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wahlprogramm2011_berlin_gruene

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Oct 10th, 2011
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  1. EINE
  2.  
  3. STADT FÜR
  4.  
  5. ALLE.
  6.  
  7. EINE STADT FÜR ALLE.
  8.  
  9. Dieses Wahlprogramm wurde auf der Landesdelegiertenkonferenz am 5. und 6. März von Bündnis 90/Die Grünen
  10. in Berlin einstimmig beschlossen.
  11.  
  12. EINE STADT FÜR ALLE.
  13.  
  14. Eine Stadt für alle
  15. Berlins Aufbruch 2011
  16. „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen,
  17. sondern möglich machen.“
  18. (Antoine de Saint-Exupéry)
  19.  
  20. 1. Unsere Idee für die Stadt: eine Stadt für alle
  21. Mit dem Wahlprogramm, das Sie in den Händen halten, wollen
  22. wir Sie von unserer Idee für Berlin überzeugen: Wir wollen eine
  23. Stadt für alle. Eine Stadt, in der jede und jeder gut leben kann.
  24. Statt eines weiteren Auseinanderfallens in Arm und Reich, in
  25. drinnen und draußen wollen wir einen Aufbruch hin zu einem
  26. Berlin, an dem alle teilhaben, bei dem alle dabei sein können.
  27. Eine Stadt für alle!
  28. Um diese Idee verwirklichen zu können, haben wir viel Energie
  29. darauf verwendet, zusammenzutragen, was wir in unserer
  30. Stadt verbessern, verändern und bewegen wollen. Wir haben
  31. miteinander und mit vielen Bürgerinnen und Bürgern über die
  32. Anliegen und Sorgen gesprochen, die Berlinerinnen und Berliner
  33. bewegen, sind dabei oftmals auf Stolz und Begeisterung für
  34. unsere Stadt gestoßen, aber immer wieder eben auch auf
  35. große Probleme. Wir haben mit viel Energie, Ernsthaftigkeit
  36. und Begeisterung an einer Idee für Berlin gearbeitet, die die
  37. Stadt bewegt und alle mitnimmt.
  38.  
  39. Abgeordnetenhauswahl 2011
  40. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  41.  
  42. 15
  43.  
  44. Präambel
  45.  
  46. „Eine Stadt für alle“ ist dann möglich, wenn wir die Blockaden der Stadt aufbrechen und es jedem und jeder ermöglichen,
  47. seine bzw. ihre Potentiale zu entfalten und einzubringen. Und
  48. das ist nur möglich, wenn wir in unserer Stadt zu einer neuen
  49. politischen Kultur finden, in der sich Politik öffnet für die Ideen,
  50. aber auch Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, in der man sich
  51. zuhört und gemeinsam Lösungen entwickelt.
  52. Die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September 2011
  53. kann zu einem Wendepunkt in der Entwicklung der Stadt werden. Nach zehn Jahren Schwarz-Rot und danach weiteren
  54. zehn Jahren Rot-Rot gibt es in Berlin die berechtigte Hoffnung,
  55. die Ideenlosigkeit eines ausgelaugten Senates zu überwinden. Die Entscheidung ist recht einfach beschrieben: Bleibt es
  56. dabei, dass der Berliner Senat auf der Stelle tritt, oder wählen Sie
  57. einen Aufbruch für Berlin mit Renate Künast an der Spitze.
  58.  
  59. 2. Blick zurück nach vorne
  60. Als vor 20 Jahren die friedliche Revolution in der DDR auch die
  61. Berliner Mauer niederriss, wurde Berlin weltweit zum Symbol
  62. für den Sieg der Freiheit über die Diktatur. Berlin entzündete
  63. in den 1990er Jahren die Fantasien und dafür schien es keine
  64. Grenzen zu geben. Die Energie von Christ- und Sozialdemokraten reichte aber nur für Wolkenkuckucksheime und Skandale.
  65. Heute geben die Bürgerinnen und Bürger Berlin mit viel
  66. Engagement ein neues Gesicht. Eine neue Generation ist hier
  67. aufgewachsen und viele Menschen haben sich hier neu beheimatet. Aus allen Winkeln Deutschlands, Europas und anderer
  68. Erdteile strömen Menschen nach Berlin, die hier ihre Ideen verwirklichen wollen und damit Teil der Ausstrahlung der Stadt werden. Berlins Universitäten und Forschungseinrichtungen, Berlins
  69. Lebensgefühl und Potentiale laden junge Menschen aus der
  70. ganzen Welt ein, mit ihren Ideen hierherzukommen, unsere
  71.  
  72. 16
  73.  
  74. Abgeordnetenhauswahl 2011
  75. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  76.  
  77. EINE STADT FÜR ALLE.
  78.  
  79. Stadt nachts lebendiger und tagsüber ideen- und damit chancenreicher zu machen. Berlins tolerantes Klima lädt ein, hier die
  80. unterschiedlichsten Lebensentwürfe und Ideen zu verwirklichen.
  81. Berlin braucht die Potentiale seiner Bewohnerinnen und
  82. Bewohner, egal, ob hier geboren oder zugezogen.
  83. Berlin ist zum Verlieben, aber seine Regierung ist zum
  84. Davonlaufen. Mit diesem Senat herrscht bei den drängenden
  85. Herausforderungen und Zukunftsfragen der Hauptstadt Stillstand: Statt Innovation und einer Klimapolitik mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen gibt es einfallslose Betonpolitik à la
  86. A100. Statt endlich den Schulen in benachteiligten Stadtteilen
  87. mit einem Sofortprogramm unter die Arme zu greifen, debattiert Rot-Rot über ein nichtssagendes Integrationsgesetz.
  88. Die Schulreform geht von der Idee her in die richtige Richtung. Die Umsetzung ist jedoch miserabel. Der Senat hat viel
  89. Vertrauen zerstört – bei Eltern, die schlecht informiert wurden,
  90. bei Kindern, die in baufälligen Gebäuden ohne Mensa stehen
  91. und nicht zuletzt bei Lehrerinnen und Lehrern, die mit unausgegorenen Konzepten und dem verständlichen Unmut der
  92. Eltern alleingelassen werden.
  93. Auf das nicht endende S-Bahn-Chaos reagiert der Berliner
  94. Senat bislang allenfalls mit matten Ermahnungen, die auch
  95. weiterhin wirkungslos verpuffen werden, wenn auf die Worte
  96. keine ernsthaften Konsequenzen folgen. Das ist nicht weiter
  97. hinnehmbar. Hunderttausende Berlinerinnen und Berliner stecken regelmäßig fest oder stehen sich die Beine in den Bauch.
  98. Die hohe Arbeitslosigkeit scheint den Senat nicht zu beeindrucken. Horrende Erwerbslosigkeit, geringe Wirtschaftskraft
  99. und zunehmende Verarmung von Teilen der Bevölkerung sind
  100. die Ausgangslage nach zehn Jahren rot-roter Regierung. Wenn
  101. überhaupt, beschließt der Senat, dass er bis zur Wahl nichts
  102. mehr beschließt, wichtige Entscheidungen werden vertagt. Das
  103. Klimaschutzgesetz wurde zur Chefsache erklärt. Und was hat
  104. der Chef gemacht? Nüscht.
  105.  
  106. Abgeordnetenhauswahl 2011
  107. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  108.  
  109. Präambel
  110.  
  111. EINE STADT FÜR ALLE.
  112.  
  113. 17
  114.  
  115. Präambel
  116.  
  117. Hinzu kommt die alarmierende Haushaltsnotlage Berlins. Die
  118. hohe Verschuldung schränkt die politische Handlungsfähigkeit
  119. der Stadt immer mehr ein. Die Zukunftsfähigkeit des Berliner
  120. Haushalts ist Linken und Sozialdemokraten offenbar nicht so
  121. wichtig. Ohne fortgesetzte Ausgabendisziplin, Mehreinnahmen und Entschuldungshilfe kommt Berlin aus der Schuldenspirale nicht mehr raus. Inzwischen hat sich Rot-Rot zum Schaden für die Stadt bundespolitisch isoliert. Solidarität unter den
  122. Bundesländern ist so nicht zu erringen.
  123. Die Menschen erwarten zu Recht einen Aufbruch für die
  124. Stadt. Die Zeit ist reif für einen Politikwechsel. Wir machen die
  125. Erfahrung, dass die Wechsel-Hoffnung vieler auf uns gerichtet ist – inhaltlich und personell. Die Zeit ist reif für grünen
  126. Schwung und grüne Ideen.
  127.  
  128. 3. Was aus unserer Idee folgt: Blockaden lösen und
  129. neue politische Kultur
  130. „Eine Stadt für alle“ heißt für uns zweierlei.
  131. Erstens: Unsere Idee von einer „Stadt für alle“ braucht alle und
  132. wir wollen deshalb die sozialen Blockaden lösen und die Potentiale aller fördern.
  133. Und zweitens: Unsere Idee von einer „Stadt für alle“ lässt
  134. sich nur in einer neuen politischen Kultur verwirklichen, die von
  135. Offenheit, Transparenz und wechselseitigem Respekt gekennzeichnet ist.
  136.  
  137. Die Blockaden lösen: Berlin braucht alle
  138. „Eine Stadt für alle“ kann es nur geben, wenn wir die Blockaden
  139. in unserer Stadt lösen und jede und jeder eine reale Chance hat.
  140. Jeder Mensch hat Fähigkeiten, Talente und Kompetenzen. Wer
  141. wie der derzeitige Senat glaubt, darauf verzichten zu können,
  142.  
  143. 18
  144.  
  145. Abgeordnetenhauswahl 2011
  146. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  147.  
  148. EINE STADT FÜR ALLE.
  149.  
  150. verspielt die Zukunft unserer Stadt. Deshalb streiten wir für
  151. öffentliche Institutionen, die diese Potentiale freisetzen – für
  152. bessere Kindertagesstätten, für bessere Schulen, für bessere
  153. Arbeit, für eine bessere Gesundheitsversorgung und bessere
  154. Löhne für Geringverdienende sowie gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
  155. Die Geschichten der Blockaden in Berlin sind zahlreich: Sie
  156. handeln von Müttern und Vätern, die alles für ihre Kleinen
  157. geben, die sich für Familie und Beruf engagieren - aber seit
  158. Monaten zunehmend genervt nach einem guten Betreuungsplatz für ihr Kind suchen. Sie handeln von arbeitslosen Alleinerziehenden, denen verwehrt wird, ihr Kind ganztägig in die Kita
  159. zu schicken, obwohl es dort gute Förderung bekommen würde.
  160. Sie handeln von Familien, denen nie die Möglichkeit aufgezeigt wurde, wie sie aus der Armutsfalle entkommen können.
  161. Sie handeln von Kindern, die davon träumen, AnwältIn oder
  162. MechanikerIn zu werden, die aber ein Schulsystem erleben, das
  163. sie früh zu Perspektivlosen stempelt, anstatt ihnen Chancen zu
  164. eröffnen. Sie handeln von hochmotivierten Jugendlichen mit
  165. gutem Schulabschluss, die keinen Ausbildungsplatz bekommen, weil ihr Name zu ausländisch klingt. Sie handeln von
  166. Schülerinnen und Schülern, die gerne in die Schule gehen – und
  167. dort Schulgebäude vorfinden, in denen der Putz von den Wänden kommt, von Eltern, die sich fragen, warum die Bedürfnisse
  168. und Begabungen ihres Kindes in der Schule so wenig individuelle Förderung erfahren, von Lehrern, die sich fragen, warum
  169. sie mit sozialen Problemen, Aggression und Verwahrlosung
  170. alleingelassen werden und dazu jeden Tag mehr Bürokratie
  171. über sich ergehen lassen müssen. Sie handeln von Studierenden, die sich für ihr Studienfach begeistern – und in überfüllten
  172. Hörsälen nicht durch den Eingang kommen.
  173. Die Blockaden werden zu Geschichten von Menschen, die in
  174. unserer Stadt ohne Arbeit sind, die sich mit ihren Fähigkeiten
  175.  
  176. Abgeordnetenhauswahl 2011
  177. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  178.  
  179. Präambel
  180.  
  181. EINE STADT FÜR ALLE.
  182.  
  183. 19
  184.  
  185. Präambel
  186.  
  187. einbringen wollen – und die über „arm, aber sexy“ nicht
  188. lachen können. Sie handeln von Frauen, die trotz gleicher Arbeit weniger Lohn erhalten oder denen trotz guter Ausbildung
  189. und Leistung der Weg in Führungspositionen versperrt bleibt.
  190. Von Menschen mit Migrationshintergrund, die sich integrieren
  191. wollen oder längst integriert haben, aber doch überall nur auf
  192. ihre Herkunft reduziert werden. Sie handeln von Menschen, die
  193. Opfer von Mobbing und Gewalt werden, weil sie anders lieben.
  194. Oder von Menschen mit Behinderungen, die keine angemessene Beschäftigung finden und in ihrer Mobilität eingeschränkt
  195. werden, weil Aufzüge kaputt sind, Schnee nicht geräumt wird
  196. oder die S-Bahn nicht fährt. Sie handeln von Selbstständigen
  197. und UnternehmerInnen, die in unserer Stadt etwas bewegen
  198. wollen, die für ihre Ideen brennen und zukunftsfähige Arbeit
  199. schaffen wollen – und im Senat keinen Ansprechpartner finden,
  200. der sich wirklich engagiert. Sie handeln von Bürgerinnen und
  201. Bürgern in den Stadtteilen, die ihren Kiez lieben – und erleben,
  202. wie sich die Stadt spaltet, wie eine horrende Mietentwicklung
  203. Menschen vertreibt und wie öffentliche Plätze verwahrlosen.
  204. Und sie handeln von Menschen und Initiativen, die sich für
  205. unsere Umwelt engagieren, die wissen, dass wir den Klimawandel gemeinsam stoppen müssen – und dafür keine Unterstützung finden.
  206. Wir wollen diese Blockaden lösen, da es die Bürgerinnen und
  207. Bürger verdient haben, ihre Lebensentwürfe auch umsetzen
  208. zu können. Auf jede Berlinerin und jeden Berliner kommt es
  209. an, wenn die Stadt vorankommen will. Niemand darf zurückbleiben. Niemand darf ausgeschlossen bleiben. Jede und jeder
  210. kann etwas, das die Stadt weiterbringt.
  211. Es ist unser Angebot, alle Kräfte zu bündeln, die Kräfte der
  212. Stadtgesellschaft, der Politik, der Wissenschaft und Kreativszene
  213.  
  214. 20
  215.  
  216. Abgeordnetenhauswahl 2011
  217. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  218.  
  219. EINE STADT FÜR ALLE.
  220.  
  221. und auch der Wirtschaft. Berlin braucht jede Einzelne und jeden Einzelnen - vom heranwachsenden Kind im Kitaalter bis
  222. zum Pensionär, vom Langzeitarbeitslosen bis zur Managerin.
  223. Berlin wird den Aufbruch schaffen, wenn die Menschen in der
  224. Stadt unterstützt, gehört und beteiligt werden. Genauso wie
  225. die Politik in Berlin endlich Verantwortung übernehmen muss,
  226. mit frischen Ideen und neuer Tatkraft, so gilt auch: Wir können
  227. das nur zusammen schaffen.
  228.  
  229. Präambel
  230.  
  231. EINE STADT FÜR ALLE.
  232.  
  233. Integration verstehen wir als gleichberechtigte Teilhabe aller
  234. Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Zu einem solchen Miteinander gehören unverbrüchlich Respekt, Toleranz
  235. und die Anerkennung der Grund- und Menschenrechte jedes
  236. und jeder Einzelnen. Viele Menschen mit Migrationshintergrund bauen längst aktiv mit an der Zukunft Berlins und sind
  237. bereit für mehr. Das unternehmerische Engagement, das Migrantinnen und Migranten in unsere Stadt einbringen, ist beeindruckend. Wir wollen verhindern, dass wegen reißerischer
  238. Debattenbeiträge am Ende aus den Kindern der Einwanderer
  239. Auswanderer werden. Wir wissen, dass Integration in vielen
  240. Fällen ein uneingelöstes Versprechen ist. Probleme gibt es in
  241. der Schule, in der Arbeitswelt, aber auch im Kiez. Hier ist die
  242. Politik gefragt, die Durchlässigkeit der Stadtgesellschaft zu erhöhen und die Teilhabe der Migrantinnen und Migranten zu
  243. fördern. Integration kann nur gelingen, wenn alle die vorhandenen Möglichkeiten nutzen und sich einbringen. Das gilt für
  244. die Wahrnehmung von Angeboten zum Spracherwerb wie
  245. beim Zusammenleben im Kiez. Aufgerufen sind alle, die Integration wollen, sich für die Werte des Grundgesetzes einzusetzen, für BürgerInnen-, Frauen- und Freiheitsrechte genauso
  246. wie gegen Diskriminierung. „Eine Stadt für alle“ heißt gerade
  247. hier: Nur zusammen können wir es schaffen, nur so ist eine
  248. integrative Stadt möglich.
  249.  
  250. Abgeordnetenhauswahl 2011
  251. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  252.  
  253. 21
  254.  
  255. Mit der Stadt regieren: eine neue politische Kultur
  256. für Berlin
  257. Präambel
  258.  
  259. Wir stellen Ihnen in unserem Programm konkrete Schritte und
  260. Wege vor, auf denen wir Berlin voranbringen wollen. Das kann
  261. nur gelingen, wenn wir unsere Idee mit einem neuen demokratischen Umgang, mit einer neuen politischen Kultur für Berlin
  262. verbinden. Wir wollen die Stadt mit ihren Bürgerinnen und Bürgern regieren – und nicht über sie hinweg. Wir wollen unsere
  263. Politik im Dialog entwickeln, Beteiligung ermöglichen, Maßstäbe offenlegen und Transparenz schaffen.
  264. Deshalb ist das vorliegende Programm nicht nur ein Programm für alle, die Berlins Aufbruch wollen, sondern auch ein
  265. Programm, in das die Ideen vieler Bürgerinnen und Bürger eingeflossen sind und das für Rückfragen und Kritik offen ist. Wir
  266. wollen mit unserem Programm das politische Spiel beenden, in
  267. dem die Partei am besten fährt, die den Kopf am tiefsten in den
  268. Sand steckt, die sich bedeckt hält und auf konkrete Vorschläge
  269. verzichtet, nur um keine Kritik auf sich zu ziehen.
  270. In unserer Stadt leben viele Menschen, die sich einmischen
  271. und mitgestalten wollen. Dem wollen wir anders als der derzeitige Senat Rechnung tragen. Ein Senat sollte die Bürgerinnen
  272. und Bürger weder vor den Kopf stoßen noch Angst vor ihnen
  273. haben. Politik sollte für die Erfahrung, das Wissen und die Kraft
  274. der Menschen offen sein: Erfahrungen aus Arbeit und Unternehmen, Initiativen und Verbänden, Familien und Stadtteilen,
  275. Vereinen und Religionsgemeinschaften. Wir wollen Demokratie anders und besser wagen.
  276. Zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört ein neuer
  277. Regierungsstil, der auf Dialog und Verständigung setzt. Viel zu
  278. oft scheiterte in den vergangenen Jahren der sachorientierte
  279. politische Dialog über wichtige Anliegen für die Stadt an der
  280. Selbstgefälligkeit im Roten Rathaus. Viel zu selten kam es zu
  281. Angeboten des politischen Austausches und der Kooperation
  282.  
  283. 22
  284.  
  285. Abgeordnetenhauswahl 2011
  286. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  287.  
  288. EINE STADT FÜR ALLE.
  289.  
  290. zwischen Regierung und Opposition. Viel zu selten kam es
  291. zum Gespräch mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Wir
  292. wollen deshalb eine regelmäßige BürgerInnensprechstunde
  293. einrichten, in der das unmittelbare Gespräch mit Regierender
  294. Bürgermeisterin und Senatorinnen und Senatoren möglich ist.
  295. Unsere Vorstellung vom Regieren heißt gemeinsame Ideenentwicklung mit der Bevölkerung, offene Dialogbereitschaft und
  296. transparenter Umgang mit Informationen und Entscheidungen.
  297. Deshalb gehört es auch zu unserer Vorstellung einer neuen
  298. politischen Kultur, immer wieder ehrlich Rechenschaft darüber
  299. abzulegen, wie wir bei der Umsetzung unserer Ziele vorankommen und wo es möglicherweise klemmt. Wir wollen deshalb
  300. alle Senatsverwaltungen verpflichten, jährlich einen öffentlichen Bericht an die Bürgerinnen und Bürger vorzulegen, in dem
  301. der Stand der Verwirklichung geplanter Projekte offengelegt
  302. und Umsetzungsdefizite benannt werden. Ein besseres Berlin
  303. bekommen wir nicht mit Show-Effekten und Schönrednerei,
  304. sondern indem wir den Aufbruch mit Kompetenz, Realismus
  305. und Lernbereitschaft verbinden. Unsere Idee für Berlin braucht
  306. Politik mit Herz und Verstand.
  307. Eine neue politische Kultur bedeutet auch, ökologische,
  308. ökonomische und soziale Ziele und Interessen zu verknüpfen, Politik so als Einheit zu betrachten und Synergieeffekte zu
  309. nutzen. Der „Green New Deal“ ist hierfür das beste Beispiel.
  310. Berlin braucht eine umfassende Strategie für nachhaltige Entwicklung, das bedeutet Engagement für Lebensqualität, eine
  311. lebenswerte Umwelt und sozialen Zusammenhalt.
  312. Eine neue politische Kultur für die Stadt verlangt zudem
  313. finanz- und haushaltspolitische Redlichkeit. Die Schieflage des
  314. Berliner Haushaltes minimiert außerdem unseren Gestaltungsspielraum für die Stadt und schadet damit dem gesellschaftlichen
  315. Zusammenhalt und der Demokratie. Wir müssen deshalb das
  316. Steuereinkommen durch die Verbesserung der wirtschaftlichen
  317.  
  318. Abgeordnetenhauswahl 2011
  319. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  320.  
  321. Präambel
  322.  
  323. EINE STADT FÜR ALLE.
  324.  
  325. 23
  326.  
  327. Präambel
  328.  
  329. Dynamik erhöhen. Zur finanzpolitischen Redlichkeit gehört
  330. auch, dort zu sparen, wo es sich um sinnlose Ausgaben oder
  331. ungerechtfertigte Privilegien handelt. Wir sagen schon vor der
  332. Wahl offen und ehrlich: Für Klientelpolitik und Wahlgeschenke
  333. hat die Stadt kein Geld. Auch in der Haushalts- und Finanzpolitik gilt unser Anspruch: eine Stadt für alle.
  334. Eine neue demokratische Kultur muss zum selbstverständlich
  335. gelebten Alltag auch in der Verwaltung werden. Dies schließt
  336. Open Government, Open Data und Open Source als zentrale
  337. Instrumente einer intelligent vernetzten Stadt ein. Die Umsetzung von Bürgernähe, Partizipation und Transparenz kann nur
  338. gelingen, wenn wir eine Verwaltung haben, die auf diese Ziele
  339. festgelegt ist und die das im Alltagsgeschäft sicher umsetzt.
  340. Zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört auch, dass
  341. die Menschen mehr direkten Einfluss auf politische Entscheidungen bekommen. Politische Abstimmungen und Mehrheitsfindungen müssen auch zwischen den Parlamentswahlen stattfinden; sonst droht Demokratie einzuschlafen. Ein Instrument
  342. der Bürgerbeteiligung sind Bürger- und Volksbegehren, von
  343. denen die Berlinerinnen und Berliner zunehmend Gebrauch
  344. machen. Sie beleben die politische Auseinandersetzung und
  345. die demokratische Kultur unserer Stadt, selbst wenn wir nicht
  346. jedes Anliegen teilen.
  347. Zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört auch, jenen
  348. Menschen mehr Mitbestimmungsrechte zu geben, die noch
  349. länger von politischen Entscheidungen betroffen sind: den
  350. Jugendlichen in dieser Stadt. Angesichts von Bildungsmisere,
  351. Klimakatastrophe und Überlastung der öffentlichen Haushalte
  352. werden die heute jungen Menschen später die Probleme lösen
  353. müssen, die eine zukunftsvergessene Politik ihnen überlässt.
  354. Deshalb ist es uns ein wichtiges Anliegen, das aktive Wahlalter
  355. auf 16 zu senken.
  356.  
  357. 24
  358.  
  359. Abgeordnetenhauswahl 2011
  360. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  361.  
  362. EINE STADT FÜR ALLE.
  363.  
  364. Und zu einer neuen politischen Kultur für Berlin gehört es
  365. auch, die Bezirke und damit die Entscheidungsträger vor Ort
  366. zu stärken. Die Bezirke sind mittlere Großstädte, nur haben sie
  367. gegenüber dem Senat immer wieder mit Kompetenz- und Kapazitätsverlusten zu kämpfen. Dabei ist der Bezirk der Ort, an
  368. dem täglich daran gearbeitet wird, wohnort- und bürgernah
  369. dem Gemeinwohl zu dienen und den Anregungen von gesellschaftlichen AkteurInnen und Einzelpersonen nachzukommen.
  370. Wir wollen daher die Rechte der Bezirke ausweiten.
  371.  
  372. Präambel
  373.  
  374. EINE STADT FÜR ALLE.
  375.  
  376. 4. Unsere Werte: Gerechtigkeit und Freiheit
  377. Freiheit bedeutet Verantwortung. In unserer Idee einer Stadt
  378. für alle verbinden wir deshalb Gerechtigkeit und Freiheit mit
  379. Bildung, Arbeit und Klima. Andere Parteien spielen Gerechtigkeit und Freiheit gegeneinander aus. Wir sagen: Beide gehören
  380. zusammen!
  381. Ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung für alle kann es
  382. nur geben, wenn wir solidarisch zusammenleben. Ohne Gerechtigkeit, ohne eine Politik der Teilhabe an Bildung, Arbeit,
  383. Gesundheit und Einkommen bleibt Freiheit für viele ein leeres
  384. Versprechen.
  385. Gerechtigkeit braucht aber auch Freiheit. Das Erbe der Bürgerrechtsbewegung in der ehemaligen DDR und den osteuropäischen Staaten ist heute unverändert aktuell. Wir wollen ein
  386. Berlin, in dem alle Menschen ihr Leben in Selbstbestimmung
  387. führen können. Im Mittelpunkt unserer Politik, so heißt es im
  388. ersten Satz unseres Grundsatzprogramms, steht der Mensch
  389. mit seiner Würde und seiner Freiheit.
  390.  
  391. Abgeordnetenhauswahl 2011
  392. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  393.  
  394. 25
  395.  
  396. 5. Worauf es ankommt: Bildung – Arbeit – Klima
  397. Präambel
  398.  
  399. Unsere Grundorientierung an Selbstbestimmung in Solidarität
  400. macht Bildung, Arbeit und Klima zu zentralen Anliegen unserer
  401. Politik. Hier investieren wir Ideen und Mittel. An den Zielen in
  402. diesen Bereichen wollen wir uns in der Regierungsverantwortung messen lassen.
  403.  
  404. Bildung ist der Schlüssel
  405. Bildung ist das Thema, das alle Eltern umtreibt, denn sie wissen,
  406. dass hier entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft ihrer Kinder getroffen werden. Um wirklich voranzukommen,
  407. brauchen wir keine neuerliche Schulreform, keinen neuen
  408. Schulkampf und auch keine großen Sprüche. Wir brauchen
  409. konkrete Vorschläge, die die erforderliche Qualität sichern und
  410. unsere Kitas und Schulen Schritt für Schritt besser machen. Und
  411. wir müssen den Schulen Zeit geben, Reformen umzusetzen.
  412. Wir werden Mittel und Förderung dort konzentrieren, wo die
  413. Probleme sind, damit kein Kind und keine Schule zurückbleibt.
  414. Schule braucht individuelle Förderung für Kinder und gemeinsames Lernen, braucht Freiraum, Akzeptanz und Solidarität,
  415. braucht intakte Schulgebäude und verlässliche Stundenpläne.
  416. Wir wollen starke Verantwortungsgemeinschaften mit unterschiedlichsten Partnern um Schulen herum etablieren, wir müssen Lehrerinnen und Lehrern mehr Unterstützung geben und
  417. Schüler und Eltern besser beteiligen.
  418. Bildungsgerechtigkeit ist das zentrale Zukunftsthema. Deshalb
  419. ist es dringend nötig, dass möglichst viele Kinder ohne Bedarfsprüfung in die Kita gehen können und dort früh und kompetent in ihrer sprachlichen und sonstigen Entwicklung gefördert
  420. werden. Deshalb ist es dringend nötig, unsere Schulen Schritt
  421.  
  422. 26
  423.  
  424. Abgeordnetenhauswahl 2011
  425. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  426.  
  427. EINE STADT FÜR ALLE.
  428.  
  429. für Schritt zu inklusiven Schulen zu machen, in denen Kinder
  430. mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen. Wir bleiben
  431. dabei, dass gemeinsames Lernen von Anfang an ein wichtiges
  432. Element des sozialen Zusammenhalts und der Chancengerechtigkeit darstellt. Unser Ziel ist es, die Vereinbarkeit von Familie
  433. und Beruf weiter zu verbessern und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Belange der Frauen zu richten. Insbesondere
  434. beim Thema Ganztagsschulen und Hortplätze muss endlich
  435. eine Lösung aus einem Guss erreicht werden. Förderung für
  436. alle Kinder und Unterstützung für alle Eltern, die Unterstützung
  437. brauchen, sind unser Ziel. Es gilt: Alle Kinder sind willkommen,
  438. alle Kinder werden individuell gefördert, kein Kind bleibt auf
  439. der Strecke.
  440.  
  441. Präambel
  442.  
  443. EINE STADT FÜR ALLE.
  444.  
  445. Arbeit für die Zukunft
  446. Die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit mit einem guten Einkommen nachzugehen, ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Noch immer setzen sich die Fähigkeiten und
  447. Potentiale Berlins nicht ausreichend in Arbeit und Einkommen
  448. um. Das wollen wir ändern. Arbeit heißt auch Anerkennung:
  449. Die Menschen wollen sich einbringen und nicht abseits stehen.
  450. Berlin ist immer noch die Hauptstadt der Aufstocker, hat die
  451. höchsten Arbeitslosenraten und etwa 80.000 Menschen in
  452. Berlin sind langzeitarbeitslos. Das ist die traurige Bilanz. Das
  453. nehmen wir nicht länger hin. Unser Ziel ist es, durch die
  454. gezielte Förderung von Zukunftsbranchen und eine aktive
  455. Ansiedlungspolitik in der kommenden Wahlperiode 100.000
  456. neue Jobs zu schaffen. In unserem Konzept für einen „Green
  457. New Deal für Berlin“ zeigen wir, wie es geht. Die Potentiale
  458. dafür sind vorhanden und müssen jetzt genutzt werden: von
  459. den erneuerbaren Energien bis zur Gesundheitswirtschaft, von
  460. der Mobilität der Zukunft bis zu neuen Medien, von der Pflege
  461. bis zur Betreuung und Bildung.
  462.  
  463. Abgeordnetenhauswahl 2011
  464. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  465.  
  466. 27
  467.  
  468. Präambel
  469.  
  470. Indem wir die wirtschaftliche Basis unserer Stadt verbessern,
  471. verbessern wir zugleich die Möglichkeiten einer solidarischen
  472. Politik und höherer Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Eine Politik mit Herz und Verstand kann sich nicht davor
  473. drücken, dass es ein gutes Leben für alle in unserer Stadt nur
  474. geben kann, wenn genügend für alle erwirtschaftet wird.
  475. Eine soziale Idee für Berlin kann es ohne ökonomische Basis
  476. nicht geben. Der Spruch „Arm, aber sexy“ mag zunächst cool
  477. klingen, ist aber dummes Gerede, denn Armut ist für die Betroffenen das Gegenteil von „sexy“. Wir versprechen nicht
  478. „Reichtum für alle“, aber „arm“ ist uns zu wenig. Für uns gilt:
  479. Eine Stadt mit guter Arbeit und gutem Einkommen für alle ist
  480. möglich. Und es ist ein Armutszeugnis einer vermeintlich linken
  481. Regierung, so wenig dafür zu tun.
  482. Berlin hat die Ressourcen – die Köpfe, die Unternehmen
  483. und die räumlichen Möglichkeiten  – für eine grüne industrielle Revolution, mit der wir zukunftsweisende Forschung, Entwicklung und Produktion nach Berlin holen. Berlin muss seine
  484. ökonomische Stagnation überwinden: Anstatt die Hände in
  485. den Schoß zu legen, wollen wir eine aktive und gezielte Förderund Ansiedlungspolitik, die sich engagiert und bewegt, die das
  486. Gespräch sucht und wirbt, die sich kümmert und prüft, was
  487. nachhaltige Arbeitsplätze schafft. Zum Beispiel mit unserem
  488. Konzept für einen Innovationspark Tegel zeigen wir an einem
  489. Projekt für Berlin, wie uns der ökonomische Strukturwandel in
  490. der Stadt gelingen kann.
  491. Berlin soll der Ort sein, der sich auf den Weg macht. Die
  492. Stadt, die zeigt, wie die Transformation zu einer ökologischeren
  493. Lebens- und Wirtschaftsweise mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze aussehen kann. Berlin will zeigen, wie ökologisches Leben und Wirtschaften in Einklang zu bringen sind. Berlin soll der
  494. Ort sein, an dem man sieht, wie es gehen kann. Das braucht
  495. einen Innovationsschub, und den gibt es nur, wenn sich alle
  496.  
  497. 28
  498.  
  499. Abgeordnetenhauswahl 2011
  500. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  501.  
  502. EINE STADT FÜR ALLE.
  503.  
  504. miteinander hinsetzen, über alle Parteien und Disziplinen hinweg gemeinsam nach neuen Lösungen und Modellen suchen.
  505. Was eine lebenswerte Stadt ist, entscheidet sich an der Qualität von Erziehung und Bildung, von Gesundheit und Pflege,
  506. von Mobilität und Kultur, aber auch im Lebensmittel- oder Bekleidungsgeschäft. Hier liegt das Potential für viele nachhaltige Arbeitsplätze, die wir schaffen und sichern wollen: durch
  507. gezielte Investitionen in Bildung und Betreuung, Gesundheit
  508. und Pflege, Mobilität und Kultur, aber auch durch unser Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen. Innovative
  509. Selbstständige, verantwortungsbewusste MittelständlerInnen
  510. und ExistenzgründerInnen lassen wir nicht hängen, sondern sie
  511. werden von uns aktiv unterstützt.
  512.  
  513. Präambel
  514.  
  515. EINE STADT FÜR ALLE.
  516.  
  517. Verantwortung für das Klima
  518. Ohne eine aktive Klimapolitik in Berlin sind Gerechtigkeit und
  519. Freiheit für die Zukunft gefährdet. Berlin steht als europäische Metropole in der Verantwortung, seinen Beitrag zur Beendigung der Klimazerstörung zu leisten und gemeinsam mit
  520. anderen Großstädten zu beweisen, dass urbanes Leben klimafreundlich gestaltet werden kann.
