud“-Infrastruktur für Berlin mit Partnern vor Ort
- vorantreiben.
- Die bisherige Unverbindlichkeit von Berliner IT-Standards
- hat zu teuren Reibungsverlusten geführt. Durch ein modernes
- E-Government-Gesetz werden wir klare Regeln zur Durchsetzung einer einheitlichen IT-Strategie schaffen. Das ITKompetenzzentrum braucht echte Kompetenzen, damit es
- seine Steuerungsfunktion auch tatsächlich wahrnehmen kann.
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Informationelle Selbstbestimmung vor neuen
- Herausforderungen
- Informationelle Selbstbestimmung bedeutet, dass jeder Mensch
- die Kontrolle über seine Daten behält. Jederzeit zu wissen, wer
- was über mich auf welcher Rechtsgrundlage gespeichert hat,
- ist in Zeiten der Digitalisierung und Vernetzung, immer neuer
- Technologien und Verfahren, die personenbezogene Daten
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 183
- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- generieren, immer schwieriger. Umso wichtiger ist es, den Datenschutz ernst zu nehmen. Datenaustausch ist oft notwendig
- und bietet neue Möglichkeiten für Behörden wie auch für die
- Bürgerinnen und Bürger. Grüne stehen für Datensparsamkeit,
- Verhältnismäßigkeit und enge gesetzliche Vorgaben unter Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten. Öffentliche Stellen
- müssen von sich aus über ihren Umgang mit persönlichen Daten Auskunft geben. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass der
- Einsatz von RFID-Technologie immer erkennbar gemacht wird.
- Die anlasslose Speicherung von personenbezogenen Daten auf
- Vorrat lehnen wir ab und werden alle Möglichkeiten nutzen,
- um die immer weiter gehenden Eingriffe in unsere Bürgerrechte
- in diesem Bereich zu verhindern.
- Demonstrationsrecht kommt. Es darf nicht sein, dass die Polizei
- friedliche Demonstrierende ohne Anlass und konkrete Gefahr
- abfilmt. Wir wollen das elementare demokratische Grundrecht
- der Versammlungsfreiheit stärken. Grundsätzlich müssen Demonstrationen und Gegendemonstrationen überall in Berlin
- möglich sein, Beschränkungen kann es nur aus ernsten Sicherheitsgründen geben. Auch vor dem Abgeordnetenhaus muss
- demonstriert werden können.
- Wir wollen zudem prüfen, wie eine deeskalierende Kooperation zwischen Polizei und Veranstaltenden verbessert, unabhängige Demonstrationsbeobachtungen geschützt und mehr
- öffentliche Transparenz über anstehende Demonstrationen
- hergestellt werden kann.
- Datenschutzbeauftragte stärken
- 7.5 Demokratische Medien- und Netzpolitik
- Versammlungsrecht für Berlin: frei und friedlich
- Für uns ist und bleibt die Versammlungsfreiheit ein hohes
- demokratisches Gut. Seit der Föderalismusreform können
- die Bundesländer eigene Versammlungsgesetze beschließen.
- Wir wollen verhindern, dass es dabei zu Abstrichen beim
- 184
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Medien sind Teil unseres Alltages und unverzichtbar für das
- Funktionieren der Demokratie. Eine aktive und gute Medienund Netzpolitik ist deshalb für den Zukunftsstandort Berlin von
- großer Bedeutung. Dazu gehören eine funktionierende Medienaufsicht, die demokratische Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und eine zeitgemäße Politik für die Chancen
- und Herausforderungen, die Internet und Digitalisierung mit
- sich bringen.
- 7. Demokratisches Berlin
- 7. Demokratisches Berlin
- Wir wollen die Stelle der Datenschutzbeauftragten stärken. Die
- Berliner Beauftragte wacht über die korrekte Behandlung von
- personenbezogenen Daten – sowohl in der Verwaltung wie
- auch in den Unternehmen, die ihren Sitz in Berlin haben. Die
- Datensammelwut privater Unternehmen übersteigt mitunter
- die staatliche. Auch hier sind Kontrollen notwendig, für die der
- bzw. die Beauftragte mehr Ressourcen braucht.
- Datenschutz muss zunehmend als Verbraucherschutz begriffen werden. Aufklärung über Gefahren leichtfertigen Umgangs
- mit den eigenen Daten spielt eine immer wichtigere Rolle.
- Berlin ist in der Verantwortung, die Sensibilität zu stärken und
- praktisch aufzuzeigen, wie man sich schützen kann.
- Hörfunk und Fernsehen demokratisch weiterentwickeln
- Wirtschaftlich und politisch unabhängige Medien sind für
- Demokratie und Gesellschaft von enormer Bedeutung. Daran
- ändert auch die starke Zunahme an medialen Kanälen durch die
- Digitalisierung nichts. Im Gegenteil: Wer in der Flut der medialen
- Angebote nicht untergehen will, braucht verlässliche Quellen.
- Deswegen bleibt für uns der öffentlich-rechtliche Rundfunk
- auch und gerade im digitalen Zeitalter ein unverzichtbarer
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 185
- 7. Demokratisches Berlin
- Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft. Seine vom
- Bundesverfassungsgericht garantierte Bestands- und Entwicklungsgarantie macht nicht beim klassischen Rundfunk Halt,
- sondern erstreckt sich auch auf neue Technologien wie das
- Internet. Mit dem RBB verfügt die Region Berlin-Brandenburg
- über eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die unter permanentem Sparzwang steht. In keinem anderen Sendegebiet
- leben so viele Menschen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen
- Situation von den Rundfunkgebühren befreit sind.
- Wir Grünen setzen uns deshalb für eine gerechtere Verteilung
- der Gebühren innerhalb der ARD ein. Neben der Gebührenfinanzierung und dem Programmauftrag ist die Kontrolle durch
- gesellschaftliche Gruppen im Rundfunkrat das dritte konstituierende Merkmal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir
- fordern die regelmäßige Überprüfung der Zusammensetzung
- dieses Gremiums, das die gesellschaftliche Wirklichkeit möglichst gut widerspiegeln soll. Die Parteien dürfen keinen bestimmenden Einfluss auf den RBB haben. Wir wollen, dass der Rundfunkrat wissenschaftliche Expertisen und Gutachten in Auftrag
- geben oder besondere Sachverständige hinzuziehen kann.
- Der RBB muss in seinen öffentlich-rechtlichen Programmen
- die Vielfalt unserer Stadtgesellschaft abbilden. Dazu gehört insbesondere eine gezielte Nachwuchsförderung geeigneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in mehreren Kulturen aufgewachsen sind. Unterhaltungsangebote in den Medien sollen
- zudem positive Leitbilder für eine interkulturelle Gesellschaft
- anbieten und den Informationsbedarf von Migrantinnen und
- Migranten decken.
- Wir begrüßen, dass es nach jahrelangem Stillstand mit 88.4
- endlich eine Frequenz für ein freies Radio in Berlin gibt. Freies
- Radio ist eine dringend notwendige Ergänzung zum öffentlichrechtlichen Rundfunk und zum Privatradio. Gleichzeitig kann
- die starke Zersplitterung durch die Vergabe der Sendezeiten
- 186
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- an fünf verschiedene Initiativen und den Offenen Kanal Berlin nicht überzeugen – eine Bindung an Hörerinnen und Hörer
- kann so nicht entstehen. Unser Ziel bleibt ein wiedererkennbares freies Radio. Daran wollen wir gemeinsam mit allen Akteuren arbeiten. Im privaten Rundfunkbereich müssen klare
- Rahmenbedingungen gelten. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg führt die Aufsicht über den privaten Rundfunk und
- muss dafür sorgen, dass Verstöße gegen die Lizenzbedingungen nicht folgenlos bleiben. Der Verbraucher- und Datenschutz
- wird im Zuge von Bezahlfernsehen und modernen Decodern
- eine Aufgabe, der sich die Medienanstalt Berlin-Brandenburg
- verstärkt widmen muss. Medienpädagogik wird im digitalen
- Zeitalter immer wichtiger. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg sollte sich daher verstärkt bemühen, die Medienkompetenz junger Menschen zu fördern. Dazu gehört auch der
- Offene Kanal, ALEX.
- Netzpolitik ist Zukunftspolitik
- Das Land Berlin muss die Chancen des Internets und der digitalen Welt ergreifen und vom Zuschauer zum Akteur werden,
- Risiken erkennen, gute Lösungen auf Landesebene anbieten
- sowie durch aktive Mitgestaltung der Informationsgesellschaft
- – auch im Bundesrat – die Zukunft gestalten. Netzpolitik ist
- ein Querschnittsthema. Sie muss für alle Bereiche wesentliches
- Kriterium werden. Während die Gesellschaft tagtäglich die digitale Welt nutzt oder von ihr betroffen ist, hat die Berliner
- Landesregierung diese Themen weitgehend ignoriert, statt sie
- aktiv zu gestalten.
- Bündnis 90/Die Grünen Berlin geben auf diese Herausforderungen gute Antworten: Die Mitwirkungsmöglichkeiten aller
- BürgerInnen an politischen Entscheidungen und Beratungen
- müssen verbessert, Verwaltungsvorgänge müssen transparenter und einfacher zugänglich werden. Den Umgang mit neuen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 187
- 7. Demokratisches Berlin
- Medien wollen wir aktiv fördern, damit er in allen Bildungsbereichen selbstverständlich wird. Digitale Teilhabe bedeutet
- nicht nur, dass jede und jeder an der Digitalisierung teilhaben
- kann, sondern dass auch staatliche Institutionen von diesem
- Fortschritt profitieren können. Mit gezielten Maßnahmen
- sollen die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und offene Netzwirtschaft in Berlin geschaffen werden, für GründerInnen, Unternehmen und Selbstständige. Nachhaltige Netzwirtschaft umfasst dabei auch Fragen des ressourcenschonenden
- Umgangs, der Einbeziehung von Umweltfragen in die Informationstechnologie und der Förderung nicht proprietärer Software, also Open Source und Green IT. Die Förderung von Open
- Source sehen wir als eine Kernaufgabe der Netzpolitik an.
- Die Bereitstellung öffentlicher Daten wie die der Lebensmittelkontrollen und der bessere Schutz privater Daten, wie die der
- Einwohnermeldeämter, sind uns wichtige Anliegen. Wir sehen
- im Informationsfreiheitsgesetz ein Bürgerrechtsgesetz. Die Zeiten, in denen Akten wie ein Eigentum der Berliner Verwaltung
- angesehen wurden, müssen ein für alle mal vorbei sein. Damit
- machen wir Berlin zur Modellstadt für die digitale Zukunft.
- Berlin als Standort für Netzwirtschaft stärken
- Berlin ist reich an Wissen, Können und Talenten: eine einmalige Hochschullandschaft, eine große Anzahl an kleinen und
- mittleren Unternehmen wie Start-ups, freischaffende Kreative
- und Programmierer, Unternehmen aus der Games- und OpenSource-Branche und vielen weiteren Bereichen. Ihnen kann das
- Land unter die Arme greifen und diesen Wirtschaftswachstumsmotor ankurbeln: Hilfestellung für gezielte Vernetzung,
- konkrete Unterstützung, Wissens- und Technologietransfer,
- Marketing/Vertrieb und Einwerbung von Fördermitteln sind
- hier notwendig. Sie benötigen günstige Wachstumsbedingungen, bessere Finanzierungs- und Beratungsangebote.