  521. Das Ziel einer neuen, klimaverträglichen Stadt ist eine
  522. große gesellschaftliche Aufgabe, die zugleich viele Arbeitsplätze und wirtschaftliche Dynamik schafft. Hier entstehen die
  523. Jobs der Zukunft, und Berlin hat das Potential für ein grünes
  524. Wirtschaftswunder. Erneuerbare Energien und aktive Wärmedämmung haben in Berlin bereits viele Arbeitsplätze entstehen
  525. lassen. Doch die Potentiale sind noch lange nicht ausgeschöpft
  526. - von Energieeffizienz über Mobilität bis Recycling.
  527. Großstädte wie Berlin sind mit ihrem Verkehr, ihrem Abfall und
  528. ihrem Energieverbrauch bisher selten Vorbilder. Das wollen wir
  529. ändern! Berlin soll ein Klimavorbild werden.
  530.  
  531. Abgeordnetenhauswahl 2011
  532. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  533.  
  534. 29
  535.  
  536. Präambel
  537.  
  538. Klimaschutz wird immer mehr zu einer sozialen Frage. Wir
  539. meinen: Keinen Klimaschutz zu betreiben ist unsozial, weil die
  540. Energiepreise weiter steigen werden und unsere Wohnkosten
  541. in die Höhe treiben. Dem können wir nur mit energetischer
  542. Sanierung unserer Wohnungen begegnen, deren Lasten wir
  543. sozial gerecht aufteilen.
  544.  
  545. 6. Zehn für Berlin
  546. 1. „Eine Stadt für alle“ kann es nur geben in einem
  547. solidarischen Berlin, in dem keine und keiner zurückbleibt.
  548. Berlin braucht ein soziales Netz für alle, eine gute öffentliche
  549. Daseinsvorsorge und gute öffentliche Institutionen, an denen
  550. alle teilhaben.
  551.  
  552. Unsere soziale Idee für Berlin geht jedoch weiter.
  553. Gerechtigkeit braucht mehr:
  554. 2. „Eine Stadt für alle“ braucht ein prosperierendes Berlin,
  555. denn nur so können wir Arbeit und soziale Sicherheit für alle
  556. schaffen. Wir schaffen deshalb 100.000 neue, zukunftsfeste Arbeitsplätze für Berlin – durch die gezielte Stärkung von
  557. Zukunftsbranchen wie auch durch eine Qualitätsoffensive im
  558. Dienstleistungsbereich.
  559. 3. „Eine Stadt für alle“ meint ein lebenswertes Berlin für alle.
  560. Eine Stadt, in der alle gut leben können, braucht bezahlbare
  561. Mieten. Eine neue Politik des öffentlichen Raums braucht Mobilität für alle. Eine lebenswerte Stadt braucht eine intakte Umwelt, Vielfalt, Respekt und Sicherheit.
  562.  
  563. 30
  564.  
  565. Abgeordnetenhauswahl 2011
  566. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  567.  
  568. EINE STADT FÜR ALLE.
  569.  
  570. 4. „Eine Stadt für alle“ braucht Umweltgerechtigkeit. Unser
  571. Ziel ist die Klimahauptstadt Berlin. Berlin braucht ein schlüssiges Energiekonzept mit Energieeffizienz, Energieeinsparung,
  572. erneuerbaren Energien und einem nachhaltigen Umgang mit
  573. Rohstoffen – so schützen wir das Klima und schaffen viele neue
  574. Arbeitsplätze.
  575.  
  576. Präambel
  577.  
  578. EINE STADT FÜR ALLE.
  579.  
  580. 5. „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem lernfähigen Berlin
  581. mit besseren Kindergärten, besseren Schulen, besserer Ausund Weiterbildung und besseren Hochschulen für alle. Bildung
  582. ist vorrangige Länderaufgabe, und die schreiende Bildungsungerechtigkeit in Berlin ist schon alleine ein Grund für die Abwahl von Rot-Rot.
  583. 6. „Eine Stadt für alle“ braucht ein familiengerechtes Berlin,
  584. in dem Jung und Alt in Solidarität zusammenleben. Zur Wahl
  585. steht ein neuer Generationenvertrag für die Stadt, der Kindern
  586. endlich den Platz einräumt, den sie brauchen, Jugendlichen
  587. mehr Mitbestimmung gibt, Familie und Beruf vereinbar macht
  588. und ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter ermöglicht.
  589. 7. „Eine Stadt für alle“ braucht dringend ein demokratisches
  590. Berlin mit einer neuen politischen Kultur für unsere Stadt. Wir
  591. wollen die Stadt mit ihren Bürgerinnen und Bürgern regieren –
  592. und nicht gegen sie oder an ihnen vorbei.
  593. 8. „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem geschlechtergerechten Berlin, in dem Frauen die gleichen Rechte und
  594. Chancen haben wie Männer. Gleichberechtigung ist in unserer
  595. Stadt in vielen Fällen noch immer ein uneingelöstes Versprechen – ob beim Einkommen, bei den Karrierechancen oder bei
  596. der doppelten Belastung mit Familie und Beruf.
  597.  
  598. Abgeordnetenhauswahl 2011
  599. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  600.  
  601. 31
  602.  
  603. Präambel
  604.  
  605. 9. „Eine Stadt für alle“ ist nur in einem kreativen Berlin zu
  606. haben. Kunst und Kreativität halten unsere Stadt lebendig und
  607. stoßen Veränderungen an. Deshalb sind wir für eine vielfältige
  608. Kulturlandschaft in Berlin aktiv – mit einer starken Infrastruktur,
  609. gezielter Förderung und gesicherten Arbeitsbedingungen für
  610. die Berliner Kulturschaffenden.
  611. 10. Und „eine Stadt für alle“ muss dem Anspruch einer Weltstadt Berlin gerecht werden. Deshalb wollen wir Berlin besser
  612. international vernetzen – politisch, wirtschaftlich und kulturell
  613. – und vor allem eine aktivere Rolle in Europa spielen.
  614.  
  615. EINE STADT FÜR ALLE.
  616.  
  617. noch den Willen, die Potentiale Berlins und seiner Bürgerinnen
  618. und Bürger zu nutzen. Unsere Alternative zur ideenlosen Politik des rot-roten Senats ist eine kompetente, engagierte und
  619. weitsichtige Politik für Berlin – wie sie in diesem Programm
  620. beschrieben ist.
  621.  
  622. Präambel
  623.  
  624. EINE STADT FÜR ALLE.
  625.  
  626. Berlin braucht eine frische, engagierte und zukunftsorientierte Landesregierung unter Führung einer Regierenden
  627. Bürgermeisterin Renate Künast.
  628.  
  629. 7. Für Berlin
  630. Bei der Wahl am 18. September 2011 geht es um viel. An diesem Tag entscheidet sich, ob sich Berlin bewegt oder nicht. Wir
  631. wollen einen Aufbruch hin zu einer Stadt für alle. Es geht darum, die Blockaden zu lösen und eine neue politische Kultur des
  632. Dialogs und der Transparenz einzulösen. Unsere Schwerpunkte
  633. liegen – auf der Grundlage von Gerechtigkeit und Freiheit – bei
  634. Bildung, Arbeit und Klima.
  635. Helfen Sie mit Ihrer Stimme mit, dass wir ab dem 18. September in die Fähigkeiten unserer Kinder investieren anstatt in Beton. Sorgen Sie mit Ihrer Stimme dafür, dass Berlin mit dem
  636. Grünen New Deal aus dem wirtschaftlichen Stillstand aufwacht
  637. und so zukunftsfähige Jobs und soziale Sicherheit entstehen.
  638. Und unterstützen Sie mit Ihrer Stimme eine Klimapolitik, die
  639. Verantwortung für die kommenden Generationen übernimmt,
  640. die Stadt lebenswerter macht und für nachhaltige Arbeit sorgt.
  641. Der gegenwärtige rot-rote Senat hat zwar eine Mehrheit im
  642. Abgeordnetenhaus, aber nach zehn Jahren weder die Kraft
  643.  
  644. 32
  645.  
  646. Abgeordnetenhauswahl 2011
  647. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  648.  
  649. Abgeordnetenhauswahl 2011
  650. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  651.  
  652. 33
  653.  
  654. 1. Solidarisches Berlin
  655.  
  656. „Niemand soll aufgrund von Dingen, für die er nichts kann,
  657. schlechter dastehen im Leben als andere.“
  658. (John Rawls)
  659.  
  660. 1. Solidarisches Berlin
  661. Keiner bleibt zurück
  662. „Eine Stadt für alle“ kann es nur geben in einem solidarischen
  663. Berlin, in dem keine und keiner zurückbleibt. Berlin kann nicht
  664. auf die Kompetenzen seiner Einwohnerinnen und Einwohner
  665. verzichten. Ein solidarisches Berlin muss sich um die Entfaltung
  666. der Möglichkeiten aller kümmern, unabhängig von ethnischer
  667. und sozialer Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Identität,
  668. Religion und Weltanschauung.
  669. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich in unserer Stadt
  670. immer weiter. Viele Menschen in Berlin leben in Armut und
  671. fühlen sich mit ihren Problemen alleingelassen. Wir nehmen
  672. nicht hin, dass Menschen an den Rand gedrängt werden, weil
  673. sie sich die Miete für ihre Wohnung nicht mehr leisten können.
  674. Eine soziale Stadtentwicklungspolitik muss hier tätig werden.
  675. Unser Ziel ist es, jeden Menschen in die Lage zu versetzen, die
  676. eigenen Fähigkeiten und Lebenschancen zu entfalten und den
  677. dafür notwendigen Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften.
  678. Dabei ist Arbeit ein entscheidender Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe. Viel zu lange hat sich der Berliner Senat mit der
  679. hohen Arbeitslosigkeit abgefunden. Wir nehmen die Entwicklung nicht hin, dass Menschen ohne existenzsicherndes Einkommen dauerhaft ins gesellschaftliche Abseits gedrängt werden. Wir wollen eine gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen
  680.  
  681. 34
  682.  
  683. Abgeordnetenhauswahl 2011
  684. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  685.  
  686. EINE STADT FÜR ALLE.
  687.  
  688. Wohlstand erreichen und allen Menschen Chancen auf den Zugang zu Arbeit, Bildung, Kultur, Gesundheit und gesellschaftlicher Teilhabe eröffnen. Für uns bleibt – wo immer dies möglich ist – die Unabhängigkeit von Menschen von staatlichen
  689. Transferleistungen das Ziel unserer Politik. Mehr und bessere
  690. Arbeitsplätze, neuer Aufschwung für benachteiligte Stadtteile
  691. und Sicherung der sozialen Infrastruktur gehören daher auf die
  692. politische Tagesordnung.
  693. Berlin braucht eine gute öffentliche Daseinsvorsorge und
  694. gute öffentliche Institutionen, an denen alle teilhaben. Und wir
  695. brauchen soziale Sicherheit für alle, die unsere Solidarität besonders benötigen: Arbeitslose, Kranke oder Pflegebedürftige.
  696. Ein solidarisches Berlin braucht Vielfalt und Respekt. Wir in Berlin wissen, was Freiheit bedeutet und dass Vielfalt eine Bereicherung ist. Ein tolerantes Berlin wendet sich gegen jede Form
  697. der Diskriminierung, sei es aufgrund einer Behinderung, der
  698. Herkunft, des Geschlechts oder der sexuellen Identität. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus dürfen in Berlin keinen Platz
  699. haben. Sexismus und Homophobie ebensowenig. Berlin ist
  700. bunt - und darauf sind wir stolz.
  701. Solidarität entscheidet sich nicht zuletzt an unseren Anstrengungen zur Integration aller. Und ein solidarisches Berlin
  702. braucht haushalts- und finanzpolitische Redlichkeit, die neue
  703. Gestaltungsspielräume eröffnet und für unsere Kinder Verantwortung übernimmt.
  704. Auch wenn Arbeitslosengeld II und Grundsicherung bundesgesetzlich geregelt sind, sind wir in Berlin gefordert, die Lebenssituation der Menschen, die davon abhängig sind, durch
  705. städtisches Handeln zu verbessern. Jeder Mensch muss sich
  706. darauf verlassen können, dass ihm im Bedarfsfall geholfen
  707. wird: schnell, unbürokratisch und existenzsichernd. Dabei ist
  708. es wichtig, dass den Menschen auf Augenhöhe begegnet wird
  709. und keine Stigmatisierung stattfindet. Die Menschenwürde
  710.  
  711. Abgeordnetenhauswahl 2011
  712. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  713.  
  714. 1. Solidarisches Berlin
  715.  
  716. EINE STADT FÜR ALLE.
  717.  
  718. 35
  719.  
  720. 1. Solidarisches Berlin
  721.  
  722. und das Sozialstaatsprinzip der Verfassung gebieten, jedem,
  723. der der Hilfe bedarf, die existenzsichernde Grundsicherung
  724. zukommen zu lassen.
  725. In einem solidarischen Berlin ist Einmischung erwünscht, gilt
  726. es, das bürgerschaftliche Engagement zu stärken und zu unterstützen. Viele Berlinerinnen und Berliner engagieren sich schon
  727. heute aktiv für die Gemeinschaft. Dieses Engagement ist von
  728. unschätzbarem Wert für unsere Stadt und macht sie ein Stück
  729. l(i)ebenswerter. Bürgerschaftliches Engagement ist ein hohes
  730. und sensibles Gut. Es darf weder „Ausfallbürge“ für nicht mehr
  731. bezahlte öffentliche Sozialleistungen sein, noch darf es durch
  732. kurzfristige Arbeitsmarktmaßnahmen wie Ein-Euro-Jobs ersetzt
  733. werden. Soziales Engagement von und für Bürgerinnen und
  734. Bürger dieser Stadt braucht Anerkennung und gute Bedingungen, unter denen sich das Engagement sinnvoll entfalten kann.
  735. Und ein solidarisches Berlin braucht Solidarität vor Ort. Das Leben der Berlinerinnen und Berliner findet in den Bezirken und
  736. den Kiezen statt. Die unterschiedlichen Lebenslagen der Menschen prägen das Miteinander in der Nachbarschaft. Hier muss
  737. die Infrastruktur stimmen. Hier sollen Beratungs- und Hilfsangebote bereitgestellt werden, hier findet Nachbarschaftsund Selbsthilfe statt. Viele präventive, sog. „freiwillige soziale
  738. Leistungen“ wurden von Rot-Rot in den letzten Jahren gestrichen. Dazu gehören Angebote der Nachbarschaftsarbeit, die
  739. sich Bezirke aufgrund ihrer knappen Kassen nicht mehr leisten
  740. können. Statt Prävention zu fördern, wird oft erst hingeschaut,
  741. wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Das macht
  742. wenig Sinn und kostet langfristig mehr Geld.
  743.  
  744. Hilfe aus einer Hand
  745. Wo kann Menschen besser geholfen werden als in ihrem Kiez,
  746. in ihrem eigenen Lebensumfeld? Menschen in schwierigen
  747.  
  748. 36
  749.  
  750. Abgeordnetenhauswahl 2011
  751. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  752.  
  753. EINE STADT FÜR ALLE.
  754.  
  755. Lebenssituationen brauchen Unterstützung, keine starren
  756. Paragraphen. Zu häufig laufen hilfesuchende Menschen von
  757. Amt zu Amt, um die passende Unterstützung zu finden. Wir
  758. setzen auf Sozialraumorientierung: Das ist Hilfe zur Selbsthilfe unter Nutzung der eigenen Möglichkeiten sowie des nachbarschaftlichen Umfeldes. Die Menschen bekommen auf ihre
  759. Lebenslage zugeschnittene Hilfestellung aus einer Hand –
  760. einen „Maßanzug“ und keine „Hilfen von der Stange“.
  761.  
  762. 1. Solidarisches Berlin
  763.  
  764. EINE STADT FÜR ALLE.
  765.  
  766. 1.1 Wohnen darf kein Luxus sein – Mieterschutz
  767. stärken
  768. Eine Stadt für alle erfordert bezahlbaren Wohnraum in allen
  769. Bezirken. Dieser wird für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen vor allem in der Innenstadt knapp. Seit zehn
  770. Jahren betreibt der Senat keine Wohnungspolitik mehr. Wir
  771. wollen die Trendumkehr: hin zu einer aktiven, effizienten und
  772. phantasievollen Wohnungspolitik, die eine soziale Mischung
  773. der Stadtquartiere erhält. Es ist gut, wenn sich die Lebens- und
  774. Wohnbedingungen verbessern. Wir wollen aber nicht, dass
  775. eingesessene Bewohnerinnen und Bewohner Zug um Zug
  776. aus ihrem Kiez verdrängt werden. Diesem als Gentrifizierung
  777. beschriebenen Vorgang wollen wir im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik gegensteuern.
  778. Zum Erreichen unserer Ziele wollen wir einen breiten Diskussions- und Entscheidungsprozess in der Stadt in Gang bringen.
  779. Diesen wollen wir mit allen Akteuren führen. Aber es braucht
  780. auch rechtliche Werkzeuge gegen die Verdrängung. Wir wollen
  781. mit einer Bundesratsinitiative erreichen, dass bei Gefährdungen
  782. der Wohnraumversorgung in Stadtteilen zeitlich begrenzt Mietobergrenzen für Wiedervermietungen möglich werden. Dafür
  783. werden wir aktiv Verbündete in anderen Bundesländern suchen.
  784.  
  785. Abgeordnetenhauswahl 2011
  786. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  787.  
  788. 37
  789.  
  790. Gezielt begrenzen
  791.  
  792. 1. Solidarisches Berlin
  793.  
  794. Unser Ziel ist es, dass die Mieten bei Neuvermietungen von
  795. Wohnungen nicht in astronomische Höhen steigen. Vorschriften zur Verhinderung von Mietpreisüberhöhungen müssen für
  796. Bezirke und Kieze gelten und nicht unbedingt für das gesamte Stadtgebiet. Wir wollen die Grenze von derzeit 20 Prozent
  797. über der ortsüblichen Vergleichsmiete senken. Zudem werden
  798. wir durch das Einbringen von Bundesratsinitiativen die Spanne von Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen von
  799. 20 Prozent deutlich reduzieren, sofern keine Verbesserung der
  800. Wohnqualität vorliegt.
  801. Der Kündigungsschutz in Gebieten mit einem hohen Druck
  802. hinsichtlich der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sollte von sieben auf zehn Jahre ausgeweitet werden. Angesichts des abnehmenden Leerstands wollen wir der
  803. Zweckentfremdung von Wohnraum mit einer entsprechenden
  804. Verordnung begegnen. Wir wollen die vermieterunabhängigen
  805. Mieterberatungen in Sanierungs- und Erhaltungsgebieten erhalten und ausbauen.
  806. Die Sozialwohnungen in Berlin sind zum Teil teurer als Wohnungen auf dem freien Markt. Wir wollen diese Wohnungen in
  807. den Mietspiegel überführen und aus der fehlgeleiteten Förderung aussteigen, die Berlin Milliarden Euro kostet. Häuser, deren
  808. EignerInnen pleite sind, wollen wir im Einzelfall für die städtische
  809. Wohnungsversorgung ankaufen, anstatt teure Bürgschaften
  810. zu zahlen. MieterInnen in ehemaligen Sozialwohnungen, die
  811. von drastischen Mieterhöhungen bedroht sind, sollen von den
  812. städtischen Wohnungsbaugesellschaften bezahlbaren Wohnraum möglichst in der Nähe ihres alten Wohnumfeldes angeboten bekommen. Zur bedarfsgerechten Ausgestaltung der
  813. Wohnungslosenhilfe muss der Obdachlosenrahmenplan aktu-
  814.  
  815. 38
  816.  
  817. Abgeordnetenhauswahl 2011
  818. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  819.  
  820. EINE STADT FÜR ALLE.
  821.  
  822. alisiert und fortgeschrieben werden. Wir brauchen präventive
  823. Maßnahmen zur Vermeidung von Wohnraumverlust. Wir wollen die Wohnungslosenhilfe auch für Nichtdeutsche öffnen.
  824. Die Zusammenarbeit der Sozial-, Wohn- und Bürgerämter,
  825. Jobcenter und freien Träger muss verbessert werden, nach dem
  826. Vorbild des Jobcenters Tempelhof-Schöneberg. Wir wollen der
  827. Kältehilfe endlich Planungssicherheit geben.Mittelfristig wollen
  828. wir den Anteil landeseigener Wohnungen am Wohnbestand
  829. auf 15 Prozent erhöhen und besser auf die Stadt verteilen. Die
  830. Wohnungsbaugesellschaften müssen auf ihren ursprünglichen
  831. Zweck verpflichtet werden, Wohnraum für einkommensarme
  832. Mieter anzubieten.
  833.  
  834. 1. Solidarisches Berlin
  835.  
  836. EINE STADT FÜR ALLE.
  837.  
  838. Soziale und nachhaltige Formen des Wohneigentums
  839. unterstützen
  840. Wir werden Initiativen von Stiftungen, genossenschaftlich orientierten Trägern und insbesondere jungen Familien bei dem
  841. Bemühen unterstützen, neue Wege bei der Schaffung von
  842. Wohnraum zur Miete oder im Eigentum in zukunftsweisenden und kooperativen Projekten wie Baugruppen zu gehen. In
  843. Erhaltungsgebieten wollen wir aktiv Vorkaufsrechte an Grund
  844. und Boden nutzen und Mieterinnen und Mieter ermutigen, ihre
  845. Häuser später selbst zu übernehmen. Wir setzen uns auf allen
  846. Ebenen für alternative Wohnprojekte ein. Sie erfüllen eine wichtige soziale und kulturelle Funktion für den Kiez und die Stadt.
  847.  
  848. 1.2 Arbeit heißt Anerkennung – Brücken in die
  849. Beschäftigung
  850. Wir wollen allen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt
  851. ermöglichen. Jeder Mensch hat das Recht auf eine Arbeit, die
  852. seine Existenz sichert. Wer Vollzeit arbeitet, muss auch von
  853.  
  854. Abgeordnetenhauswahl 2011
  855. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  856.  
  857. 39
  858.  
  859. diesem Einkommen leben können. Gemeinsam mit der Berliner
  860. Wirtschaft und den Gewerkschaften wollen wir neue und
  861. bessere Arbeitsplätze schaffen.
  862. 1. Solidarisches Berlin
  863.  
  864. Bei Menschen, die lange aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen
  865. waren, konnten Talente nicht mehr zum Tragen kommen. Ein
  866. solidarisches Berlin braucht alle: Wir können nicht hinnehmen,
  867. dass in Berlin eine große Anzahl Erwerbsloser mit geringer Qualifikation keine Perspektive mehr auf dem Arbeitsmarkt hat.
  868. Gerade hier wollen wir die Blockaden abbauen und sinnvolle
  869. Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen unterstützen,
  870. insbesondere bei Älteren, die in hohem Maße über Erfahrungswissen verfügen.
  871.  
  872. EINE STADT FÜR ALLE.
  873.  
  874. Streitigkeiten zwischen Erwerbslosen und Jobcentern beim
  875. Sozialgericht. Wir wollen unklare bundesgesetzliche Vorgaben
  876. durch Ermessensspielräume zu Gunsten der Betroffenen nutzen. Die Erreichbarkeit der Jobcenter muss verbessert werden.
  877. Der Sanktionsmechanismus hat sich nicht bewährt. Wir setzen
  878. auf Unterstützung. Diese soll durch die bestehenden Beratungsund Hilfsangebote freier Träger, der Kirchen, privater Initiativen und der Berliner Anwaltschaft stattfinden. Wir setzen uns
  879. für den Erhalt der Beratungshilfe neben der in einigen Bezirken
  880. praktizierten öffentlichen Rechtsberatung ein.
  881.  
  882. 1. Solidarisches Berlin
  883.  
  884. EINE STADT FÜR ALLE.
  885.  
  886. Da wir sehen, dass derzeit organisatorisch und strukturell in
  887. den Berliner Jobcentern nicht alles gut läuft, werden wir uns
  888. auf Bundesebene für ein Sanktionsmoratorium einsetzen. So
  889. wollen wir die sozialen Bürgerrechte der Betroffenen stärken.
  890.  
  891. Unterstützung auf Augenhöhe
  892. Die Bundesagentur soll erwerbslosen Menschen helfen, wieder
  893. in Arbeit zu kommen. Angesichts der zu bewältigenden Papierberge bleibt eine individuelle und passgenaue Betreuung der
  894. Kundinnen und Kunden auf der Strecke, ihre Kenntnisse und
  895. Erfahrungen werden nicht erkannt.
  896. Wir wollen Jobcenter, in denen den Menschen respektvoll
  897. und auf Augenhöhe begegnet wird. Wo die Zeit dafür da ist,
  898. individuell zu beraten, und die Hilfsangebote aufgrund der
  899. Kenntnisse und Kompetenzen der Hilfesuchenden ausgewählt
  900. werden. Um dieses Ziel zu erreichen, befürworten wir, dass
  901. das Land Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt als „Optionskommune“ votiert, d.h. dass Leistungserbringung und Jobvermittlung für die Langzeitarbeitslosen aus einer Hand erfolgen.
  902. Aufgrund der vielfach unklaren bundesgesetzlichen Vorgaben
  903. und unzureichend geschulten Personals landen Tausende von
  904.  
  905. 40
  906.  
  907. Abgeordnetenhauswahl 2011
  908. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  909.  
  910. Brücken in Beschäftigung bauen
  911. Auch jene, die seit längerem geringe Chancen auf eine Rückkehr ins Erwerbsleben haben, werden nicht zurückgelassen. In
  912. Berlin sind 80.000 Menschen langzeiterwerbslos. Unser Ziel ist
  913. es, möglichst viele Menschen wieder in eine sinnvolle und dauerhafte Arbeit zu bringen. Reine Beschäftigungstherapien und
  914. Endlosschleifen in Maßnahmen ohne nachhaltigen Effekt für
  915. die Betroffenen lehnen wir ab.
  916. Bildung ist der Schlüssel für die Integration in den Arbeitsmarkt.
  917. Sie gehört in den Mittelpunkt künftiger Arbeitsmarktpolitik.
  918. Vor allem für gering Qualifizierte, für junge Erwerbslose sowie
  919. für Menschen mit Migrationshintergrund müssen die Chancen
  920. auf dem Arbeitsmarkt durch Bildungsangebote, wie das Nachholen von Schulabschlüssen, Sprachkurse, berufliche Bildung
  921. und Weiterbildung, verbessert werden.
  922.  
  923. Abgeordnetenhauswahl 2011
  924. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  925.  
  926. 41
  927.  
  928. Landesbeschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose
  929.  
  930. 1. Solidarisches Berlin
  931.  
  932. Die Bundesregierung zieht sich immer mehr aus der Verantwortung für langzeitarbeitslose Menschen zurück. Wir wollen
  933. nicht, dass diese Frauen und Männer, die auch bei sich verbessernder Wirtschaftslage kaum Chancen auf einen Job auf dem
  934. ersten Arbeitsmarkt haben, abgehängt werden. Wir wissen:
  935. Die gesellschaftliche Integration langzeitarbeitsloser Menschen
  936. gelingt am besten durch Integration in Arbeit. Wir wollen für
  937. diese Menschen zusammen mit den Jobcentern ein Landesbeschäftigungsprogramm ins Leben rufen, das befristete qualifizierende Beschäftigungen anbietet. Ein solches Programm
  938. garantiert allgemeinen gesellschaftlichen Nutzen und den
  939. Beschäftigten gleichzeitig gesellschaftliche Anerkennung.
  940. Ein immenser Handlungsbedarf besteht bei der Pflege öffentlicher infrastruktureller Einrichtungen, für die keine kurzfristigen
  941. Sanierungen oder Instandsetzungen aus öffentlichen Mitteln
  942. vorgesehen sind. Zusammen mit den Bezirken kann hier ein
  943. nachhaltiges Beschäftigungsfeld aufgebaut werden.
  944. Ein aktualisiertes arbeitsmarktpolitisches Rahmenprogramm
  945. (ARP) sorgt für die Umsetzung des Konzepts, das zusätzlich und
  946. im öffentlichen Interesse ist, aber ohne die Positivliste auskommen wird. Über eine Bundesratsinitiative werden wir uns erneut
  947. für die Kapitalisierung des Arbeitslosengeldes II einsetzen.
  948.  
  949. 1.3 Gute Gesundheit und gute Pflege
  950. Damit die Berlinerinnen und Berliner gesund bleiben, brauchen
  951. wir gesundheitsfördernde Lebens- und Arbeitsbedingungen und
  952. Prävention im Bezirk, in den Kiezen, in den Kitas und Schulen. Gesundheit ist Lebensqualität, aber viele Faktoren gefährden unsere
  953. Gesundheit. Armut, Arbeitslosigkeit, psychische Belastungen
  954.  
  955. 42
  956.  
  957. Abgeordnetenhauswahl 2011
  958. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  959.  
  960. EINE STADT FÜR ALLE.
  961.  
  962. und mangelnde Bildung gehören dazu. Prävention, die rund
  963. um die Geburt anfängt, Kinder schon im Kindergarten und Jugendliche in der Schule zu einer selbstbewussten und gesunden
  964. Lebensweise befähigt und sie durch das Arbeitsleben bis ins
  965. Alter begleitet.
  966.  
  967. 1. Solidarisches Berlin
  968.  
  969. EINE STADT FÜR ALLE.
  970.  
  971. Wir wollen die Förderung der Gesundheit zu einem Schwerpunkt der künftigen Politik der Stadt machen. Vorbeugung ist
  972. uns ebenso wichtig wie das „Heilen“ von Krankheiten. Deshalb werden wir ein Berliner Landes-Präventionsprogramm
  973. initiieren, das die Gesunderhaltung in den Vordergrund stellt.
  974. Wir brauchen eine gute Versorgung, die allen Berlinerinnen
  975. und Berlinern offensteht. Der Öffentliche Gesundheitsdienst
  976. (ÖGD) spielt beim Schutz der Gesundheit der Berlinerinnen
  977. und Berliner neben den vielen Selbsthilfegruppen und Projekten der Gesundheitsversorgung eine wichtige Rolle. Ziel ist es,
  978. die beratenden, helfenden und aufsuchenden Angebote des
  979. Gesundheitsdienstes – wie Einschulungsuntersuchungen, AidsBeratung und Behindertenbetreuung – zu stärken, damit sie
  980. ihre präventive Wirkung entfalten können. Auch die Präventionsarbeit – und Aufklärungsarbeit – gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und die Angebote für
  981. Betroffene müssen verlässlich und langfristig gesichert werden.
  982. Wichtig ist uns die wohnortnahe Versorgung besonders für
  983. alte, chronisch kranke und behinderte Menschen. Wir wollen
  984. Spitzenmedizin in und aus Berlin.
  985. Dafür muss der Senat endlich seine Verantwortung als Eigentümer der beiden großen öffentlichen Krankenhausträger des
  986. Landes – Vivantes und die Charité – annehmen und sie in die
  987. Lage versetzen, dies zu leisten. Das ist vor allem eine Aufgabe für
  988. die Politik. Wir wollen, dass die Charité als Universitätsmedizin
  989. und das Vivantes-Netzwerk für Gesundheit in ihren jeweiligen
  990.  
  991. Abgeordnetenhauswahl 2011
  992. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  993.  
  994. 43
  995.  
  996. 1. Solidarisches Berlin
  997.  
  998. Profilen klar gestärkt werden und die politische Verantwortung
  999. nicht länger in Ressortkonkurrenzen untergeht. Und schon jetzt
  1000. muss nicht nur der Investitionsstau bei der Charité beseitigt
  1001. werden, auch für die kommenden Investitionsnotwendigkeiten
  1002. bei Vivantes gilt es, Vorsorge zu treffen. Dabei kommt ein Verkauf oder eine Privatisierung einer oder beider für uns nicht in
  1003. Frage. Wir sprechen uns zudem auch klar für den universitären
  1004. Gesundheitsstandort im Südwesten Berlins aus, erwarten aber
  1005. auch von der Charité, dass sie ihre Chance nutzt, Vorreiterin in
  1006. der medizinischen Forschung in Zukunftsfeldern wie Prävention, Public Health sowie alters- und lebenslagenspezifische
  1007. Medizin zu werden – davon haben alle Berlinerinnen und
  1008. Berliner etwas. Beide Institutionen müssen aus einer Hand gesteuert werden.
  1009. Wir treten für einen konsequenten Nichtraucherschutz ein.
  1010. Der Schutz vor dem Passivrauchen muss erweitert werden.
  1011. Dazu gehören auch ein konsequenter Arbeitsschutz in den
  1012. Krankenhäusern und der Gastronomie und ein Rauchverbot
  1013. für Kinderspielplätze. Wir wollen verhindern, dass schon Kinder
  1014. und Jugendliche mit dem Rauchen beginnen.
  1015. Wir wollen den gesundheitsschädlichen Konsum von Drogen
  1016. vermeiden und Abhängigkeiten verhindern. Das wird – und das
  1017. hat die Vergangenheit gezeigt – nicht mit Strafverfolgung, sondern vor allem durch eine Stärkung der Suchtprävention gelingen. Übermäßigem Alkoholkonsum unter Jugendlichen wollen
  1018. wir durch Programme begegnen, die auf das Erlernen von bewusstem und risikoarmem Konsum abzielen. Wir setzen uns für
  1019. eine Beschränkung der Alkohol- und Tabakwerbung ein. Wir
  1020. wollen den kriminellen Drogenhändlern das Handwerk legen,
  1021. ihre Märkte austrocknen und nicht die DrogenkonsumentInnen bestrafen. Wir halten es für wirksamer, weiche Drogen wie
  1022. Cannabis kontrolliert an Erwachsene abzugeben. Zum Schutz
  1023. von KonsumentInnen muss die Qualitätskontrolle von Drogen
  1024.  
  1025. 44
  1026.  
  1027. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1028. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1029.  
  1030. EINE STADT FÜR ALLE.
  1031.  
  1032. mittels Drugchecking möglich gemacht werden. Beides wollen
  1033. wir in einem Modellversuch erproben. Die ärztliche Verschreibung von Drogen an Schwerstabhängige wollen wir ermöglichen. Der Staatsanwaltschaft wollen wir es ermöglichen, sinnlose Strafverfahren schneller einzustellen.
  1034.  
  1035. 1. Solidarisches Berlin
  1036.  
  1037. EINE STADT FÜR ALLE.
  1038.  
  1039. Wir wollen das Bewusstsein für sexuelle Gesundheit fördern.
  1040. An Schulen muss Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten zur Regel werden. Männer, die Sex mit Männern haben,
  1041. sind besonders in Berlin überproportional vom Anstieg der HIVNeudiagnosen betroffen. Deswegen werden wir sie bei der Gewichtung der Mittel für Prävention stärker berücksichtigen. So
  1042. unterstützen wir niedrigschwellige Präventionsangebote wie
  1043. HIV-Schnelltests in Verbindung mit Beratung. Krankenkassen
  1044. müssen sich endlich an der Aids-Prävention beteiligen! Menschen mit HIV und Aids müssen diskriminierungsfreien Zugang
  1045. zum Arbeitsmarkt bekommen.
  1046.  
  1047. PatientInneninteressen stärken
  1048. Damit PatientInnen ihre Anliegen und Rechte besser kennen
  1049. und durchsetzen können, wollen wir die Anforderungsprofile
  1050. für PatientenfürsprecherInnen in Krankenhäusern konkretisieren, die Patientenberatungsstellen angemessen fördern und das
  1051. Amt der Patientenbeauftragten stärken. Das Berliner Gesetz
  1052. für psychisch Kranke werden wir im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention überarbeiten.
  1053.  
  1054. Kinder stark machen – Gesundheitsförderung von
  1055. Anfang an
  1056. Bereits bei Kindern und Jugendlichen nehmen chronische und
  1057. psychische Erkrankungen zu. Alarmierend ist jedoch vor allem,
  1058. dass sich die Gesundheitsrisiken bei 20 Prozent der Kinder und
  1059.  
  1060. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1061. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1062.  
  1063. 45
  1064.  
  1065. 1. Solidarisches Berlin
  1066.  
  1067. Jugendlichen konzentrieren. Insbesondere diejenigen aus sozial
  1068. benachteiligten Familien sind betroffen.
  1069. Die Frage, ob Kinder krank werden oder gesund bleiben,
  1070. entscheidet sich vor allem dort, wo sie wohnen, spielen oder
  1071. lernen. Frühzeitige Gesundheitsförderung und Prävention in
  1072. Kindertagesstätten und Schulen in den Bereichen Ernährung,
  1073. Bewegung, Stressbewältigung und Suchtprävention kann auch
  1074. die Kinder und Jugendlichen erreichen, die durch andere Angebote nicht erreicht werden. Dazu sind Ressourcen notwendig
  1075. und eine umfassende Qualifikation der Mitarbeiterinnen und
  1076. Mitarbeiter in den Jugend- und Bildungseinrichtungen.
  1077.  
  1078. Nicht die Menschen zur Hilfe, sondern die Hilfe zu den
  1079. Menschen bringen
  1080. Pflegebedürftige Menschen müssen wissen, welche Hilfen ihnen zur Verfügung stehen. Sie brauchen Transparenz und die
  1081. Vernetzung der Akteure und Angebote, integrierte Versorgungssysteme und eine übersichtliche Infrastruktur. Das „persönliche Budget“ – die individuelle Auswahl von Unterstützung
  1082. wie z.B. die persönliche Assistenz – trägt zum Erhalt der Selbständigkeit bei. Wir wollen, dass die Paragraphen zu den Menschen passen und nicht umgekehrt. Oberstes Ziel muss sein,
  1083. Pflege so lange wie möglich zu vermeiden und alles dafür zu
  1084. tun, dass die Menschen in ihrer eigenen Wohnung und im vertrauten Kiez bleiben können. Hilfreich dafür ist eine unabhängige Wohn- und Pflegeberatung, die in wohnortnahen Pflegestützpunkten gebündelt wird.
  1085. Dreh- und Angelpunkt einer auf den Kiez bezogenen ambulanten Versorgungsstruktur ist eine von den Bürgerinnen
  1086. und Bürgern getragene Kultur des Helfens. Sie übernehmen
  1087. selbst Verantwortung in der Nachbarschaft und überlassen dies
  1088. nicht allein den Pflege-Profis, mit dem positiven Effekt, dass
  1089.  
  1090. 46
  1091.  
  1092. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1093. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1094.  
  1095. EINE STADT FÜR ALLE.
  1096.  
  1097. alte Menschen weniger einsam sind. Es geht um eine kluge
  1098. Kombination von professionellen und angelernten Kräften, der
  1099. Familie, nachbarschaftlicher Unterstützung und bürgerschaftlichem Engagement. Die Zahl der allein lebenden Menschen, die
  1100. pflegebedürftig sind, nimmt in einer Großstadt wie Berlin stetig
  1101. zu. Neben einer guten pflegerischen Versorgung sind für diese
  1102. Menschen mehr Aufmerksamkeit und Solidarität geboten, z.B.
  1103. durch aufsuchende Angebote.
  1104.  
  1105. 1. Solidarisches Berlin
  1106.  
  1107. EINE STADT FÜR ALLE.
  1108.  
  1109. Nicht allen ist das Glück beschieden, im Alter gesund und aktiv zu bleiben. Viele haben Angst, durch die eigene Pflegebedürftigkeit einen Großteil an Würde und Selbstbestimmtheit
  1110. aufgeben zu müssen. Verstärkt wird das Unbehagen durch
  1111. die Skandale über Missstände im Pflegebereich. Wir müssen
  1112. sicherstellen, dass gesetzliche Vorgaben tatsächlich umgesetzt
  1113. und Qualitätskontrollen durchgeführt werden. Außerdem müssen einheitliche Qualitätsstandards verbindlich festgeschrieben
  1114. werden.
  1115.  
  1116. Gute Arbeit – gute Pflege
  1117. Pflegen ist anstrengend – die Arbeitsbelastungen steigen, die
  1118. Attraktivität der Pflegeberufe sinkt. Das ist eine Entwicklung,
  1119. die wir uns nicht leisten können. Leisten müssen wir uns hingegen eine gute und attraktive Vergütung für Pflegende. Die
  1120. Entscheidung für einen Mindestlohn war längst überfällig. Wir
  1121. brauchen eine Neustrukturierung der Alten- und Krankenpflegeausbildung, die flexibler ist, in der die Ausbildung zur
  1122. Pflege(fach)kraft auch in einzelnen aufeinander aufbauenden
  1123. Qualifikationsstufen möglich ist. So wird der Einstieg für viele erleichtert, aber auch die Weiterqualifizierung im Bereich der Pflege ermöglicht. Im Bereich der Pflege kommt es immer wieder zu
  1124. Gewalt gegen pflegebedürftige und behinderte Menschen. In
  1125. Berlin ist ein entsprechendes Schutzsystem auszubauen.
  1126.  
  1127. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1128. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1129.  
  1130. 47
  1131.  
  1132. Türen öffnen für Menschen mit Demenz
  1133.  
  1134. 1. Solidarisches Berlin
  1135.  
  1136. Unsere besondere Fürsorge gilt den Menschen, die ihre Interessen nicht (mehr) selbständig vertreten können. Dazu zählen
  1137. besonders Menschen mit Demenz, deren Zahl schnell wächst.
  1138. Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz sind eine
  1139. gute Entwicklung, vorausgesetzt, dass Pflegequalität und Verbraucherschutz sichergestellt werden. Notwendig sind klare
  1140. Regelungen im Wohnteilhabegesetz, Unterstützungsangebote
  1141. für die Angehörigen und eine Stärkung des bürgerschaftlichen
  1142. Engagements. Erforderlich sind zudem Selbstverpflichtungen
  1143. zu Qualitätsstandards und klar definierte Qualitätsanforderungen bei der Pauschalförderung. Barrierefreiheit umfasst für uns
  1144. auch die Barrierefreiheit für Menschen mit Demenz.
  1145.  
  1146. Würde bis zum Lebensende
  1147. Viele Sterbende haben den Wunsch, ihre letzten Tage und
  1148. Stunden mit vertrauten Menschen im gewohnten Lebensumfeld zu verbringen. Die Realität sieht anders aus: Die meisten Menschen sterben in Krankenhäusern oder Heimen. Wir
  1149. wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Würde,
  1150. Selbstbestimmtheit und Autonomie eines jeden Menschen bis
  1151. zuletzt respektiert wird. Hierzu muss der Ausbau der ambulanten palliativen Versorgung verstärkt werden. Wir wollen
  1152. uns dafür einsetzen, dass die erhöhten Kosten der Sterbebegleitung bei Patientengruppen mit besonderen Belangen (z.B.
  1153. Aids- oder Demenzpatienten) von den Berliner Krankenkassen
  1154. übernommen werden.
  1155.  
  1156. EINE STADT FÜR ALLE.
  1157.  
  1158. Menschen, die aus allen Ländern der Welt stammen, Ost- und
  1159. Westdeutsche, Angehörige verschiedener Religionen und viele Konfessionslose, Lesben, Schwule, Bi- und Heterosexuelle,
  1160. Junge und Alte, Menschen mit und ohne Behinderung, Frauen,
  1161. Männer, Transgender und Intersexuelle. Sie alle sind Teil von
  1162. Berlin. Eine Stadt für alle heißt, dass sie auch alle gleichberechtigt teilhaben sollen.
  1163.  
  1164. 1. Solidarisches Berlin
  1165.  
  1166. EINE STADT FÜR ALLE.
  1167.  
  1168. Diversity: Politik der Vielfalt
  1169. Vielfalt macht Berlin stark und attraktiv. Wenn unterschiedliche
  1170. Perspektiven zusammenkommen, kann eine kreative Spannung
  1171. entstehen. Selbst Reibungen und Konflikte – die es natürlich zu
  1172. erkennen gilt – können einen Gewinn für alle bedeuten. Das
  1173. setzt voraus, dass jede Person so respektiert wird, wie sie ist. Eine
  1174. Politik der Vielfalt muss Unterschiede anerkennen, Konflikte
  1175. moderieren und Benachteiligungen entgegenwirken. Sie schärft
  1176. den Blick für Mehrfachdiskriminierungen.
  1177. Wir wollen, dass alle Behörden und Einrichtungen des Landes
  1178. von der Schule über die Polizei bis zu den Einrichtungen der
  1179. Gesundheitsvorsorge und den öffentlichen Unternehmen zum
  1180. Umgang mit Vielfalt befähigt werden. Dazu gehören DiversityTrainings, die Entwicklung von unternehmensspezifischen Konzepten und die Etablierung von Diversity-Beauftragten, die die
  1181. Umsetzung begleiten. Wir setzen uns dafür ein, dass öffentliche Aufträge und Zuwendungen nur an solche Organisationen
  1182. vergeben werden, die ihre Beschäftigten nicht diskriminieren.
  1183.  
  1184. Behindert ist man nicht, behindert wird man
  1185.  
  1186. 1.4 Stadt der Vielfalt
  1187. In Berlin treffen wie in keiner anderen Stadt in Deutschland die
  1188. unterschiedlichsten Lebensweisen und -entwürfe aufeinander.
  1189.  
  1190. 48
  1191.  
  1192. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1193. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1194.  
  1195. Eine gerechte Gesellschaft muss die unterschiedlichen
  1196. Bedürfnisse aller im Blick haben und miteinbeziehen – dies versteht man unter dem Begriff „Inklusion“. Inklusion bedeutet,
  1197. dass Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen
  1198. oder dass Menschen mit Behinderungen nicht in speziellen
  1199.  
  1200. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1201. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1202.  
  1203. 49
  1204.  
  1205. 1. Solidarisches Berlin
  1206.  
  1207. Werkstätten arbeiten, sondern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert sind. Das ist gar nicht so einfach, denn vielfach
  1208. werden die Menschen durch das Umfeld behindert. Dies wollen
  1209. wir ändern: Barrieren und Diskriminierungen im Alltag müssen
  1210. abgebaut, notwendige Hilfen zur Verfügung gestellt werden:
  1211. Gebäude müssen auch im Rollstuhl zugänglich, öffentliche
  1212. Internetseiten für Blinde nutzbar und Veranstaltungen für Gehörlose verfolgbar sein. Menschen mit Behinderung müssen
  1213. selbstbestimmt leben können und individuelle Wahlmöglichkeiten haben. Für uns gilt: Ausgleich von Nachteilen, nicht
  1214. Fürsorge. Die Inhalte der UN-Konvention über die Rechte von
  1215. Menschen mit Behinderungen stellen einen Meilenstein in der
  1216. Behinderten- und in der Rechtspolitik dar. Diese gilt es nun
  1217. konsequent umzusetzen. Berlin muss allen Menschen rund um
  1218. die Uhr umfassend und barrierefrei offenstehen.
  1219.  
  1220. Stadt verschiedener sexueller Identitäten
  1221. Berlin ist Anziehungspunkt und neue Heimat für viele, die vor
  1222. konservativer Enge, vor Benachteiligung oder sogar Verfolgung
  1223. aufgrund ihrer sexuellen Identität geflohen sind. Berlin – Hauptstadt der Lesben und Schwulen? Längst nicht überall in Berlin
  1224. herrscht ein Klima von Akzeptanz. In vielen gesellschaftlichen
  1225. Bereichen gibt es weiter Unverständnis und Anfeindungen,
  1226. geben Homo- und Transphobie den Ton an. Darum haben wir
  1227. einen Aktionsplan angeschoben, den das Abgeordnetenhaus
  1228. beschlossen hat. Diesen gilt es konsequent umzusetzen und
  1229. weiterzuentwickeln. Unter anderem wollen wir, dass Akzeptanz
  1230. in den Schulen und Jugendeinrichtungen gefördert wird, aber
  1231. auch in Vereinen und bei freien Trägern. Regenbogenfamilien
  1232. brauchen die Gewissheit, dass ihnen ohne Vorbehalte begegnet
  1233. wird. Bei der Vermittlung von Adoptionen und Pflegschaften darf
  1234. nur das Kindeswohl das entscheidende Kriterium sein. Lesben
  1235. und Schwule sind daher gleichberechtigt zu berücksichtigen.
  1236.  
  1237. 50
  1238.  
  1239. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1240. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1241.  
  1242. EINE STADT FÜR ALLE.
  1243.  
  1244. Die Rechte von Intersexuellen ins Besondere auf körperliche
  1245. Unversehrtheit und Selbstbestimmung müssen respektiert
  1246. werden. Auf Bundesebene muss Berlin weiter Druck machen
  1247. für eine menschenwürdige Reform des Transsexuellenrechts,
  1248. die Schärfung des Antidiskriminierungsrechts und die Öffnung
  1249. der Ehe für Lesben und Schwule mit vollem Adoptionsrecht. Der
  1250. Diskussion um weitere Formen vertraglicher Partnerschaften,
  1251. in denen die PartnerInnen füreinander einstehen wollen, geben
  1252. wir Raum.
  1253.  
  1254. 1. Solidarisches Berlin
  1255.  
  1256. EINE STADT FÜR ALLE.
  1257.  
  1258. Dem Hass keine Chance
  1259. Vielfalt braucht gemeinsame Regeln, wechselseitigen Respekt,
  1260. die Anerkennung von Vielfalt und gleichen Rechten. Aufrufe
  1261. zum Hass gegen bestimmte Menschengruppen sind nicht hinnehmbar. Darum brauchen wir weiter Projekte gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus,
  1262. Sexismus, Homo- und Transphobie und Islamfeindlichkeit. Wo
  1263. immer sinnvoll und möglich, wollen wir diese Projekte durch
  1264. Kooperation stärken für eine neue demokratische Kultur der
  1265. Vielfalt. Eine Stadt für alle heißt: Bei Bedrohungen und Verbrechen aus Hass gegen einzelne Gruppen ist ganz Berlin
  1266. solidarisch. Opfer müssen auch von staatlicher Seite adäquate
  1267. Unterstützung finden, sei es von Polizei, Staatsanwaltschaft
  1268. oder andere Behörden.
  1269.  
  1270. Antidiskriminierungsarbeit stärken
  1271. Wir wollen das Antidiskriminierungsrecht in Berlin und auf
  1272. Bundesebene weiterentwickeln. Dazu gehört neben einer Verlängerung der Klagefristen auch die Einführung eines echten
  1273. Verbandsklagerechts. Effektiver Schutz vor Diskriminierungen
  1274. muss auch im Bildungsbereich sowie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Mittel gewährleistet werden. Die Antidiskriminierungsstelle des Landes wollen wir stärken und zu
  1275.  
  1276. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1277. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1278.  
  1279. 51
  1280.  
  1281. 1. Solidarisches Berlin
  1282.  
  1283. einer bekannten, umfassenden Anlaufstelle machen für Fälle
  1284. der Benachteiligung aufgrund der Hautfarbe, der ethnischen
  1285. Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung,
  1286. einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.
  1287. Die Antidiskriminierungsstelle soll aber auch verstärkt selbst
  1288. aktiv werden, um die Einhaltung der Antidiskriminierungsbestimmungen zu überprüfen, z. B. durch Testverfahren. Sowohl
  1289. Einzelpersonen als auch Verbände soll sie bei Klagen unterstützen. Sie soll außerdem sowohl öffentliche Stellen als auch Organisationen, Vereine und Unternehmen dabei beraten, wie sie
  1290. Diskriminierung vermeiden können. Die anonymisierte Bewerbung soll zumindest bei öffentlichen Stellen und bei Unternehmen mit Landesbeteiligung Standard werden.
  1291.  
  1292. 1.5 Integration heißt Anstrengung aller
  1293. „Eine Stadt für alle“ bedeutet, dass sich alle auf der Basis
  1294. gleicher Rechte, Pflichten und Chancen mit wechselseitigem
  1295. Respekt begegnen – egal ob sie aus Diyarbakir kommen oder
  1296. aus Gera, aus Ulm, Beirut, New York, Shanghai oder Szczecin
  1297. (Stettin).
  1298. Berlin war und ist eine Stadt der Zugezogenen, der Eingewanderten und ihrer Kinder. Zuwanderung hat dazu beigetragen,
  1299. dass unsere Stadt eine internationale, vielfältige und lebenswerte Metropole ist. Viele Migrantinnen und Migranten haben hier
  1300. nicht nur ihren Weg gemacht. Sie bauen längst aktiv mit an der
  1301. Zukunft Berlins, sind engagiert und sind bereit für mehr.
  1302. Es gibt aber auch Probleme. Die werden wir nur lösen können, wenn die Sorgen und Ängste wechselseitig ernst genommen werden und niemand auf reißerische Debattenbeiträge hereinfällt. Hindernisse der Integration gilt es gemeinsam
  1303. abzuräumen, statt nur zu streiten, wer in der Vergangenheit
  1304.  
  1305. 52
  1306.  
  1307. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1308. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1309.  
  1310. EINE STADT FÜR ALLE.
  1311.  
  1312. welche Verantwortung für mangelnde Integration getragen
  1313. hat. Integration heißt, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, damit alle gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen
  1314. Bereichen teilhaben. Berlin will es sich nicht leisten, Einzelnen
  1315. Chancen zu versagen. Und Berlin kann es sich nicht leisten,
  1316. Potentiale von Migrantinnen und Migranten zu vergeuden. Jeder vierte Berliner und jede vierte Berlinerin hat migrantische
  1317. Wurzeln, Tendenz steigend. Die Zukunft der Stadt hängt also
  1318. maßgeblich davon ab, dass Integration gemeinsam gelingt.
  1319. Das erfordert Anstrengungen und Respekt von allen Seiten.
  1320. Grüne sehen dabei nicht weg, sondern genauer hin, und wir
  1321. betrachten die verschiedenen Milieus genau. Viele Migrantinnen und Migranten sind durch die Art und Weise der Debatte
  1322. im letzten Jahr eher abgeschreckt. Sie finden sich zu Recht nicht
  1323. wieder in dem Zerrbild, das durch Schlagworte wie verbrecherische Familienclans, so genannte Ehrenmorde, Drogenhandel
  1324. und islamischer Fundamentalismus bestimmt ist. Wo immer
  1325. solche Probleme bestehen, müssen sie konsequent angegangen werden – und zwar mit den Migrantinnen und Migranten,
  1326. nicht gegen sie. Das gilt für alle Themen: vom Schulabbruch
  1327. bis zur Gewalt, von der Arbeitslosigkeit bis zur Zwangsverheiratung.
  1328.  
  1329. 1. Solidarisches Berlin
  1330.  
  1331. EINE STADT FÜR ALLE.
  1332.  
  1333. Integrationsblockaden bestehen vor allem dort, wo sich soziale
  1334. und rechtliche Ungleichheit, Bildungsarmut und Perspektivlosigkeit mit ethnischer Herkunft überlagern. Ausgrenzung und
  1335. Abgrenzung verschärfen die Spaltung. Das wollen wir überwinden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Gruppen von Eingewanderten doppelt so häufig arbeitslos sind wie der Berliner Durchschnitt. Dass ihre Kinder deutlich häufiger mit niedrigem oder
  1336. ohne Abschluss die Schule verlassen und für sie nur schlechte
  1337. Chancen auf einen Ausbildungsplatz bestehen, muss endlich
  1338. ein Ende haben.
  1339.  
  1340. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1341. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1342.  
  1343. 53
  1344.  
  1345. EINE STADT FÜR ALLE.
  1346.  
  1347. EINE STADT FÜR ALLE.
  1348.  
  1349. Arbeitsmarkt für alle
  1350. Auch bei der Berufsvorbereitung, bei der Ausbildung und
  1351. parallel zur Berufstätigkeit brauchen wir Maßnahmen zur
  1352. Integrations- und Sprachförderung. Wir werden das Handwerk
  1353. als Träger der beruflichen Integration mit seinen Problemen
  1354. nicht weiter alleinlassen. Gerade im Übergang zwischen der
  1355. schulischen und der beruflichen Bildung wollen wir sicherstellen, dass die Auszubildenden über die notwendigen Kenntnisse
  1356. und sozialen Voraussetzungen verfügen, um eine Ausbildung
  1357. erfolgreich abschließen zu können. Wir werden in Zusammenarbeit mit der HWK und IHK die Ausbildungs- und Integrationskompetenz der Betriebe stärken und gemeinsam Maßnahmen entwickeln, um einen erfolgreichen Start ins Berufsleben
  1358. zu ermöglichen. Die Arbeitsvermittlung wollen wir weiter interkulturell öffnen und dafür sorgen, dass die Jobcenter zielgerichtete Angebote machen und Maßnahmen entwickeln, die
  1359. Migrantinnen und Migranten weiterbringen.
  1360. Obwohl wir in Deutschland und Berlin dringend und zunehmend auf Fachkräfte angewiesen sind, verzeichnen wir derzeit
  1361. mehr Abwanderung als Zuwanderung. So sehen immer mehr
  1362. gut ausgebildete türkische Berlinerinnen und Berliner für sich
  1363. bessere Perspektiven in der Türkei als hier. Das liegt auch an der
  1364. Diskriminierung, die Menschen mit Migrationshintergrund im
  1365. Alltag und im Job erfahren – selbst bei gleicher Qualifikation.
  1366. Wir wollen nicht, dass aus den Kindern der Einwanderer jetzt
  1367. Auswanderer werden.
  1368.  
  1369. Schulen, die in besonderer Weise Integrationsaufgaben übernehmen, brauchen dafür besondere Mittel und Kapazitäten,
  1370. möglichst auch Personal mit eigenem Migrationshintergrund,
  1371. das Vorbild und Mittler sein kann, das gilt auch für das Gymnasium. Neben der gezielten Deutschförderung müssen Kinder
  1372. auch Zugang zu ihrer Kultur und Sprache bekommen. Lehrerinnen und Lehrer wollen wir unterstützen mit der Anerkennung
  1373. dieser wichtigen Arbeit als Arbeitszeit, mit Fort- und Weiterbildung, mit Supervision und Trainings und mit dem Einsatz
  1374. von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die ihnen zur
  1375. Seite stehen.
  1376.  
  1377. 54
  1378.  
  1379. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1380. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1381.  
  1382. 1. Solidarisches Berlin
  1383.  
  1384. 1. Solidarisches Berlin
  1385.  
  1386. Integration durch Bildung
  1387. Bildung ist mehr denn je ein Schlüssel zum persönlichen Erfolg
  1388. sowie zur gesellschaftlichen Integration. Darum brauchen wir
  1389. eine Qualitätsoffensive an allen Bildungseinrichtungen, die den
  1390. Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft gerecht
  1391. wird. Interkulturelle Erziehung und Bildung lässt Grenzen in den
  1392. Köpfen erst gar nicht entstehen. Ganz im Gegenteil – sie schafft
  1393. Begegnungen, baut Ängste ab und fördert den Dialog. Daher
  1394. wollen wir die interkulturelle Erziehung und Bildung zum festen
  1395. Bestandteil in den Bildungseinrichtungen machen. Gleiche Teilhabechancen erfordern gute Deutschkenntnisse, und zwar so
  1396. früh wie möglich. Dafür ist eine entsprechende Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher an den Kitas und der
  1397. Lehrerinnen und Lehrer unverzichtbar. Interkulturell geschultes
  1398. und möglichst mehrsprachiges Personal kann Brücken schlagen
  1399. zu den Communities und den Familien. In die Sprachförderung
  1400. müssen die Eltern einbezogen werden, durch konkrete Angebote wie Elternkurse und direkte Ansprache. Die Integrationskurse der Volkshochschulen sollten in den Kitas und Schulen
  1401. stattfinden können. Schulen müssen sich öffnen, mit anderen
  1402. Einrichtungen kooperieren und einen kurzen Draht schaffen.
  1403.  
  1404. Nicht nur offenem Rassismus muss weiterhin entschieden entgegengetreten werden. In einer Stadt für alle muss jeder Form
  1405. von struktureller Benachteiligung entgegengewirkt werden.
  1406. Wir wollen die Antidiskriminierungsstelle des Landes stärken,
  1407. damit sie besser gegen ungerechtfertigte Benachteiligung vorgehen kann.
  1408.  
  1409. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1410. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1411.  
  1412. 55
  1413.  
  1414. Anerkennungszentrum für ausländische Abschlüsse
  1415.  
  1416. 1. Solidarisches Berlin
  1417.  
  1418. Viele Berlinerinnen und Berliner können ihren Beruf nicht
  1419. ausüben, weil ihre im Ausland erworbenen Abschlüsse oder
  1420. Qualifikationen nicht anerkannt werden. Nicht nur der Bund,
  1421. sondern auch das Land ist in der Pflicht, diesen Missstand
  1422. gründlich zu beheben. Wir wollen eine zentrale Anlaufstelle,
  1423. die Unterstützung bietet bei den oft komplizierten und langwierigen Anerkennungsverfahren.
  1424. Das betrifft schulische, berufliche und universitäre Qualifikationen. Wenn eine volle Anerkennung der Abschlüsse nicht
  1425. möglich ist, sollen Wege der Nachqualifikation und Prüfung
  1426. aufgezeigt und vermittelt werden. Dazu müssen die anerkennenden Stellen eingebunden werden, von Hochschulen über
  1427. Kammern bis zu Berufsschulen.
  1428.  
  1429. Öffentlicher Dienst – offen für alle
  1430. Benachteiligung gibt es nicht nur in der Wirtschaft, sondern
  1431. auch im staatlichen Bereich. Die Behörden von Berlin müssen
  1432. für alle offen sein und ihr Personal soll der Vielfalt der Berliner
  1433. Bevölkerung entsprechen. Um in dieser Stadt effektiv arbeiten
  1434. zu können, braucht die Verwaltung schon heute die Fähigkeiten, das Wissen und die Kontakte von Migrantinnen und Migranten. Deren Kompetenzen werden künftig immer wichtiger
  1435. werden. Darum ist es richtig, Migrantinnen und Migranten
  1436. gezielt für den Öffentlichen Dienst zu gewinnen, sie mit Bewerbungstrainings zu unterstützen und Mehrsprachigkeit als
  1437. positives Einstellungskriterium zu berücksichtigen.
  1438.  
  1439. EINE STADT FÜR ALLE.
  1440.  
  1441. Die Residenzpflicht wollen wir abschaffen. Auch Menschen
  1442. ohne Papiere brauchen zumindest Zugang zur Gesundheitsversorgung. Alle Kinder sollen ihr Recht auf Bildung ohne Angst
  1443. vor Abschiebung wahrnehmen können. Dazu gehört, dass
  1444. auch die Familien eine Aufenthaltsperspektive erhalten.
  1445.  
  1446. 1. Solidarisches Berlin
  1447.  
  1448. EINE STADT FÜR ALLE.
  1449.  
  1450. Wir wollen, dass Berlin alle rechtlichen Spielräume auf Landesebene im Sinne einer menschen- und integrationsfreundlichen
  1451. Handhabung ausschöpft. Die Berliner Ausländerbehörde muss
  1452. an den Menschen und an Ihren Bedürfnissen orientiert werden
  1453. – etwa mit dezentralen Stellen.
  1454.  
  1455. Demokratische Beteiligung ausweiten
  1456. Derzeit sind über 16 Prozent der volljährigen Berlinerinnen und
  1457. Berliner vom Wahlrecht ausgeschlossen, weil sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Das wollen wir ändern. Wer in
  1458. Berlin lebt, soll das gemeinsame Leben mitgestalten. Darum
  1459. wollen wir alle Spielräume zur Einbürgerung nutzen und uns
  1460. im Bund für bessere Regelungen zum Erwerb der Staatsbürgerschaft einsetzen. Wir wollen zudem einen neuen Vorstoß
  1461. unternehmen, um zumindest auf Bezirksebene ein Wahlrecht
  1462. auch ohne deutschen Pass zu ermöglichen. Mit einer Änderung
  1463. der Verfassung von Berlin wollen wir erreichen, dass nicht nur
  1464. Deutsche und EU-Staatsangehörige die Bezirksverordnetenversammlung wählen können, sondern alle Berlinerinnen und
  1465. Berliner, die dauerhaft hier leben.
  1466.  
  1467. Integration folgt gemeinsamen Regeln
  1468. Integrationsverbote abschaffen, Teilhaberechte stärken
  1469. Das restriktive Ausländerrecht schafft mehr Probleme, als es
  1470. löst. Arbeitsverbote für bestimmte Gruppen kommen staatlichen Integrationsverboten gleich, ein unsicherer Aufenthaltsstatus, die Unterbringung in Heimen sind weitere Hürden.
  1471.  
  1472. 56
  1473.  
  1474. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1475. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1476.  
  1477. Dazu gehören die Anerkennung unserer Verfassung wie auch
  1478. das Recht jeder Person, sich frei zu entwickeln. Die Gleichheit
  1479. ist ebenso unverhandelbar wie die Religionsfreiheit. Darum setzen wir uns ebenso gegen Zwangsverheiratungen ein wie für
  1480. die Gleichbehandlung der Religionen und Weltanschauungen.
  1481.  
  1482. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1483. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1484.  
  1485. 57
  1486.  
  1487. Der Islam gehört zu Berlin
  1488.  
  1489. 1. Solidarisches Berlin
  1490.  
  1491. Der Islam gehört längst zu Berlin, deshalb wollen wir seine
  1492. verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung mit anderen
  1493. Religionen und Weltanschauungen auch auf Landes- und
  1494. Bezirksebene praktisch umsetzen. Das Recht der MuslimInnen
  1495. auf die Errichtung von Moscheen, Cem- und Gebetshäusern
  1496. ist für uns selbstverständlicher Teil muslimischer Religionsausübung. Dazu gehören für uns auch die Einrichtung eines Lehrstuhls für islamische Theologie an einer Berliner Hochschule
  1497. zur Ausbildung von ReligionslehrerInnen für Berliner Schulen
  1498. und die Weiterentwicklung der Curricula für islamischen Religionsunterricht mit VertreterInnen der muslimischen Glaubensgemeinschaften in Berlin. Außerdem setzen wir uns für
  1499. den Abbau von Vorurteilen durch konkrete Aufklärungs- und
  1500. Partizipationsinitiativen auf Bezirks- wie auf Landesebene ein.
  1501.  
  1502. 1.6 Nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik
  1503. Ein solidarisches Berlin kann es ohne eine nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik nicht geben. Nur Reiche können sich
  1504. einen armen Staat leisten, sie profitieren von sicheren Geldanlagemöglichkeiten und ihre Kinder erben Vermögen statt
  1505. Schulden. Die weniger Wohlhabenden leiden dagegen schon
  1506. heute – und noch mehr in der Zukunft – als Erstes unter den
  1507. steigenden Zinskosten und der maroden Infrastruktur. Eine
  1508. Stadt für alle – das heißt, durch Haushaltskonsolidierung und
  1509. finanzpolitische Redlichkeit Gestaltungsspielräume für unsere
  1510. Zukunftsaufgaben Bildung, Arbeit und Klima zu eröffnen. Nur
  1511. ein handlungsfähiger Staat kann die Teilhabe aller ermöglichen
  1512. und den Zusammenhalt unterstützen.
  1513. Eine Stadt für alle – das schließt unsere Kinder und Kindeskinder und geschlechtergerechtes Handeln mit ein. Wir dürfen
  1514.  
  1515. 58
  1516.  
  1517. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1518. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1519.  
  1520. EINE STADT FÜR ALLE.
  1521.  
  1522. nicht weitere Lasten auf die Schultern künftiger Generationen
  1523. häufen, sei es in Form von verfallenden Schulgebäuden, steigenden Schulden und damit Zinsen oder hohen Folgekosten,
  1524. die aufgrund von Kürzungen an falschen Stellen entstehen.
  1525. Um diese Ziele zu verwirklichen, müssen wir uns um eine
  1526. Entlastung des Landeshaushalts und Mehreinnahmen durch
  1527. wirtschaftliche Dynamik bemühen. Da über viele Steuern auf
  1528. Bundesebene entschieden wird, müssen wir uns zudem über
  1529. den Bundesrat für ein Ende der Klientelgeschenke und eine
  1530. nachhaltige Steuerpolitik auf Bundesebene einsetzen. Und wir
  1531. müssen kreativ denken – wie können wir bürgerschaftliches Engagement auch im Bereich der Finanzen fördern?
  1532. Wir müssen aber auch sparen. Entscheidend ist dabei die Frage, wo wir sparen. Wir müssen künftig jeden Euro zwei Mal
  1533. umdrehen und die öffentlichen Mittel sinnvoll, das bedeutet
  1534. vor allem nachhaltig – sozial verträglich und ökologisch vernünftig – verwenden. Gleichzeitig dürfen wir nicht den Fehler
  1535. machen, an Stellen zu kürzen, wo hohe Folgekosten entstehen.
  1536. Uns geht es dabei nicht nur um den Abbau der finanziellen,
  1537. sondern auch um den Abbau der sozialen und ökologischen
  1538. Verschuldung Berlins. Grüne Haushalts- und Finanzpolitik hat
  1539. das Ganze im Blick, investiert gezielt in die Zukunft und verändert Strukturen, um so langfristig Geld zu sparen, anstatt die
  1540. Kosten einfach nur in die Zukunft zu schieben.
  1541.  
  1542. 1. Solidarisches Berlin
  1543.  
  1544. EINE STADT FÜR ALLE.
  1545.  
  1546. Schulden haben keine Zukunft – sozial-ökologisch
  1547. investieren
  1548. Die Folgen der Wiedervereinigung, die Rekordarbeitslosigkeit
  1549. Anfang dieses Jahrhunderts und zuletzt die Weltwirtschaftskrise
  1550. haben tiefe Spuren im Berliner Haushalt hinterlassen. Und als
  1551. wäre das nicht genug, hat sich Rot-Rot in der letzten Legislaturperiode den größten Ausgabenanstieg seit 1995 geleistet. Die
  1552. neue Regierung wird eine schwere Erblast übernehmen müssen.
  1553.  
  1554. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1555. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1556.  
  1557. 59
  1558.  
  1559. 1. Solidarisches Berlin
  1560.  
  1561. Zudem gilt seit 2011 die von der schwarz-roten Bundesregierung beschlossene und im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Unabhängig von der Schuldenbremse sind Schulden
  1562. irgendwann ein Problem.
  1563. Das Land Berlin hat mehr als 60 Milliarden Euro Schulden. Daraus resultiert eine Zinslast von derzeit etwa 2,2 Milliarden Euro
  1564. pro Jahr, das sind rund elf Prozent der jährlichen Einnahmen.