- 188
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich für neue Unternehmensformen ein, die sozial- und steuerrechtlich die neuen Arbeitsformen fördern und unterstützen. Die Belange der Freelancer, prekär Beschäftigter wie in klassischen Verhältnissen
- Angestellter, von Gründerinnen und Gründern, aber auch Unternehmerinnen und Unternehmern finden bei uns ein offenes
- Ohr. Die internationale Präsenz Berlins und die Gewinnung von
- Talenten müssen durch stärkere und systematische Kooperation der Beteiligten verbessert werden.
- Die Initiative „dotberlin“, die sich für die Einführung einer eigenen Top-Level-Domain „Berlin“ einsetzt, benötigt die volle
- Unterstützung durch den Berliner Senat, um ihrer Rolle als Repräsentant Berlins in den Gremien der ICANN („Internetregierung“) besser nachkommen zu können und den Standort dort
- besser darzustellen.
- Offenes Netz in Berlin: Förderung drahtloser
- Angebote (WLAN) und Breitband für alle
- Das Internet ermöglicht eine zusätzliche Informations- und
- Interaktionsebene überall im Alltag. Deshalb setzen wir uns
- dafür ein, dass es in ganz Berlin mobilen Netzzugang mit modernen Technologien gibt, angeboten von Bürgern, privaten
- Initiativen, Firmen, in Verkehrsmitteln und öffentlichen Einrichtungen. Die Möglichkeiten des drahtlosen Internetzuganges
- wollen wir schnellstmöglich besonders im Bereich des ÖPNV
- gemeinsam mit den Betreibergesellschaften umsetzen, um die
- Nutzung dieser Verkehrsangebote noch attraktiver zu machen.
- Damit Berlin digitale Hauptstadt bleibt, muss die Versorgung
- mit Internetzugängen gefördert werden.
- Wir Grünen werden gemeinsam mit den NetzbetreiberInnen,
- ExpertInnen und interessierten NutzerInnen einen Plan aufstellen,
- damit alle Gebiete der Stadt gleichermaßen mit schnellem
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 7. Demokratisches Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 189
- Internet versorgt sind. Die Breitbanddefinition muss über die
- der Bundesregierung in ihrem Breitbandatlas hinausgehen.
- Aktiv für netzpolitische Themen einsetzen
- Viele Themen der Netzpolitik werden maßgeblich im Bund
- oder in Brüssel behandelt. Bündnis 90/Die Grünen Berlin werden sich aktiv für eine umfassende Modernisierung des Datenschutzrechts, für eine transparente Verwaltung und Gesetzgebung, für das Recht von Hartz-IV-Empfängern auf die
- Wahl zwischen Fernseher und Computer mit Internetanschluss,
- für einen zeitgemäßen Jugendmedienschutz und für eine umfassende Reform des Urheberrechts einsetzen, die NutzerInnen
- und Kreative gleichermaßen schützt.
- Wer in Berlin Grün wählt …
- •
- 7. Demokratisches Berlin
- •
- •
- •
- •
- 190
- stimmt für mehr Beteiligungsrechte – auch nach den
- Wahlen.
- setzt sich für starke Bezirke ein, die über tatsächliche
- Entscheidungsmacht verfügen.
- stimmt für eine bürgerfreundliche Modernisierung der
- Berliner Verwaltung.
- stärkt Bürgerfreiheiten und Datenschutz.
- nutzt die demokratischen Potentiale des Internets und
- stärkt die Medienkompetenz aller.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Frauenrecht ist nicht nur ein abstrakter Begriff;
- es ist vor allem eine persönliche Sache.
- Es geht dabei nicht nur um uns,
- es geht ebenso um mich und dich.“
- (Toni Morrison)
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- Die Hälfte der Stadt
- „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem geschlechtergerechten
- Berlin, in dem Frauen die gleichen Rechte und Chancen haben
- wie Männer. Die Gleichberechtigung aller Geschlechter ist ein
- Grundrecht, aber in unserer Stadt in vielen Fällen noch immer
- ein uneingelöstes Versprechen. Ob beim Einkommen, bei den
- Karrierechancen oder bei der doppelten Belastung mit Familie
- und Beruf: Diese Blockaden müssen überwunden werden, damit auch in Berlin Bewegung in die Geschlechterverhältnisse
- kommt. Daher kann es „eine Stadt für alle“ nur geben, wenn
- wir Unternehmen darin bestärken, familienfreundliche Arbeitskulturen zu schaffen, damit Frauen wie Männer Familie und
- Beruf leichter miteinander vereinbaren können. „Eine Stadt für
- alle“ gibt es nur, wenn wir Gewalt gegen Frauen und Mädchen
- konsequent begegnen, Zwangs-Ehen nicht dulden und Frauenhandel und Zwangsprostitution in unserer Stadt bekämpfen.
- „Eine Stadt für alle“ erfordert eine Gesundheitsversorgung,
- die unterschiedliche Bedürfnisse und Probleme von Frauen
- und Männern ernst nimmt – unabhängig vom Geldbeutel.
- „Eine Stadt für alle“ gibt es nur, wenn wir den Frauenanteil in der
- Politik und in der Verwaltung deutlich erhöhen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 191
- Und „eine Stadt für alle“ heißt auch, dass wir moderne Männerrollen anerkennen und unterstützen.
- In Berlin leben über 3,4 Millionen Menschen, 51 Prozent davon
- sind Frauen. Ihr Leben ist so unterschiedlich wie der Alltag in
- unseren zwölf Bezirken. Unsere Politik orientiert sich an den
- Ausgangslagen und Lebenswünschen von Frauen und Männern aller Altersstufen, unterschiedlicher ethnischer und sozialer Herkunft, verschiedener sexueller Identitäten sowie ihren
- körperlichen, geistigen und seelischen Fähigkeiten. Wir nehmen Stereotype und sich wandelnde Rollenbilder in den Blick,
- schauen genau hin, wie Berlinerinnen und Berliner heute leben
- wollen, und gestalten unsere Politik so, dass sie zur Förderung
- einer tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter beiträgt.
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- Die Erfolge der Frauenbewegung sind in einer Metropole wie
- Berlin täglich spürbar. Die junge Generation von Frauen ist
- selbstbewusst, gut ausgebildet und verfolgt zielstrebig ihre
- Pläne für die Zukunft. Trotzdem bleibt in Sachen Geschlechtergerechtigkeit viel zu tun. Frauen und Männer werden im
- Arbeitsleben wie im Privaten ungleich behandelt und Erreichtes
- muss immer wieder neu erkämpft werden. Die Gleichstellung
- von Frauen und Männern ist für uns eine zentrale Gerechtigkeitsfrage.
- Wir wollen, dass Frauen und Männer auf Augenhöhe miteinander umgehen – dazu gehören gleiche Chancen und Rechte für
- alle. Mit den Instrumenten Gender-Mainstreaming und Gender-Budgeting werden die Folgen von politischen Maßnahmen
- für Männer und Frauen abgeschätzt und in den Landeshaushalt einbezogen. Wir wollen dafür sorgen, dass diese Konzepte
- durchgängig und in allen Politikfeldern Anwendung finden.
- 192
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 8.1 Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt
- Vielfältige Lebensmodelle bekräftigen die Notwendigkeit, sich
- endgültig vom traditionellen „Ernährermodell“ zu verabschieden und Frauen und Männer im Erwerbsleben auf allen Ebenen gleichzustellen. Nur eine eigenständige Existenzsicherung
- schützt Frauen vor finanziellen Notlagen und Altersarmut. Daher streben wir eine deutliche Steigerung der Frauenerwerbsquote an – aber nicht durch Minijobs und prekäre Arbeitsverhältnisse, sondern durch existenzsichernde Arbeit.
- Der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern liegt
- in Berlin bei bis zu 25 Prozent. Dies hat viele Ursachen. Einerseits spielen die hohen Beschäftigungszahlen von Frauen im
- Niedriglohnsektor und die schlechtere Bezahlung von frauentypischen Arbeitsplätzen eine Rolle. Andererseits werden Frauen durch die Zahlung von weniger Lohn für die gleiche Arbeit
- diskriminiert. Sonderzahlungen sind beispielsweise für Männer
- im Durchschnitt doppelt so hoch wie für Frauen. Wir setzen uns
- für Klagerechte im Landesgleichstellungsgesetz ein, das einem
- Verbandsklagerecht vergleichbar wäre, sowie für mehr Frauen
- im öffentlichen Dienst.
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Nicht gegeneinander: miteinander
- Die Vorteile von gemischten Teams werden durch Studien immer wieder aufgezeigt. Wir werben für Personalentwicklungspläne, in denen Vielfalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- und von deren Familien und Partnern berücksichtigt werden.
- Je nach Betriebsgröße müssen Maßnahmen zur Gleichstellung
- umgesetzt werden. Außerdem müssen Programme zur Qualifizierung von Frauen und für ihren beruflichen Ein- und Wiedereinstieg ausgebaut werden.
- Berlin kann es sich nicht erlauben, die Potentiale seiner gut
- ausgebildeten Frauen und Mädchen einfach liegen zu lassen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 193
- Berlin kann es sich ebenso nicht leisten, den Wunsch von immer mehr Männern zu ignorieren, Familie und Beruf besser
- vereinbaren zu können. Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie, Privatleben und Beruf in den Mittelpunkt einer neuen
- Arbeitskultur stellen und flexible Arbeitszeitmodelle für Frauen
- und Männer anstreben und mit Betreuungsangeboten für die
- Jüngsten begleiten. In den landeseigenen Unternehmen und
- Verwaltungen wollen wir dies umgehend angehen. Das ist
- nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage, sondern auch ein Gebot der
- ökonomischen Vernunft. Die Privatwirtschaft wird gut beraten
- sein, dem zu folgen.
- Entdecke die Möglichkeiten
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- Kinder und Jugendliche brauchen neue Anreize, um beim Berufswahlverhalten nicht nur die bekannten Pfade – Mechatroniker, Friseurin – zu begehen. Denn trotz durchschnittlich
- besserer Schulabschlüsse entscheiden sich viele Mädchen nur
- für eine kleine Auswahl der Ausbildungsberufe und sind in den
- MINT-Berufen (MINT: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) deutlich unterrepräsentiert. Wir unterstützen
- Projekte wie den Girls’ Day und wollen weitere Maßnahmen
- von klein auf anstoßen. Die Berufsberatung durch die Jobcenter muss geschlechtsneutral ablaufen und darf keine Optionen
- von vornherein ausschließen. Schließlich ist die Entscheidung
- für einen Beruf grundlegend für Gehalts- und Rentenzahlung
- und somit für ein finanziell gesichertes Leben. Viele Frauen
- beziehen trotz Vollzeit-Arbeit Sozialleistungen, weil sie nicht
- entsprechend entlohnt werden. Die Einführung eines flächendeckenden und branchenspezifischen Mindestlohns ist deshalb
- unerlässlich.
- Das Berufswahlverhalten von Mädchen und jungen Frauen mit
- Migrationshintergrund ist häufig stärker eingeschränkt als das
- 194
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- ihrer Mitschülerinnen. Wir wollen spezifische Ausbildungsprojekte fördern und Jugendliche mit Migrationshintergrund verstärkt im öffentlichen Dienst ausbilden. Wir arbeiten dafür, dass
- Berufsabschlüsse, die nicht in Deutschland erworben wurden,
- anerkannt werden.
- Rollenbilder und damit auch das Berufswahlverhalten werden
- maßgeblich in den Kindertagesstätten und Schulen gefestigt
- und weitergegeben. Da die traditionellen Muster die Weiterentwicklung und berufliche Ausbildung von Jugendlichen häufig stark einengen, brauchen wir moderne Rollenbilder. Daher
- setzen wir uns dafür ein, dass Pädagoginnen und Pädagogen
- bereits in ihrer Ausbildung sowie in ihrer Weiterbildung für
- Geschlechteraspekte sensibilisiert werden und im Arbeitsalltag
- somit alte Rollenmuster hinterfragen und über Bord werfen.
- Wir wollen außerdem mehr geschlechtersensibles und qualifiziertes männliches Personal für pädagogische Berufe begeistern und somit Männerrollen erweitern.
- Girls‘ Day Akademie
- Ein seit Jahren bewährter Baustein zur Erweiterung des
- Berufswahlverhaltens von Mädchen ist der Girls‘ Day. Damit
- Mädchen zukünftig ihre Berufsmöglichkeiten voll ausschöpfen, wollen wir, dass dies nicht nur einmal im Jahr zum Thema
- gemacht wird, sondern für ein gesamtes Schuljahr. Wir wollen
- uns dafür einsetzen, dass, ähnlich wie in Baden-Württemberg,
- eine Girls‘ Day Akademie eingeführt wird. In Kooperation mit
- Betrieben und Universitäten wollen wir innerhalb jeder Schulform Mädchen für gewerblich-technische sowie naturwissenschaftliche Bereiche interessieren, das Wissen über die Tätigkeitsfelder ausbauen und eine vertiefende Berufsfelderkundung
- ermöglichen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Verminderung
- der Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 195
- 8.2 Schutz vor Gewalt
- Sexuelle und häusliche Gewalt ist für viele Frauen immer noch
- bittere Realität. Gewalt innerhalb von Beziehungen ist ein Problem, das in allen sozialen Schichten auftritt, unabhängig vom
- sozialen Status, ethnischen Hintergrund, von Bildung und Alter. Konfliktsituationen wie Trennung und Scheidung erhöhen
- deutlich die Gefahr für Frauen, Opfer von Stalking, körperlicher oder sexueller Gewalt zu werden. Frauen mit Behinderung
- sind besonders häufig gefährdet, insbesondere dann, wenn sie
- durch Pflege oder Assistenz in Abhängigkeitsstrukturen leben.
- Jährlich suchen etwa 1.500 Frauen und fast ebenso viele Kinder Schutz, Hilfe und Unterkunft in Berliner Frauenhäusern und
- Zufluchtswohnungen.
- Es ist die Aufgabe eines jeden, Gewalt gegen Frauen und Kinder in allen Formen zu ächten. Und es ist die Aufgabe des Staates, präventive Arbeit zu leisten und rechtsverbindlichen Schutz
- bereitzustellen.
- Opferschutz verbessern
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- Seit der Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes im Jahr
- 2001 muss nicht mehr das Opfer von Gewalttaten die gemeinsame Wohnung verlassen, sondern der Täter. Allerdings ist
- die praktische Umsetzung noch nicht zufriedenstellend. Aufenthaltsrechtliche Beschränkungen dürfen einem wirksamen
- Opferschutz bei Migrantinnen nicht entgegenstehen. Menschenrechte sind unteilbar und sie gelten für alle: für Frauen
- und Männer, für Alte und Junge, für Berlinerinnen und Berliner mit deutschem Pass ebenso wie für jene ohne deutschen
- Pass. Häusliche Gewalt, Zwangsverheiratung und sogenannte
- Ehrenmorde nehmen wir nicht hin und werden sie weiterhin
- entschieden bekämpfen.
- 196
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Zur Bekämpfung von Frauenhandel und Zwangsprostitution
- wollen wir einen umfassenden Schutz und ein dauerhaftes
- Bleiberecht für Zeuginnen und Opfer. Ebenso müssen die Freier von Zwangsprostituierten strafrechtlich zur Verantwortung
- gezogen werden.
- Die Finanzierung von Schutzräumen für Frauen und Kinder
- sowie Frauenhilfeeinrichtungen in den Bereichen Akutversorgung, Prävention, Opferhilfe und Opferschutz muss verlässlich
- sichergestellt werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter öffentlicher Behörden müssen für einen sensiblen Umgang mit
- Opfern von Gewalt geschult werden.
- Schlüsselprojekt: S.I.G.N.A.L. e.V. macht Schule
- Häusliche Gewalt ist eines der zentralen Gesundheitsrisiken für
- Frauen und Kinder. Gesundheitsfachkräfte spielen eine Schlüsselrolle beim Erkennen der Gewalterfahrungen, der rechtssicheren Dokumentation von Verletzungsfolgen und der psychosozialen Versorgung der Frauen und Kinder. Nach dem ersten
- Bundesmodellprojekt „S.I.G.N.A.L.: Hilfe für Frauen“ in Kooperation mit der Charité hat die SIGNAL-Koordinierungsstelle
- die Interventionsmaßnahmen in der Gesundheitsversorgung
- verbreitet. Weitere Krankenhäuser und Kliniken arbeiten mit
- dem SIGNAL-Interventionsprogramm zusammen. Im Rahmen
- des Bundesmodellprojektes „Medizinische Intervention gegen
- Gewalt“ wurden die Interventionsmaßnahmen jetzt erstmals
- auch in der niedergelassenen Versorgung erprobt. Es ist ein
- Handlungsleitfaden für Arztpraxen und Aufklärungsmaterial
- für betroffene Patientinnen entwickelt worden.
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Zur Unterstützung der wegweisenden Interventionsarbeit muss
- die SIGNAL-Koordinierungsstelle in Zukunft finanziell gefördert
- bleiben, damit Intervention weiter Schule macht und großflächig
- an Berliner Krankenhäusern und in Arztpraxen umgesetzt wird.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 197
- 8.3 Geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung
- Medizinische Forschung und gesundheitliche Versorgung orientieren sich leider immer noch überwiegend an den Normen
- des männlichen Körpers. Gesundheitsversorgung, -berichterstattung und -forschung müssen stärker auf die besonderen
- Bedürfnisse und Problemlagen von Frauen insgesamt und auf
- die spezifischen Zielgruppen wie Migrantinnen, Mädchen, arbeitslose und ältere Frauen ausgerichtet werden. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen und
- Männern muss zukünftig zur Genehmigungsvoraussetzung für
- öffentlich geförderte Forschungsvorhaben, insbesondere bei
- der Arzneimittelforschung und bei der Festlegung von Grenzwerten für Schadstoffe, gemacht werden.
- Wir setzen uns dafür ein, dass in Aus- und Weiterbildung
- aller Gesundheitsberufe verstärkt geschlechtsspezifisches Wissen um Gesundheit und Krankheit einfließen. Kulturelle Unterschiede müssen stärker als bisher im Gesundheitswesen wahrgenommen werden.
- Selbstbestimmter Umgang mit dem eigenen Körper
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- Zu einem selbstbestimmten Leben gehört auch die freie Entscheidung einer Frau für oder gegen eine Schwangerschaft.
- Für Konfliktsituationen muss es ein breit gefächertes freiwilliges
- Beratungsangebot geben. Eine verbesserte Sexualaufklärung
- sowie partnerschaftlicher Umgang mit Verhütungsmitteln sind
- ebenso wichtig wie der einfache Zugang zur „Pille danach“.
- Essstörungen prägen den Alltag vieler Mädchen und hinterlassen oft bleibende körperliche und seelische Schäden. Auch
- junge Männer sind längst vom körperlichen Normierungswahn
- erfasst. Auch wenn das gesellschaftliche Schlankheitsideal nicht
- alleinige Ursache für eine Essstörung ist, sondern genetische,
- psychische oder familiäre Faktoren hinzukommen, tragen auch
- 198
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Medien und Mode dazu bei. Als internationale Modestadt
- muss Berlin Gesundheitsstandards für Models in der Berliner
- Modebranche einführen. Wir treten für einen selbstbestimmten Umgang mit dem eigenen Körper, dem Aussehen und dem
- Alter ein.
- Auch transidenten und intersexuellen Menschen wird der
- selbstbestimmte Umgang mit dem eigenen Körper verweigert.
- Intersexuelle Menschen werden – oft schon in frühen Jahren –
- Eingriffen unterworfen, die medizinisch nicht notwendig sind
- und über deren Folgen nur unzureichend aufgeklärt wird. Wir
- unterstützen transidente und intersexuelle Menschen in ihrem Kampf um mehr körperliche Selbstbestimmung. Hierfür
- müssen umfassende Beratungs- und Unterstützungsangebote eingerichtet werden. In der Ausbildung des medizinischen
- Personals müssen Kenntnisse über die besondere Situation von
- Intersexuellen und Transgendern zum Standard werden.
- 8.4 Frauen in der Politik, Wirtschaft und Verwaltung
- Ein kurzer Blick in die Sitzungssäle der Bezirksverordnetenversammlungen und des Abgeordnetenhauses genügt, um
- sicher festzustellen, dass Frauen in der Berliner Politik unterrepräsentiert sind. Für alle verbindliche Geschlechterquoten bei
- politischen Nominierungen würden die Berliner Politik weiblicher und mit Sicherheit vielfältiger machen. Doch Quoten allein schaffen noch nicht die Veränderung in den Köpfen. Sie
- müssen von weiteren Maßnahmen der Frauenförderung in der
- Politik flankiert werden. Was für die Arbeitswelt gilt, muss für
- die Politik erst recht gelten: Die Vereinbarkeit von Familie und
- Politik muss auch in der Berliner Politik erkennbar werden.
- Wir treten ein für die Hälfte der Macht, sowohl in der Politik,
- in der Verwaltung als auch in der Wirtschaft. In Aufsichts- und
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 199
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Verwaltungsräten, Vorständen und sonstigen Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung sollen in absehbarer Zeit zu
- 50 Prozent Frauen sitzen. Dafür brauchen wir auch eine neue
- Unternehmenskultur, die z.B. die Vereinbarkeit von Familie und
- Beruf für beide Elternteile sicherstellt. Deshalb wollen wir ein
- Gleichstellungsgesetz, das neben Anreizen auch Sanktionen
- enthält, weil sich sonst nie etwas ändern wird.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- diese Barrieren für sich überwinden. Viele Männer wünschen
- sich sowohl im Erwerbs- wie im Privatleben neue Wege und
- Entwicklungsmöglichkeiten. Forschung und Politik müssen die
- sich wandelnden Rollenbilder von Jungen, Männern und Vätern stärker in den Blick nehmen. Um Diskriminierungen von
- Männern klar definieren zu können, bedarf es einer soliden
- Erforschung dieses Themengebiets und entsprechender Beratungsangebote.