  1565. Sollten die Zinssätze um nur ein Prozent steigen, würden dem
  1566. Landeshaushalt weitere 600 Millionen Euro für staatliche Leistungen und Zukunftsinvestitionen fehlen. Die Uhr tickt – aber
  1567. die rot-rote Koalition stellt sich schlafend. Dass der regierende
  1568. Bürgermeister die Armut auch noch zum Label der Stadt macht,
  1569. ist vor diesem Hintergrund besonders geschmacklos.
  1570. Dabei sind sich die Bürger und Bürgerinnen mehr als je zuvor der Risiken der enormen Staatsverschuldung bewusst. Wir
  1571. nehmen das ernst und wollen das Vertrauen der Menschen in
  1572. die Handlungsfähigkeit Berlins zurückerobern. In Berlin ist es
  1573. daher höchste Zeit, die Schulden zu begrenzen. Haushaltskonsolidierung funktioniert aber nur, wenn es dafür einen politischen Willen gibt. Wir haben den Willen. Wir werden uns für
  1574. Zukunftsinvestitionen einsetzen, die langfristig Geld einsparen,
  1575. wie die energetische Gebäudesanierung, wir werden alle Ausgaben kritisch prüfen und dort, wo es möglich ist, Einsparungen vornehmen und wir werden uns in Berlin und vor allem
  1576. über den Bundesrat dafür einsetzen, dass die öffentliche Hand
  1577. genügend Mittel hat, um ihre Aufgaben, wie gute Bildung für
  1578. alle, erfüllen zu können.
  1579. Trotzdem wird es noch Jahre dauern, bis Berlin aus eigener
  1580. Kraft den hohen Ausstattungsgrad der öffentlichen Hand und
  1581. der Sozial-, Kultur- und Bildungsinstitutionen tragen kann. In
  1582. der Zwischenzeit werden wir mit dem auskommen müssen,
  1583. was wir heute haben.
  1584.  
  1585. 60
  1586.  
  1587. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1588. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1589.  
  1590. EINE STADT FÜR ALLE.
  1591.  
  1592. Die Verfassung schreibt vor, das strukturelle Haushaltsdefizit in
  1593. den nächsten zwei Legislaturperioden bis zum Jahr 2020 abzubauen. Obendrein muss Berlin den Abbau des Solidarpakts
  1594. Ost in Höhe von jährlich etwa 150 Millionen Euro kompensieren. Der danach verbleibende Verteilungsspielraum ist derart
  1595. gering, dass alle ausgabenwirksamen Maßnahmen unter dem
  1596. Vorbehalt stehen, sie durch Umschichtung innerhalb des Haushalts zu finanzieren. Zudem ist der Haushalt steigenden Kosten
  1597. ausgesetzt, die sich nicht vermeiden lassen. Dazu gehören Gehälter, Pensionen und Sozialleistungen oder steigende Kosten
  1598. durch erfreulicherweise wachsende Kinderzahlen in Kitas.
  1599.  
  1600. 1. Solidarisches Berlin
  1601.  
  1602. EINE STADT FÜR ALLE.
  1603.  
  1604. Alle Parteien in Berlin haben gerechnet und sind sich im Ergebnis einig: Wollen wir handlungsfähig sein, müssen wir in der
  1605. kommenden Legislaturperiode angesichts der unvermeidlichen
  1606. Kostensteigerungen mindestens 500 Millionen Euro effektiv
  1607. einsparen. Eine Strukturbereinigung in diesem Umfang ist nicht
  1608. einfach. Doch für einen zügigen, sozial und ökologisch gerechten Schuldenabbau braucht es uns Grüne!
  1609.  
  1610. Ausgabenkritik – wo können wir sparen?
  1611. Wir sind auch bereit, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.
  1612. Wahlgeschenke wird es keine geben und mit Ausnahme der
  1613. Bildung werden wohl alle Politikbereiche von Budgetkürzungen betroffen sein. Dazu werden wir uns dem Ausgabenvergleich mit anderen Stadtstaaten stellen und unter dem Strich
  1614. Subventionen in Höhe von rund 250 Millionen Euro einsparen
  1615. müssen. Für uns stehen die Effizienzsteigerungen eindeutig vor
  1616. der Streichung von Leistungen.
  1617. Ein weiteres Beispiel für Effizienzreserven ist die Erbringung
  1618. und das Zustandekommen sozialer Leistungen Berlins. Dort
  1619. herrscht ein Wildwuchs von Kostensätzen und intransparenten
  1620.  
  1621. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1622. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1623.  
  1624. 61
  1625.  
  1626. 1. Solidarisches Berlin
  1627.  
  1628. Verwaltungsregelungen, die aus den sozialen Zielsetzungen
  1629. nicht mehr zu erklären sind. Wenn es gelingt, die sozialen
  1630. Leistungen in Zukunft zielgenau wirksam und bedarfsgerecht
  1631. bereitzustellen und vergleichbare Leistungen auch gleich zu
  1632. entgelten, könnten in diesem Sektor strukturelle Einsparungen
  1633. erzielt werden, und dies nicht zu Lasten der Betroffenen. Ein
  1634. Weg dahin wäre die flächendeckende Einführung von Leistungsverträgen im sozialen Bereich.
  1635. Es muss mehr Geld für Zukunftsgestaltung zur Verfügung stehen und dafür weniger für Verwaltung, Prestigeobjekte und
  1636. Subventionen ausgegeben werden. Wir werden die Reserven
  1637. aufdecken und Blockaden aufheben. An erster Stelle stehen
  1638. Transparenz, die Abschaffung von Schattenhaushalten und
  1639. eine detaillierte Analyse. Wo stecken Reserven, wo wird Energie und Potential verschleudert – sei es etwa durch schlechte
  1640. Strukturen oder Doppelzuständigkeiten. Konsequent müssen
  1641. wir alle Ressorts auf den verschiedenen Ebenen der politischen
  1642. Entscheidungsprozesse auf Effizienz, Einsparmöglichkeiten
  1643. oder gar Überflüssiges durchleuchten.
  1644.  
  1645. Verwaltung der Verwaltung - schlanker und besser
  1646. Deutliche Effizienzreserven stecken in der sogenannten Querschnittsverwaltung – dazu gehören die Personalverwaltung,
  1647. Gebäudebewirtschaftung und Informationstechnologie. Diese Bereiche verschlingen allein mit rund 2,5 Milliarden Euro
  1648. ein Drittel der gesamten Personalkosten und über die Hälfte
  1649. der Sachkosten. Die Pensionierungswelle bietet die einmalige
  1650. Chance, in eine moderne Service-Architektur einzusteigen,
  1651. statt die alten Strukturen aufzufüllen. Zehn Prozent der heutigen Kosten – also 250 Millionen Euro – dürften durch eine
  1652. Reform der „Verwaltung der Verwaltung“ mindestens einzusparen sein.
  1653.  
  1654. 62
  1655.  
  1656. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1657. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1658.  
  1659. EINE STADT FÜR ALLE.
  1660.  
  1661. Stärkung der Habenseite
  1662. Bei der Sanierung des Haushaltes und der Eröffnung neuer
  1663. Handlungsspielräume setzen wir auch auf höhere Einnahmen.
  1664. Einnahmezuwächse entstehen vor allem durch eine Verbesserung der ökonomischen Basis Berlins, durch unseren grünen
  1665. wirtschaftspolitischen Kurs. Hätte Berlin die bundesdurchschnittliche Wirtschaftskraft, hätten wir 500 Millionen Euro
  1666. mehr an kommunalen Steuereinnahmen. Durch die Stärkung
  1667. der Green Economy, die Ansiedlung grüner Industrie sowie die
  1668. Unterstützung der Dienstleistungsunternehmen sorgen wir für
  1669. wirtschaftliche Dynamik und schaffen 100.000 neue Arbeitsplätze. So kann Berlin eine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen. Das bündelt Energien, macht die Stadt lebenswerter
  1670. und schafft neue Einnahmen und Entlastungen bei den Sozialleistungen.
  1671.  
  1672. 1. Solidarisches Berlin
  1673.  
  1674. EINE STADT FÜR ALLE.
  1675.  
  1676. Wir werden uns zudem auf allen politischen Ebenen und insbesondere zusammen mit den anderen finanzschwachen Bundesländern weiter dafür einsetzen, dass die Bundespolitik endlich
  1677. ihren Beitrag zur Konsolidierung der Länder- und Gemeindefinanzen leistet. Anstatt Kommunen so auszustatten, dass sie
  1678. ihre Aufgaben gut erfüllen können, wurden die einnahmestärkeren Jahre der Vergangenheit dazu verwendet, bei Umsatzund Abgeltungssteuer Steuergeschenke zu verteilen. Wer über
  1679. die Steuerquote nicht reden will, sollte über die Verschuldung
  1680. der öffentlichen Haushalte lieber schweigen. Die neuen Mehrheiten im Bundesrat haben die Bedingungen verbessert, den
  1681. finanzpolitischen Kurs der Steuergeschenke zu beenden.
  1682. Aber auch die wirtschaftlich Leistungsfähigen sollen einen
  1683. Beitrag zu den öffentlichen Einnahmen und zum Lastenausgleich leisten. Daher wollen wir gemeinsam mit der Berliner
  1684. Wirtschaft erreichen, dass über die Gewerbesteuer 150 Millionen Euro zusätzlich fließen. In der Finanzsteuerverwaltung
  1685.  
  1686. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1687. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1688.  
  1689. 63
  1690.  
  1691. 1. Solidarisches Berlin
  1692.  
  1693. wollen wir das Personal aufstocken. Es kann nicht sein, dass
  1694. dem Land und damit den Bürgerinnen und Bürgern jedes Jahr
  1695. Millionen durch Steuerhinterziehung entgehen. Zudem befürworten wir eine „City-Tax“ auf jede Übernachtung in Hotels
  1696. und Pensionen, die für den einzelnen Touristen ein kleiner Beitrag ist, der Stadt und den Bezirken aber hilft, steigende Kosten
  1697. durch das Anwachsen der Touristenströme zu begleichen und
  1698. so die finanzielle Situation zu verbessern. Berlin könnte damit
  1699. ungefähr 40 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen erzielen.
  1700. Darüber hinaus streben wir eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer an, die nicht nur weitere Einnahmen erzielt, sondern
  1701. auch die Spekulationswelle in Teilen des Berliner Wohnungsmarkts dämpft. Eine weitere Maßnahme zur Entlastung des
  1702. Wohnungsmarkts und Einnahmensteigerung ist die Anhebung
  1703. der Zweitwohnungssteuer.
  1704.  
  1705. Bürgerschaftliches Engagement – auch bei Finanzfragen!
  1706. Viele Bürgerinnen und Bürger haben erkannt, dass Berlin angesichts der strukturellen Unterfinanzierung nicht mehr in der
  1707. Lage ist, alle notwendigen kommunalen Strukturen aufrechtzuerhalten. Deshalb unterstützen wir die Bereitschaft vieler
  1708. BürgerInnen, die Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu übernehmen. Unser Ziel ist dabei nicht, die Privatisierungsfehler der
  1709. Vergangenheit zu wiederholen, sondern privates und öffentliches Geld miteinander zu versöhnen. Denkbar ist die Finanzierung ausgewählter Vorhaben in Form von privatwirtschaftlichen Organisationen wie Genossenschaften, Stiftungen oder
  1710. Bürgerfonds. BürgerInnen stellen die Finanzierung im Tausch
  1711. gegen inhaltliche Mitgestaltung bereit.
  1712. Öffentliche Ausgaben, die nicht der allgemeinen Daseinsvorsorge dienen, sollten stärker an den von Quartier zu Quartier
  1713. unterschiedlichen Interessenlagen ausgerichtet sein. Daher
  1714.  
  1715. 64
  1716.  
  1717. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1718. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1719.  
  1720. EINE STADT FÜR ALLE.
  1721.  
  1722. können wir uns vorstellen, die Gründung von BürgerInnenräten
  1723. zu unterstützen und die öffentlichen Ausgaben in einer stadträumlichen Kleinregion (Quartier oder Stadtteil) zu überprüfen
  1724. und zu beraten. Diese BürgerInnenräte wollen wir mit angemessenen Rechten und Pflichten ausstatten.
  1725.  
  1726. 1. Solidarisches Berlin
  1727.  
  1728. EINE STADT FÜR ALLE.
  1729.  
  1730. 1.7 Teilhabe durch öffentliche Institutionen
  1731. Wir werden im Bereich der Daseinsvorsorge die politische Steuerung mit der Flexibilität des Marktes verbinden. Wo keine funktionierenden Märkte bestehen oder bestehen können, muss
  1732. der Staat die Versorgung der Bevölkerung in die eigene Hand
  1733. nehmen und zugleich für Kontrolle und Transparenz sorgen.
  1734. Öffentliche Daseinsvorsorge muss die Teilhabe aller an zentralen Gütern wie Bildung, Gesundheit oder Arbeit sicherstellen.
  1735. Eine Stadt für alle – dafür brauchen wir einen Sozialstaat, der
  1736. befähigt, der fördert und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gewährleistet. Dazu müssen wir für eine ausreichende
  1737. Finanzierung aber auch für effiziente Strukturen sorgen. Nur
  1738. wenn die sozialen Leistungen zielgenau und bedarfsgerecht
  1739. bereitgestellt werden, ist ein solidarisches Berlin möglich.
  1740.  
  1741. Die Landesunternehmen in den Dienst der Menschen
  1742. stellen
  1743. Das Wirken und Zusammenwirken der 60 Berliner Landesunternehmen ist ein wichtiges Kapital für ein solidarisches und
  1744. lebenswertes Berlin.
  1745. Die Landesunternehmen können aber nur dann gute Dienstleistungen für alle erbringen, wenn sie wirtschaftlich handeln.
  1746. Viele Unternehmen des Landes Berlins weisen nach wie vor
  1747. einen enormen Sanierungsbedarf auf und haben mit einer
  1748.  
  1749. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1750. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1751.  
  1752. 65
  1753.  
  1754. 1. Solidarisches Berlin
  1755.  
  1756. hohen Verschuldung zu kämpfen. Die unzureichende Finanzkraft vieler bedeutender Landesunternehmen hat außerdem zur
  1757. Folge, dass notwendige Investitionen Jahr für Jahr verschoben
  1758. werden. Das führt letztlich dazu, dass auch bei öffentlicher Daseinsvorsorge Qualität oder Preis vielfach nicht stimmen in Berlin. Eine Gesamtschuldenlast der Landesunternehmen Berlins
  1759. von ca. 11 Milliarden Euro ist zudem ein zusätzliches Risiko zu
  1760. Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die im Widerspruch zur (Daseins)Vorsorge stehen. Um der öffentlichen Daseinsvorsorge gerecht zu werden, ist eine weitere Sanierung der
  1761. Landesunternehmen daher unverzichtbar. Leistungsfähig und
  1762. zukunftsorientiert können die Unternehmen nur sein und bleiben, wenn sie eine nachhaltige Investitionsstrategie verfolgen.
  1763. Wir wollen die Verschwendung der Ressourcen in den
  1764. öffentlichen Unternehmen – sei es durch ineffiziente Strukturen
  1765. oder durch Vetternwirtschaft – beenden.
  1766.  
  1767. Sozial-ökologisches Leitbild, Transparenz und Kontrolle
  1768. Aussagen, Staatsunternehmen seien per se demokratischer und
  1769. sozialer als jede Marktwirtschaft sind ebenso falsch, wie die
  1770. Annahme, Private könnten sowieso alles besser. Auch die These der Linken, dass Staatsunternehmen geringere Risiken für
  1771. die Steuerzahlenden bergen, ist irreführend. Nehmen wir die
  1772. Berliner Bankengesellschaft– sie hat beim Finanzpoker deutlich
  1773. verloren und Milliardenschulden zu Lasten der Berliner Bevölkerung hinterlassen.
  1774. Wir sprechen uns klar gegen eine weitere Privatisierung von
  1775. Berliner Landesunternehmen aus dem Bereich der Daseinsvorsorge aus. Gleichzeitig lehnen wir die milliardenschweren,
  1776. durch nichts gedeckten Rekommunalisierungsversprechen von
  1777. Rot-Rot ab. Eine Verstaatlichung von Unternehmen kommt für
  1778. uns nur dann in Frage, wenn das Kosten- und Nutzenverhältnis
  1779.  
  1780. 66
  1781.  
  1782. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1783. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1784.  
  1785. EINE STADT FÜR ALLE.
  1786.  
  1787. stimmt, es finanzierbar ist und eine soziale und ökologische
  1788. Verbesserung für die Berlinerinnen und Berlinern damit erreicht
  1789. werden kann.
  1790. Berlin muss nicht alle Unternehmen besitzen, sondern klare
  1791. Ziele setzen, Regeln formulieren und eine intelligente und professionelle Kontrolle über deren Wirtschaften ausüben. Wo wollen wir hin? Wem nützt was? Nur wenn wir diese Frage beantworten, können wir entscheiden, was dem sozialen Ausgleich
  1792. dient, der Freiheit der Schwachen, deren Selbstbestimmung wir
  1793. wollen. Unser Ziel für die Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand
  1794. und jegliche Beteiligung an Unternehmen sind sozialere Preise
  1795. sowie eine umweltbewusste Investitionstätigkeit. Wir wollen
  1796. die staatlichen Unternehmen zu Vorbildern für sozial und ökologisch verantwortungsvolles Wirtschaften entwickeln.
  1797. Um das zu steuern, wollen wir ein effizientes Beteiligungsund Risikomanagement für alle Landesunternehmen Berlins
  1798. schaffen. Grundlage dafür ist vor allem die Schaffung von
  1799. mehr Transparenz. Gebühren und Tarife für Müll, Verkehr oder
  1800. Wasser können erst dann als angemessen bewertet werden,
  1801. wenn deren Entstehung nachvollziehbar belegt wird und sie
  1802. einem Preisvergleich standhalten. Auch beim Management in
  1803. öffentlichen Institutionen wollen wir durch die Offenlegung
  1804. sämtlicher Bezüge für eine angemessenere Vergütung sorgen.
  1805. Die Umsetzung von politischen Zielen in Beteiligungsunternehmen wollen wir durch die Entsendung von Vertreterinnen und
  1806. Vertretern der öffentlichen Hand in die Aufsichtsräte oder Gewährträgerversammlungen sicherstellen.
  1807.  
  1808. 1. Solidarisches Berlin
  1809.  
  1810. EINE STADT FÜR ALLE.
  1811.  
  1812. Außerdem wollen wir die Rechnungshofbefugnisse des Parlaments stärken. In zwei Wahlperioden hat es Rot-Rot nicht
  1813. geschafft, dass sich etwa der städtische Klinikbetreiber Vivantes einer solchen Prüfung stellt, die Unregelmäßigkeiten aufdecken kann.
  1814.  
  1815. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1816. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1817.  
  1818. 67
  1819.  
  1820. Wer in Berlin Grün wählt …
  1821. 1. Solidarisches Berlin
  1822.  
  1823.  
  1824.  
  1825.  
  1826. 68
  1827.  
  1828. stimmt für öffentliche Institutionen, die eine gute
  1829. Versorgung für alle gewährleisten.
  1830. stimmt für eine Arbeitsvermittlung, die Arbeitssuchenden
  1831. auf Augenhöhe begegnet und sie in ihren Fähigkeiten
  1832. und Interessen unterstützt.
  1833. wählt ein solidarisches Gesundheitssystem und eine
  1834. menschenwürdige Pflege.
  1835. stimmt für eine Politik der Vielfalt, der Toleranz und der
  1836. Anerkennung
  1837. stimmt für eine Integrationspolitik, die alle Menschen
  1838. teilhaben lässt – auf der Basis gleicher Rechte, Pflichten
  1839. und Chancen.
  1840. stimmt für bezahlbares Wohnen in allen Bezirken.
  1841. weiß, dass eine Reduzierung der Neuverschuldung
  1842. notwendig ist, weil jeder Euro für Zinsen eine Belastung
  1843. für kommende Generationen und ein solidarisches Berlin
  1844. darstellt.
  1845.  
  1846. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1847. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1848.  
  1849. EINE STADT FÜR ALLE.
  1850.  
  1851. „Probleme kann man niemals mit
  1852. denselben Denkweisen lösen,
  1853. mit denen sie entstanden sind.“
  1854. (Albert Einstein)
  1855.  
  1856. 2. Prosperierendes Berlin
  1857.  
  1858. EINE STADT FÜR ALLE.
  1859.  
  1860. 2. Prosperierendes Berlin
  1861. Berlins Wirtschaft soll wachsen –
  1862. aber richtig!
  1863. Wir stehen am Anfang der dritten – der grünen – industriellen Revolution. Klimawandel und Verknappung der natürlichen
  1864. Ressourcen ziehen weltweit weitreichende Konsequenzen nach
  1865. sich. Wollen wir unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen
  1866. erhalten, müssen wir anders produzieren, anders transportieren, anders konsumieren und anders wachsen. Wer ökologisch
  1867. produziert, produziert auch ökonomisch vernünftig. Wer energieeffiziente und verbrauchsarme Produkte herstellt, hat auch
  1868. weltweit die Nase vorn. Und wer die Politik, die das erkennt, zu
  1869. fördern und zu nutzen weiß, ist grün.
  1870. Nie waren die Chancen größer als heute, dass Berlin von dem
  1871. enormen Wachstum der Umweltbranchen profitiert. Dafür werden wir Ressourcen und Potentiale – insbesondere Fachkräfte,
  1872. das umfangreiche Flächenangebot und die Wissenschaftslandschaft Berlins – miteinander verknüpfen und für das neue Wirtschaften nutzbar machen. Unser Ziel: Berlin als Standort zukunftsweisender Produktion und grüner Industrie auszubauen.
  1873. Diese Stadt soll ein Synonym für innovative und zukunftsfähige
  1874. Wirtschaft sein. Neue und vorhandene Unternehmen werden
  1875.  
  1876. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1877. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1878.  
  1879. 69
  1880.  
  1881. wir mit Wissenstransfer aus den Universitäten und gezielter Förderung unterstützen; Gesundheitswirtschaft, Kreativwirtschaft,
  1882. nachhaltigen Tourismus und den Bereich der neuen Mobilität
  1883. zu Aushängeschildern nachhaltigen Wirtschaftens machen. Die
  1884. neue Marke Berlin wird verbreitet werden über grüne Produkte
  1885. und Dienstleistungen, die in alle Welt exportiert werden.
  1886. 2. Prosperierendes Berlin
  1887.  
  1888. Politik kommt die Rolle zu, wirtschaftliche Dynamik zu fördern
  1889. und zu fordern sowie ökologische und soziale Leitplanken vorzugeben, z. B. durch ein Klimaschutzgesetz und Mindestlöhne.
  1890. Sinnvolle Regulierung mit einer eindeutigen Werteorientierung
  1891. in einem verbindlichen, klaren und transparenten Rahmen ist
  1892. das, was grüne Wirtschaftspolitik ausmacht. Mit diesen Leitlinien wollen wir Berlins Wirtschaft zukünftig weiterentwickeln.
  1893. Aufschwung braucht Dialog und konkrete Projekte. In Berlin
  1894. wird außerordentlich viel gedacht, konzipiert, entworfen – und
  1895. die Ergebnisse werden dann allzu oft einfach nicht umgesetzt.
  1896. Das wollen wir ändern. Wir wollen mit der Berliner Wirtschaft
  1897. einen Pakt für Wirtschaft und Arbeit transparent und offen
  1898. aushandeln, in dem wir Ziele und Projekte vereinbaren und gegenseitige Verpflichtungen festhalten. Wir begreifen die Wirtschaft als Partner, mit dem wir gemeinsam Neues entwickeln.
  1899. Wir wollen weg von „leeren“ Gesamtkonzepten, hin zu konkreten, fassbaren Projekten, die in der Verwaltung verankert
  1900. und personell untersetzt sind. Wir laden alle ein, diese Projekte
  1901. mit uns zu entwerfen und umzusetzen – die Berliner Wirtschaft,
  1902. die Gewerkschaften, Verbände und die Berlinerinnen und Berliner. Gemeinsam machen wir die Zukunft für alle möglich.
  1903. In vielen Bereichen ist die Berliner Wirtschaft Weltklasse.
  1904. Sei es die Kreativwirtschaft, der Tourismus, die Gesundheitswirtschaft oder die einzigartige Forschungs- und Hochschullandschaft. Das Berliner Handwerk genießt international einen
  1905. guten Ruf. Die Produkte vieler Berliner Unternehmen sind
  1906.  
  1907. 70
  1908.  
  1909. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1910. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1911.  
  1912. EINE STADT FÜR ALLE.
  1913.  
  1914. Spitzenreiter im Bereich Klimaschutz, erneuerbare Energien und
  1915. Ressourceneffizienz. Berlins Wirtschaft ist international gut vernetzt. Wir haben die richtigen Zutaten für einen Berlin-Boom,
  1916. wir könnten schon längst mehr Arbeitsplätze, höhere Löhne
  1917. und Honorare haben. Dennoch haben wir immer noch eine der
  1918. höchsten Arbeitslosenzahlen im Bundesvergleich. In Berlin wird
  1919. immer noch weniger verdient als in München, Stuttgart oder
  1920. Hamburg. Das wollen wir ändern.
  1921.  
  1922. 2. Prosperierendes Berlin
  1923.  
  1924. EINE STADT FÜR ALLE.
  1925.  
  1926. „Eine Stadt für alle“, dafür brauchen wir Wirtschaftskraft und
  1927. Wirtschaftswachstum, das nachhaltig und klimaschonend ist,
  1928. denn nur so können wir nachhaltig Arbeit und soziale Sicherheit für alle schaffen. Wir wollen ein solidarisches Miteinander,
  1929. ein Berlin der Arbeitsgerechtigkeit, wo jede und jeder Zugang
  1930. zu guter Arbeit und einem angemessenen Einkommen hat.
  1931. Und wir wollen ein Berlin, in dem unternehmerisches Handeln
  1932. und wirtschaftliches Engagement willkommen sind. Berlin soll
  1933. wieder zu einem Wirtschaftsstandort werden, von dem weltweit bekannt ist, dass es sich lohnt, hier zu investieren. Für
  1934. Berlin als grünen Wirtschaftsstandort national wie international zu werben – das wird zu den ersten Amtshandlungen einer
  1935. grünen Bürgermeisterin gehören. Berlin hat sich zu einem internationalen Magneten entwickelt. Aus aller Welt kommen die
  1936. Menschen zu uns, weil Kreativität und Freiheit einladen, hier
  1937. zu leben. Diese Kraft, die uns jährlich Millionen von Besuchern
  1938. beschert, gilt es auch in anderen Branchen in Wirtschaftskraft
  1939. und Arbeitsplätze umzusetzen.
  1940. Unser Ziel: 100.000 neue, zukunftsfeste Arbeitsplätze für
  1941. Berlin und damit eine drastische Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Das ist zu schaffen, wenn wir den bestehenden Berliner
  1942. Unternehmen – ob im Konzern, als klein- und mittelständische
  1943. Einzelunternehmen oder Handwerksbetrieb – ermöglichen
  1944. zu wachsen. Wir wollen Unternehmen weltweit für Berlin als
  1945.  
  1946. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1947. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1948.  
  1949. 71
  1950.  
  1951. 2. Prosperierendes Berlin
  1952.  
  1953. Investitions- und industriellen Produktionsstandort begeistern.
  1954. Neue Ideen aus Berlin sollen zu Unternehmungen werden. Wir
  1955. wollen insbesondere wohnortnahe Arbeitsplätze fördern.
  1956. Für die wirtschaftliche Entwicklung wird entscheidend sein,
  1957. ob in Berlin ausreichend Fachkräfte vorhanden sind. 237.000
  1958. sollen in den nächsten zehn Jahren fehlen. Das entspricht in
  1959. etwa unserer Arbeitslosenzahl. Ein unhaltbarer Zustand. Niedriger Qualifikation von Erwerbslosen und mangelnder Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen wollen wir in Kooperation mit
  1960. der Berliner Wirtschaft mit Qualifizierungs- und Ausbildungsinitiativen begegnen.
  1961. Eine Weltmetropole kann nur prosperieren, wenn sie gut erreichbar ist – mit allen Verkehrsmitteln. Ein leistungsstarker
  1962. Flughafen BBI Willy Brandt mit interkontinentalen Verbindungen ist dafür unabdingbar. Auf kurzen Strecken hat die Bahn
  1963. für uns Vorrang vor klimaschädlichem Flugverkehr. Das Recht
  1964. der betroffenen Menschen in Berlin und Brandenburg auf
  1965. Schutz vor Fluglärm und auf Erhalt der Nachtruhe – kurzum
  1966. auf Gesundheit – setzt aber enge Grenzen. Das gilt auch für
  1967. den Werterhalt von Grundstücken. Es ist Aufgabe der Politik,
  1968. die wirtschaftlichen Interessen der Stadt, des neuen Flughafens
  1969. und die Rechte der Betroffenen zum Ausgleich zu bringen. Bisher hat Klaus Wowereit dabei versagt. Die Diskussion um veränderte Flugrouten, die für den gesamten Standort schädlich
  1970. ist, wäre vermeidbar gewesen, wenn der Senat von Anfang an
  1971. mit offenen Karten gespielt hätte. Er hat bewusst verschwiegen, dass sich die Flugrouten und damit die Belastungen ändern werden. Alle Fakten auf den Tisch! Das ist der Ausgangspunkt, um über Lärmschutz und Nachtflugverbot zu reden. Ein
  1972. transparentes Verfahren wird dafür sorgen, dass alle Akteure
  1973. den BBI auch unter Betrieb akzeptieren. So wird der Flughafen
  1974. ein Erfolg für Berlin.
  1975.  
  1976. 72
  1977.  
  1978. Abgeordnetenhauswahl 2011
  1979. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  1980.  
  1981. EINE STADT FÜR ALLE.
  1982.  
  1983. 2.1 Grüne industrielle Revolution
  1984. Produzierende Unternehmen sind Nachfrager und Schrittmacher für produktionsnahe und häufig wissensintensive
  1985. Dienstleistungen, z. B. im Bereich der Datenverarbeitung oder
  1986. Logistik. Jeder neue Industriearbeitsplatz zieht drei Dienstleistungsjobs nach sich. Die grüne industrielle Revolution schafft
  1987. wichtige Impulse für die ökologische Ausrichtung der Dienstleistungen und nicht zuletzt die ökologische Fokussierung von
  1988. Forschung und Entwicklung.
  1989.  
  1990. 2. Prosperierendes Berlin
  1991.  
  1992. EINE STADT FÜR ALLE.
  1993.  
  1994. Berlin ist besser als andere Bundesländer durch die Krise gekommen. Doch das täuscht nicht über zwei Probleme hinweg:
  1995. die geringe Industriebasis und das niedrige Level, auf dem sich
  1996. die Wirtschaftskraft Berlins bewegt. Derzeit gibt es in Berlin
  1997. nur noch ca. 100.000 Industriearbeitsplätze. Das sind etwa 30
  1998. Industriearbeitsplätze auf 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner. In Hamburg ist diese Quote doppelt so hoch. Im deutschen Durchschnitt erbringt die Industrie etwa 20 Prozent der
  1999. Wertschöpfung – in Berlin sind es nur elf Prozent. Die geringe
  2000. Exportquote macht uns nicht krisenfest, sondern chancenlos.
  2001. Mittelfristig müssen wir es schaffen, die Anzahl der Industriearbeitsplätze zu verdoppeln. Dabei setzen wir auf die Stärken
  2002. Berlins: erneuerbare Energien, Energietechnik und Energieeffizienz; Wasserwirtschaft, Rohstoff- und Materialeffizienz,
  2003. Kreislaufwirtschaft und Mobilität, aber auch auf internationale
  2004. Netzwerkbildungen, für die wir unsere Städtepartnerschaften,
  2005. die Universitäten und andere Initiativen nutzen können.
  2006. Das wird nur gelingen, wenn wir den Aufbau industrieller
  2007. Kapazitäten gezielt fördern und uns als Standort der Green
  2008. Economy aufstellen – mit Know-how, wissenschaftlicher
  2009. Begleitung und politischer Schirmherrschaft. Wir wollen den
  2010.  
  2011. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2012. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2013.  
  2014. 73
  2015.  
  2016. Masterplan Industrie energisch fortführen. Seine Maßnahmen
  2017. wollen wir auf die Förderung und den Ausbau grüner Industrien konzentrieren. Berlin soll zu d e m Standort für energiesparende, ressourcenschonende industrielle Produktion werden.
  2018. Solche Investitionen werden wir unterstützen.
  2019.  
  2020. 2. Prosperierendes Berlin
  2021.  
  2022. Ökologie, die sich auszahlt – Rohstoff- und
  2023. Energieeffizienz
  2024. Material- und Energiekosten verursachen nach aktuellen Studien rund die Hälfte der Kosten im produzierenden Gewerbe.
  2025. Sie sind der größte Kostenblock, weit vor dem Personal (ein
  2026. Fünftel). Ressourcen- und Energieeffizienz ist ein Schlüssel für
  2027. Wettbewerbsfähigkeit. Gutachten gehen von einer Verdreifachung des Umsatzes im Leitmarkt Rohstoffeffizienz auf etwa
  2028. 300 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren aus. Höchste
  2029. Zeit, diesen Trend zu unterstützen und für ein prosperierendes
  2030. Berlin zu nutzen. Zu diesem Zweck starten wir eine Innovationsoffensive, deren Herzstück der Aufbau von Netzwerken
  2031. zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen ist. Insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen wollen wir durch den Transfer von Wissenschaftsleistungen unterstützen.
  2032. Durch ambitionierte Produkt- bzw. Umweltstandards unter
  2033. Beachtung der Produktlebenszyklen unterstützen wir die Akzeptanz und die Nachfrage in diesen Bereichen. Ferner möchten wir Berlin zur Modellregion für nachhaltige Lösungen und
  2034. Technologien in der Wasserwirtschaft entwickeln. Dafür richten wir ein Zentrum für neue Wassertechnologien ein. Es vernetzt die Akteure der Branche, kooperiert mit den Lehrstühlen
  2035. der Universitäten und Hochschulen und übernimmt die internationale Vermarktung.
  2036.  
  2037. 74
  2038.  
  2039. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2040. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2041.  
  2042. EINE STADT FÜR ALLE.
  2043.  
  2044. Energie, die uns (vor)antreibt – energieeffiziente
  2045. IT-Infrastrukturen fördern, fordern und mit gutem
  2046. Beispiel vorangehen
  2047. Ob innovative Speicher, neue Netztechnologien oder optimierte Netzsteuerung – die Entwicklungspotentiale und der Bedarf
  2048. nach neuen Technologien sind weltweit immens. Wir wollen
  2049. Berlin zu einem führenden Standort in diesem Sektor entwickeln. Wir werden dafür sorgen, dass Wirtschaft und Wissenschaft in diesem Feld noch stärker vernetzt werden und Berlin
  2050. zum attraktiven Standort für Unternehmen aus der Energietechnik wird. Ein Ansatzpunkt dafür ist Green IT. Green IT ist
  2051. ein Innovationsmotor, der über reine Energieeffizienz/Ressourcenschonung hinausgeht und den gesamten Lebenszyklus vom
  2052. Design der Systeme bis zur Produktion der Komponenten, über
  2053. deren Verwendung bis zur Entsorgung bzw. zum Recycling der
  2054. Geräte umfasst. Dieser Innovationsmotor sollte für die grüne
  2055. Zukunft Berlins genutzt und ausgebaut werden.
  2056.  