- Frauen an die Spitze
- 8.5 Neue Männer braucht die Stadt
- Immer mehr Männer erkennen auch für sich die negativen
- Auswirkungen traditioneller Geschlechterrollen und wollen
- 200
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Traditionelle Geschlechterrollen nehmen Vätern die Chance, Familienverantwortung wahrzunehmen, und verhindern
- Erwerbstätigkeit von Müttern und damit eine gerechte Aufteilung der Verantwortung für die Familie. Das Modell des
- Alleinernährers ist überholt. Stereotype Rollenbilder verhindern
- auch eine Politik, die nicht nur den heterosexuellen Familienvater als Leitbild hat. Wir wollen eine Vielfalt männlicher Rollenbilder ermöglichen, indem wir Rahmenbedingungen schaffen, die kein Lebensmodell privilegieren. Männlichkeiten und
- Familienformen sind vielfältig und sollen es auch sein dürfen.
- Neue Wege von Anfang an
- Durch die Erziehung in Kindertagesstätten und in Schulen
- können sich geschlechtsspezifische Rollenmuster verfestigen.
- Erwachsene gehen mit Jungen und Mädchen oftmals unterschiedlich um und bewerten das gleiche Verhalten ungleich.
- Diese Muster verhindern im späteren Leben eine gezielte Weiterentwicklung der Jugendlichen. Daher wollen wir, dass bereits in der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher sowie
- Lehrerinnen und Lehrer stärker für Geschlechteraspekte sensibilisiert wird. Wir wollen außerdem mehr geschlechtersensibles
- und qualifiziertes männliches Personal für pädagogische Berufe
- begeistern und somit positive Rollenbilder ermöglichen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- Mit den Projekten „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“ und „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAr) kämpfen
- sowohl der Deutsche Juristinnenbund (DJB) als auch der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) dafür, geeignete
- Frauen in diese Positionen zu bringen. Der VdU hat bereits
- eine Datenbank mit mehr als 400 qualifizierten Frauen erstellt,
- auf die die Unternehmen zugreifen und geeignete Aufsichtsrätinnen wählen können.
- Derartige Projekte müssen weiterhin gefördert und ausgeweitet werden, z.B. auf Vorstände und weitere leitende Positionen in Wirtschaft und Verwaltung. Dies gilt insbesondere für
- leitende Positionen in den landeseigenen Betrieben.
- Ergänzend zu dem Projekt „Frauen in die Aufsichtsräte“
- sollen daher in Berlin Projekte, die die gezielte Förderung von
- Frauen in leitenden Positionen bezwecken, unterstützt werden.
- Es soll vor allem Frauen der Zugang erleichtert werden und
- frauenunfreundliche Strukturen in Unternehmen und Verwaltung sollen aufgelöst werden.
- 201
- Solidarisch und glücklich
- Wir brauchen einen Feminismus für die neue Zeit, der solidarisch und generationsübergreifend ist und der gesellschaftlich
- konstruierte Geschlechter(rollen) zu überwinden versucht.
- Wir wollen die Frage erneut aufwerfen, was ein gutes Leben
- ausmacht, wie wir unsere Zeit einteilen wollen, um glücklich
- mit Arbeit, Partnerin und Partner, Familie und Freunden sein
- zu können.
- Wer in Berlin Grün wählt ...
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- 8. Geschlechtergerechtes Berlin
- •
- 202
- stimmt für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und
- Beruf.
- wählt gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
- sieht nicht weg, sondern setzt sich gegen häusliche
- Gewalt ein.
- sieht genau hin, wenn es um die Gesundheit von Frauen
- und Männern geht.
- bringt mehr Frauen in Vorstände, Aufsichtsräte und
- Politik.
- hat mehr vom Leben durch Rollenvielfalt und Chancengleichheit.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe,
- könnte man nicht hundert Bilder über
- dasselbe Thema malen.“
- (Pablo Picasso)
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- Berlins Stärken stärken
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- „Eine Stadt für alle“ ist nur in einem kreativen Berlin zu haben. Berlin verdankt seinen internationalen Ruf einer vitalen
- Kunst- und Kulturszene. Diese inspiriert eine der größten Kreativindustrien der Welt. Ihretwegen siedeln sich Verlage, Agenturen, Labels, Studios, Produktionsfirmen und Sender in Berlin
- an. Kulturschaffende aus der ganzen Welt kommen nach Berlin
- um hier zu lernen, zu leben, zu arbeiten. Berlin bietet Freiräume und ein aufgeschlossenes und kritisches Publikum. Berlin
- hat vergleichsweise günstige Lebenshaltungskosten und viele
- Jobmöglichkeiten für die hoch qualifizierten und oft schlecht
- bezahlten Kreativen. Deshalb sind wir für eine vielfältige Kulturlandschaft in Berlin aktiv – mit einer starken Infrastruktur,
- gezielter Förderung und gesicherten Arbeitsbedingungen
- für die Berliner Kulturschaffenden. Neben den großen Häusern schenken wir unser Augenmerk den vielen freien Initiativen und Projekten, die die Stadt bereichern und bislang zu
- wenig Anerkennung erfahren. Die „Kreativarbeit“ ist eines der
- größten Potentiale der Stadt. Wir wollen zudem die Erinnerung an verschiedene Facetten deutscher Geschichte in Berlin
- wachhalten und deshalb die Orte des Gedenkens und der
- Aufklärung pflegen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 203
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- „Eine Stadt für alle“ heißt: Wir sehen uns in der Verantwortung
- für Kultur in der ganzen Stadt, von Spandau bis Köpenick und
- von Pankow bis Neukölln. Berlin als Deutschlands Kulturstadt
- Nummer 1 mit starkem und klarem Profil zu etablieren erfordert
- eine langfristige, gesamtstädtische Perspektive für das kulturpolitische Handeln. Diese kann nur in enger Abstimmung mit
- den Bezirken und VertreterInnen der verschiedenen Sparten
- des Berliner Kulturlebens entwickelt werden. Die kommunalen
- Kultureinrichtungen in den Bezirken sind integraler Bestandteil
- der städtischen Kulturlandschaft Berlins. Mit ihren Bibliotheken, Musikschulen, Volkshochschulen, mit ihren kommunalen
- Galerien, Bezirksmuseen und Veranstaltungsorten stellen die
- Bezirke die grundlegende, dezentrale kulturelle Infrastruktur
- für die Bevölkerung in den Stadtteilen bereit. Die Kultur- und
- Bildungsangebote der kommunalen Einrichtungen werden tagtäglich von tausenden von Menschen aller Altersgruppen in
- ihren Kiezen genutzt. Ihren Erhalt und ihre Weiterentwicklung
- betrachten wir als gesamtstädtische Aufgabe.
- Die Kulturpolitik des Berliner Senats hat sich in den vergangenen Jahren vor allem durch Nichtstun ausgezeichnet. Gerade
- in Zeiten knapper Kassen braucht es klare Prioritäten und professionelle Einzelsteuerung für die Kultureinrichtungen, aber
- auch die Einbettung in eine übergreifende Strategie. Deshalb
- braucht Berlin einen Kulturentwicklungsplan auf Landesebene.
- Wir sind auch verantwortlich für die Kultur, die nicht aus öffentlichen Mitteln gefördert wird. Die Entwicklung darf nicht
- allein den Kräften des Marktes überlassen werden. Hier wollen
- wir alle Möglichkeiten nutzen, um zu unterstützen, zu beraten
- und zu moderieren. Für ein lebendiges und kreatives Berlin sind
- neben den großen Theatern, Opern und Musikhäusern die vielen kulturellen Kleinode in den Kiezen genauso wichtig. Kleine
- Theater, Galerien, Clubs und Initiativen bereichern das Leben
- in ganz Berlin und sind maßgeblich auch für die touristische
- 204
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Attraktivität der Stadt. Viele alternative und private Kulturprojekte sind gefährdet, da sie oft aufgrund einer dramatischen
- Mietentwicklung von ihren Standorten vertrieben werden. Hier
- sind mehr Unterstützung und Vermittlung seitens der Politik
- notwendig.
- 9.1 Eine neue Form der Kulturförderung
- Welche Kultureinrichtungen welchen Förderanspruch durch
- das Land haben, muss einer qualitativen Prüfung standhalten. In einer Stadt für alle müssen Kunst und Kultur für jede
- und jeden attraktiv und erschwinglich sein. Unser Ziel ist es,
- dass mehr Menschen in die Theater, Museen, Bibliotheken
- kommen. Eintrittspreise dürfen kein Hinderungsgrund sein, am
- kulturellen Leben teilzunehmen.
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- In Berlin leben Menschen mit vielfältigen Herkünften und
- Erfahrungshorizonten zusammen. Die Vielfalt der Berliner
- Bevölkerung bildet sich jedoch in den Kultureinrichtungen
- nicht ab. BerlinerInnen mit Migrationshintergrund sind in den
- Kultureinrichtungen der Stadt unterrepräsentiert - inhaltlichprogrammatisch, als MitarbeiterInnen und als BesucherInnen.
- Hier sehen wir großen Handlungsbedarf. Wir wollen Berlins
- Kultureinrichtungen interkulturell öffnen. Wir brauchen an
- unseren öffentlich geförderten Theatern, Museen und Opern
- inhaltliche Programmangebote, die relevante Themen der Einwanderungsgesellschaft mit künstlerischen Mitteln verhandeln.
- Um dies zu erreichen, müssen in allen Sparten verstärkt KünstlerInnen, KuratorInnen, AutorInnen und DramaturgInnen mit
- Migrationshintergrund in die Programmentwicklung und –gestaltung eingebunden werden. Wir wollen in den Einrichtungen eine Personal- und Publikumsentwicklung voranbringen,
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 205
- die der Situation in Berlin gerecht wird. Die vielfältige Kulturlandschaft Berlins braucht eine vielfältige Kulturpolitik, die sich
- mit den unterschiedlichen Bedingungen und Bedürfnissen auseinandersetzt, den Dialog mit den ProtagonistInnen führt und
- gemeinsam nach Lösungen sucht.
- Stärkung der freien Szene
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- Die finanzielle Kluft zwischen den Opern, Sprechtheatern und
- großen Orchestern auf der einen und der freien Szene auf der
- anderen Seite wird immer größer. Eine unserer zentralen Forderungen ist deshalb eine stärkere Kooperation der etablierten
- und großen Institutionen mit der freien Szene. Wir wollen ein
- Prozent der Zuschüsse für die Großen für eine dauerhafte Förderung der freien Szene sichern. Langfristiges Ziel muss sein,
- zehn Prozent des Kulturetats für die freie Szene festzuschreiben.
- Gerade in der freien Szene leben Künstlerinnen und Künstler
- oft am Rande des Existenzminimums. Auch in diesem Bereich
- sollen die Kulturschaffenden von ihrer Arbeit leben können.
- Zukünftig sollen nur solche Förderanträge entgegengenommen werden, die eine angemessene Vergütung aller an der
- Produktion Beteiligten enthalten.
- Vorhang auf!