  2057. 2. Prosperierendes Berlin
  2058.  
  2059. EINE STADT FÜR ALLE.
  2060.  
  2061. Von der Mülltonne zur Klimatonne
  2062. Der beste Abfall ist der, der gar nicht entsteht. Wann immer
  2063. möglich, sollten Produkte wiederverwertet werden. Müllverbrennung ist nur sinnvoll, wenn eine Wiederverwertbarkeit
  2064. nicht möglich ist. Abfall ist Rohstoff. Gerade in den hochwertigen elektronischen Geräten finden sich viele wiederverwertbare Bestandteile, die immer seltener werden. Zu viele Wertstoffe landen heute noch im Hausmüll und können darum nicht
  2065. hochwertig verwertet werden. Wir wollen die Anstrengungen
  2066. verstärken, die wiederverwertbaren Stoffe zurückzugewinnen
  2067. und die Wiederverwertbarkeit nachvollziehbar darzustellen.
  2068. Wir wollen die Menge des getrennt gesammelten Bioabfalls
  2069. verdoppeln, um in Zukunft durch die Erzeugung von Biogas
  2070. das Klima zu schützen. Kunststoffmüll muss kundenfreundlich und haushaltsnah in einer Tonne eingesammelt werden.
  2071.  
  2072. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2073. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2074.  
  2075. 75
  2076.  
  2077. Der Modellversuch des Sammelsystems „Gelbe Tonne plus“
  2078. zeigt, dass dies erfolgreich möglich ist. In Verbindung mit der
  2079. Orange Box der BSR muss eine Wertstoffsammlung aus einer
  2080. Hand berlinweit angeboten werden.
  2081.  
  2082. Standort des Verkehrsstroms
  2083. 2. Prosperierendes Berlin
  2084.  
  2085. Elektromobilität ist einer der Wachstumsbereiche der näheren
  2086. Zukunft. Wir setzen uns dafür ein, in der Stadt nicht nur eine
  2087. möglichst große elektrische Fahrzeugflotte zu haben, sondern
  2088. einen Teil des Herstellungsprozesses aller Elektrofahrzeuge
  2089. nach Berlin zu holen. Viele technische Probleme der E-Mobility
  2090. sind ungelöst. Berlin bietet mit seiner guten wissenschaftlichen
  2091. Struktur eine gute Basis, anwendungsorientierte Forschung,
  2092. gekoppelt mit ersten Produktionsstandorten, zu betreiben. In
  2093. Berlin wurde Ende des 19. Jahrhunderts die Batterie erfunden,
  2094. jetzt soll Berlin wieder zum Standort für die Batterie werden,
  2095. mit der die Elektromobilität der Zukunft realisiert wird. Wir wollen sicherstellen, dass in Berlin der Strom für Elektrofahrzeuge
  2096. aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Darum müssen wir
  2097. für den Aufbau der nötigen Infrastruktur private Investoren für
  2098. Berlin gewinnen.
  2099. Um die Kompetenzen nicht nur virtuell zu bündeln, sprechen
  2100. wir uns für den Flughafen Tegel als künftiges E-Mobility-Zentrum für Berlin aus. Dort gibt es genug Raum, um Wissenschaft
  2101. und Wirtschaft an einem Standort zu bündeln und zugleich
  2102. mit in den in der näheren Umgebung ansässigen Unternehmen Kooperationsbeziehungen aufzubauen. Zur Elektromobilität gehören für uns aber nicht nur Elektroautos, sondern
  2103. auch Straßen- und Eisenbahnen. Die in diesem Bereich in Berlin
  2104. vorhandenen Kompetenzen wollen wir ebenfalls stärken, denn
  2105. öffentlicher Personennahverkehr benötigt innovative und zuverlässige Fahrzeuge, die Energie sparen und unsere Umwelt
  2106. schonen.
  2107.  
  2108. 76
  2109.  
  2110. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2111. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2112.  
  2113. EINE STADT FÜR ALLE.
  2114.  
  2115. 2.2 Neue Qualität der Dienstleistungen
  2116. Bedarf an guter Arbeit gibt es aber nicht nur im industriellen
  2117. Bereich, sondern auch bei den „Dienstleistungen“. Hier gibt
  2118. es viel zu tun, also viel Arbeit, die den BürgerInnen zu Gute
  2119. kommt. Wir wollen auch in diesem Bereich dafür sorgen, dass
  2120. gute Arbeitsbedingungen herrschen und die Menschen von
  2121. ihrem Einkommen leben können. Packen wir‘s an!
  2122.  
  2123. 2. Prosperierendes Berlin
  2124.  
  2125. EINE STADT FÜR ALLE.
  2126.  
  2127. Hinzu kommt, dass Dienstleistungen und Produktion oftmals
  2128. eng zusammenhängen. Dem Produkt folgt die Dienstleistung,
  2129. aber die Dienstleistung formt das Produkt durch Ideen und
  2130. Kreativität.
  2131. Viele Berliner Unternehmen setzen bereits erfolgreich auf
  2132. Diversity-Management. Wir begrüßen diese Entwicklung und
  2133. werden uns dafür einsetzen, dass sich noch mehr Berliner
  2134. Firmen der Charta der Vielfalt anschließen. Auch die öffentlichen Unternehmen der Stadt wollen wir hierfür fit machen.
  2135. Wir sind überzeugt: Das stärkt ihre Wettbewerbsfähigkeit und
  2136. erhöht ihren wirtschaftlichen Erfolg.
  2137.  
  2138. An der Zukunft arbeiten: Betreuung und Bildung
  2139. Wir wollen Arbeitsplätze dort befördern, wo der gesellschaftliche Bedarf liegt. Deshalb werden wir für eine verlässliche und
  2140. qualitativ hochwertige Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur
  2141. sorgen, die die Eltern wirklich entlastet. Auch hier gibt es viel zu
  2142. tun. Wir müssen weitere Erzieherinnen und Erzieher einstellen
  2143. und Eigeninitiativ-Kitas bei ihrer Gründung unterstützen. Zudem wollen wir für eine bessere Verknüpfung von Arbeits- und
  2144. Familienwelt sorgen, indem wir die vielfältigen Initiativen für
  2145. familienfreundliche Unternehmen unterstützen. Dieses Thema
  2146. muss beim Austausch zwischen Politik und Wirtschaft immer
  2147. wieder auf der Agenda stehen.
  2148.  
  2149. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2150. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2151.  
  2152. 77
  2153.  
  2154. Arbeit in der alternden Gesellschaft
  2155.  
  2156. 2. Prosperierendes Berlin
  2157.  
  2158. Wir alle werden immer älter. Die durchschnittliche Alterserwartung steigt. Die Menschen sind auch im Alter gesünder und
  2159. leistungsfähiger als frühere Generationen. Dies ist eine völlig
  2160. neue Situation. Für einen erfolgreichen längeren Verbleib im
  2161. Arbeitsmarkt ist der Gesundheitszustand ausschlaggebend.
  2162. Deshalb müssen Arbeitsförderung und Gesundheitsförderung
  2163. eng miteinander verzahnt werden. Insbesondere für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in gesundheitlich belastenden Berufen brauchen wir zudem sozialverträgliche Lösungen,
  2164. die einen reibungslosen Berufswechsel, einen früheren Ausstieg
  2165. oder einen fließenden Übergang in die Rente ermöglichen. Mit
  2166. Investitionen in Qualifizierung, Gesundheitsförderung, altersgerechte Arbeitsbedingungen und eine bessere Vermittlung
  2167. älterer Arbeitsloser wollen wir Rahmenbedingungen schaffen,
  2168. die ein längeres Berufsleben und eine tragfähige Kultur der
  2169. Altersarbeit ermöglichen.
  2170. Gleichzeitig wird der Bedarf an Pflegekräften steigen. Alle Pflegekräfte müssen mehr Wertschätzung erfahren. Das schließt
  2171. eine faire Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten, die bessere
  2172. Vereinbarkeit von Beruf und Familie, einen besseren Personalschlüssel und mehr Zeit für die zwischenmenschliche Begegnung ein. Pflegekräfte brauchen ein breiteres Angebot zur
  2173. Fort- und Weiterbildung. Wir brauchen ein abgestuftes und
  2174. durchlässiges Ausbildungssystem, in dem jede und jeder eine
  2175. Chance bekommt. Dafür setzen wir uns ein.
  2176.  
  2177. Kreativ und produktiv
  2178. Die Medien-, Informations- und Kreativbranchen gehören zu
  2179. Berlins größten Wirtschaftszweigen. Berlin ist die Stadt der
  2180. Kreativen, hier entsteht Kreatives. Zur Kehrseite gehört auch
  2181. der hohe Anteil der prekär Beschäftigten in dieser Branche.
  2182.  
  2183. 78
  2184.  
  2185. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2186. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2187.  
  2188. EINE STADT FÜR ALLE.
  2189.  
  2190. Kreativität lebt von Experimenten, sie braucht Freiheit. Wir
  2191. wollen die Kreativen unterstützen, ohne sie einzuengen. Nicht
  2192. alle streben nach einer Festanstellung – aber viele nach einem
  2193. guten Einkommen und sozialer Sicherheit. Dies wollen wir unterstützen, u.  a. indem wir die Kreativität als treibende Kraft
  2194. wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und sozialer Innovationen in
  2195. Berlin nutzen. Dazu werden wir die Kreativwirtschaft als Produzent wissensbasierter, kreativer, designorientierter Waren und
  2196. Dienstleistungen stärker mit der Industrie verknüpfen. Um sie
  2197. auch als unerschöpfliche Ressource für die Green Economy zu
  2198. mobilisieren, möchten wir Orte und Netzwerke schaffen, damit
  2199. durch interdisziplinäre Kontakte die Industrie von den kreativen
  2200. Impulsen im Hinblick auf Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit
  2201. profitiert und die Märkte für die Kreativwirtschaft wachsen.
  2202.  
  2203. 2. Prosperierendes Berlin
  2204.  
  2205. EINE STADT FÜR ALLE.
  2206.  
  2207. Im Übrigen plädieren wir für die Förderung auf Augenhöhe
  2208. mit anderen Branchen. Berlin braucht einen Kreativwirtschaftsfonds, der diesen Namen verdient. Ein dazu installierter Kreativbeirat wird dafür Sorge tragen, kreative Dienstleistungen
  2209. auch über die Kommunikations- und Informationstechnologien hinaus in ökonomische Sphären zu übersetzen. Ein weiterer Schritt ist der vereinfachte Zugang zu Mikrokrediten und
  2210. Messeförderung. Wir möchten bestehende Netzwerke unterstützen, insbesondere durch eine Professionalisierung.
  2211. Wir schaffen gemeinsame Orte für Kreative, Freie und Selbstständige aus anderen Berufsfeldern. Gemeinsam mit den Fördereinrichtungen für die Kreativwirtschaft und privaten Akteuren
  2212. wollen wir Berlin als Standort für die Computerspiele-Industrie
  2213. stärken. Gerade in Berlin bildet sich eine engagierte Szene aus
  2214. erfolgreichen Unternehmen, Einrichtungen und Bildungsstätten. Wir wollen die Verbreitung der Verwendung von CreativeCommons-Lizenzen oder vergleichbarer Lizenzen fördern.
  2215.  
  2216. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2217. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2218.  
  2219. 79
  2220.  
  2221. Im Mittelpunkt steht der Mensch –
  2222. Gesundheitswirtschaft mit klaren Strukturen
  2223.  
  2224. 2. Prosperierendes Berlin
  2225.  
  2226. Ein weiteres Zukunftsfeld ist für uns nach wie vor die Gesundheitswirtschaft. Eine große medizinische Versorgungsdichte,
  2227. eine starke Grundlagen- und klinische Forschung, Hochleistungsmedizin der Charité, Pharmaunternehmen bis hin zur
  2228. Medizintechnik und nicht zuletzt die Nähe zur Politik – Berlin
  2229. ist als Standort für die Gesundheitswirtschaft außerordentlich
  2230. attraktiv. Das spiegelt sich u.  a. in der großen Anzahl der in
  2231. diesem Feld tätigen Unternehmen sowie der Anzahl der Beschäftigten wider. Doch auch in diesem Sektor liegen Schätze
  2232. vergraben. Wesentliche politische Weichenstellungen hat RotRot bislang versäumt bzw. vertagt. Das Cluster „Gesundheit“
  2233. ist gut aufgestellt, aber es wird an Stabilität und Dynamik verlieren, wenn die wesentlichen Strukturfragen für die Charité
  2234. und Vivantes nicht umgehend geklärt werden.
  2235. Der Senat ist nicht in der Lage, für das Land Berlin die Verantwortung als Eigentümer der beiden großen Krankenhausträger
  2236. auszuüben. Er ist nicht in der Lage, eine eigene Strategie für beide Häuser zu entwickeln und sie in die Lage zu versetzen, ihre
  2237. Aufgaben zu erfüllen. Derzeit sind drei Senatsverwaltungen mit
  2238. unterschiedlichen Interessen mit der Leitung und Steuerung befasst. Exzellente Forschung und eine gute klinische Versorgung
  2239. unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit
  2240. sind nur bei Steuerung aus einer Hand gewährleistet. Wir wollen mit den Betroffenen dazu ein Modell entwickeln. Neue Verwaltungsstrukturen gewährleisten zügige Entscheidungen für
  2241. den Gesundheitsstandort – davon profitieren Unternehmen,
  2242. die Wissenschaft und auch die Patientinnen und Patienten. Für
  2243. uns Grüne gehören zur Gesundheitsstadt Berlin aber nicht nur
  2244. neue Technologien, die Gesundheitstechnik und Krankenversorgung. Das Gesundheitscluster muss durch einen deutlichen
  2245.  
  2246. 80
  2247.  
  2248. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2249. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2250.  
  2251. EINE STADT FÜR ALLE.
  2252.  
  2253. Schwerpunkt in den eher ganzheitlich orientierten Bereichen
  2254. Public Health und Prävention ergänzt werden.
  2255.  
  2256. Die Reise nach Berlin
  2257. Immer mehr Menschen entscheiden sich für Berlin als Reiseziel. Davon profitiert nicht nur die klassische Tourismusindustrie, sondern die ganze Stadt insgesamt: Im vergangenen Jahr
  2258. haben Berlins Touristen so viel ausgegeben, dass rund 200.000
  2259. BerlinerInnen davon ihr Einkommen bestreiten könnten. Tourismus ist ein wichtiger und vor allem breit wachsender Wirtschaftszweig in Berlin. Wir werden dafür sorgen, dass Berlin
  2260. als Tourismusmagnet für alle attraktiv bleibt – für die, die hier
  2261. leben, und für die, die es besuchen. Wir wollen gemeinsam mit
  2262. den anderen Akteuren der Stadt ein Tourismuskonzept erarbeiten, mit dem wir auch das Entstehen weiterer Übernachtungsmöglichkeiten gezielt steuern wollen.
  2263.  
  2264. 2. Prosperierendes Berlin
  2265.  
  2266. EINE STADT FÜR ALLE.
  2267.  
  2268. Ökosiegel für den Tourismus
  2269. Ein weiterer Hoffnungsträger für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins ist der Tourismus. Auch für dieses Wirtschaftsfeld
  2270. entwickeln wir unter dem grünen Leitbild eine NachhaltigkeitsStrategie. Klimaschutz, Energieeffizienz und schonender Ressourcengebrauch sind ebenso Bestandteile eines nachhaltigen
  2271. Tourismuskonzepts wie der Ausgleich zwischen berechtigten
  2272. Interessen der Berlinerinnen und Berliner, die in den touristisch
  2273. besonders attraktiven Teilen Berlins leben, und den Gästen
  2274. unserer Stadt. Auch hier kann Berlin Vorreiter für eine neue
  2275. Entwicklung werden. Besonders im Kongressgeschäft steigt
  2276. die Nachfrage nach sogenannten „Green Meetings“. Im Bereich der An- und Abreise sowie bei der Fortbewegung in der
  2277. Stadt setzen wir auf nachhaltige Verkehrssysteme und wollen
  2278. auch hier den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität voranbringen. Nachhaltige Gastronomie, die auf regionale Produkte
  2279.  
  2280. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2281. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2282.  
  2283. 81
  2284.  
  2285. 2. Prosperierendes Berlin
  2286.  
  2287. setzt, nachhaltige Hotellerie, die an Ökologie mehr zu bieten
  2288. hat als die Mehrfachnutzung der Handtücher, und nicht zuletzt
  2289. die Messen, Kongresse etc. bieten viel Spielraum für ökologische Kreativität. Mit einem Ökosiegel, das sich an den von dem
  2290. Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) mitentwickelten globalen Kriterien orientiert, wollen wir den Wert des
  2291. nachhaltigen Tourismus über die Stadtgrenzen hinaus bekannt
  2292. machen.
  2293.  
  2294. 2.3 Kreative Berliner Wirtschaft braucht
  2295. kreative Partner in der Verwaltung
  2296. Wir wollen nicht nur Touristen, sondern auch Investoren überzeugen, nach Berlin zu kommen. Dafür müssen wir unsere Ressourcen anpreisen und uns als verlässlichen Partner präsentieren. Die beste Imagepflege ist das Lob der bereits ansässigen
  2297. Unternehmen. Deshalb müssen wir auch deren Vertrauen in die
  2298. Berliner Wirtschaftspolitik und die Verwaltung stärken. Berlins
  2299. Wirtschaft ist kreativ – wir wollen auch der Verwaltung ermöglichen kreativ zu sein. Moderne Wirtschaftsverwaltung räumt
  2300. Hindernisse aus dem Weg und unterstützt Menschen und
  2301. Unternehmen, die diese Stadt voranbringen wollen.
  2302.  
  2303. Dialog von Wirtschaft und Verwaltung
  2304. Unser Angebot für die Zukunftsfelder Berlins: intelligente und
  2305. effiziente Strukturen, auf denen sie gründen und die sie intern
  2306. und extern verknüpfen. Moderne Wirtschaftsverwaltung muss
  2307. Dienstleistung aus einer Hand bieten. Egal, ob Unternehmen
  2308. eine zentrale Anlaufstelle für die Stadt aufsuchen oder die
  2309. lokalen Ansprechpartner im Bezirk vorziehen: Die gesamte
  2310. Kompetenz der Verwaltung steht auf allen Zugangswegen zur
  2311. Verfügung. Sie steuert, lenkt und setzt kreative Kräfte frei –
  2312.  
  2313. 82
  2314.  
  2315. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2316. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2317.  
  2318. EINE STADT FÜR ALLE.
  2319.  
  2320. statt sie wie bisher zu blockieren. Es gilt, die vorhandenen Strukturen in unserer Stadt zu bündeln und an den Bedürfnissen der
  2321. Wirtschaftsakteure auszurichten. Wir binden Wirtschaftsakteure von allen Ebenen – kleine Gewerbetreibende und Großunternehmen, Selbstständige und Mittelstand – in der Stadt in
  2322. diesen Prozess ein. Der Dialog von Wirtschaft und Verwaltung
  2323. ist bei uns kein Zufall, sondern Gesetz, und hat System. Nur
  2324. durch einen regelmäßigen Austausch können wir gegenseitig
  2325. Hilfe leisten und voneinander lernen.
  2326. Innovationsförderung ist die enge wissenschaftliche Verzahnung mit der Wirtschaft und deren Know-how. Hochschulabsolventinnen und -absolventen sollen in der Stadt gehalten
  2327. werden – dazu müssen wir sie rechtzeitig auf ihre künftigen
  2328. Arbeitsplätze und Gestaltungsräume aufmerksam machen.
  2329.  
  2330. 2. Prosperierendes Berlin
  2331.  
  2332. EINE STADT FÜR ALLE.
  2333.  
  2334. Berlin wird Gründungshauptstadt
  2335. Berlin muss Gründungshauptstadt werden. Die grüne Revolution
  2336. kann die öffentliche Hand nicht allein bewältigen. Eine Stadt
  2337. für alle – dazu brauchen wir Menschen, die den Wandel
  2338. unterstützen. Dazu gehören Mut und Verantwortung der Unternehmerinnen und Unternehmer. Die größten Gründungsquoten haben wir bereits unter den Migrantinnen und Migranten,
  2339. doch es ist noch mehr drin. Kulturelle Vielfalt, alternative Modelle der Arbeitsorganisation und neue Unternehmensformen
  2340. bereichern schon heute die Berliner Wirtschaft. Wir wollen dafür sorgen, dass durch besseren Zugang zu den Fördermöglichkeiten und Weiterbildungsmaßnahmen und nicht zuletzt durch
  2341. eine aufgeklärte Verwaltung Hürden überwunden werden.
  2342. Wir wollen unternehmerische Kompetenzen und Unternehmensgründungen von Frauen gezielt fördern. Allen Gründerinnen und Gründern, ob jung, ob alt – ob deutsch oder anderer
  2343. Herkunft, öffnen wir die Türen, bieten Anerkennung und
  2344. finanzielle Unterstützung. Es bedarf einer niedrigschwelligen
  2345.  
  2346. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2347. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2348.  
  2349. 83
  2350.  
  2351. Anlaufstelle, die Kompetenzen bündelt und während der notwendigen administrativen Prozesse konstruktiv begleitet. Wir
  2352. werden den Mentalitätswechsel vorantreiben – von der Schule
  2353. über die Ausbildung bis zur Verwaltung.
  2354.  
  2355. Vorbildfunktion der öffentlichen Hand
  2356. 2. Prosperierendes Berlin
  2357.  
  2358. Ein weiterer Schlüssel liegt in der öffentlichen Beschaffung. Öffentliche Hand und landeseigene Unternehmen kaufen jährlich
  2359. für etwa 4 Milliarden Euro Waren und Dienstleistungen von
  2360. Unternehmen ein. Mit unseren Anforderungen an ökologische
  2361. Qualität und nachhaltige Produktion dieser Güter können wir
  2362. gezielt einen Beitrag zum Umbau unserer Wirtschaft leisten
  2363. und Vorbild sein. Wohnungsbaugesellschaften als Vorbilder für
  2364. energetische Sanierung, die BSR als grüne Expertin der Kreislaufwirtschaft, die öffentliche Verwaltung als Umsetzer von
  2365. Green IT, die BVG als ein Kernstück der neuen Mobilität – wir
  2366. haben viele starke Akteure, die es zu nutzen gilt. Ergänzend
  2367. dazu richten wir ein Monitoring für grüne Beschaffung ein,
  2368. wodurch wir für Transparenz sorgen und handhabbare Anleitungen für die Unternehmen geben. Wir wollen prüfen, ob wir
  2369. das sogenannte Schweizer Vergabemodell, bei dem das teuerste und billigste Angebot bei der Vergabe nicht berücksichtigt
  2370. werden, übernehmen.
  2371.  
  2372. Haus der Wirtschaft – Unternehmerservice an einem Ort
  2373. Stellen Sie sich vor, Sie sind Unternehmerin oder Unternehmer
  2374. und suchen nach einem geeigneten Standort für Ihre Investition
  2375. und nach finanzieller Unterstützung. Oder Sie möchten ein
  2376. Unternehmen gründen, Sie brauchen eine bessere Verkehrsanbindung für Ihr Unternehmen, Sie suchen nach einem Partner
  2377. für die nächste Messe, Ihr Umbau wirft Denkmalschutzfragen auf... Kein Problem – kommen Sie zu uns – ins Haus der
  2378. Berliner Wirtschaft. Hier finden Sie offene Ohren, gebündelte
  2379.  
  2380. 84
  2381.  
  2382. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2383. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2384.  
  2385. EINE STADT FÜR ALLE.
  2386.  
  2387. Beratungs- und Entscheidungskompetenz und moderne
  2388. Datenverarbeitung. Mehrsprachigkeit ist selbstverständlich.
  2389. Den Termin können Sie gern auch online buchen. Auf unserer
  2390. Homepage können Sie sich gern vorab über freie Ansiedlungsflächen und deren Profile informieren.
  2391. Im Haus der Wirtschaft werden wir die Verantwortlichen
  2392. der Wirtschaftsverwaltung aus den Bezirken und dem Senat,
  2393. Berlin Partner, die Kundenberatung der IBB etc. an einem Ort
  2394. bündeln. Investoren werden zeitnah, transparent und kompetent mit den wichtigsten Informationen versorgt und in ihren
  2395. Bemühungen, Wirtschaftskraft in Berlin zu mehren, tatkräftig
  2396. unterstützt.
  2397.  
  2398. 2. Prosperierendes Berlin
  2399.  
  2400. EINE STADT FÜR ALLE.
  2401.  
  2402. 2.4 100.000 neue Jobs
  2403. Eine Milliarde Euro an Investitionen bringt 25.000 neue Arbeitsplätze, ein neuer Arbeitsplatz in der Industrie zieht drei
  2404. weitere im Dienstleistungsbereich nach sich, 1,5 Prozent
  2405. Wachstum erhöhen die Zahl der Erwerbstätigen um 1 Prozent.
  2406. In den nächsten zehn Jahren werden allein in Deutschland 235
  2407. Milliarden Euro in Anlagen zur Erzeugung von Strom, Wärme
  2408. und Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien investiert werden.
  2409. Davon muss einiges nach Berlin fließen. Berlin hat so viele
  2410. Potentiale und Talente. Jede noch so erfolgreiche Wirtschaftsregion beneidet uns um mindestens zwei Dinge: unser außerordentliches Flächenangebot und die vielen kreativen
  2411. Menschen, die in Berlin arbeiten wollen. Nicht nur riesige
  2412. Flächen liegen brach – auch viele Talente.
  2413. Dass Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch sind und die
  2414. Umweltbranche – die Green Economy – längst Beschäftigungsmotor in Deutschland ist, hat sich schon herumgesprochen.
  2415. In Berlin gibt es 42.000 Arbeitsplätze in diesem Bereich, die
  2416.  
  2417. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2418. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2419.  
  2420. 85
  2421.  
  2422. 2. Prosperierendes Berlin
  2423.  
  2424. Branche wächst jedes Jahr um zehn Prozent. Allein in diesem
  2425. Bereich könnten in den nächsten fünf Jahren 20.000 Arbeitsplätze zusätzlich entstehen. Deshalb setzen wir auf die Green
  2426. Economy als dauerhafte Verknüpfung von ökonomischem und
  2427. ökologischem Erfolg.
  2428. Besondere Chancen sehen wir im Mobilitätssektor. Berlin bietet bereits Einzigartiges – ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrssystem, nur ein Drittel der Bevölkerung nutzt ein eigenes
  2429. Auto, Kompetenz und Produktionsstrukturen im Fahrzeugbau.
  2430. Das sind einzigartige Voraussetzungen, um zum Leitmarkt für
  2431. Elektromobilität zu werden. Auch im Bereich der erneuerbaren
  2432. Energien und Energietechnik sowie der Wasser- und Kreislaufwirtschaft stecken noch enorme Entwicklungspotentiale für
  2433. Berlin.
  2434. Wenn Berlin seine Chancen ergreift, können wir zur Modellstadt der grünen Industrialisierung werden – dem Platz, an
  2435. dem mit neuen, ressourcenschonenden Produktionsmethoden
  2436. für Klimaschutz und mit den Technologien der Zukunft produziert wird. Wir sind überzeugt, dass sich dieses Ziel durch die
  2437. grüne Industrialisierung und die Transformation bestehender
  2438. Unternehmen erreichen lässt. Berlin braucht einen Innovationsschub und soll der Ort sein, an dem ökologische Modernisierung sichtbar wird. Hinzu kommt das große Potential an neuen
  2439. Dienstleistungen, das wir entfalten wollen. Berlin ist international anerkannt, DIE Stadt der Kreativwirtschaft. Über 25.000
  2440. Unternehmen erwirtschafteten 2009 18,3 Milliarden Euro mit
  2441. ca.121.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Der
  2442. Bereich wird weiter wachsen. Hier werden 10.000 weitere neue
  2443. Arbeitsplätze entstehen.
  2444. Auch im Tourismus rechnen wir mit mindestens 10.000 neuen
  2445. Arbeitsplätzen.
  2446. Gerade in den sozialen Dienstleistungen entscheidet sich,
  2447. wie wir im zukünftigen Berlin zusammen leben werden.
  2448.  
  2449. 86
  2450.  
  2451. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2452. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2453.  
  2454. EINE STADT FÜR ALLE.
  2455.  
  2456. In Bildung und Betreuung, Gesundheit und Pflege können
  2457. weitere Arbeitsplätze entstehen. Die 100.000 sind machbar –
  2458. qualifiziert und angemessen bezahlt.
  2459.  
  2460. Energetische Sanierung
  2461. Schon allein im öffentlichen Gebäudebestand besteht ein Investitionsbedarf für energetische Sanierung von mehreren Milliarden Euro – von der Wärmedämmung, der Umstellung auf
  2462. Erdwärme bis zur Installation von Solardächern oder modernen
  2463. Heizungsanlagen. Wir wollen Investitionsmittel bündeln. Bei
  2464. einer Investition von einer Milliarde Euro entstehen ca. 25.000
  2465. Arbeitsplätze. Die Sanierung schafft Jobs bei Baufirmen, Dachdeckerbetrieben und Heizungsinstallationsfirmen – bietet aber
  2466. auch Wachstumschancen für das produzierende Gewerbe,
  2467. da in Berlin Solarmodule, Dämmstoffe und Heizungsanlagen
  2468. hergestellt werden.
  2469.  
  2470. 2. Prosperierendes Berlin
  2471.  
  2472. EINE STADT FÜR ALLE.
  2473.  
  2474. Wer in Berlin grün wählt …
  2475.  
  2476. stimmt für einen wirtschaftlichen Aufbruch zum Wohle
  2477. aller, die hier leben.
  2478. schafft 100.000 neue zukunftsfeste Jobs in Industrie und
  2479. qualitativen Dienstleistungen.
  2480. unterstützt die grüne industrielle Revolution, die Klimaschutz fördert und Arbeit schafft.
  2481. stimmt für eine moderne Wirtschaftsverwaltung, die
  2482. Wege öffnet, anstatt sie zu verbauen.
  2483. macht die öffentliche Hand zum Vorbild für sozial verantwortliches und nachhaltiges Wirtschaften.
  2484.  
  2485. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2486. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2487.  
  2488. 87
  2489.  
  2490. „Städte lassen sich an ihrem
  2491. Gang erkennen wie Menschen.“
  2492. (Robert Musil)
  2493.  
  2494. 3. Lebenswertes Berlin
  2495. 3. Lebenswertes Berlin
  2496.  
  2497. Gerechtigkeit geht weiter
  2498. „Eine Stadt für alle“ meint ein lebenswertes Berlin für alle. Eine
  2499. Stadt, in der alle gut leben können, braucht eine neue Wohnund Stadtentwicklungspolitik, braucht eine neue Politik des
  2500. öffentlichen Raums als Orte des Zusammenlebens und der Teilhabe. Lebensqualität entscheidet sich an Mietpreisen, daran,
  2501. wie wir wohnen, und an der Entwicklung unseres Viertels.
  2502. Wir wollen ein Miteinander und keine soziale Verdrängung.
  2503. Der Politik fehlte in den letzten Jahren der Kompass für eine
  2504. zukunftsfähige Entwicklung der Stadt. Es gab keine aktive und
  2505. kreative Stadtplanung, keine Impulse in der Stadterneuerung
  2506. und keine gezielte Wohnungspolitik. Wir wollen das ändern.
  2507. Berlin braucht endlich eine umfassende Strategie für eine
  2508. nachhaltige Entwicklung. Das Engagement für Lebensqualität,
  2509. lebenswerte Umwelt und sozialen Zusammenhalt ist ein
  2510. Markenzeichen grüner Stadtpolitik.
  2511. Ein lebenswertes Berlin braucht Umweltgerechtigkeit, nach der
  2512. alle vor Lärm geschützt sind und Berliner Luft zum Atmen haben,
  2513. die auch sauber ist. Umweltschutz ist ein wichtiger Beitrag zur
  2514. sozialen Gerechtigkeit. Wenn wir in einigen Jahren endlich wieder in der Spree baden können – dann ist Berlins Umbruch in der
  2515. Umweltpolitik gelungen. Und Berlin braucht eine aktive Politik
  2516. für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Damit endlich Licht
  2517. in den Dschungel der Produkte und Angebote kommt.
  2518.  
  2519. 88
  2520.  
  2521. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2522. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2523.  
  2524. EINE STADT FÜR ALLE.
  2525.  
  2526. Ein lebenswertes Berlin braucht umweltverträgliche und barrierefreie Mobilität. Unser Ziel ist es, dass alle gut ans Ziel kommen
  2527. – ohne das Klima zu zerstören oder andere zu belästigen.
  2528. Eine lebenswerte Stadt braucht zudem Sicherheit vor Gewalt –
  2529. und es sind gerade die Einkommensschwächeren, die darunter
  2530. leiden. Hier zu echten Fortschritten zu kommen, statt aus der
  2531. Angst vor Kriminalität politisches Kapital schlagen zu wollen, ist
  2532. Ziel bündnisgrüner Politik.
  2533. 3. Lebenswertes Berlin
  2534.  
  2535. EINE STADT FÜR ALLE.
  2536.  
  2537. 3.1 Berlin bleibt zusammen: soziale Stadtentwicklung
  2538. Wir wollen Wohnungspolitik und Stadtentwicklung wieder in
  2539. den Dienst der Menschen stellen, die hier leben. Dem sozialen
  2540. Auseinanderfallen der Viertel werden wir nicht weiter tatenlos zusehen. Eine gestaltende Wohnungspolitik, die bezahlbare
  2541. Wohnungen sichert und teilweise wieder neu schafft, ist in
  2542. Berlin überfällig.
  2543. Das Programm „Soziale Stadt“ mit den Quartiersmanagements leistet für die soziale Stabilisierung und den Aufbau von
  2544. nachbarschaftlichem Zusammenhalt einen wichtigen Beitrag.
  2545. Es kann aber nicht allein die sozialen Probleme im Stadtteil lösen. Die vom Senat eingeführten „Aktionsräume Plus“ binden
  2546. viel Geld ohne irgendein inhaltliches Konzept. Das wollen wir
  2547. ändern. Wir werden die Bezirke mit sozialen Brennpunkten
  2548. nicht alleinlassen. Berlin braucht eine Gesamtstrategie zur sozialen Stärkung benachteiligter Stadtteile und eine verbindliche
  2549. Zusammenarbeit der zuständigen Senatsverwaltungen. Mit
  2550. einer verbindlichen Sozialraumorientierung, einer präzisen
  2551. Sozialplanung und einer verlässlichen Finanzierungstruktur
  2552. können wir dies erreichen. Damit kann auch auf kleinteilige
  2553. soziale Verwerfungen in Wohnquartieren und Nachbarschaften
  2554. angemessen reagiert werden.
  2555.  
  2556. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2557. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2558.  
  2559. 89
  2560.  
  2561. Berlin nachhaltig gestalten heißt:
  2562. unsere Stadt zukunftsfähig machen
  2563.  
  2564. 3. Lebenswertes Berlin
  2565.  
  2566. Unser Leitbild heißt „Soziale Stadt im Klimawandel“. Berlin hat
  2567. gute Voraussetzungen, die Stadt gleichermaßen sozial und barrierefrei wie klima- und umweltverträglich zu entwickeln. Wir
  2568. wollen urbane Dichte mit viel Grün verbinden, soziale Vielfalt,
  2569. Barrierefreiheit und eine gute Nutzungsmischung in unseren
  2570. Stadtteilen erhalten und schaffen. Es gilt, dem demografischen
  2571. Wandel Rechnung zu tragen und gleichzeitig die Stadt attraktiv
  2572. für junge Familien und Kinder zu machen. Daher unterstützen
  2573. wir den Trend zum Wohnen in der Innenstadt. Für uns gilt:
  2574. Auch in zentralen Lagen brauchen wir Wohnquartiere.
  2575. Wir wollen öffentliche Räume zu Orten der Begegnung und
  2576. des Zusammenlebens machen. Lebensqualität entscheidet sich
  2577. auf den Plätzen und Straßen, in Parks und auf Spielplätzen,
  2578. in Jugend- und Kultureinrichtungen. Aktiver Denkmalschutz,
  2579. gute Architektur und Stadtbildpflege gehören dazu.
  2580. Grüne Politik achtet und fördert die Anliegen des Denkmalschutzes und bewahrt unser baukulturelles Erbe. Im Konflikt
  2581. mit der notwendigen energetischen Modernisierung unseres
  2582. Gebäudebestandes sind neue Lösungsansätze zu entwickeln.
  2583. Berlin wird mit uns der Vielfalt der Stadtteile, ihren Bewohnerinnen und Bewohnern sowie dem kleinteiligen Gewerbe neue
  2584. Zukunft geben. Wir werden die Städtebauförderung räumlich
  2585. stärker konzentrieren, ökologisch ausrichten und auch für die
  2586. Förderung von einzelnen, besonders sozialen und ökologischen
  2587. Wohnprojekten einsetzen. Berlin kann so zum Modell für sozial
  2588. verträgliche, barrierefreie, energetische Quartierserneuerung
  2589. gemacht werden. Mit vorbildlich modernisierten Schulen und
  2590. Kitas und konzentrierter energetischer Gebäudesanierung können wir eine soziale Klimahauptstadt werden.
  2591.  
  2592. 90
  2593.  
  2594. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2595. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2596.  
  2597. EINE STADT FÜR ALLE.
  2598.  
  2599. Planungs- und Baukultur neu beleben
  2600. An zu vielen Ecken und Enden planen Senat und Bezirke gleichzeitig neue Quartiere, Einkaufszentren, Hotels, Büro- und Gewerbeflächen. Leerstand und Überangebote an Bauflächen
  2601. am Alex und am Hauptbahnhof, an der Heidestraße, im Mediaspree-Gebiet und in der Luisenstadt behindern sich gegenseitig. Die Ödnis um den Hauptbahnhof ist ein erschreckendes
  2602. Beispiel. Sie ist eine schlechte Begrüßung für alle Besucherinnen
  2603. und Besucher Berlins.
  2604. 3. Lebenswertes Berlin
  2605.  
  2606. EINE STADT FÜR ALLE.
  2607.  
  2608. Wir setzen auf eine Planungskultur, die einen klugen Interessensausgleich von Gemeinwohl und Investitionswünschen sucht.
  2609. Die gewachsenen Einkaufsstraßen dürfen nicht geschwächt,
  2610. Nachbarschaftsrechte nicht ausgehebelt, kleinteiliges Gewerbe
  2611. darf nicht verdrängt werden. Der aktuellen Flut von Spielhallen
  2612. in unseren Kiezen müssen Grenzen gesetzt werden.
  2613.  
  2614. Klare städtebauliche Prioritäten setzen
  2615. Der Alex ist als Zentrum des Ostens zu stärken. Er soll aber
  2616. nicht länger auf unrealistische Hochhausbauten warten. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern wollen wir Wege
  2617. suchen, die Plätze und Platzräume der Berliner Altstadt, den
  2618. Spittelmarkt, Petriplatz und Molkenmarkt wieder sichtbar zu
  2619. machen. Das Rathausforum, die Fläche zwischen Fernsehturm
  2620. und Spree, soll unbebaut bleiben. Eine neue Flächengestaltung
  2621. soll an den Altstadtgrundriss erinnern. Die City West ist mehr
  2622. als Shopping. Wir wollen sie auch als Standort für Dienstleistungen und Kultur, Wohnen, Freizeit und nachhaltigen Tourismus stärken. Für das Tempelhofer Flughafengebäude suchen
  2623. wir eine tragfähige Nachnutzung. Tegel wird ein guter Standort
  2624. für Zukunftstechnologien. Aber die unversiegelten Freiflächen
  2625. wollen wir für Grünanlagen und Klimaschutz erhalten.
  2626.  
  2627. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2628. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2629.  
  2630. 91
  2631.  
  2632. Stadtverträgliche Grundstückspolitik
  2633.  
  2634. 3. Lebenswertes Berlin
  2635.  
  2636. Unter Rot-Rot hat der Liegenschaftsfonds eine einseitig auf
  2637. Höchstgebote zielende Grundstücksvergabe betrieben. Das
  2638. wollen wir ändern. Beim Verkauf öffentlicher Grundstücke wollen wir Infrastruktur und Wohnungsbedarf in den Vordergrund
  2639. stellen. Die Vergabe muss verknüpft werden mit sozialen, wohnungspolitischen, ökologischen und baukulturellen Zielen. Um
  2640. die Wirtschafts- und Eigentümervielfalt unserer Stadt zu stärken, sollen bei Wohnungsbaugrundstücken auch differenzierte
  2641. Erbpachtmodelle genutzt werden.
  2642.  
  2643. Einmischung erwünscht
  2644. Eine Stadt für alle heißt auch, dass alle mitgestalten können.
  2645. Ob Mediaspree, Autobahnbau oder Landwehrkanal: Die BerlinerInnen haben die rein formale Bürgerbeteiligung satt, die
  2646. alle unbequemen Forderungen sofort beiseite schiebt. Gute
  2647. Bürgerbeteiligung braucht gleiche Augenhöhe. Wir werden in
  2648. allen Bezirken für rechtzeitige und wiederholte umfassende Informationen sorgen. Ein Bürgerdialog funktioniert nur, wenn er
  2649. vor Ort stattfindet. Ob Mediationen, runde Tische oder Sonderausschüsse: Wir Bündnisgrüne haben in der Vergangenheit
  2650. viele neue Beteiligungsformen angestoßen und werden dies
  2651. auch in Zukunft weiter tun. Verhandlungen über die Gestaltung
  2652. des Mediaspree-Gebiets, über den Gendarmenmarkt oder die
  2653. Oderbergerstraße zeigen, dass eine ernsthafte Einbeziehung
  2654. der Zivilgesellschaft oft ein steiniger Weg ist. Aber er lohnt sich!
  2655.  
  2656. Internationale Bauausstellung „Soziale Stadt im
  2657. Klimawandel“
  2658. Das Tempelhofer Feld hat sich zu einem Park der tausend Möglichkeiten entwickelt. Der Senat plant am Rand des Tempelhofer Feldes eine Internationale Bauausstellung (IBA). Diese darf
  2659. aber nicht wie ein Ufo auf der Fläche landen. Das Tempelhofer
  2660.  
  2661. 92
  2662.  
  2663. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2664. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2665.  
  2666. EINE STADT FÜR ALLE.
  2667.  
  2668. Feld soll im Wesentlichen eine große Parklandschaft werden
  2669. und darf keinesfalls innerhalb des existierenden Parkway-Rings
  2670. bebaut werden. Die IBA soll den Schwerpunkt auf die Quartiere
  2671. im angrenzenden Nord-Neukölln legen und zukunftsweisende
  2672. Antworten auf die drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen der großen Städte geben. Dazu zählen Klimawandel,
  2673. Bildung und Jugendpolitik, Integration und sozialer Zusammenhalt. Eine ökologisch und sozial ausgerichtete IBA bietet die
  2674. Chance, die Aufwertung, die durch die Öffnung des Tempelhofer Parks ausgelöst wurde, zu steuern und die Verdrängung
  2675. der ansässigen Bevölkerung zu verhindern. Die Lösungen
  2676. müssen gemeinsam mit den angrenzenden Bezirken und den
  2677. Bürgerinnen und Bürgern entwickelt werden. Wir wollen hier
  2678. beispielhaft Berlin als soziale Stadt im Klimawandel gestalten.
  2679.  
  2680. 3. Lebenswertes Berlin
  2681.  
  2682. EINE STADT FÜR ALLE.
  2683.  
  2684. 3.2 Umwelt gemeinsam schützen:
  2685. ökologische Stadtentwicklung
  2686. Gute Umweltpolitik ist eine Frage von Gerechtigkeit und Lebensqualität für alle Berlinerinnen und Berliner. Die billigsten
  2687. Wohnungen und der höchste Wohnungsleerstand finden sich
  2688. häufig an Hauptverkehrsstraßen. Damit sind gerade Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen Lärm und Schadstoffen ausgesetzt. Berlin gilt als grünste Hauptstadt Europas und
  2689. ist auch deshalb Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt.
  2690. Damit das so bleibt, müssen wir unser Grün besser schützen
  2691. und die Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger
  2692. verbessern.
  2693.  
  2694. Vermeidung von Lärm und Feinstaub
  2695. „Berliner Luft jibt‘s nich in Tüten“, tönte früher der Leierkastenmann. Das können auch wir nicht versprechen, aber wir
  2696.  
  2697. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2698. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2699.  
  2700. 93
  2701.  
  2702. 3. Lebenswertes Berlin
  2703.  
  2704. versprechen, alles zu tun, damit die Berliner Luft sauberer wird.
  2705. Die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide werden in
  2706. Berlin regelmäßig überschritten. Zehn Prozent der Berliner Bevölkerung sind in der Nacht von gesundheitsschädlichem Lärm
  2707. betroffen – in den allermeisten Fällen Verkehrslärm. An Wohnstraßen mit hoher Lärm- und Feinstaubbelastung benötigen wir
  2708. deshalb Durchfahrtsverbote für LKWs und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die Fahrzeugflotte der BVG muss vollständig
  2709. auf den höchsten europäischen Abgasstandard umgestellt werden, der öffentliche Fuhrpark und die Fahrgastschiffe müssen
  2710. endlich vollständig mit Dieselrußfiltern ausgestattet werden.
  2711. Indem wir umweltfreundlichen Verkehrsmitteln den Vorrang
  2712. gewähren, verringern wir den Energieverbrauch, die Lärmbelastung und die Luftverschmutzung. Feinstaub entsteht jedoch
  2713. nicht nur im Verkehr, auch an Baustellen müssen Reduktionsmaßnahmen umgesetzt werden.
  2714. Auch im Umfeld der Flughäfen setzen wir uns für konsequenten Lärmschutz ein. Ein striktes Nachtflugverbot von 22
  2715. bis 6 Uhr gehört dazu. Um einen ökonomischen Anreiz für
  2716. einen anwohnerfreundlichen Flugbetrieb zu setzen, sollen die
  2717. Start- und Landegebühren wie in Frankfurt am Main tageszeitabhängig gestaffelt werden. Der Umgang mit den „neuen“ Flugrouten und die entsprechende Kommunikation waren
  2718. ein Skandal. Auch über den Wahltag hinaus werden wir nicht
  2719. lockerlassen und aufklären, wer wann was wusste und ob womöglich wir Berlinerinnen und Berliner und unsere brandenburgischen Nachbarn belogen wurden. Davon unabhängig wollen
  2720. wir mehr Transparenz und die Einbeziehung der Betroffenen
  2721. bei der Festlegung der Flugrouten. Dabei muss an erster Stelle
  2722. die Verkehrssicherheit stehen, dann aber auch der Lärmschutz
  2723. und somit die Gesundheit der betroffenen BürgerInnen. Gesundheitsgefährdende Belastungen müssen minimiert werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Flugrouten Berlin und
  2724.  
  2725. 94
  2726.  
  2727. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2728. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2729.  
  2730. EINE STADT FÜR ALLE.
  2731.  
  2732. bewohnte Gebiete in Brandenburg so weit wie möglich
  2733. umgehen, um die Anzahl betroffener Anwohnerinnen und
  2734. Anwohner zu minimieren.
  2735.  
  2736. Berlin wird grüner werden
  2737. Ein Drittel der Gesamtfläche Berlins sind Grünflächen. Das ist
  2738. das Sinnbild für die hohe Lebensqualität in der Stadt. In Zukunft
  2739. werden sie wegen des Klimawandels weiter an Bedeutung gewinnen. Grün- und Freiflächen sind die Frischluftschneisen
  2740. einer großen Stadt. Deshalb wollen wir im Flächennutzungsplan und in der Bauleitplanung Flächen für Grün und Natur auf
  2741. Dauer freihalten. Dazu zählen auch die dauerhafte Sicherung
  2742. der Kleingärten und die stärkere Verankerung des Baumschutzes im Baurecht. Die Bauordnung werden wir ökologisch ausrichten.
  2743. Wir setzen uns für eine umfassende Strategie der biologischen Vielfalt, für Arten- und Naturschutz überall in der Stadt
  2744. ein. Dafür wollen wir Grünzüge sowie Naturflächen in einem
  2745. Biotopverbund miteinander vernetzen. Wir unterstützen urbane Landwirtschaft, die wachsende Bewegung für Gemeinschaftsgärten und interkulturelle Gartenprojekte. Wir engagieren uns für die Verwirklichung der sieben mit Brandenburg
  2746. vereinbarten Regionalparks und den Aufbau eines Grüngürtels
  2747. rund um die Stadt. Unser Ziel ist, im Rahmen einer zukunftsweisenden Planung die zusätzliche Flächeninanspruchnahme
  2748. schrittweise zu reduzieren.
  2749. Wir wollen öffentlichen Raum zum Flanieren, für Spiel und
  2750. Erholung zurückgewinnen. Wir werden die Bürgerinnen und
  2751. Bürger stärker in zukünftige Planungen mit einbeziehen und
  2752. in ihrem Engagement für ein grünes Berlin unterstützen und
  2753. fördern. Hierzu sind die Ämter als Partner nötig. Wir setzen uns
  2754. daher gleichzeitig für eine bessere Personalausstattung in den
  2755. Ämtern ein.
  2756.  
  2757. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2758. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2759.  
  2760. 3. Lebenswertes Berlin
  2761.  
  2762. EINE STADT FÜR ALLE.
  2763.  
  2764. 95
  2765.  
  2766. Neue Bäume für Berlin
  2767.  
  2768. 3. Lebenswertes Berlin
  2769.  
  2770. Wir werden dem jährlichen Verlust von tausenden von Straßenbäumen ein Ende bereiten und endlich wieder mehr Straßenbäume pflanzen als gefällt werden. Das Engagement von
  2771. Bürgerinnen und Bürgern hierbei wollen wir unterstützen und
  2772. nicht mit bürokratischen Vorschriften behindern. Dazu gehört
  2773. eine transparente und frühzeitige Information über geplante
  2774. Pflege- und Fällmaßnahmen. Gleichzeitig wollen wir eine Grünflächenberatung in den Ämtern installieren, die den Bürgerinnen und Bürgern in der gemeinsamen Pflege und dem Erhalt
  2775. von Parks, Gartenanlagen, Straßenbäumen und Baumscheiben
  2776. Hilfestellung bietet.
  2777.  
  2778. Uferloses Berlin – nein danke!
  2779. Havel, Dahme, Spree: Berlin ist von Gewässern durchzogen.
  2780. Gerade in der Innenstadt sind die Ufer auch 20 Jahre nach dem
  2781. Mauerfall auf weiten Strecken nicht überall zugänglich. Wir
  2782. wollen an Berlins Wasseradern entlang spazieren. In einer Stadt
  2783. für alle dürfen öffentliche Zugänge zum Wasser nicht verbaut
  2784. werden. Die 20 grünen Wege durch die Stadt wollen wir aktiv
  2785. ausbauen, zuallererst die Wege am Spreeufer. Wir wollen die
  2786. Anstrengungen der Bezirke nicht blockieren, sondern diese darin unterstützen, Berlin zur Wasserstadt zu machen. Mediaspree
  2787. und die Luisenstadt müssen so gestaltet werden, dass wir im
  2788. Grünen am Wasser entlang ins Herz der Stadt laufen können.
  2789.  
  2790. Baden in der Spree
  2791. Keine andere deutsche Stadt verfügt über ein so dichtes Netz
  2792. an Flüssen und Seen innerhalb und im nahen Umfeld der Stadt.
  2793. Berlins Gewässer sorgen für ein gutes Stadtklima, sind Lebensraum vieler Tiere und nicht zuletzt wichtig für die Attraktivität
  2794. der innerstädtischen Erholungsgebiete. Wer möchte nicht auch
  2795. in der Berliner Innenstadt in eine klare, saubere Spree springen
  2796.  
  2797. 96
  2798.  
  2799. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2800. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2801.  
  2802. EINE STADT FÜR ALLE.
  2803.  
  2804. können? Bisher noch ein Traum, könnte dies durch eine konsequente Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie
  2805. im Laufe der Jahre Wirklichkeit werden.
  2806. Bisher läuft bei starken Regenfällen regelmäßig die Mischwasserkanalisation über und das Abwasser verschmutzt Spree und
  2807. Kanäle. Rückhaltebecken können kurzfristig das Problem verringern. Langfristig muss jedoch das alte System der Mischkanalisation sukzessive rückgebaut und getrennt werden. Statt
  2808. Abwasserkanäle und Klärwerke mit dem relativ sauberen Regenwasser zu belasten, wollen wir innovative Konzepte zum
  2809. Regenwassermanagement und zur Entsiegelung von Flächen
  2810. fördern.
  2811. Berlin hat Trinkwasser von hoher Qualität, weil es direkt vor
  2812. Ort gewonnen wird. Damit dies so bleibt, ist ein sparsamer
  2813. Umgang mit Wasser geboten, insbesondere wenn sich in der
  2814. Region durch den Rückgang von Niederschlägen die Folgen
  2815. des Klimawandels verschärfen. Wir wollen die Höchstmenge
  2816. für die Grundwasserförderung regional so festlegen, dass Keller
  2817. nicht volllaufen und empfindliche Naturräume geschützt sind.
  2818.  
  2819. 3. Lebenswertes Berlin
  2820.  
  2821. EINE STADT FÜR ALLE.
  2822.  
  2823. Bärenstark für den Tierschutz
  2824. „Eine Stadt für alle“ heißt auch, die Bedürfnisse und Lebensräume von Tieren in unserer Stadt ernst zu nehmen. Auch in
  2825. Zukunft werden wir uns in enger Zusammenarbeit mit Tierschutzinitiativen und Experten für einen besseren und umfassenderen Tierschutz starkmachen. Wir fördern tierversuchsfreie
  2826. Forschung und kämpfen für ein Verbot der Wildtierhaltung
  2827. in Zirkussen. Wir wollen den Berliner Zoo familien- und tierfreundlicher gestalten. Ebenso kämpfen wir gegen Massentierhaltung in der Nutztierindustrie. Schon bevor es ein bundesweit einheitliches Heimtiergesetz gibt, wollen wir in Berlin
  2828. verbindliche Tierschutzmaßnahmen für Haustiere.
  2829.  
  2830. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2831. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2832.  
  2833. 97
  2834.  
  2835. Wie in allen anderen Politikfeldern heißt es auch im Tierschutz:
  2836. Nur gemeinsam sind wir stark und alle gemeinsam wollen wir
  2837. den Tieren eine starke Stimme geben. Deswegen fordern wir ein
  2838. Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen.
  2839.  
  2840. 3.3 Stadt der Verbraucherinnen und Verbraucher
  2841.  
  2842. 3. Lebenswertes Berlin
  2843.  
  2844. Die Lebensqualität in einer Stadt hängt auch davon ab, was
  2845. Menschen in ihrem Konsumalltag erleben. Ist in einem Produkt drin, was draufsteht? Wo bekomme ich unabhängige
  2846. Informationen? Wie kann ich mich gegen Übervorteilung zur
  2847. Wehr setzen? Berlinerinnen und Berliner mussten sich in den
  2848. vergangenen Jahren häufig ärgern – über unappetitliche Restaurantküchen, Einschränkungen beim S-Bahn-Verkehr, lästige
  2849. Werbeanrufe oder überhöhte Energie- und Wasserpreise. Das
  2850. muss sich ändern! Wer beim Kauf stärker auf ökologische und
  2851. soziale Kriterien achten will, braucht dafür mehr Informationen
  2852. und Angebote.
  2853. Zurzeit blockieren Geldnot und Verwaltungswirrwarr Fortschritte in der Verbraucherpolitik. Wir wollen eine starke Verbraucherpolitik im Berliner Senat mit Rückhalt in allen Ressorts. Seien
  2854. Sie sicher: Mit uns Bündnisgrünen kommt die politische Stimme
  2855. der Verbraucherinnen und Verbraucher ins Rote Rathaus.
  2856.  
  2857. Bitte lächeln – Smileys für ganz Berlin
  2858. Was grüne Politik auch bei angespannter Haushaltslage erreichen kann, zeigt Pankow mit dem Smiley-Modell: Der Bezirk
  2859. veröffentlicht das Ergebnis von Hygienekontrollen in Restaurants im Internet und stärkt damit Transparenz, Aufklärung
  2860. und Wahlfreiheit. Das Smiley-Modell muss schleunigst in
  2861. einheitlicher Form in ganz Berlin umgesetzt und auf weitere
  2862. Bereiche auch über den Lebensmittelbereich hinaus ausgedehnt
  2863.  
  2864. 98
  2865.  
  2866. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2867. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2868.  
  2869. EINE STADT FÜR ALLE.
  2870.  
  2871. werden. Die Ergebnisse und Rohdaten müssen für alle öffentlich im Internet zugänglich gemacht werden. Nicht nur, wenn
  2872. es um Lebensmittel geht, müssen grundsätzlich mehr Kontrollen stattfinden. Dafür ist mehr Personal, aber auch ein besser
  2873. abgestimmtes Vorgehen der einzelnen Bezirke nötig.
  2874. Bei der Neuvergabe von Pachtverträgen für öffentliche Mensen und Kantinen und bei der Ausschreibung von Schulernährung wollen wir den Anteil von biologisch angebauten und fair
  2875. gehandelten Produkten erhöhen. Ebenfalls wollen wir das Angebot veganer und vegetarischer Kost erweitern. Wir setzen
  2876. uns für die Vermarktung von Produkten aus der Region, der
  2877. ökologischen Landwirtschaft und dem fairen Handel ein.
  2878. Wir streiten auf allen politischen Ebenen für eine bessere
  2879. Lebensmittelkennzeichnung – z. B. durch die Nährwertampel
  2880. – sowie für gentechnikfreie Produkte und eine gentechnikfreie
  2881. Landwirtschaft. Wir wollen eine länderübergreifende Initiative
  2882. starten, damit Berlin und andere Bundesländer dem „Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen“ beitreten.
  2883.  
  2884. 3. Lebenswertes Berlin
  2885.  
  2886. EINE STADT FÜR ALLE.
  2887.  
  2888. Städteinitiative „Kühlschrank ohne Gentechnik“
  2889. Die große Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher
  2890. will kein Genfood auf dem Teller – auch nicht in Berlin. Deshalb starten wir die Städteinitiative „Kühlschrank ohne Gentechnik“. Gemeinsam mit anderen Großstädten stärken wir die
  2891. Nachfrage nach gentechnikfreien Produkten, z. B. durch eine
  2892. Selbstverpflichtung, in städtischen Einrichtungen wie Kitas oder
  2893. Kantinen und bei städtischen Veranstaltungen nur gentechnikfreie Lebensmittel zu verwenden.
  2894.  
  2895. Gut informiert und beraten – von Finanzen bis Gesundheit
  2896. Gute Verbraucherpolitik zeichnet sich durch unabhängige
  2897. Information und gute Beratung aus. Wir wollen Beratungsangebote wie z. B. die Schlichtungsstelle Nahverkehr oder die
  2898.  
  2899. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2900. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2901.  
  2902. 99
  2903.  
  2904. 3. Lebenswertes Berlin
  2905.  
  2906. Behördenrufnummer 115 bekannter machen. Zugleich muss
  2907. die Finanzierung von Verbraucherverbänden und anderen unabhängigen Beratungsangeboten sichergestellt werden. Wir
  2908. wollen die Daten wie jene der Lebensmittel-, der Gesundheitsund der Gewässerkontrollen sowie die Fahrpläne der Verkehrsbetriebe computerlesbar veröffentlichen, damit kreative
  2909. Menschen mit diesen Daten zum Beispiel Fahrplananwendungen oder Badesee-Orientierungshilfen zum Nutzen aller programmieren können. Behörden- und Landesbetriebsdaten sind
  2910. nämlich Daten aller Berliner. Daher sollten beispielsweise auch
  2911. Kita-Qualitätsberichte und ähnliche Statistiken grundsätzlich
  2912. veröffentlicht werden.
  2913. Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich für eine Stärkung der
  2914. Rechtsdurchsetzung, Verbraucherberatung und –aufklärung
  2915. bei den Themen Datenschutz, Informationsgesellschaft und Internet ein. Wir fordern , dass die Aufsichtsbehörden, aber auch
  2916. die Verbraucherzentrale Berlin in diesen Fragen eine stärkere
  2917. Rolle übernehmen.
  2918. Immer mehr Berlinerinnen und Berliner sind tief verschuldet
  2919. und gehen in die Verbraucherinsolvenz. So weit muss es nicht
  2920. kommen. Wir wollen frühzeitig Wege aus der Überschuldung
  2921. anbieten und die Schulden- und Insolvenzberatungsstellen bedarfsgerecht ausbauen.
  2922. Größere Aufmerksamkeit verdienen auch die Rechte von
  2923. Patientinnen und Patienten. Viele wissen nicht, dass sich die
  2924. medizinische Versorgung an ihren Interessen ausrichten muss.
  2925. Um die Rechte der Berlinerinnen und Berliner im Falle einer
  2926. Erkrankung zu stärken, wollen wir Patientenberatungsstellen
  2927. angemessen fördern und das Amt von Patientenbeauftragten
  2928. stärken. Die Anforderungen an Patientenfürsprecher und -fürsprecherinnen in Krankenhäusern sollen so konkret sein, dass
  2929. sie ihre Funktion zielgerichtet ausüben können.
  2930.  
  2931. 100
  2932.  
  2933. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2934. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2935.  
  2936. EINE STADT FÜR ALLE.
  2937.  
  2938. 3.4 Mobile Stadt
  2939. Nachhaltige Mobilität für alle
  2940. Wir Grüne wollen Berlin zu einer Vorzeigemetropole für
  2941. klimafreundliche Mobilität entwickeln und eine Mobilität für
  2942. alle ermöglichen, mit der die Zahl der Unfälle mit Toten und
  2943. Verletzten auf null sinkt.
  2944. Wir wollen ein Mobilitätsangebot, das sicher, verlässlich und
  2945. ohne Angst genutzt werden kann. Wir werben dabei für eine
  2946. Mobilitätskultur der gegenseitigen Achtsamkeit im Verkehr.
  2947. Die Autonutzung insbesondere in der Innenstadt ist seit Jahren
  2948. rückläufig, denn viele Berlinerinnen und Berliner sind in den
  2949. letzten Jahren auf öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad
  2950. umgestiegen. Diesen Trend wollen wir weiter stärken. Denn
  2951. weniger Autoverkehr in der Innenstadt heißt bessere Luft,
  2952. weniger Lärm und mehr Platz für alle. Das ist auch eine soziale Frage: Unter lauten, gesundheitsschädlichen Hauptstraßen und Autobahnen leiden viele Berlinerinnen und Berliner,
  2953. insbesondere die mit geringem Einkommen. Mobilität ist die
  2954. Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Dennoch sind die
  2955. notwendigen Kosten der Mobilität für viele Menschen nicht
  2956. aufzubringen. Der Preis des Berliner Sozialtickets übersteigt
  2957. beispielsweise die Regelleistungen für Mobilität. Daran muss
  2958. sich etwas ändern – auf Bundesebene streiten wir Bündnisgrüne für eine angemessene Erhöhung der Regelsätze, z. B. beim
  2959. Arbeitslosengeld II (ALG II). Auch in Berlin suchen wir nach
  2960. einem Ausgleich, um für alle Menschen ausreichende Mobilitätsangebote zu ermöglichen. Daher wollen wir als ersten
  2961. Schritt verschiedene Maßnahmen prüfen, wie etwa kostenlose
  2962. Fahrten für ALG-II-EmpfängerInnen und ihre Kinder in eingeschränkten Geltungszeiträumen außerhalb des Berufsverkehrs. Außerdem soll der Preis des „Schülertickets“ für diese
  2963. Kinder gesenkt werden. Angesichts der großen Kinderarmut in
  2964.  
  2965. Abgeordnetenhauswahl 2011
  2966. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  2967.  
  2968. 3. Lebenswertes Berlin
  2969.  
  2970. EINE STADT FÜR ALLE.
  2971.  
  2972. 101
  2973.  
  2974. EINE STADT FÜR ALLE.
  2975.  
  2976. EINE STADT FÜR ALLE.
  2977.  
  2978. notwendig wären, brauchen wir an anderer Stelle dringender.
  2979. Neuinvestitionen im Straßenneubau sind nur noch im Ausnahmefall zu rechtfertigen. Auch europäische Infrastrukturmittel
  2980. sollen für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und der
  2981. Fahrradinfrastruktur verwendet werden.
  2982.  
  2983. Moderne Verkehrspolitik hat klare Ziele
  2984.  
  2985. Mobil kombiniert – die Mobilitätskarte
  2986.  
  2987. Wir wollen eine verträglichere Mobilität, die das Klima schont,
  2988. die leiser und gesünder ist und die den Verkehr weg vom Öl hin
  2989. zu erneuerbaren Energien bringt. Wir wollen den Stadtraum für
  2990. die Nahmobilität behutsam entwickeln und dem Rad- und dem
  2991. Fußverkehr entsprechend seiner gestiegenen Bedeutung mehr
  2992. Platz einräumen. Straßen und Plätze sollen wieder mehr zu Orten der nachbarschaftlichen Begegnung werden. Wir möchten
  2993. die öffentliche Diskussion über autofreies Leben führen. Für
  2994. Berlinerinnen und Berliner, die autofrei leben wollen, möchten
  2995. wir entsprechende Projekte vorantreiben.
  2996.  
  2997. Die verschiedenen Verkehrsmittel müssen optimal miteinander
  2998. kombinierbar werden. Umsteigemöglichkeiten müssen verbessert werden. Für einen einfachen Übergang zwischen den
  2999. Verkehrsmitteln wollen wir eine Mobilitätskarte entwickeln, die
  3000. im ersten Schritt als zum Umwelt-Abo zubuchbares Mobilitätspaket angeboten wird. Dieses könnte etwa neben einer BahnCard Vergünstigungen für Leihfahrräder, Car-Sharing, Mietwagen und Taxifahrten bieten. Die Mobilitätskarte wird damit
  3001. zum Schlüssel zur Stadt. Daten zur Bewegung im ÖPNV dürfen
  3002. nicht gespeichert werden. Sparsamkeit bei personenbezogenen
  3003. Daten hat für uns oberste Priorität.
  3004.  
  3005. Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, des Radund Fußverkehrs sowie die Instandhaltung von Straßen haben Vorrang. Die ohnehin knappen Landesmittel, die für
  3006. den Bau der sogenannten Tangentialverbindung Ost und die
  3007. Ost-West-Trasse oder die Verlängerung der Autobahn A100
  3008.  
  3009. 102
  3010.  
  3011. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3012. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3013.  
  3014. Ein gutes Klima im Verkehr
  3015. Geredet wird viel über Klimaschutz, faktisch spielte er bisher in
  3016. der Verkehrspolitik nur eine geringe Rolle. Wir wollen konkrete
  3017. Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen im Verkehrsbereich
  3018. festlegen. Bis 2020 wollen wir die CO2-Emissionen des Verkehrs gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent senken. Ziel
  3019. ist eine klimaneutrale Mobilität bis 2050. Alle Maßnahmen des
  3020. Stadtentwicklungsplans Verkehr müssen hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Klimaschutz überprüft werden.
  3021.  
  3022. 3. Lebenswertes Berlin
  3023.  
  3024. 3. Lebenswertes Berlin
  3025.  
  3026. Berlin ist eine rasche Lösung für Kinder und Jugendliche besonders dringend, um die Teilnahme an schulischen, aber gerade
  3027. auch außerschulischen Aktivitäten sicherzustellen. Aber auch
  3028. für Menschen mit geringem Einkommen, etwa Personen mit
  3029. Anspruch auf Wohngeld, wollen wir Teilhabe durch Mobilität ermöglichen und prüfen daher die Vergünstigungen des
  3030. „berlinpasses“.
  3031. Wir wollen die Alternativen zum Privatauto attraktiver machen, um noch mehr Menschen zum Umstieg zu bewegen.
  3032. Vor allem wollen wir den Berlinerinnen und Berlinern ein noch
  3033. besseres öffentliches Mobilitätsangebot machen. Der Schlüssel
  3034. dazu liegt in der optimalen Verknüpfung aller Verkehrsarten:
  3035. Busse und Bahnen, Radfahren und Zufußgehen, Auto, Taxi und
  3036. Car-Sharing-Netze. Wir wollen bessere und einfachere Übergänge zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln schaffen.
  3037.  
  3038. Eine Stadt für alle – mehr Platz für alle
  3039. Eine lebenswerte Stadt braucht Straßen, auf denen alle gleichberechtigt sind und rücksichtsvoll miteinander umgehen. Dafür
  3040. wollen wir Modelle nach dem Prinzip des Shared Space oder
  3041.  
  3042. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3043. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3044.  
  3045. 103
  3046.  
  3047. Begegnungszonen erproben. Gewinner sind wir dabei alle:
  3048. FußgängerInnen und Radfahrende kommen sicherer und erholter ans Ziel, Umsätze der Geschäfte steigen, denn der
  3049. Schaufensterbummel wird attraktiver, und wer Auto fährt,
  3050. steckt weniger im Stau.
  3051.  
  3052. 3. Lebenswertes Berlin
  3053.  
  3054. Die Erfahrungen mit den zahlreichen Parkraumbewirtschaftungszonen in Berlin zeigen, dass diese in Gebieten, in denen
  3055. ein großer Parkplatzmangel herrscht, zusätzliche Freiräume
  3056. schaffen. Sie ermöglichen Anwohnerinnen und Anwohnern,
  3057. stressfrei einen Parkplatz vor der Haustür zu finden. Nerviger
  3058. Parksuchverkehr im Kiez ist damit Geschichte. Wir werden
  3059. daher den Ausbau von Parkraumbewirtschaftungszonen in
  3060. allen Gebieten mit großem Parkdruck weiter vorantreiben. Bei
  3061. Zielkonflikten wollen wir im Dialog mit allen Betroffenen faire
  3062. Lösungen erarbeiten.
  3063.  