- Berlin hat einige der besten Theater der Welt und gilt als innovativer Standort der darstellenden Kunst mit den großen
- Bühnen und hunderten freier Ensembles. Die Berliner Theaterlandschaft zeichnet sich durch eine einzigartige Vielfalt aus, die
- es zu erhalten und weiterzuentwickeln gilt. Die Koexistenz von
- etablierter und unkonventioneller Theaterproduktion sorgt für
- die notwendige künstlerische Dynamik und ständige Weiterentwicklung. Die institutionell geförderten Sprechtheater in
- 206
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Berlin profitieren vom Austausch und der Konkurrenz mit der
- freien Szene. Wir wollen alle kreativen Theaterformen in Berlin
- optimal fördern: Die künstlerischen Profile der einzelnen Häuser müssen geschärft werden. Wer heute in Berlin als Intendantin oder Intendant vom Senat berufen wird, muss sich an den
- vertraglich vereinbarten Zielen messen lassen und sich dafür
- auch verantworten.
- Für alle anderen Bühnen gelten das Prinzip der Begutachtung
- der künstlerischen Leistung durch Fachgremien und eine befristete Förderperiode.
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Kulturelle Bildung und eine Programmgestaltung, die die kulturelle Vielfalt der Stadt berücksichtigt, müssen sich in der
- Schwerpunktsetzung der Arbeit wiederfinden. Die Stärkung
- von Frauen in den künstlerischen Leitungspositionen ist eine
- Aufgabe, die die Theater dieser Stadt in den kommenden
- Jahren erfüllen müssen.
- Große Oper
- Die Opernhäuser in Berlin, Staatsoper, Deutsche Oper, Komische Oper, Neuköllner Oper und eine ganze Reihe von freien
- Opern- und Musiktheaterensembles machen Berlin attraktiv.
- Allerdings gibt es z.B. bei der Opernstiftung noch eine Menge
- Synergiemöglichkeiten, die im administrativen Bereich Einsparungen ermöglichen, die für Kunstprojekte zur Verfügung
- stehen können. Die drei großen Opernhäuser der Stadt stehen
- für die Breite des Angebots, von Operette bis klassische große
- Oper. Auch der zeitgenössischen Oper sollen sie als hoch
- bezuschusste Einrichtungen eine Bühne bieten. Musiktheaterproduktion auf internationalem Niveau ist immer kostenintensiv, aber lohnenswert. Nur mit genug BesucherInnen wird
- Berlin seine Operntradition erhalten und entwickeln können.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 207
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Um diese Welt mehr Menschen zugänglich zu machen, fordern
- wir von den beteiligten Häusern der Opernstiftung die Bereitschaft, noch stärker miteinander zu kooperieren, eine deutlichere Öffnung für die Zusammenarbeit mit der freien Szene
- und mehr Investitionen in die kulturelle Bildungsarbeit.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- als neuer Standort für den zeitgenössischen Tanz eingeweiht
- werden – dort ist auch das Hochschulübergreifende Zentrum
- Tanz beheimatet. Um dieses Potential auch in vollem Umfang
- ausschöpfen zu können, gilt es jetzt, die Strukturen der freien
- Tanzszene zu stärken und das Netzwerk im nationalen und internationalen Rahmen zu unterstützen.
- Erste Geige
- Willkommen im Club
- Berlin lebt von seiner vielfältigen Club-Szene, in der DJs und
- Bands aus aller Welt auftreten und sich ausprobieren. Hier finden sich zahlreiche Bühnen für lokale Künstlerinnen und Künstler. Hier findet aber auch der internationale Austausch statt, der
- Berlin zur vibrierenden Metropole macht. Räume zu erhalten
- und bei Problemen nach Lösungen zu suchen zählt zu den Aufgaben einer engagierten Kulturpolitik.
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- Berlins professionelle Orchester und Chöre musizieren in der
- ersten internationalen Liga. Mehr als jede andere Kunstsparte
- sind die Orchester und Chöre Botschafter Berlins in alle Welt.
- Das gilt seit weit über hundert Jahren vor allem für die Berliner
- Philharmoniker.
- Das Konzerthaus muss neben der Orchesterarbeit ein Ort sein,
- in dem die Bandbreite der Berliner Musikszene ein Zuhause findet.
- Wir wollen eine musikalische Vielfalt in der Stadt sichern,
- haben aber den Anspruch, dass sich die Sinfonieorchester mit
- ihren Programmen weiter profilieren und voneinander unterscheidbar machen. Neben den Profiensembles sehen wir unsere Verantwortung aber ebenso für die Vielzahl von hochkarätigen und überaus engagierten semiprofessionellen Ensembles
- sowie Laienchören und -orchestern.
- Wir wollen eine Förderstruktur für Orchester und Chöre etablieren, die es den besten Ensembles Berlins ermöglicht, sich
- mehr auf die künstlerische und kreative Arbeit zu konzentrieren.
- Bilderwelten
- 170 Museen gibt es in Berlin. Die staatlichen Museen als Teil
- der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit ihren großartigen Beständen sind weltberühmt und Anziehungsort für Menschen
- aus der ganzen Welt. Die Landesmuseen, wie die Stiftung
- Stadtmuseum, das Deutsche Technikmuseum oder die Berlinische Galerie, haben eine Menge Entwicklungsmöglichkeiten.
- Sie sollen Orte der Auseinandersetzung mit der Geschichte und
- Kultur der Stadt sein. Dabei werden wir sie unterstützen.
- Berlin tanzt
- Mit dem Staatsballett Berlin, der Company Sasha Waltz &
- Guests und über 200 freischaffenden Tanz-Kompanien und
- Choreografen hat Berlin eine Schatzkiste im Bereich Tanz.
- Die Tanzszene hat sich viele kleine Standorte in der Stadt erobert, die aber nur dann mit Leben gefüllt werden können,
- wenn auch in angemessenem Umfang Produktionsmittel zur
- Verfügung stehen. Jüngst konnten die Uferstudios im Wedding
- 208
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Einwanderung als Teil deutscher Geschichte würdigen
- Die Geschichte und Kultur Berlins ist in starkem Maße durch
- Zuwanderung geprägt. Es ist an der Zeit, dies in einem angemessenen Rahmen darzustellen und zu würdigen. Es gilt, die
- vielfältigen Facetten von Migration sowie die daraus resultierende Dynamik und Veränderung unserer Stadtgesellschaft für
- eine breite Öffentlichkeit erlebbar zu machen. Wir werden uns
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 209
- deshalb dafür einsetzen, dass die Bedeutung der Migrationsgeschichte für die Entwicklung und Veränderung Berlins bei
- der Stiftung Stadtmuseum als thematischer Schwerpunkt verankert, ein entsprechendes Ausstellungskonzept erarbeitet und
- in den Räumen des Stadtmuseums nachhaltig umgesetzt wird.
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- Den gewerblichen Galerien in Berlin verdanken wir inzwischen
- den Ruf der Stadt als eines Ortes, an dem hervorragende Kunst
- besichtigt und gekauft werden kann.
- Von unschätzbarem Wert sind für die Berliner Kunstszene die
- vielen kleinen und meist ehrenamtlich arbeitenden Projekträume und ProduzentInnengalerien, denen es den Rücken zu stärken gilt und denen Unterstützung bei der weiteren Vernetzung
- mit dem Kunstmarkt angeboten werden soll.
- Berlin ist der europäische Treffpunkt für bildende Künstlerinnen und Künstler, Kuratorinnen und Kuratoren. Für sie ist
- Berlin besonders attraktiv, weil die Produktionsbedingungen
- mit öffentlich geförderten Ateliers und preiswerten Miet- und
- Lebenshaltungskosten im Vergleich zu anderen Metropolen
- immer noch sehr günstig sind. Das soll auch so bleiben.
- Der zeitgenössischen Kunstszene Berlins fehlt ein Ort der
- öffentlichen Präsentation, der Auseinandersetzung und der
- Vermittlung zeitgenössischer Kunst. Wir wollen in enger Zusammenarbeit mit der Berliner Kunstszene und den bestehenden Einrichtungen einen offenen Ort schaffen, von dem aus
- die aktuellen Diskurse der zeitgenössischen Kunst geführt werden können. Dazu bedarf es keines Neubaus, sondern kreativer
- Ideen.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- wir künftig stärker auf die Einbeziehung der regionalen Filmund Medienwirtschaft.
- Wir wollen eine zentrale Anlaufstelle für alle Film- und Fernsehschaffenden einrichten, die es insbesondere auch kleineren
- und freien Produktionen ermöglicht, in Berlin auf einem hohen
- Niveau zu arbeiten. Ohne Kinos gibt es keine Filmkultur. Wir
- wollen die Berliner Kinolandschaft durch eine gerechte Förderung stärken.
- Bibliotheken für alle
- Bibliotheken sind oft die ersten kulturellen Einrichtungen, die
- junge Menschen nutzen. Niedrigschwellige und wohnortnahe
- Angebote sind darum auch im Informationszeitalter notwendig. Wir brauchen deshalb bezirksübergreifende Konzepte zur
- qualitativen und quantitativen Ausstattung. Eine bezirksübergreifende, gemeinsame Standortplanung ist ebenso wichtig
- wie die enge Verzahnung zwischen Schulen und Kinder- und
- Jugendbibliotheken.
- Der Zentral- und Landesbibliothek kommt in der Stadt eine
- immer größere Bedeutung zu. Sie ist die größte öffentliche Bibliothek in Berlin. Dieser Bedeutung kann sie heute aufgrund
- der unzureichenden baulichen Situation an den verschiedenen
- Standorten kaum noch gerecht werden. Wir werden in der
- nächsten Legislaturperiode eine Lösung für einen zentralen,
- verkehrsgünstigen und urbanen Standort finden.
- Film ab
- 9.2 Kultur in der Bundeshauptstadt braucht auch die
- Hilfe vom Bund
- Die Film- und Fernsehproduktion in Berlin und Brandenburg ist
- führend in Deutschland. Diese Entwicklung wollen wir mit dem
- Medienboard Berlin-Brandenburg weiter stärken. Dabei achten
- 210
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Nur durch die Hilfe des Bundes konnten in den vergangenen 20
- Jahren viele Kultureinrichtungen vor der Schließung bewahrt
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 211
- werden. Auch die Förderung durch den Hauptstadtkulturvertrag mit den besonderen Mitteln des Hauptstadtkulturfonds
- für kulturelle Einzelprojekte von überregionaler Bedeutung ist
- nicht mehr wegzudenken. Wir wollen klare Kriterien vereinbaren, welche kulturellen Einrichtungen von gesamtstaatlicher
- Bedeutung der Bund fördert.
- Humboldtforum gestalten
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- Das Gelände des Berliner Schlosses ist ein zentraler Platz mit
- gesamtstaatlicher Bedeutung für die Geschichte Deutschlands.
- Ein Gebäude an diesem Ort beinhaltet hohe symbolische Bedeutung, der sich Berlin im nationalen und internationalen
- Kontext bewusst sein muss. Wir wollen das Humboldtforum
- nicht nur zu einem interkulturellen Dialog nutzen, sondern es
- zu einem Ort von internationaler Ausstrahlungskraft machen,
- an dem über die Globalisierung und ihren Einfluss auf die Kulturen weltweit diskutiert wird.
- Wir wollen diesen Ort im Herzen der Stadt für die Auseinandersetzung mit der Kultur der außereuropäischen Länder nutzen. Wir sehen in der Präsentation der Sammlungen aus den
- Dahlemer Museen einen idealen Beitrag zum Anstoß einer interkulturellen Verständigung über Geschichte, Gegenwart und
- Zukunft unserer Gesellschaft.
- Wir wollen die Idee eines Humboldtforums weiter konkretisieren und eine konzeptionelle Debatte, an der sich die wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen in Berlin sowie die
- Zivilgesellschaft beteiligen.
- 9.3 Schmerzhafte Erinnerung wachhalten
- Berlin ist eine Stadt voller Geschichte, die sichtbare Spuren und
- Narben hinterlassen hat. Wir wollen die Geschichte gerade an
- 212
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- den vielen authentischen Orten erfahrbar machen. Berlin war
- Ausgangspunkt der beiden Weltkriege. Berlin war das politische Zentrum des nationalsozialistischen Terrors. Der historischen Verantwortung wird sich Berlin immer stellen müssen.
- Die spätere Teilung der Stadt war das Synonym für die Teilung
- Europas. In Ost-Berlin, Hauptstadt der DDR, wurde tausenden Bürgerinnen und Bürgern systematisch Unrecht und Leid
- zugefügt. Die Überwindung der Berliner Mauer, die friedliche
- Revolution, war das Ende der Teilung Europas und der Beginn
- eines neuen Berlins.
- Die Geschichte erfahrbar zu machen, ist nicht von Berlin allein zu bewältigen. Der Erhalt und der Ausbau überregional
- bedeutender Gedenkstätten und Erinnerungsorte sind eine
- gesamtstaatliche Verpflichtung von Bund und Ländern. Die
- bestehenden Gedenkstätten müssen kontinuierlich weiterentwickelt und besser miteinander vernetzt werden. Besonders
- unterstützen wollen wir die Bildungsarbeit der Gedenkstätten.
- Als offene, außerschulische Lernorte fördern sie eine aktive
- Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und schärfen unser Bewusstsein für Demokratie und Menschenrechte.
- Die Umsetzung des Konzepts zur Erinnerung an die Berliner
- Mauer mit der Gedenkstätte und Gedenklandschaft an der
- Bernauer Straße und die weitere Entwicklung der Gedenkstätten Hohenschönhausen und Normannenstraße zur Geschichte
- und zu den Verbrechen der Staatssicherheit der DDR müssen
- mit Hilfe des Bundes und der Länder vorangetrieben werden.
- Ein Freiheits- und Einheitsdenkmal, das breite gesellschaftliche
- Anerkennung erlangen soll, braucht vor seiner Entstehung das
- intensive und durchaus auch streitbare öffentliche Abwägen
- über seinen Sinn, seinen Ort, seine Symbolik und Gestaltung.
- Wir wollen den Bund dazu auffordern, zunächst diese Debatte
- zu führen und die Realisierung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals auf der Schlossfreiheit nicht weiter zu verfolgen.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 213
- Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft dauerhaft
- öffnen
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- Die Robert Havemann-Gesellschaft ist inzwischen das Archiv
- der DDR-Oppositionsbewegung und der Friedlichen Revolution von 1989. Wir wollen, dass dieses Archiv endlich einen
- neuen, den Erfordernissen angepassten und für alle Menschen
- zugänglichen Standort erhält. Dazu gehört auch, dass die Inhalte der großartigen Ausstellung zur Friedlichen Revolution,
- die zum 20. Jahrestag auf dem Alexanderplatz mit gut einer
- Million Besucherinnen und Besucher zu sehen war, wieder zugänglich sind.
- Außerdem wollen wir den Blick auch auf die Geschichte Berlins als „Kolonialmetropole“ in der Zeit des deutschen Reiches
- lenken. In der Erinnerungskultur Deutschlands kommt dieses
- Thema so gut wie nicht vor. Wir wollen daher ein gesamtstädtisches Erinnerungskonzept entwickeln, das die „vergessene“
- Geschichte Berlins als Kolonialmetropole für die Öffentlichkeit
- zugänglich macht. Als einen Bestandteil dieses Konzeptes sehen wir die Umbenennung von Straßen. Die Ehrung kolonialer
- Akteure sollte beendet werden, an deren statt könnten beispielsweise Menschen geehrt werden, die sich mit Kolonialismus und seinen Folgen kritisch auseinandergesetzt haben.
- 9.4 Kultur für Kids – Kultur von Kids
- Wir wollen Kultur für alle, von allen und mit allen ins Zentrum
- unserer kulturellen Bildung setzen. Kultur fördert die Potentiale – gerade bei Kindern und Jugendlichen. Damit auch die
- nachwachsende Generation selbstbewusst und aufgeschlossen mit der Palette des Berliner Kulturlebens umgehen kann,
- brauchen wir einen weiteren Ausbau der kulturellen Bildung an
- 214
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- verschiedenen Lernorten, in den Schulen, in der freien Jugendarbeit, in der Kita und in den Kulturinstitutionen.
- Wer selber künstlerisch aktiv sein will, sucht nach geeigneten
- Räumen und Unterstützung in seinem nächsten Umfeld. Berlin
- muss diese Freiräume bieten und schützen, damit Kinder und
- Jugendliche experimentieren und ihre Kunst öffentlich präsentieren können. Musikschulen, Bibliotheken, Jugendkulturzentren und Jugendkunstschulen, die Soziokulturellen Zentren und
- die Kulturinstitutionen in den Bezirken bieten dezentrale und
- niedrigschwellige Angebote, die wir stärken müssen, um junge
- Menschen in ihrem Alltag zu erreichen.
- Gleichzeitig sehen wir die große Vielfalt der professionellen
- Kinder- und Jugendtheater, der Musikensembles, der Zirkuskunst und der Kinder-Museen, die es sehr genau verstehen, ihr
- junges Publikum auf eine fantasievolle und inspirierende Reise
- mitzunehmen und ihm neue Welten zu eröffnen. Genau dieses
- Wachrütteln der Gesellschaft brauchen wir in Berlin, um einen
- respektvollen und toleranten Umgang miteinander zu leben.
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 9.5 Berlin bewegt alle
- Sport verbindet und hält gesund – Jung und Alt, Mann oder
- Frau, gleich welches kulturellen Hintergrundes oder welcher
- sexueller Identität. Wir setzen uns für eine vielfältige Sport-,
- Spiel- und Bewegungskultur ein: beim Radfahren, Schwimmen, Joggen und Fußballspielen. Wir wollen „eine Sportstadt
- für alle“.
- Tausende stehen in Erfolg und Misserfolg hinter den Fußballern von Hertha BSC und vom 1. FC Union, den Eisbären,
- unterstützen die Handball-Füchse und fiebern mit den Basketballern von Alba Berlin oder auch den Wasserballern von
- Spandau 04. Sportliche Großereignisse wie Fußball-WM oder
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 215
- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- der alljährliche Marathonlauf ziehen viele Millionen Menschen
- in die Stadt. Sport bringt Geld in die Stadt und schafft Arbeitsplätze. Unser „Green Goal“ heißt, dass Sportveranstaltungen
- umwelt- und klimafreundlich durchgeführt werden sollen.
- Dem Breitensport als einem Angebot für alle sollte unser
- Hauptaugenmerk gelten. Ob im Verein oder in Initiativen - wir
- wollen die Sportangebote besonders fördern und unterstützen, die im Kiez und darüber hinaus für alle zugänglich und
- erschwinglich sind.
- Das zuverlässige und breite Berliner Vereinsangebot leistet
- einen wichtigen gesellschaftspolitischen Beitrag zum sozialen
- Zusammenhalt, zur Integration und zum Gesundheitsschutz.
- Sportvereine sind ein Ort der Kinder- und Jugendarbeit, an
- dem soziale Kompetenzen anerzogen, ausgebaut und trainiert
- werden. Teamgeist, der Umgang mit Erfolgen und Misserfolgen und Fairness werden den Jüngsten in den Berliner Sportvereinen nahegebracht. Auch das macht Kooperationen von
- Sportvereinen mit Schulen so wichtig und sinnvoll.
- Sport für alle und mit allen bietet auch die Möglichkeit, Vorurteile abzubauen. Der Appell des Berliner Fußballverbandes
- „Gemeinsam gegen Rassismus“ ist nur ein Beispiel für die vielfältigen couragierten Initiativen des Berliner Sports. Wir werden
- die Initiativen der Verbände und Vereine gemeinsam gegen
- Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Homophobie vorzugehen, ebenso fördern und unterstützen wie Gewaltprävention durch Sozialarbeit in den einzelnen Fanprojekten.
- Auch Spiel- und Bolzplätze sind Bewegungsorte. Gemeinsam
- mit Kindern und Jugendlichen müssen ausreichende Angebote
- im Kiez erhalten und ausgebaut werden. Für die Sanierung von
- Schwimmhallen und Sportplätzen gilt es, öffentliche Mittel zu
- aktivieren wie auch private Mittel zu mobilisieren.
- Die sportlichen Bedürfnisse der Menschen sind im Wandel –
- mehr als 75 Prozent der Berliner Sporttreibenden wollen ihren
- 216
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Sport nicht im Verein, sondern selbst organisieren. Dies muss
- auch bei der Nutzung und Sanierung von Sportanlagen berücksichtigt werden. Wir wollen die Möglichkeiten erweitern, dass
- BerlinerInnen ihren Sport auch selbst organisiert auf öffentlichen Anlagen treiben können.
- Ein zukunftsfähiges Leitbild im Sport nimmt die Herausforderungen des demografischen Wandels an. Wir wollen alle Teile
- der Gesellschaft einbeziehen, auch weil wir Sport als einen Teil
- des Bildungs- und Gesundheitssystems sehen.
- Wer in Berlin Grün wählt …
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- 9. Kreatives und bewegtes Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- unterstützt die Berliner Kulturschaffenden in ihrer Vielfalt.
- stimmt für ein gutes kulturelles Angebot für alle in der
- ganzen Stadt.
- stärkt die freie Szene.
- wählt kulturelle Bildung von Kindesbeinen an.
- unterstützt den Breiten- und Spitzensport in Berlin.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 217
- „Berlin ist mehr ein Weltteil als eine Stadt“
- (Jean Paul)
- 10. Weltstadt Berlin
- Die Welt zu Hause in der Stadt
- 10. Weltstadt Berlin
- „Eine Stadt für alle“ bedeutet mehr als nur Hauptstadt zu sein.
- Berlin ist Weltstadt und macht seine Tore für alle weit auf. Als
- weltoffene Metropole ist Berlin ein attraktiver Ort, den Menschen aus allen Teilen der Welt nicht nur als Touristen aufsuchen. Berlin entzündet Fantasien in der ganzen Welt. Viele
- kommen, um hier zu arbeiten, zu studieren und die vielfältigen
- kreativen Räume zu nutzen. Sie wollen hier ihre Ideen verwirklichen und werden damit Teil der Ausstrahlung unserer Stadt.