  3064. Mobilität für alle barrierefrei
  3065. Eine Stadt für alle heißt auch: Mobilität muss für alle möglich
  3066. sein. Ein Drittel aller Fahrgäste sind in ihrer Bewegungsfreiheit
  3067. eingeschränkt, sei es aufgrund des Alters, einer körperlichen
  3068. Einschränkung oder der Mitnahme eines Kinderwagens.
  3069. U- und S-Bahnhöfe sowie Bus- und Tram-Haltestellen müssen
  3070. deutlich schneller als bisher geplant barrierefrei sein. Darüber
  3071. hinaus sollen Automaten für Fahrscheine und Informationen
  3072. barrierefrei gestaltet werden. Neben Blindenschrift helfen zum
  3073. Beispiel Piktogramme für eine einfache und rasche Orientierung über Sprachbarrieren hinweg.
  3074.  
  3075. Fahr Rad!
  3076. In Berlin ist das Fahrrad auf kurzen Strecken meist zeitlich unschlagbar! Dazu spart es Platz, schont das Klima und hält gesund. Deshalb ist es wenig erstaunlich, dass sich die Anzahl
  3077.  
  3078. 104
  3079.  
  3080. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3081. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3082.  
  3083. EINE STADT FÜR ALLE.
  3084.  
  3085. der Fahrradfahrerinnen und -fahrern in den letzten zehn Jahren
  3086. verdoppelt hat. Die Infrastruktur konnte bei diesem Wachstum nicht mithalten. Mehr Fahrradstreifen auf der Fahrbahn
  3087. und Fahrradstraßen machen das Leben von Radfahrerinnen
  3088. und Radfahrern sicherer und stressfreier. Fahrradfahren im Alltag muss einfacher werden. Wir benötigen dazu ein attraktives Netz von Haupt- und Nebenrouten und Radfernwegen in
  3089. ganz Berlin. Der Ausbau von Fahrradstellplätzen – vor allem
  3090. an Haltestellen – und unkomplizierte Mietradsysteme tragen
  3091. dazu bei, dass Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel leichter
  3092. kombiniert werden können. Für den Neubau und die Instandhaltung der Fahrradwege muss dringend mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Damit wollen wir den Radverkehrsanteil
  3093. bis 2020 verdoppeln.
  3094.  
  3095. 3. Lebenswertes Berlin
  3096.  
  3097. EINE STADT FÜR ALLE.
  3098.  
  3099. Die Zukunft fährt Tram
  3100. Paris, Barcelona und London machen es vor: Die Tram ist eines
  3101. der Verkehrsmittel der Zukunft! Auf eigenem (Rasen-)Gleiskörper ist die Tram eine schnelle, staufreie, komfortable Alternative zum Auto – besser noch, sie lässt sich vergleichsweise
  3102. kostengünstig realisieren.
  3103. Wir werden einen Masterplan „Berliner Tramnetz“ entwickeln. Dafür schaffen wir Planungsrecht für neue Linien, die
  3104. wir schrittweise realisieren wollen. Vordringlich ist für uns die
  3105. Verlängerung der M10 vom Nordbahnhof zum Hauptbahnhof
  3106. und weiter zur Turmstraße und der Linien vom Alexanderplatz
  3107. über den Potsdamer Platz und weiterführend bis zum Rathaus
  3108. Steglitz. Danach sollen die Straßenbahn von Rosenthal durch
  3109. das Märkische Viertel nach Wittenau sowie die Verlängerung
  3110. von der Warschauer Straße zum Hermannplatz entstehen.
  3111. Damit die Tram nicht im Stau steckt, wollen wir wirkungsvolle
  3112. Vorrangschaltungen.
  3113.  
  3114. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3115. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3116.  
  3117. 105
  3118.  
  3119. S-Bahn für Berlin fit machen
  3120.  
  3121. 3. Lebenswertes Berlin
  3122.  
  3123. Die Bewältigung der S-Bahn-Krise wird eine Erblast des rotroten Senats für viele Jahre sein. Die Ursache liegt in einem
  3124. miserabel ausgehandelten Vertrag zwischen dem Land Berlin
  3125. und der S-Bahn Berlin GmbH, der zu den jetzt von Klaus Wowereit beklagten Missständen geradezu einlud. Mit der Operation S-Bahn wurde im Hinblick auf den geplanten Börsengang
  3126. der Bahn systematisch daran gearbeitet, die Gewinne zu maximieren, koste es, was es wolle: Mitarbeiter wurden entlassen,
  3127. Werkstätten geschlossen, Wartungen nicht eingehalten und es
  3128. wurde ohne Reserve auf Verschleiß gefahren.
  3129. Leidtragende waren die Fahrgäste, die horrende Verspätungen und überfüllte Züge ertragen mussten. Den Höhepunkt
  3130. erlebte die S-Bahn-Krise im Winter 2010/2011 als zeitweise
  3131. ganze S-Bahn-Strecken stillgelegt werden mussten, weil die
  3132. Wagen nicht zur Verfügung standen.
  3133. Der regierende Bürgermeister saß das S-Bahn-Chaos aus, anstatt kurzfristige Maßnahmen zu erarbeiten und die notwendigen Entscheidungen für die Anschaffung von neuen Zügen für
  3134. den Aufbau eines landeseigenen Fuhrparks zu treffen.
  3135. Berlin braucht eine S-Bahn, die qualitativ und quantitativ
  3136. einer Metropole würdig ist. Die Verantwortung für Züge und
  3137. Werkstätten gehört in öffentliche Hand. Deshalb wollen wir
  3138. schnellstmöglich mit dem Aufbau eines landeseigenen S-BahnFuhrparks beginnen. Außerdem soll Berlin im Bundesrat eine
  3139. Initiative starten, mit der das S-Bahn-Netz aus der Deutschen
  3140. Bahn AG herausgelöst und mit einem finanziellen Ausgleich
  3141. für die Unterhaltung an das Land übertragen wird. Eine Direktvergabe ist inzwischen auch durch den Bundesgerichtshof
  3142. ausgeschlossen worden. Wir wollen in Ausschreibungen klare
  3143. Vorgaben zur Qualität des Angebots und Strafen bei Nichteinhaltung vertraglich festlegen. Unter dieser Maßgabe soll der
  3144. Betrieb der S-Bahn stufenweise ausgeschrieben werden, wobei
  3145.  
  3146. 106
  3147.  
  3148. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3149. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3150.  
  3151. EINE STADT FÜR ALLE.
  3152.  
  3153. die S-Bahn sich auf diese Ausschreibung genauso bewerben
  3154. kann wie andere Anbieter auch. Einen Wettbewerb zu Lasten
  3155. der Beschäftigten und der Umwelt schließen wir aus, indem wir
  3156. tarifliche und ökologische Standards garantieren, wie es etwa
  3157. das rot-grün regierte Bremen bei der Vergabe seines S-BahnNetzes gemacht hat.
  3158.  
  3159. Gute Mobilität – nicht nur für die Innenstadt!
  3160. In einer Stadt für alle muss es auch für die Außenbezirke eine
  3161. gute Anbindung geben. Öffentlicher Nahverkehr kann sinnvoll ergänzt werden. Nicht nur in den Nachtstunden schließen
  3162. taxiähnliche Rufbusse, Kiezbuslinien oder Sammeltaxen Angebotslücken. Park-and-ride-Parkplätze an ÖPNV-Halten am
  3163. Stadtrand – wie in Buch und Heinersdorf – ermöglichen es auch
  3164. Pendlern mit schlechter ÖPNV-Anbindung, die Berliner Innenstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
  3165. Kurzfristig wollen wir die Ostbezirke durch eine neue Regionalbahnlinie über Hohenschönhausen, Lichtenberg, Ostkreuz
  3166. und Schöneweide an den Flughafen BBI anbinden. Ein Umsteigebahnhof Karower Kreuz soll die Angebotslücke für die
  3167. nördlichen Bezirke schließen. Die Realisierung der sogenannten
  3168. „Nahverkehrstangente“ zwischen Springpfuhl und BBI über
  3169. den Außenring wollen wir in der nächsten Legislatur mit Priorität planerisch vorbereiten. Das ist Teil unserer Alternative zur
  3170. A100-Verlängerung und zur geplanten Tangentialverbindung
  3171. Ost. Wir treten für den Neubau des Regionalbahnhofs Köpenick ein. Ein gut funktionierendes System von kurzfristig und
  3172. unkompliziert zu mietenden Autos in ganz Berlin ergänzt das
  3173. Angebot der Öffentlichen.
  3174. Dass auf Straßen in Wohngebieten, im Umfeld von Krankenhäusern, Seniorenheimen, Kitas und Schulen Tempo 30 üblich
  3175. ist, sichert dort Lebensqualität und sorgt für Sicherheit. Dies
  3176. betrifft schon heute etwa 70 Prozent unserer Straßen. Auf den
  3177.  
  3178. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3179. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3180.  
  3181. 3. Lebenswertes Berlin
  3182.  
  3183. EINE STADT FÜR ALLE.
  3184.  
  3185. 107
  3186.  
  3187. großen Magistralen gilt Tempo 50. In der Realität ist Tempo
  3188. 30 die Regel und Tempo 50 schon heute die Ausnahme. Wir
  3189. wollen das Gesetz der Realität anpassen – das spart Verwaltungsaufwand und auch eine Menge Verkehrsschilder.
  3190.  
  3191. Die Wirtschaft zieht mit
  3192.  
  3193. 3. Lebenswertes Berlin
  3194.  
  3195. Der Berliner Güterverkehr umfasst derzeit ein Drittel des Gesamtverkehrs, verursacht aber rund zwei Drittel Lärm- und
  3196. Schadstoffemissionen. Diese Belastungen zu verringern, ist
  3197. eine Herausforderung. Dazu brauchen wir ein integriertes
  3198. Wirtschaftsverkehrskonzept, das innovative Technologien und
  3199. bestehende Infrastruktur einbindet. Durch eine bessere Einbindung der bestehenden Güterverkehrszentren in die Stadtlogistik können Mehrfachanfahrten zu einem Ziel vermieden und
  3200. kann unnötiger Verkehr reduziert werden.
  3201. Eine bessere Ausnutzung von Schiene und Binnenschiff
  3202. bietet ein großes Verlagerungspotential. Damit der Warenumschlag von der Straße auf die Schiene funktioniert, ist die
  3203. planungsrechtliche Sicherung von Bahnflächen dringend geboten. Dem Ausverkauf von strategisch bedeutsamen Flächen,
  3204. etwa entlang dem S-Bahn-Ring, muss Einhalt geboten werden!
  3205.  
  3206. BBI-Anschluss statt A100-Weiterbau
  3207. Der Weiterbau der A100 wird zu mehr Verkehr in der Innenstadt führen. Verkehrschaos an der Elsenbrücke ist vorprogrammiert. Anwohnerinnen und Anwohner werden unter
  3208. mehr Lärm- und Schadstoffbelastung leiden. In einer Stadt für
  3209. alle sind Straßen dazu da, Quartiere zu verbinden, statt sie zu
  3210. zerschneiden. Wir lehnen daher den Weiterbau der A100 ab.
  3211. Wir werden alle rechtlichen und politischen Mittel dafür einsetzen, den Weiterbau der A100 zu verhindern. Den Planfeststellungsbeschluss wollen wir aufheben. Stattdessen werden
  3212. wir mit der Bundesregierung verhandeln, um die Bundesmittel
  3213.  
  3214. 108
  3215.  
  3216. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3217. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3218.  
  3219. EINE STADT FÜR ALLE.
  3220.  
  3221. für einen optimalen Lärmschutz an den bestehenden Berliner
  3222. Autobahnen und an der Dresdner Bahn zu verwenden. So wird
  3223. eine gute Anbindung des Flughafens Berlin Brandenburg International nicht weiter verzögert.
  3224.  
  3225. 3.5 Berlin - sichere Stadt der Freiheit
  3226. „Eine Stadt für alle“ erfordert auch Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger. Soziale Sicherheit, aber auch Schutz vor
  3227. Gewalt und Kriminalität. Es sind in der Regel nicht die Wohlhabenden, die unter Gewalt und der Verwahrlosung des öffentlichen Raums leiden, sondern gerade diejenigen, die in Gegenden
  3228. mit sozialen Problemen wohnen und arbeiten. Dafür brauchen
  3229. wir eine besser geschulte und ausgestattete, bürgernahe Polizei. Alles, was diese Viertel sozial stärkt, trägt zur Verbesserung
  3230. bei. Durch eine gezielte soziale Quartiers- und Mietenpolitik
  3231. und eine gezielte Bildungs- und Arbeitspolitik verhindern wir
  3232. die Verdrängung der Schwächeren aus dem Viertel und fördern
  3233. ein gutes, solidarisches Zusammenleben im Kiez.
  3234.  
  3235. 3. Lebenswertes Berlin
  3236.  
  3237. EINE STADT FÜR ALLE.
  3238.  
  3239. Kaum etwas beeinträchtigt die Lebensqualität so unmittelbar wie das Opfer einer Gewalttat zu werden. Aber schon
  3240. die Angst vor Kriminalität kann Beschränkungen bedeuten.
  3241. Unterschiedliche Bereiche der Stadt können für unterschiedliche Menschen Angsträume sein. Eine Stadt für alle bedeutet, dass sich alle überall hinreichend sicher fühlen können,
  3242. unabhängig vom Einkommen, vom Bezirk, von Hautfarbe,
  3243. Herkunft, Geschlecht, Alter oder der sexuellen Identität. Die
  3244. Angst vor Straftaten nehmen wir ernst, auch wenn die Polizeistatistik einen Rückgang der Kriminalität verzeichnet. Niemand
  3245. kann absolute Sicherheit versprechen, aber manches kann
  3246. besser gemacht werden.
  3247.  
  3248. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3249. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3250.  
  3251. 109
  3252.  
  3253. 3. Lebenswertes Berlin
  3254.  
  3255. Grüne Sicherheitspolitik setzt auf Besonnenheit, Rechtsstaatlichkeit und Bürgernähe. Unser oberster Wert bleibt die Freiheit.
  3256. Grüne Sicherheitspolitik dient immer der Sicherung der Freiheit
  3257. des Einzelnen. Deshalb darf sie auch nie die Rechte jedes Menschen übergehen oder rechtsstaatliche Standards in Frage stellen. Wir wollen die Freiheit aller schützen, gegen Terrorismus
  3258. und Kriminalität, gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht
  3259. und gegen unzulässige Eingriffe des Staates. Freiheit kann man
  3260. nicht verteidigen, indem man sie aufgibt. Wir wollen neue
  3261. Akzente einbringen, entschieden auf Prävention und die Vermeidung von Verbrechen setzen und die unterschiedlichen
  3262. Institutionen, die für die öffentliche Sicherheit relevant sind,
  3263. besser miteinander vernetzen.
  3264.  
  3265. Wachsamkeit statt Panik
  3266. Verantwortungsvolle Sicherheitspolitik muss wachsam und besonnen der Möglichkeit ins Auge blicken, dass Terrororganisationen versuchen, auch in Berlin Anschläge zu verüben. Terrorwarnungen kann niemand auf die leichte Schulter nehmen.
  3267. Andererseits ist Panik genau das, was die Terroristen erreichen
  3268. wollen. Dem wollen wir ein klares Signal entgegensetzen:
  3269. Berlin lässt sich seine freiheitliche Lebensweise nicht nehmen,
  3270. weder durch Bombendrohungen noch durch vorauseilende
  3271. Aushöhlung des Rechtsstaates. Bestehende Befugnisse der
  3272. Sicherheitsbehörden sind mehr als ausreichend, um den
  3273. Gefährdungen zu begegnen. Wir streben die Evaluation aller Berliner Sicherheitsgesetze an, um ihre Wirksamkeit und
  3274. Angemessenheit zu überprüfen und die Bürgerrechte zu stärken, gegebenenfalls auch durch die Zurücknahme einzelner
  3275. Regelungen oder Gesetze. Teil der Verantwortung für die
  3276. Sicherheit der Stadt sind lückenlose Vorsorge und Planung
  3277. beim Katastrophenschutz.
  3278.  
  3279. 110
  3280.  
  3281. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3282. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3283.  
  3284. EINE STADT FÜR ALLE.
  3285.  
  3286. Öffentliche Plätze gemeinsam sicher und lebenswert
  3287. gestalten
  3288. Manche öffentliche Plätze und Orte lösen Ängste aus und mitunter gibt es Konflikte zwischen unterschiedlichen Nutzerinnen
  3289. und Nutzern. Um hier zu vermitteln und gemeinsam Lösungen zu finden, wollen wir lokale Präventionsstrukturen stärken,
  3290. die unterschiedliche Akteurinnen und Akteure zusammenbringen: an erster Stelle die Anwohnerinnen und Anwohner, aber
  3291. auch z. B. Jugend- und Sozialarbeit, Quartiersmanagement,
  3292. Stadtplanung, Polizei und auch Respektspersonen aus unterschiedlichen Communities. Wenn Menschen gemeinsam Verantwortung übernehmen, ist das effektiver als der Einsatz von
  3293. Videokameras, die bestenfalls Straftaten aufzeichnen, wenn es
  3294. zu spät ist. Auch private Sicherheitsunternehmen, die zuallererst dem Eigentumsschutz ihrer Auftraggeber verpflichtet sind,
  3295. sind keine Lösung für Räume, die allen gehören.
  3296.  
  3297. 3. Lebenswertes Berlin
  3298.  
  3299. EINE STADT FÜR ALLE.
  3300.  
  3301. Videoüberwachung auf den Prüfstand
  3302. Unter Rot-Rot hat sich die Zahl der Videokameras in Berlin
  3303. vervielfacht. Die BVG filmt inzwischen flächendeckend auf
  3304. U-Bahnhöfen und ist dabei, alle Waggons, Trams und Busse
  3305. mit Kameras auszustatten. Das mag das subjektive Sicherheitsgefühl verbessern, Hilfe leisten können jedoch nur Menschen.
  3306. Doch die schauen sich die Aufzeichnungen allenfalls an, wenn
  3307. es zu spät ist. Was die Kameras überhaupt bringen, muss
  3308. dringend geklärt werden. Eine Evaluation brach die BVG mit
  3309. Billigung des Senats ab, als sich abzeichnete, dass sich keine
  3310. Hinweise auf eine tatsächliche Verringerung der Kriminalität
  3311. ergaben. Das wollen wir nicht hinnehmen. Wir fordern eine
  3312. echte wissenschaftliche Überprüfung des Nutzens und der
  3313. Nebenwirkung der Videoüberwachung und bis dahin zumindest ein Moratorium ihrer ständigen Ausweitung. Wir sind
  3314. gegen eine flächendeckende Videoüberwachung öffentlicher
  3315.  
  3316. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3317. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3318.  
  3319. 111
  3320.  
  3321. EINE STADT FÜR ALLE.
  3322.  
  3323. EINE STADT FÜR ALLE.
  3324.  
  3325. Plätze und lehnen das anlasslose polizeiliche Filmen von Demonstrationen ab.
  3326.  
  3327. Für eine effektive Justiz
  3328.  
  3329. 3. Lebenswertes Berlin
  3330.  
  3331. Wir brauchen nicht immer mehr Polizei, aber mehr Polizistinnen und Polizisten auf den Bürgersteigen. Um das zu erreichen,
  3332. gehört die Polizeistruktur auf den Prüfstand. Hier müssen die
  3333. richtigen Prioritäten gesetzt werden und gute Arbeitsbedingungen für die Polizistinnen und Polizisten herrschen. Unser
  3334. Leitbild ist eine moderne, offene, gut ausgebildete und ausgestattete Polizei, die den Herausforderungen einer vielfältigen
  3335. Großstadt gerecht wird. So wird etwa bei Gewalt an der Schule
  3336. die Polizei inzwischen stärker einbezogen. Das ist gut und richtig. Damit sich die Polizei auf wichtige Aufgaben konzentrieren
  3337. kann, wollen wir auch prüfen, wo sie entlastet werden kann.
  3338. Um das Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und
  3339. der Polizei zu verbessern, soll es einen unabhängigen Polizeibeauftragten geben. An diese Stelle können sich Bürgerinnen
  3340. und Bürger mit ihren Beschwerden wenden, hier können Polizistinnen und Polizisten ihre Anliegen vorbringen und können
  3341. strukturelle Defizite zur Sprache gebracht werden. Wir wollen
  3342. das von uns lange betriebene Vorhaben, alle Beamtinnen und
  3343. Beamten im Einsatz mit einer eindeutigen Kennzeichnung zu
  3344. versehen, in der Praxis erfolgreich machen.
  3345.  
  3346. Berlins Polizei und Justiz internationaler machen
  3347. Was in Ländern wie Großbritannien oder den USA schon fast
  3348. selbstverständlich ist, ist in Berlin immer noch schwer – der Zugang von Migrantinnen und Migranten zu Polizei, Justiz und
  3349. den Finanzbehörden. In einer Stadt für alle ist dies zwingend
  3350. erforderlich: vom Polizeidirektor zur Vorsitzenden einer Großen
  3351. Strafkammer.
  3352.  
  3353. 112
  3354.  
  3355. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3356. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3357.  
  3358. 3. Lebenswertes Berlin
  3359.  
  3360. Für eine bürgernahe Polizei
  3361.  
  3362. Die Berlinerinnen und Berliner müssen die Gewissheit haben,
  3363. dass sie in angemessener Zeit ihre Rechte auch gerichtlich
  3364. durchsetzen können. Zügige und schnelle Gerichtsverfahren
  3365. sind Zeichen eines demokratischen Rechtsstaates. Wir wollen,
  3366. dass die Justiz in der Hauptstadt zu einem Modell für bürgerInnenfreundliche, moderne und weltoffene Justiz wird. Justiz ist
  3367. kein wohlfeiles Gut und nicht billig zu haben.
  3368. Bei der Berliner Justiz müssen erhebliche Ausstattungsdefizite
  3369. wettgemacht werden. Verbesserungen wollen wir über eine effizientere Organisation in der Justiz erreichen, die Verwaltungsautonomie der Gerichte wollen wir weiter stärken. Sie müssen
  3370. auch Personalverantwortung im nichtrichterlichen Bereich bekommen.
  3371. Wir wollen die Zusammenarbeit von Justiz, Polizei und Jugendämtern zur Verstärkung von Präventionsarbeit verbessern.
  3372. Wir wollen helfen, die Jugendgerichtsverfahren zu beschleunigen, und Wege finden, um erzieherische Maßnahmen schneller
  3373. wirksam werden zu lassen. Eine Absenkung des Alters für die
  3374. Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts lehnen wir ab.
  3375. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit muss ebenso beschleunigt
  3376. werden. Denn im Durchschnitt über ein Jahr auf eine Entscheidung in erster Instanz zu warten, ist für die BürgerInnen nicht
  3377. zumutbar.
  3378.  
  3379. Junge Straftäter: Prävention, Intervention und schnellere
  3380. Verfahren
  3381. Eine besondere Herausforderung – nicht nur für die Polizei –
  3382. sind Straftaten von Jugendlichen. Lebensperspektiven zu bieten
  3383. und Bildungschancen zu eröffnen ist die beste Prävention und
  3384. kann helfen, dass aus Kindern keine Straftäter werden. Auch
  3385. wenn die Statistik auf einen Rückgang der Jugendkriminalität
  3386. hinweist, sind einige junge, zumeist männliche Täter für eine
  3387.  
  3388. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3389. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3390.  
  3391. 113
  3392.  
  3393. EINE STADT FÜR ALLE.
  3394.  
  3395. EINE STADT FÜR ALLE.
  3396.  
  3397. Wer in Berlin Grün wählt …
  3398.  
  3399. Eine Kriminalpolitik, die vor allem auf Gefängnisstrafen setzt, ist
  3400. kurzsichtig. Niemandem ist geholfen, wenn Menschen wegen
  3401. Schwarzfahrens hinter Gittern landen, weil sie ihre Geldstrafe
  3402. nicht bezahlen können. Für die täglich über 200 Menschen,
  3403. die so eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, sind Programme wie
  3404. „Schwitzen statt sitzen“ sinnvoller – und kostengünstiger. Gerade im Bagatellbereich wollen wir Haft vermeiden. Die Justizvollzugsanstalten sollen sich darauf konzentrieren, die wegen
  3405. schwerer Verbrechen Verurteilten auf ein künftiges Leben ohne
  3406. Straftaten vorzubereiten, und zwar von Anfang an. In Haft
  3407. begonnene Therapien müssen nach der Haft ambulant fortgesetzt werden können. Statt in Beton wollen wir in Resozialisierung investieren. Besonders wichtig sind Therapie, Unterstützung bei der Resozialisierung und Führungsaufsicht bei den
  3408. Tätern, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden.
  3409.  
  3410.  
  3411.  
  3412. 3. Lebenswertes Berlin
  3413.  
  3414. Berlin Straftäter ohne ausreichende Vorbereitung entlassen.
  3415. Das werden wir ändern. Berlin braucht ein Konzept für den
  3416. geregelten Übergang von der Haft in die Freiheit. Eine vorzeitige Entlassung kann nach genauer Prüfung des Einzelfalls
  3417. und nach intensiver Vorbereitung unter Auflagen stattfinden.
  3418. Bereits vorher muss die Bewährungshilfe einbezogen werden,
  3419. die anschließend zusammen mit der Polizei die Einhaltung der
  3420. Auflagen kontrolliert.
  3421.  
  3422. Resozialisierung statt Beton
  3423.  
  3424. 3. Lebenswertes Berlin
  3425.  
  3426. Vielzahl von Straftaten verantwortlich. Für Prävention, Intervention und rasche Ahndung wollen wir die unterschiedlichen
  3427. Stellen noch besser vernetzen. Die Jugendstaatsanwaltschaften müssen endlich dezentralisiert werden, damit sie besser
  3428. und schneller vor Ort vernetzt sind mit Polizei, Jugendämtern
  3429. und anderen. Intensivtäter brauchen intensive Betreuung. Aber
  3430. nicht nur die Täter brauchen Betreuung, vor allem brauchen
  3431. die Opfer Hilfe. Die Berliner Opferhilfen wollen wir stärken und
  3432. Möglichkeiten des Täter-Opfer-Ausgleichs weiter ausbauen.
  3433.  
  3434. stimmt für eine soziale und nachhaltige Stadtentwicklung.
  3435. wählt eine gute Umwelt mit weniger Lärm und mehr
  3436. Grün, stärkt die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher.
  3437. fördert ökologische Mobilität für alle statt A 100.
  3438. macht unsere Stadt sicherer, anstatt Ängste auszunutzen.
  3439.  
  3440.  
  3441.  
  3442.  
  3443. Rückfallrisiken senken
  3444. Nachhaltige Sicherheitspolitik blickt auch hinter die Gefängnismauern. Wenn in der Haft vor allem Verwahrung und
  3445. Verrohung stattgefunden haben oder das Umfeld und die
  3446. Perspektiven nach der Entlassung sehr schwierig sind, ist
  3447. das Rückfallrisiko besonders hoch. Viel zu häufig werden in
  3448.  
  3449. 114
  3450.  
  3451. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3452. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3453.  
  3454. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3455. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3456.  
  3457. 115
  3458.  
  3459. „Der Mensch ist ständig in Gefahr,
  3460. das nie Dagewesene für undenkbar zu halten.“
  3461. (Al Gore)
  3462.  
  3463. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3464. Neue Energie für die Stadt
  3465. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3466.  
  3467. „Eine Stadt für alle“ braucht Umweltgerechtigkeit. Während
  3468. in unserer Stadt die Folgen des Klimawandels langsam spürbar werden, sind sie vielerorts schon längst zur existentiellen
  3469. Bedrohung geworden: Aber Berlin will nicht auf Kosten anderer
  3470. leben.
  3471. Verkehr, Ernährung, Produktion, Konsum, Wohnen und Energieverbrauch beeinflussen auf vielfältige Weise das Klima und
  3472. den Zustand unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Und unsere
  3473. Energieversorgung wird zunehmend zum sozialen Problem:
  3474. Steigende Energiekosten verteuern die Warmmiete; schlecht
  3475. gedämmte Wohnungen und Büros werden im Sommer zum
  3476. Backofen. Berlin steht in der Verantwortung, seinen Beitrag
  3477. zum Klimaschutz zu leisten. Wir haben gemeinsam die Chance,
  3478. Berlin zur Klimahauptstadt zu machen. Alles andere wäre zu
  3479. kurz gesprungen. Das bedeutet einen Schub auszulösen für
  3480. Energieeinsparung, Energieeffizienz und den Einsatz von erneuerbarer Energie von den Endverbrauchern bis zur Produktion.
  3481. In Berlin versuchen viele Menschen längst, ihren Alltag
  3482. entsprechend zu verändern. Zahlreiche Unternehmen haben
  3483. sich auf den Wandel eingelassen. Aber systematisch wurde
  3484. diese Aufgabe in Berlin bisher nicht angepackt. – Das wollen
  3485. wir ändern. Die Berliner Energieversorgung basiert fast
  3486.  
  3487. 116
  3488.  
  3489. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3490. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3491.  
  3492. EINE STADT FÜR ALLE.
  3493.  
  3494. ausschließlich auf klimaschädlichen fossilen Rohstoffen: Wir verbrennen für unseren Energiebedarf zum größten Teil Braunkohle
  3495. aus der Lausitz, Steinkohle aus Kolumbien und Gas aus Russland.
  3496. Rot-Rot hat diese Herausforderung bisher jedoch ignoriert und
  3497. so rangiert Berlin im bundesweiten Vergleich beim Einsatz erneuerbarer Energie und Energieeffizienz auf dem letzten Platz.
  3498. Deshalb wollen wir, dass Berlin Schritt für Schritt umsteigt.
  3499. Berlin braucht ein schlüssiges Energiekonzept mit Energieeffizienz, Energieeinsparung und neuer, erneuerbarer Energie – so
  3500. schützen wir das Klima, senken die Energiepreise und schaffen
  3501. viele neue Arbeitsplätze.
  3502. Energieeffizienz und der Einsatz erneuerbarer Energien sind
  3503. nicht nur die Grundlage für eine nachhaltige Energieversorgung, sie bergen auch ein enormes wirtschaftliches – bisher
  3504. kaum genutztes – Potential für unsere Stadt. Allein durch die
  3505. energetische Sanierung aller öffentlichen Gebäude mit einem
  3506. Investitionsvolumen von ca. einer Milliarde Euro können wir
  3507. etwa 25.000 Arbeitsplätze im Jahr neu schaffen – und für die
  3508. Zukunft Ausgaben einsparen.
  3509. Linke und Sozialdemokraten haben ihren löchrigen Entwurf
  3510. eines Klimaschutzgesetzes gerade wieder zu den Akten gelegt,
  3511. obwohl vom Mieterverein bis zur Berliner Wirtschaft alle darauf warten. Wir wollen ein umfassendes Klimaschutzgesetz,
  3512. das verbindliche Klimaschutzziele festschreibt: Berlins Treibhausgasemissionen müssen bis 2050 um 95 Prozent verringert
  3513. werden.
  3514. Mit unserem Klimaschutzgesetz verpflichtet sich der zukünftige Senat, dem Abgeordnetenhaus Klimaschutzaktionspläne
  3515. für alle relevanten Bereiche wie Gebäude, Verkehr, Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung vorzulegen, in denen aufgezeigt wird, wie qualifizierte und quantifizierte Zwischenziele
  3516. erreicht werden können. Wir beenden damit den derzeitigen
  3517. Unsinn, dass in den verschiedenen Ressorts Konzepte zum
  3518.  
  3519. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3520. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3521.  
  3522. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3523.  
  3524. EINE STADT FÜR ALLE.
  3525.  
  3526. 117
  3527.  
  3528. Klimaschutz parallel und ohne Absprache mit den betroffenen
  3529. Bereichen erarbeitet werden.
  3530. Mit uns Grünen wird das Land Berlin der Atompolitik und der
  3531. schwarz-gelben Bundesregierung entschieden entgegentreten
  3532. und konsequent den Umstieg auf erneuerbare Energien fördern.
  3533.  
  3534. 4.1 Der erneuerbare Schatz der Stadt
  3535.  
  3536. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3537.  
  3538. Berlin hat große innerstädtische Potentiale für die Nutzung
  3539. erneuerbarer Energien. Der bundesweite Boom ist an unserer
  3540. Stadt bisher jedoch nahezu spurlos vorbeigegangen; nicht einmal ein Prozent der in Berlin verbrauchten Energie wird aus
  3541. erneuerbaren Energien gewonnen – bundesweit liegt der Anteil
  3542. beim Strom im Durchschnitt schon bei etwa 17 Prozent.
  3543. Im bundesweiten Vergleich im Bereich erneuerbarer Energien
  3544. liegt Berlin seit Jahren konsequent auf dem letzten Platz. Grund
  3545. dafür ist nicht der Mangel an Fläche, sondern vor allem das fehlende Engagement des Senats, wie ein Blick auf Bremen zeigt:
  3546. Bremen erreicht in der Gesamtwertung Platz neun. Der Stadtstaat gehört bei den Forschungsausgaben und Studiengängen
  3547. zu den führenden Bundesländern und liegt auf Platz eins bei
  3548. den industrie- und technologiepolitischen Maßnahmen.
  3549. Um Berlins Energieversorgung Schritt für Schritt auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen, wollen wir unsere großen städtischen Potentiale für die nachhaltige Energiegewinnung jetzt erschließen: die konsequente Nutzung von Abfällen
  3550. und Abwässern, Erdwärme und Solarenergie.
  3551. Keine Landesregierung in Deutschland legt Menschen, die
  3552. erneuerbare Energien nutzen wollen, mehr bürokratische und
  3553. rechtliche Hindernisse in den Weg als der Berliner Senat. Wir
  3554. wollen die Genehmigungen vereinfachen und Engagement
  3555. unterstützen, nicht behindern.
  3556.  
  3557. 118
  3558.  
  3559. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3560. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3561.  
  3562. EINE STADT FÜR ALLE.
  3563.  
  3564. Für Berlin gibt es zwar inzwischen einen Solaratlas, in dem sich
  3565. gebäudescharf sehen lässt, ob ein Haus vom Sonneneinfall her
  3566. für die Nutzung von Solarenergie geeignet ist. Diese Informationen wurden bisher jedoch nicht genutzt, um tatsächlich
  3567. Solaranlagen zu installieren. Und die öffentliche Hand versagt
  3568. als Vorbild. Wir wollen Solardächer auf allen geeigneten öffentlichen Gebäuden. Sofern das Land Berlin nicht selbst investiert,
  3569. sollen die Dächer kostenfrei privaten Initiativen für den Bau von
  3570. Solaranlagen überlassen werden. Die großen städtebaulichen
  3571. Entwicklungsgebiete der Stadt wollen wir gezielt mit innovativen regenerativen Energiekonzepten entwickeln.
  3572.  
  3573. Alle Energiequellen nutzen
  3574.  