- Berlin profitiert davon: wirtschaftlich, kulturell und durch die
- Vielfalt seiner Menschen. Menschen aus 170 Ländern leben in
- Berlin und bilden Brücken zu ihren Herkunftsländern. Sie bereichern unsere Stadt durch ihren lebendigen Austausch zwischen
- den Kulturen. Dabei spielt Berlin eine wichtige Rolle als Mittlerin zwischen Ost und West. Berlin muss diese Potentiale besser
- nutzen und auch seiner Verantwortung in Europa und in der
- Welt besser gerecht werden. Deshalb wollen wir uns mehr in
- die Europapolitik einmischen. Wir werden Berlin in Europa und
- Europa in Berlin präsenter machen.
- 10.1 Internationale Verantwortung wahrnehmen
- Wir wollen Berlin stärker als bisher zu einem Ort der internationalen Politik, des wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Berlin
- 218
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- seine internationale Politikfähigkeit demonstriert, indem sich
- die Stadt als Ort internationaler Entscheidungen profiliert. Berlin ist darüber hinaus Ort vielfältiger internationaler Vernetzung
- von zivilgesellschaftlichen Akteuren, von Nichtregierungsorganisationen, Verbänden und Institutionen. Wir wollen, dass
- Berlin eine aktive internationale Rolle spielt und insbesondere
- im Hinblick auf Demokratie- und Freiheitsbewegungen seinen
- Beitrag leistet.
- Der internationale Charakter der Stadt ist aber nicht nur
- Chance, sondern auch Verpflichtung. Unser Handeln in Berlin
- muss sich seiner internationalen Verantwortung bewusst sein.
- Wir leben in „Einer Welt“, in der unsere Wirtschaftsweise und
- unsere Lebensweise gravierende Auswirkungen auf die Länder
- des Südens haben. Deshalb sind fairer Handel und eine nachhaltige öffentliche Beschaffung, die strengen ökologischen
- und sozialen Kriterien genügt, und deren Einhaltung von einer
- unabhängigen Stelle überprüft wird, ebenso Teil der internationalen Beziehungen der Stadt wie eine klima- und ressourcenschonende Verkehrs- und Stadtplanung. Denn unter der
- Verletzung der Prinzipien der Nachhaltigkeit, wie sie auf der
- Konferenz von Rio 1992 formuliert wurden und jetzt weiterentwickelt werden, leiden vor allem die ärmeren Länder. Die Lokale
- Agenda 21, die das Abgeordnetenhaus 2006 beschlossen hat,
- und die den Grundsatz „Global denken – lokal handeln“ für Berlin
- umsetzt, hat bislang keinen Niederschlag in der Politik des Senats
- gefunden.
- Es gilt, die vielfältigen Kontakte in Netzwerken und Städtepartnerschaften aufzuwerten und zu unterstützen. Dazu müssen auch die Landes- und Bezirksebene enger verzahnt werden.
- Es gehört zu den wichtigen Aufgaben der Politik auf Landesebene und in den Bezirken, transnationale Kontakte, Partnerschaften und Netzwerke auf der zivilgesellschaftlichen Ebene
- und der politischen Institutionen anzuregen, zu ermöglichen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 10. Weltstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- 219
- 10. Weltstadt Berlin
- und - politisch und finanziell - zu unterstützen. Dies gilt auch
- und gerade für die Städtepartnerschaften und Netzwerke, für
- die Zusammenarbeit mit den Ländern des Südens und für die
- Achtung der Menschenrechte in den Partnerländern.
- Berlin hat mit seiner Landesentwicklungszusammenarbeit
- einen wichtigen Schritt in seiner globalen Verantwortung getan.
- Aber es mangelt an politischer Unterstützung und Umsetzung
- der vielfältigen Versprechungen und Selbstverpflichtungen
- wie der Landesleitlinien zur Entwicklungspolitik, des Beschlusses der Ministerpräsidenten zur Entwicklungszusammenarbeit
- auf Landesebene, des neuen Außenwirtschaftsprogramm des
- Senats, der vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Berliner
- Lokalen Agenda oder des Klimabündnisses.
- Deshalb werden wir neue Initiativen ergreifen, um das
- zivilgesellschaftliche Engagement zu ermutigen und zu fördern.
- Berlin muss sich an dem geplanten Eine-Welt-Promotorenprogramm des Bundes beteiligen und seinen Anteil der KoFinanzierung leisten, damit in Zukunft die Eine-Welt-Arbeit auf
- eine solide und dauerhafte Grundlage gestellt werden kann. Die
- Rahmenvereinbarung zwischen dem Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag und der Bildungsverwaltung zum globalen
- Lernen ist, zum Beispiel durch Pilotprojekte zwischen Schulen
- und Nichtregierungsorganisationen, mit Leben zu füllen.
- Die Etablierung einer Partnerschaft zwischen einem Berliner Bezirk und erstmals auch einer palästinensischen Stadt
- würden wir ausdrücklich begrüßen. Dieses breitgefächerte
- Netzwerk um die ganze Welt stellt eine Chance, aber auch
- eine Verpflichtung für Berlin dar: nämlich immer dann, wenn es
- notwendig ist, auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen.
- Wir möchten, dass auch die internationalen Partner unserer
- Stadt für die Rechte von Lesben, Schwulen und Transgendern,
- von Menschen mit Migrationsgeschichte oder mit Behinderung einstehen. Berlin muss seine Städtepartnerschaften in der
- 220
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Bevölkerung bekannter machen, damit sie von Berlinerinnen
- und Berlinern wiederbelebt, mitgestaltet und gepflegt werden.
- Berlin muss sich auch mit seiner verdrängten Geschichte als
- Metropole des deutschen Kolonialismus auseinandersetzen
- und ein postkoloniales Erinnerungskonzept für die Stadt entwickeln, das zum Beispiel durch die Umbenennung von Straßen
- die kritische Auseinandersetzung mit Rassismus fördert. Wir
- wollen ein reguläres, standardisiertes Programm zur Neuansiedlung von Flüchtlingen (Resettlement). Berlin als Hauptstadt
- sollte sich ausdrücklich dazu bekennen, regelmäßig Flüchtlinge
- aufzunehmen. Schutzbedürftige, die sich in ausweglosen Situationen befinden, sollen in Berlin eine neue Heimat finden und
- eine Lebensperspektive erhalten. Dafür müssen ihnen alle erforderlichen Hilfen und Unterstützungen gewährt werden.
- Den internationalen Beziehungen einen Ort geben
- Die vielfältigen international aktiven zivilgesellschaftlichen Initiativen in der Stadt brauchen einen gemeinsamen Ort des
- Austauschs und der Zusammenarbeit, d.h. als Adresse für internationale Kontakte. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass
- die seit langem bestehenden Pläne für ein Eine-Welt-Zentrum
- in die Tat umgesetzt werden, das allen zivilgesellschaftlichen
- Initiativen offensteht, die sich für interkulturelle Verständigung
- und globale Entwicklung einsetzen. Wir wollen insbesondere
- Diaspora- und MigrantInnenorganisationen ansprechen. Berlin
- muss die Voraussetzungen dafür schaffen, damit die Nichtregierungsorganisationen in der Stadt, die ein sehr großes Interesse an einem Eine-Welt-Zentrum haben, ihrerseits das Haus
- perspektivisch selber tragen können.
- 10. Weltstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wir fordern die Einrichtung einer Abschiebebeobachtung am
- neuen Flughafen BBI nach den Vorbildern an den Flughäfen in
- Düsseldorf, Frankfurt a.M. und Hamburg.
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 221
- EINE STADT FÜR ALLE.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Im Zuge der europäischen Freizügigkeit reisen häufig Roma
- und Sinti aus dem europäischen Ausland zum kurzzeitigen
- Erwerb des Lebenseinkommens nach Berlin. Viele flüchten
- auch vor Verfolgung und Gewalt in ihren Herkunftsländern.
- Wir unterstützen das gesellschaftliche Engagement gegen die
- Diskriminierung von Roma und Sinti (Antiziganismus), um die
- humanitäre und menschenrechtliche Situation der Roma in
- Berlin, im Bund und in ganz Europa zu verbessern.
- von internationalen Netzwerken fördern und unterstützen,
- anstatt sich nur auf dem internationalen Parkett mit deren Erfolgen zu brüsten und auf deren Kosten Werbung zu machen.
- Wir wollen international aktiv kooperieren und uns gegenseitig
- inspirieren, so z.B. im Bereich Elektromobilität zusammen mit
- unserer Partnerstadt Los Angeles.
- 10.2 Berlin in der internationalen Wirtschaft
- Die Europäische Union spielt für Berlin eine große Rolle - für
- die Bürgerinnen und Bürger bleibt ihr Einfluss jedoch meist abstrakt oder unsichtbar. Begeisterung für Europa kann nur durch
- Information und Beteiligung entstehen. Die Berlinerinnen und
- Berliner sollen in Zukunft besser über Entscheidungen, die auf
- europäischer Ebene getroffen werden, informiert und in die
- Positionierung des Landes einbezogen werden. Berlin braucht
- endlich eine umfassende europapolitische Strategie! Sie soll
- dazu dienen, Öffentlichkeit für Europapolitik zu schaffen und
- Berliner Ziele innerhalb Europa stringenter zu vertreten.
- Netze bilden
- Berlin steht zwar mit anderen Weltstädten im Wettbewerb um
- Ideen, Kreativität und politischen Einfluss - kann aber auch aus
- Kooperationen viel Nutzen ziehen. Berlin ist bereits in Netzwerken wie Eurocities, dem Metropolennetzwerk sowie der Gipfelkonferenz der Weltmetropolen und deren Projekten beteiligt.
- Dieses Engagement wollen wir verstärken und besser auf die
- spezifischen Berliner Ziele ausrichten. Gerade in den Bereichen
- “Green Economy” und “Kreativwirtschaft” müssen Senat und
- Verwaltungen die Unternehmen zielgerichtet durch Ausbau
- 222
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 10. Weltstadt Berlin
- 10. Weltstadt Berlin
- Der internationale Wirtschaftsstandort Berlin lebt vom toleranten Klima in der Stadt und der Kreativität seiner Akteure.
- Wer nach Berlin kommt, ist darauf angewiesen, schnell integriert zu werden. Der Maßstab der Neu-BerlinerInnen an das
- gesellschaftliche Klima in der Stadt ist der Umgang der Mehrheit mit Minderheiten. Es kommt also darauf an, die Verschiedenartigkeit der Menschen, ihre unterschiedlichen Lebensstile,
- Religionen, Ethnien als Chance für mehr Kreativität zu nutzen.
- Somit ist Berlins gesellschaftliches Klima ein Teil globaler Wirtschaftspolitik.
- 10.3 Berlin – eine europäische Stadt für alle
- Europa sichtbarer und lebendiger machen
- Europa ist in Berlin schon überall. So spielen zum Beispiel europäische Fördergelder eine große Rolle in Berlin. Die EU finanziert Stadtteilprojekte, arbeitsmarkt- und umweltpolitische Programme, oder Infrastruktur. Für die Berlinerinnen und Berliner
- ist dies aber kaum transparent, denn Anträge auf Fördermittel
- laufen hauptsächlich über Landesbehörden, die scheinbar reine
- Landesprogramme durchführen.
- Auch der Einfluss von europäischem Recht auf die Berliner
- Politik bleibt oftmals für die Öffentlichkeit im Dunkeln. Wir
- wollen deshalb die europäische Öffentlichkeitsarbeit ausbauen
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 223
- und gemeinsam mit den Bezirken, der Wissenschaft und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) das Europabewusstsein stärken. Außerdem brauchen wir eine zentrale Anlaufstelle für die
- Beratung in EU-Angelegenheiten.
- Europa muss lebendiger werden
- Berlinerinnen und Berlinern sollen die Möglichkeit haben, europäische Politik und Projekte in Berlin und mit Berlin mitzugestalten. Deshalb wollen wir zum Beispiel die europäische
- Jugendarbeit besser unterstützen und die Schulen motivieren,
- europaweite Austauschmöglichkeiten stärker zu nutzen.
- 10.4 Europa in Berlin
- 10. Weltstadt Berlin
- In seiner Anziehungskraft und seinem internationalen Profil
- stellt sich Berlin heute als Gegenentwurf zu jener Stadt dar, von
- der zwei Weltkriege ausgingen und die im Nachkriegseuropa
- das Symbol der Blockkonfrontation und des Kalten Krieges war.
- Berlin liegt heute geografisch und politisch im Herzen der Europäischen Union. Was weit über die Stadtgrenzen hinaus zu
- spüren ist, scheint an der Berliner Politik ungehört vorbei zu
- gehen. Dabei ist eine engagierte Vertretung Berliner Interessen
- in Brüssel notwendig, um die Entscheidungsprozesse zu verfolgen, mitzugestalten und eigene Themen auf der richtigen
- europäischen Ebene einzubringen. Eine leistungsfähige Landesvertretung in Brüssel kann auch helfen, europäische Förderprogramme besser als bisher zu nutzen.
- Die mittel- und osteuropäischen Länder bilden für die internationalen Beziehungen Berlins einen Schwerpunkt, denn mit
- ihnen verbinden uns nicht nur gemeinsame und leidvolle Erfahrungen, sondern aufgrund der Nachbarschaft auch gemeinsame Interessen.
- 224
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Schienenanbindung an Mittel- und Osteuropa verbessern
- Auf der Schiene spürt man von Berlins Nähe zu Mittel- und Osteuropa nur wenig. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden
- viele Straßenprojekte umgesetzt, die Anbindung auf der Schiene
- lässt jedoch nach wie vor zu wünschen übrig. Ein Beispiel
- dafür ist die Verbindung Berlin-Wrocław (Breslau): Heute
- beträgt die Fahrzeit fast sechs Stunden und es gibt nur eine
- direkte Verbindung pro Tag. Vor 75 Jahren brauchte man für die
- gleiche Strecke nur 2 Stunden 34 Minuten! Bei vielen anderen
- Strecken verhält es sich ähnlich. Besonders der zügige Ausbau der Bahnstrecken Berlin-Szczecin und Berlin-Wrocław ist
- dringend notwendig. Die gemeinsame Bestellung eines grenzüberschreitenden Regionalverkehrs durch Berlin, Brandenburg,
- Westpommern und Lebus sowie ein qualitativ und quantitativ
- hochwertiges Angebot im Fernverkehr sollen jedem eine umweltschonende grenzüberschreitende Mobilität ermöglichen.
- Nur wenn ausreichende Kapazitäten im Schienengüterverkehr
- vorhanden sind, kann verhindert werden, dass die verstärkte
- wirtschaftliche Zusammenarbeit zu Lasten von Menschen und
- Umwelt geht.
- Berlin muss seine Schienenanbindung auch an andere europäische Metropolen verbessern. Der Ostsee-Adria Korridor nimmt
- dabei eine wichtige Stellung ein. Er führt von Skandinavien bis
- zum Mittelmeer und kann Berlin Impulse für die wirtschaftliche
- Entwicklung geben. Vor allem im Bereich des Schienengüterverkehrs bleibt noch viel zu tun, damit der internationale Wirtschaftsverkehr umweltfreundlich abgewickelt werden kann!
- 10. Weltstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Kooperation mit Polen verstärken
- Berlin ist ein Tor nach Mittel- und Osteuropa! Polen ist nur eine
- knappe Stunde entfernt. Mit der Oderpartnerschaft soll eine
- engere Zusammenarbeit der grenznahen Bundesländer Brandenburg, Berlin, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 225
- der deutschen Seite und den Wojewodschaften Lebus, Westpommern, Niederschlesien und Großpolen auf der polnischen
- Seite erreicht werden. Die Region links und rechts der Oder
- soll mit Hilfe von Projekten im Bereich Wirtschaft, Tourismus,
- Verkehr, Kultur und Zivilgesellschaft enger zusammenwachsen.
- Wir wollen der Oderpartnerschaft eine höhere Priorität einräumen, um die Wirtschaft grenzüberschreitend zu fördern.
- Berlin ist zwar an zahlreichen Aktivitäten der Ostseestrategie
- beteiligt, hat aber bisher im Gegensatz zu anderen deutschen
- Regionen keine Eigeninitiative gezeigt. Das sollte sich ändern!
- Berlin hat nicht nur viel zu bieten, sondern kann auch erheblich
- von Kooperationen profitieren - sei es zur Netzwerkschaffung
- für die Kreativwirtschaft, Austausch zu Stadtmobilität oder im
- Bereich der Bildung.
- 10. Weltstadt Berlin
- 10.5 Berlin in Europa – Mittlerin zwischen Ost und
- West
- Die Auswirkungen der Entscheidungen und Beschlüsse der EU
- gewinnen einen immer größeren Einfluss auf die regionale Politik - auch in Berlin. Europapolitik ist längst auch ein Teil der
- Innenpolitik geworden und muss auch als solcher verstanden
- und betrieben werden. Es darf nicht sein, dass der Senat die
- Europapolitik immer erst dann entdeckt, wenn europäische
- Richtlinien auf Landesebene umgesetzt werden müssen. Wir
- müssen die neuen Kompetenzen, die die Länder durch den Vertrag von Lissabon erhalten haben, nutzen, um Berlins Stimme
- in Brüssel hörbar zu machen! Wir wollen dazu beitragen, dass
- Europa ökologischer und sozialer wird. Deshalb soll sich das
- Abgeordnetenhaus frühzeitig mit Vorhaben der europäischen
- Ebene beschäftigen. Wir wollen, dass das Parlament genauso
- informiert wird wie der Senat. Der Berliner Senat berücksichtigt
- 226
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- EINE STADT FÜR ALLE.
- bei der Mitwirkung im Bundesrat, insbesondere bei Angelegenheiten der Europäischen Union, Stellungnahmen des Abgeordnetenhauses. Dafür soll ein eigenständiger Europaausschuss
- einrichtet werden.
- Die Europäisierung vieler Politikfelder hat Auswirkungen für
- die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen. Sie
- brauchen fortgesetzte Weiterbildungen um Kenntnisse der Institutionen der EU, der Entscheidungsprozesse in Europa und
- des europäischen Rechts zu erlangen und zu vertiefen. Berlin
- braucht Verwaltungen, in denen Europa ein selbstverständlicher
- Teil des Denken und Handelns bei allen MitarbeiterInnen ist.
- Wir wollen MitarbeiterInnen motivieren, Erfahrungen in Brüssel
- zu sammeln und vor Ort die Europakompetenz zu erwerben, sei
- es bei der EU-Kommission oder der Landesvertretung.
- Fördermittel besser nutzen
- In Europa wird derzeit die Zukunft der zwei Strukturfonds Programmlinien und Budgets - verhandelt. Es ist wahrscheinlich, dass Berlin ab 2014 eher weniger europäische Mittel
- erhalten wird. Daher ist es umso wichtiger, dass sich Berlin
- dafür einsetzt, dass seine ökologischen und sozialen Ziele für
- die Mittelvergabe eine große Rolle spielen.
- 10. Weltstadt Berlin
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Die europäischen Fördermittel spielen in der Landespolitik eine
- große Rolle. Die wichtigsten sind der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und der europäische Sozialfonds
- (ESF). Insgesamt kann Berlin in der aktuellen Förderperiode
- 2008-2013 über 875 Millionen Euro EFRE-Mittel verfügen.
- In fast allen Förderprogrammen des Landes sind EFRE-Gelder
- enthalten. Bisher werden diese Gelder noch nicht optimal ausgegeben. Der Senat ließ in der letzten Förderperiode sogar
- einen Teil der Mittel ungenutzt verfallen! Wir wollen die Förderschwerpunkte neu setzen. Wir legen die Schwerpunkte auf
- Abgeordnetenhauswahl 2011
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 227
- EINE STADT FÜR ALLE.
- die Green Economy, auf die energetische Sanierung, auf neue
- Formen der Stadtmobilität, auf Kreativwirtschaft und Dienstleistungen.
- Der Einsatz der EFRE-Mittel muss in Zukunft klaren strategischen Zielen folgen und stärker an ihren Wirkungen gemessen
- werden. Um dies zu erreichen, sind weit reichende Reformen
- der Verwaltung nötig.
- Ein Großteil der sozialpolitischen Projekte in Berlin ist nur
- durch die Gelder des Europäischen Sozialfonds (ESF) möglich. Ohne den Europäischen Sozialfonds gäbe es kein arbeitsmarktpolitisches Programm. Mit dem Europäischen Sozialfonds
- wollen wir die Ziele des Green New Deal unterstützen und beispielsweise ArbeitnehmerInnen für „grüne” Jobs qualifizieren.
- EINE STADT FÜR ALLE.
- Wer in Berlin Grün wählt ...
- •
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- •
- stärkt Berlin als Stadt internationaler Kooperation und
- Entscheidungen mit globaler Verantwortung.
- fördert die internationale wirtschaftliche Vernetzung der
- Stadt und sorgt für eine größere Sichtbarkeit und
- Transparenz Europas in Berlin
- stimmt für eine bessere Vernetzung Berlins mit seinen
- europäischen Nachbarregionen.
- stimmt für eine stärkere Stimme in Europa.
- 10. Weltstadt Berlin
- 10. Weltstadt Berlin
- Wir wollen das europarechtlich vorgegebene Partnerschaftsprinzip für die Auswahl der Projekte ernst nehmen und
- den sog. Begleitausschuss beleben. Die Kontrolle bei der Umsetzung der ESF-und EFRE-Programme durch Wirtschafts-,
- Umwelt- und Sozialpartner funktioniert in Berlin nicht. Wir
- werden diese Kontrolle demokratischer und transparenter gestalten und für eine bessere Beteiligung sorgen.
- Arbeitsmarktöffnung: Vorteile nutzen - Nachteile
- verhindern
- Wir begrüßen die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für
- Europäer und Europäerinnen aus Mittel- und Osteuropa. Berlin
- braucht auch aufgrund des demographischen Wandels-qualifizierte ArbeitnehmerInnen. Deshalb fassen wir die Arbeitsmarktöffnung für Berlin als große Chance auf. Wir wollen sie aktiv
- gestalten und einen besseren Austausch mit den Arbeitsmarktagenturen aus diesen Ländern fördern. Gleichzeitig darf der
- Wegfall der Grenzen für Arbeitnehmer nicht dazu führen, dass
- Arbeitskräfte zu Dumpinglöhnen angeboten werden. Hier hilft
- nur ein branchenübergreifender, flächendeckender Mindestlohn.
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