  3575. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3576.  
  3577. EINE STADT FÜR ALLE.
  3578.  
  3579. Klimafreundliche Energie lässt sich nicht nur aus Sonne, Wind
  3580. und Wasser gewinnen, sondern auch aus Bioabfall aus der
  3581. Biotonne, Deponiegas, Klärschlamm, Speiseresten oder Grünschnitt. Überall in unserer Stadt schlummern Potentiale, die für
  3582. die Energiegewinnung nutzbar gemacht werden müssen.
  3583. Aus den tagtäglich anfallenden Unmengen von Abfällen und
  3584. Reststoffen können Gas, Strom, Kraftstoff und Wärme erzeugt
  3585. werden. Diese Potentiale wollen wir endlich effizient nutzen.
  3586.  
  3587. Berlin und Brandenburg gemeinsam
  3588. Unsere Energieversorgung zukunftsfähig zu gestalten, bedeutet
  3589. auch, Berlin und Brandenburg zusammenzudenken und hierfür
  3590. gemeinsame, konkrete Ziele und Umsetzungsstrategien zu entwickeln und zu vereinbaren. Die gemeinsame Landesplanung
  3591. Berlin-Brandenburg besteht im Bereich Energie jedoch derzeit
  3592. lediglich darin, die jeweiligen Planungen nicht abgestimmt
  3593. und unabhängig voneinander fortzuschreiben. Diese Praxis
  3594. dient weder der Wertschöpfung der Region als Ganzes noch
  3595. dem Klimaschutz und steht auch der gemeinsamen Landesentwicklung diametral entgegen.
  3596.  
  3597. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3598. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3599.  
  3600. 119
  3601.  
  3602. Im Rahmen der bestehenden gemeinsamen Landesplanung
  3603. mit Brandenburg setzen wir uns für einen schnellstmöglichen
  3604. Braunkohleausstieg ein und werden der Vattenfallstrategie, mit
  3605. unterirdischen CO2-Speichern ihre Kohlepolitik fortzusetzen,
  3606. entschieden entgegentreten.
  3607. Unser Ziel ist es, bis 2050 den Gesamtenergiebedarf Berlins
  3608. und Brandenburgs zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien
  3609. zu decken. Dafür bedarf es bei Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien einer gemeinsamen Anstrengung – der Länder, der Wissenschaft, der Wirtschaft und vieler
  3610. BürgerInnen.
  3611. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3612.  
  3613. Biomasse ist nicht per se der beste Weg
  3614. Die energetische Nutzung von Biomasse bietet eine Chance,
  3615. schneller von Kohle und Öl unabhängig zu werden. Sie setzt
  3616. zugleich verstärkte Anstrengungen der Energieeinsparung und
  3617. Energieeffizienz voraus. Die Nutzung von Biomasse darf für
  3618. die Energiegewinnung nur bei Einhaltung strenger Nachhaltigkeits- und Sozialstandards erfolgen und soweit ihr Import entwicklungspolitische Ziele nicht gefährdet, sondern befördert. Es
  3619. ist weiterhin umstritten, ob in Zukunft tragfähige Nachhaltigkeitskriterien, insbesondere im internationalen und weltweiten
  3620. Rahmen, überhaupt erreichbar sind und zuverlässig überwacht
  3621. und eingehalten werden können.
  3622. Die energetische Biomassenutzung, die Vattenfall derzeit in
  3623. Form zweier Holzheizkraftwerke und der Holzzufeuerung in
  3624. Berlin plant, muss sich an den verfügbaren Potentialen ausrichten. Wir werden einem Import von Energieholz nicht zustimmen,
  3625. wenn es nicht nachprüfbar nachhaltig, sozial verantwortbar und
  3626. entwicklungspolitisch fair erzeugt und gehandelt wird. Biomasseimporte aus Ländern mit hoher Sozial- und Energiearmut, starken Demokratiedefiziten und korruptionsanfälliger Wirtschaft
  3627. werden diesen Anforderungen in der Regel nicht gerecht.
  3628.  
  3629. 120
  3630.  
  3631. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3632. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3633.  
  3634. EINE STADT FÜR ALLE.
  3635.  
  3636. 4.2 Energetische Sanierung voranbringen
  3637. Die letzten Winter sind uns allen noch in lebhafter – frostiger –
  3638. Erinnerung. Auch die Hitzeperiode des Sommers, in der es in
  3639. vielen Wohnungen und Büros fast unerträglich warm war, haben wir noch gut im Gedächtnis. Aufgrund des Klimawandels
  3640. ist zu erwarten, dass Extremwitterungen dieser Art zunehmen
  3641. werden. Wir müssen die Wohn- und Bürohäuser Berlins energetisch sanieren. Denn: Wir wollen in Zukunft die Wohnungen
  3642. beheizen, nicht die Straßen.
  3643. Der rot-rote Senat hat die Bürgerinnen und Bürger mit diesem Problem alleingelassen. Über zwei Jahre lang hat er einen
  3644. nahezu wirkungslosen Gesetzentwurf zur Gebäudesanierung
  3645. kursieren und dann wieder in der Schublade verschwinden lassen. Und das, obgleich es eine große Bereitschaft in der Stadt
  3646. gibt, diese Herausforderung jetzt anzugehen. Wir werden uns
  3647. dieser Aufgabe stellen, denn schlecht gedämmte Häuser und
  3648. wenig effiziente Heizungen sind nicht nur ein Klimaproblem,
  3649. sondern auch ein enormes soziales Problem. Schließlich sind
  3650. die Einkommensschwächsten durch Energiepreissteigerungen
  3651. besonders betroffen.
  3652. Ohne eine schrittweise energetische Sanierung des Gebäudebestands auf hohem Niveau, zum Beispiel mit Wärmedämmung, modernen Heizungsanlagen und Thermofenstern,
  3653. werden wir die notwendigen Energie- und Emissionseinsparungen nicht erreichen können. Für uns steht an vorderster Stelle,
  3654. die Sanierung der Gebäude ökologisch, sozialverträglich und
  3655. wirtschaftlich in Angriff zu nehmen.
  3656. Investitionen in den Klimaschutz an Gebäuden führen langfristig zu niedrigeren Warmmieten, zunächst aber oft zu einem
  3657. Mietanstieg. Wir wollen diese Mehrkosten gerecht verteilen
  3658. und insbesondere für einkommensschwache Haushalte abfedern. Wir betreiben Klimaschutz mit den Berlinerinnen und
  3659.  
  3660. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3661. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3662.  
  3663. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3664.  
  3665. EINE STADT FÜR ALLE.
  3666.  
  3667. 121
  3668.  
  3669. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3670.  
  3671. Berlinern und nicht gegen sie. Damit jede und jeder mitmachen
  3672. kann, haben wir die sozialen Grundlagen im Blick.
  3673. Im ersten Schritt wollen wir da, wo besonders hoher Energie-verbrauch anfällt, die Eigentümerinnen und Eigentümer
  3674. der Gebäude zum Einsatz von Klimaschutzmaßnahmen verpflichten. Die Sanierung ist hier besonders wirtschaftlich und
  3675. weniger belastend für die Mieterinnen und Mieter, da hohe
  3676. Energie- und damit auch Kosteneinsparungen zu erwarten
  3677. sind. Bis 2050 soll der gesamte Berliner Gebäudebestand stufenweise auf Niedrigenergiehaus-Standard saniert werden.
  3678. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),
  3679. der Berliner Mieterverein und die Industrie- und Handelskammer haben hierfür einen gemeinsamen Vorschlag erarbeitet.
  3680. Wir wollen dieses Stufenmodell aufgreifen und damit das
  3681. Wohnen und Arbeiten in unserer Stadt zukünftig wetterfest
  3682. und bezahlbar werden lassen.
  3683. Um unsere Klimapolitik mit den Menschen und nicht gegen
  3684. sie zu betreiben, werden wir behutsam und zugleich konsequent vorgehen. Das ist eine Herausforderung. Wir können uns
  3685. aber nicht vorstellen nichts zu tun.
  3686.  
  3687. Informationen und Beratung für alle
  3688. Die Umsetzung von Klimaschutz in unserer Stadt braucht nicht
  3689. nur den gemeinsamen Willen, sondern auch Informationen
  3690. und vor allem konkrete Unterstützung. Deshalb wollen wir
  3691. eine Informationsoffensive in Sachen Klimaschutz für die Stadt
  3692. starten.
  3693. Insbesondere Eigentümerinnen und Eigentümer mit kleinem
  3694. und mittelgroßem Wohneigentum nutzen bisher die Förderkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien im
  3695. Wärmebereich nur wenig. Wir wollen eine Koordinierungsstelle
  3696.  
  3697. 122
  3698.  
  3699. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3700. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3701.  
  3702. EINE STADT FÜR ALLE.
  3703.  
  3704. einrichten, die private Wohnungseigentümerinnen und
  3705. -eigentümer mit den bestehenden Netzwerken und Institutionen zusammenbringt. So werden wir den Zugang zu unabhängigen Informationen über finanzielle und technische Möglichkeiten bei der energetischen Sanierung bündeln und verbessern.
  3706.  
  3707. 4.3 Klimaschutz sozial gestalten
  3708. Gebäude zu sanieren bedeutet langfristig Entlastung bei kurzfristiger Belastung. Klar ist, dass das Nichtstun die schlechteste
  3709. Sozialpolitik wäre. Angesichts steigender Energiepreise werden
  3710. die Heizkosten ohne energetische Sanierung noch viel stärker
  3711. steigen – betroffen sind davon allein die Mieterinnen und Mieter.
  3712. Zentral ist daher, die Investitionen für die notwendige energetische Sanierung und Modernisierung schnell anzuschieben
  3713. und gerecht zu verteilen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von EigentümerInnen, MieterInnen und der öffentlichen
  3714. Hand, die insbesondere die Kosten für die sozial Schwächeren
  3715. abfedern muss.
  3716. Wir wollen Verdrängungen und Mietpreisexplosionen vermeiden. Mit einem innovativen Fördermodell unterstützen wir
  3717. Klimaschutzinvestitionen, ohne den Landeshaushalt zu belasten:
  3718. Mit unserem Bürgschaftsmodell bei der Klimaschutzförderung
  3719. geben wir den Zinsvorteil des Landes für Klimaschutzinvestitionen weiter. Damit Haushalte mit geringem Einkommen nicht
  3720. in energetisch schlecht saniertem Wohnraum leben müssen,
  3721. machen wir uns auf Bundesebene stark für ein „Klimawohngeld“ für einkommensschwache Haushalte. Für Menschen im
  3722. Arbeitslosengeld-II-Bezug soll dies durch eine Anpassung der
  3723. Mietkostenübernahme bei energetischer Sanierung erfolgen.
  3724. Die Modernisierungsumlage wollen wir mit einer Bundesratsinitiative im Umlagesatz deutlich reduzieren und auf Investitionen
  3725.  
  3726. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3727. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3728.  
  3729. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3730.  
  3731. EINE STADT FÜR ALLE.
  3732.  
  3733. 123
  3734.  
  3735. für Klimaschutz und Barrierefreiheit beschränken; Luxusmodernisierungen gegen die Zustimmung der Mieter wollen wir verhindern. Ins Klimaschutzgesetz werden wir eine Härtefall-Klausel
  3736. aufnehmen, wie sie der Berliner Mieterverein vorgeschlagen hat.
  3737. Damit das Klimaschutzgesetz trotzdem seine volle Wirksamkeit
  3738. entfalten kann, setzen wir uns für eine Rücknahme der schwarzgelben Kürzungen bei der Klimaschutzförderung ein.
  3739.  
  3740. Mit der Stadt beginnen
  3741.  
  3742. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3743.  
  3744. Dass Berlin hoch verschuldet ist, wissen alle. Warum der Senat
  3745. in den vergangenen Jahren nichts zur Senkung der landeseigenen Energiekosten getan hat, versteht jedoch niemand. Und
  3746. dabei hatte sich Wowereits Senat sogar vorgenommen, ein
  3747. Finanzierungskonzept für die Sanierung öffentlicher Gebäude
  3748. zu entwickeln – bis heute liegt jedoch noch nicht einmal ein
  3749. Überblick über die zu sanierenden Gebäude vor, geschweige
  3750. denn ein Finanzierungsplan.
  3751. Wenn MieterInnen und VermieterInnen für die klimafreundliche Sanierung ihrer Häuser gewonnen werden sollen, muss
  3752. das Land Berlin bei seinen landeseigenen Gebäuden mit gutem
  3753. Beispiel vorangehen. Das Land Berlin besitzt viele Gebäude:
  3754. schöne, alte, hässliche, moderne – und eines ist fast allen gemein: Sie sind Energieschleudern, und das wollen wir ändern.
  3755. Es kann nicht sein, dass private Hauseigentümerinnen und
  3756. -eigentümer hohe energetische Standards erfüllen müssen, die
  3757. landeseigenen Gebäude davon jedoch unberührt bleiben.
  3758.  
  3759. EINE STADT FÜR ALLE.
  3760.  
  3761. Der Schwerpunkt soll zunächst darauf liegen, die Energieeffizienzpotentiale öffentlicher Gebäude zu nutzen und den Ausbau
  3762. der Gewinnung erneuerbarer Energie in landeseigenen Gebäuden sowie den Liegenschaften Berlins und auf den Stadtgütern voranzutreiben. Konkret heißt das etwa, dass öffentliche
  3763. Gebäude eine vernünftige Dämmung und moderne Heizungsanlagen erhalten. Photovoltaikanlagen kommen aufs Dach und
  3764. in den Keller gasbetriebene Blockheizkraftwerke, die die Nachbarhäuser mit Wärme versorgen.
  3765. Dieses Klimastadtwerk „Berlin Energie“, das unter anderem
  3766. viele kleine Energieerzeuger so koordiniert, dass ein großes
  3767. Kraftwerk ersetzt wird, soll schrittweise mit einem Eigenkapital
  3768. von 500 Millionen Euro ausgestattet werden, indem ihm jährlich im Haushalt vorhandene Mittel der baulichen Unterhaltung
  3769. zugeführt werden. Bei einer gering veranschlagten Eigenkapitalrendite können so erstmals auch Klimaschutzinvestitionen
  3770. angeschoben werden, die sich erst nach längerer Zeit refinanzieren. Um auch darüber hinaus wirtschaftliche Investitionen
  3771. in Anlagen der erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und
  3772. hocheffiziente Blockheizkraftwerke anzuschieben, wollen wir
  3773. auch Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen ermöglichen,
  3774. sich finanziell bei entsprechenden Projekten des Klimastadtwerks zu engagieren. So kann das Klimastadtwerk Energieversorgungsstrukturen in Bürgerhand aufbauen helfen.
  3775.  
  3776. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3777.  
  3778. EINE STADT FÜR ALLE.
  3779.  
  3780. 4.4 Netze in unabhängige Hände geben
  3781.  
  3782. Kräfte bündeln – Stadtwerk gründen
  3783. Berlin braucht ein Unternehmen, das mit wirtschaftlichem
  3784. Eigeninteresse die Aufgabe, Berlin klimafreundlich zu gestalten, in Angriff nimmt. Dieses Stadtwerk für den Klimaschutz –
  3785. das die Ressourcen des Landes Berlin für die Energiewende
  3786. hin zu den Erneuerbaren nutzt – wollen wir initiieren.
  3787.  
  3788. 124
  3789.  
  3790. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3791. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3792.  
  3793. Fast zehn Prozent der Berliner Bevölkerung beziehen privat inzwischen Ökostrom – die einen aus Überzeugung, andere, weil
  3794. Ökostrom zum Teil inzwischen weniger kostet als Strom aus
  3795. Kohle und Atomkraft. Als Vattenfall und der Senat in BerlinRummelsburg ein neues Kohlekraftwerk bauen wollten, waren
  3796.  
  3797. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3798. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3799.  
  3800. 125
  3801.  
  3802. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3803.  
  3804. es vor allem die Berlinerinnen und Berliner, die – oft angestoßen durch unsere Stromwechselkampagne – Vattenfall die Rote
  3805. Karte zeigten und das Kohlekraftwerk 2009 endgültig gestoppt
  3806. haben. Zehntausende kleine Entscheidungen für Ökostrom haben mächtige Wirkungen, und auch das Land Berlin könnte
  3807. durch gute Entscheidungen die Energiewirtschaft zu mehr Klimaschutz zwingen.
  3808. 2013 und 2014 laufen die Konzessionsverträge aus. Wir
  3809. werden den Klimaschutz zum zentralen Kriterium bei der anstehenden Entscheidung über den Betrieb der Energienetze für
  3810. Gas, Strom und Fernwärme machen. Außerdem wollen wir mit
  3811. der Konzessionsvergabe die nötigen Investitionen in die Netze
  3812. sicherstellen. Dafür kann es notwendig sein, den Netzbetrieb
  3813. von den Hauptversorgern der Stadt zu trennen und unabhängig zu führen oder dem neuen Klimastadtwerk „Berlin Energie“
  3814. zuzuordnen. Wir setzen uns für die Belange der durch einen
  3815. möglichen Betreiberwechsel betroffenen Mitarbeiterinnen und
  3816. Mitarbeiter ein und suchen nach Möglichkeiten, den Bürgerinnen und Bürgern auf eigenes Risiko eine Beteiligung am Stromnetz zu ermöglichen.
  3817.  
  3818. 4.5 Klimahauptstadt werden wir nur gemeinsam
  3819. 2010 war Freiburg im Breisgau Hauptstadt Deutschlands – und
  3820. zwar „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“. Ausgezeichnet wurde die Stadt für ihr vorbildliches Engagement für den Klimaschutz. Berlin hat sich für diesen Wettbewerb noch nicht einmal
  3821. beworben.
  3822. Wir wollen, dass Berlin die Klimahauptstadt wird – aber das
  3823. können wir nur gemeinsam erreichen. Unsere Stadt braucht
  3824. dafür eine umfassende und langfristig wirkende Strategie der
  3825.  
  3826. 126
  3827.  
  3828. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3829. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3830.  
  3831. EINE STADT FÜR ALLE.
  3832.  
  3833. zukunftsfähigen Entwicklung, die ökologische Nachhaltigkeit,
  3834. soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Lebensfähigkeit und kulturelle Kreativität sinnvoll verbindet.
  3835. Wir unterstützen dafür das bürgerschaftliche Engagement im
  3836. Rahmen der Lokalen Agenda 21 in Berlin und deren Vernetzung mit den Bezirken und Brandenburg. Ein vorbildliches Projekt in diesem Sinne ist der „Stadtvertrag Klimaschutz“. Von
  3837. uns initiiert haben sich Handwerkskammer, IHK, BUND und
  3838. DGB unter diesem Namen zu einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen, das Beschäftigte, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger in Berlin zur konkreten Umsetzung von Klimaschutzaktivitäten inspirieren und motivieren möchte.
  3839. Wir wollen zukünftig das Wissen der zivilgesellschaftlichen
  3840. Akteure bündeln und zum Wohle der Region einen Nachhaltigkeitsrat für Berlin-Brandenburg einsetzen.
  3841.  
  3842. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3843.  
  3844. EINE STADT FÜR ALLE.
  3845.  
  3846. Grüne Bildung für nachhaltige Entwicklung
  3847. Klimahauptstadt werden wir nur, wenn alle Menschen mitmachen und nachhaltige Entwicklung auch in der Bildung und
  3848. Ausbildung einen Platz bekommt. Kindertagesstätten, allgemeinbildende und berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildungszentren müssen dabei unterstützt werden, die Ziele der
  3849. Bildung für nachhaltige Entwicklung endlich in die Tat umzusetzen. Diese schreibt unter anderem der Orientierungsrahmen
  3850. der Kultusministerkonferenz fest. Nur so können neue Lebensstile und Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln
  3851. langfristig entwickelt und gefestigt werden. Wir wollen dafür
  3852. unter anderem die Zusammenarbeit von Schulen mit bestehenden Initiativen und Vereinen der Bildung für nachhaltige
  3853. Entwicklung erleichtern und verbessern. Die energetische Modernisierung von Schulen wollen wir im Unterricht umweltpädagogisch begleiten.
  3854.  
  3855. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3856. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3857.  
  3858. 127
  3859.  
  3860. Wer in Berlin Grün wählt …
  3861. 4. Klimahauptstadt Berlin
  3862.  
  3863.  
  3864. macht den Weg frei für mehr erneuerbare Energien in
  3865. Berlin.
  3866. stellt sich der Herausforderung, Berlins Gebäude
  3867. energetisch zu modernisieren.
  3868. stimmt für eine sozial gerechte Verteilung der Klimaschutzinvestitionen.
  3869. setzt auf ein Klimastadtwerk „Berlin Energie“ statt auf
  3870. teure Energiemonopole.
  3871. setzt sich mit uns gegen die schwarz-gelbe
  3872. Atompolitik ein.
  3873. macht Berlin zur Klimahauptstadt.
  3874.  
  3875. EINE STADT FÜR ALLE.
  3876.  
  3877. „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist
  3878. als Bildung: keine Bildung.“
  3879. (John F. Kennedy)
  3880.  
  3881. 5. Lernfähiges Berlin
  3882. Gute Bildung für alle
  3883. „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem lernfähigen Berlin mit
  3884. besseren Kitas, besseren Schulen, besserer Aus- und Weiterbildung sowie besseren Hochschulen für alle. Gute Bildung ist die
  3885. Zukunft der gesamten Stadt. Unser Anspruch ist hoch: In einer
  3886. Stadt für alle muss es bestmögliche Bildung für alle geben – von
  3887. der Kita über die Schule bis zu Ausbildung, Weiterbildung und
  3888. Hochschule. Denn Bildung ist der Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe, Integration, demokratisches Mitwirken und
  3889. wirtschaftliche Entwicklung in der ganzen Stadt.
  3890.  
  3891. 5. Lernfähiges Berlin
  3892.  
  3893. EINE STADT FÜR ALLE.
  3894.  
  3895. In Berlin richten sich die Bildungschancen noch viel zu oft nach
  3896. Herkunft und Geldbeutel. Besonders ungerecht ist, dass Kinder
  3897. aus armen oder Migrantenfamilien überdurchschnittlich häufig
  3898. in der Schule scheitern, obwohl sie nachweislich nicht weniger
  3899. Talente und Begabungen mitbringen. Wir brauchen die besten
  3900. Schulen gerade für die Kinder mit dem größten Förderbedarf!
  3901. Doch auch Kinder mit besseren Startbedingungen werden zu
  3902. oft ausgebremst – von Personalmangel, Unterrichtsausfall,
  3903. maroden Gebäuden, schlechter Ganztagsbetreuung oder anspruchslosem Unterricht.
  3904. Bildung ist eine vorrangige Länderaufgabe. Rot-rot ist dieser
  3905. Aufgabe nicht gewachsen. Alleine das ist schon ein Grund für
  3906.  
  3907. 128
  3908.  
  3909. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3910. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3911.  
  3912. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3913. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3914.  
  3915. 129
  3916.  
  3917. 5. Lernfähiges Berlin
  3918.  
  3919. ihre Abwahl. Zu viele schlecht umgesetzte Reformen, leere
  3920. Versprechen und Vertrauensbrüche haben Schülerinnen und
  3921. Schüler, Studierende, Lehrende und Eltern ausgezehrt. Wir
  3922. brauchen ein neues Bildungsklima – geprägt von Vertrauen,
  3923. Verlässlichkeit und Beteiligung. Wir wollen Menschen von Veränderungen überzeugen, statt ihnen Reformen überstülpen.
  3924. Dazu gehören eine dialogbereite Verwaltung, transparente
  3925. Entscheidungen und die Bereitschaft, eigene Positionen zu
  3926. hinterfragen. Wir wollen Bildungseinrichtungen mehr Freiheit
  3927. in ihrer täglichen Arbeit geben, verlangen aber auch, dass sie
  3928. dann bestimmte Bildungsziele und Standards erreichen. Bildungseinrichtungen sind Lern- und Lebensorte, die sich stärker
  3929. in ihre Umgebung hinein öffnen müssen. Das fängt bei der Kita
  3930. an, die mit der örtlichen Musikschule kooperiert, und geht bis
  3931. zur Hochschule, die neue Weiterbildungsangebote für Ältere
  3932. konzipiert. Kulturelle Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung sind wichtige Pfeiler des Lernens, die wir gezielt fördern und ausbauen wollen.
  3933. Bestmögliche Bildung für alle und eine entsprechende Qualitätsoffensive werden nicht kostenneutral zu haben sein. Geld, das
  3934. durch sinkende SchülerInnenzahlen oder Bildungsgutscheine
  3935. des Bundes eingespart wird, muss im System bleiben. Insbesondere werden wir für eine klare Unterstützung der Reform in
  3936. den Schulen sorgen. Wir wollen, dass die neuen Sekundar- und
  3937. Gemeinschaftsschulen erfolgreich sind. Zugleich müssen Mittel
  3938. effizienter eingesetzt, Ausgaben überprüft und brachliegende
  3939. Ressourcen genutzt werden. Unser Ziel ist es, die Potentiale
  3940. Berlins als Stadt des Wissens und der Kreativität zu nutzen. Wir
  3941. wollen Kinder früh fördern, alles für die Qualität unserer allgemeinbildenden und beruflichen Schulen tun, die Chancen auf
  3942. eine gute Ausbildung erhöhen und die Berliner Hochschulen
  3943. und Forschungseinrichtungen stärken.
  3944.  
  3945. 130
  3946.  
  3947. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3948. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3949.  
  3950. EINE STADT FÜR ALLE.
  3951.  
  3952. 5.1 Auf den Anfang kommt es an
  3953. Kitas können mehr als Betreuung – Kitas können Bildung. Hier
  3954. können alle Kinder ihre Potentiale entfalten. In Berlin wächst
  3955. mehr als ein Drittel der Mädchen und Jungen in armen Familien mit oft geringeren Teilhabechancen auf. Umso bedeutsamer
  3956. ist eine frühe Förderung. In Kitas ist der Kontakt zu den Eltern
  3957. noch eng, weshalb sie der ideale Ort sind, um Familien aus
  3958. allen gesellschaftlichen Milieus früh mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten zu erreichen.
  3959. Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch an Kitas. Ziel
  3960. muss sein, in jedem Kind die Neugier, die Lust am Lernen und
  3961. den Entdeckergeist zu wecken. Kinder mit und ohne Behinderungen, Kinder unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft sollen gemeinsam spielen und lernen sowie individuell
  3962. gefördert werden. Wir dürfen kein Kind zurücklassen. Grüne
  3963. Bildungspolitik orientiert sich an den Stärken eines Kindes, weil
  3964. es aus ihnen heraus Selbstvertrauen gewinnt. Kinder sollen mit
  3965. Kopf, Herz und Hand lernen, mitgestalten, sich mit Kunst und
  3966. Kultur genauso auseinandersetzen wie mit Naturphänomenen.
  3967. Es ist für uns wichtig, sowohl für die vorschulische als auch
  3968. für die schulische Bildung Naturerlebnisräume in der Stadt
  3969. zu schaffen.
  3970.  
  3971. 5. Lernfähiges Berlin
  3972.  
  3973. EINE STADT FÜR ALLE.
  3974.  
  3975. Familienzentren in jedem Bezirk
  3976. Wir bauen Kitas zu Familienzentren aus. Über den Kita-Betrieb
  3977. hinaus werden hier familienorientierte Angebote gebündelt,
  3978. die den sozialen Austausch und die Elternkompetenz stärken.
  3979. Das kann von Geburtsvorbereitung bis Erziehungsberatung,
  3980. von Kochkursen bis Schuldnerberatung und Integrationskursen
  3981. reichen. Ziel ist es, frühe und leicht erreichbare Angebote zu
  3982. schaffen, die besonders Familien mit vielfältigen Problemlagen
  3983. helfen, aus dem Teufelskreis von Armut und schlechter Bildung
  3984.  
  3985. Abgeordnetenhauswahl 2011
  3986. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  3987.  
  3988. 131
  3989.  
  3990. EINE STADT FÜR ALLE.
  3991.  
  3992. auszubrechen. Familienzentren sind Treffpunkte für alle Eltern.
  3993. Hier wird bürgerschaftliches Engagement gelebt. Die bestehenden Familienzentren dienen als Vorbild und werden verstetigt.
  3994.  
  3995. EINE STADT FÜR ALLE.
  3996.  
  3997. nun tatsächlich auch genug Geld bereitgestellt werden. Zur
  3998. Qualität von Kitas gehören für uns auch ansprechende Räume,
  3999. Bewegung und gesundes Essen.
  4000.  
  4001. Platz da!
  4002.  
  4003. 5. Lernfähiges Berlin
  4004.  
  4005. Von immenser Bedeutung ist die Sprachkompetenz, weil sie
  4006. stark über Bildungschancen entscheidet. Kinder lernen sprechen beim Sprechen. Deshalb ist Sprachförderung nicht mit
  4007. ein paar Extra-Förderstunden abgehandelt. Viel entscheidender ist es, im Kita-Alltag stetig Sprachanlässe zu schaffen und
  4008. vorhandene Instrumente wie das Sprachlerntagebuch besser
  4009. zu nutzen. In der Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen und
  4010. Erziehern muss die Sprachförderung eine stärkere Rolle spielen.
  4011. Weil Sprache lernen mit Unterstützung der Eltern noch viel besser funktioniert, wollen wir das Modell der Elternkurse für noch
  4012. mehr Mütter und Väter anbieten. Bei Kindern mit festgestelltem Sprachförderbedarf wollen wir verbindliche Bildungsvereinbarungen zwischen Eltern und Kita bzw. Schulen anregen,
  4013. damit alle Beteiligten zum Sprachlernerfolg beitragen können.
  4014. Kitas sind nur so gut wie ihr Personal. Deshalb brauchen wir
  4015. ausreichend und gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher,
  4016. Möglichkeiten zum Quereinstieg sowie attraktive Fortbildungsangebote. Die Ausbildung muss Sprachförderung, interkulturelle und auch naturwissenschaftliche Inhalte behandeln. Um
  4017. vielfältigere Rollenvorbilder in Kitas zu verankern, wollen wir
  4018. mehr Männer und mehr Menschen mit Migrationshintergrund
  4019. für den ErzieherInnenberuf gewinnen. Perspektivisch wollen
  4020. wir die Weichen dafür stellen, dass Erzieherinnen und Erzieher
  4021. auf Hochschulniveau ausgebildet werden.
  4022. Auch auf grünen Druck hin wurden Qualitätsverbesserungen
  4023. wie ein höherer Personalschlüssel durchgesetzt. Dafür muss
  4024.  
  4025. 132
  4026.  
  4027. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4028. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4029.  
  4030. Die Kita kann Bildungsungerechtigkeit nur abmildern, wenn
  4031. möglichst viele hingehen. Tatsächlich besuchen aber gerade
  4032. jene Kinder, die besonders auf die Bildungsstätte Kita angewiesen wären, diese viel zu oft gar nicht oder nur für kurze
  4033. Zeit. Wir wollen jedem Kind zum dritten Geburtstag einen KitaGutschein für sieben Stunden Bildungszeit am Tag zuschicken
  4034. – das heißt Kita-Zugang ohne Bedarfsprüfung, unbürokratisch
  4035. und mit einem verständlichen Begleitschreiben, das auch in der
  4036. Herkunftssprache der Eltern verfasst ist. Außerdem wollen wir
  4037. in Kooperation mit Stadtteilmüttern, Elternlotsen, KinderärztInnen und anderen AkteurInnen bei Eltern mit Migrationshintergrund verstärkt auf die Vorteile eines Kita-Besuchs hinweisen. Angesichts der derzeitigen finanziellen Lage der Stadt
  4038. haben für uns die Qualität von frühkindlicher Bildung, ein besserer Personalschlüssel und ein ausreichendes wohnortnahes
  4039. Angebot an Kita-Plätzen Vorrang vor weiterer Beitragsfreiheit.
  4040.  
  4041. 5. Lernfähiges Berlin
  4042.  
  4043. Sprache ist der Schlüssel
  4044.  
  4045. Bildungsbrücken bauen
  4046. Ein durchlässiges Bildungssystem braucht funktionierende
  4047. Übergänge. Deshalb wollen wir die Kooperation zwischen Kita
  4048. und Grundschule verbindlicher gestalten und mehr zeitliche
  4049. Ressourcen dafür geben. Jedem Kind hilft es, wenn Elemente
  4050. wie die Sprachförderung systematisch aufeinander abgestimmt
  4051. sind und ein Übergangsgespräch zwischen Eltern, Kindern, ErzieherIn und LehrerIn stattfindet. Gemeinsame Fortbildungen
  4052. sollen dazu beitragen, dass sich Fachkräfte aus Kita und Schule
  4053. auf Augenhöhe austauschen und gemeinsam Konzepte für
  4054. „ihre“ Kinder entwickeln.
  4055.  
  4056. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4057. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4058.  
  4059. 133
  4060.  
  4061. 5.2 Schulkonsens für Qualität
  4062.  
  4063. 5. Lernfähiges Berlin
  4064.  
  4065. Berliner Schulen haben in den letzten Jahren etliche Reformen
  4066. verkraften müssen. Es ist gut, dass die perspektivlose Hauptschule abgeschafft wurde und Jugendliche auf der neuen
  4067. Sekundarschule unter besseren Bedingungen länger gemeinsam lernen können – bis zum Abitur. Wir sehen aber mit Sorge,
  4068. dass der rot-rote Senat bei der konkreten Umsetzung von Reformen schlampt.
  4069. Schulen brauchen jetzt vor allem Zeit und die nötigen Ressourcen, um sich zu konsolidieren und die Reformen auszugestalten. Wir Grüne wollen die Schulen bei diesem Prozess
  4070. begleiten und unterstützen, Reformen evaluieren und bei
  4071. Bedarf notwendige Anpassungen vornehmen – immer mit dem
  4072. Ziel einer besseren Förderung von Kindern und Jugendlichen
  4073. und unter Beteiligung von Eltern und SchülerInnen. Jetzt geht
  4074. es darum, Qualität an Schulen zu sichern und Freude am Lernen und Eigenaktivität der Schülerinnen und Schüler zu fördern.
  4075. Wir wollen gemeinsam mit Eltern, Schülerinnen und Schülern,
  4076. Lehrkräften, Verbänden, Betrieben und Parteien über Qualitätsziele sprechen, um uns mit allen Beteiligten auf einen „Berliner
  4077. Schulkonsens“ zu verständigen. Das demokratische Mitwirken
  4078. aller Beteiligten ist dabei selbstverständlich. Wir wollen Erfolg
  4079. an den Schulen. Dafür brauchen wir ein Lernklima, das so
  4080. motivierend und unterstützend ist, dass die Schülerinnen und
  4081. Schüler es schaffen, auch hohe Leistungen zu erbringen. Das
  4082. heißt im Klartext: Es muss uns gelingen, die viel zu hohe Zahl
  4083. von Jugendlichen ohne Schulabschluss in der kommenden Legislaturperiode deutlich zu senken. Langfristig soll keine Schülerin und kein Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen. Wir
  4084. wollen mehr Schülerinnen und Schüler zu besseren Abschlüssen
  4085. bringen. Beides gelingt nur, wenn alle Kinder bei Schuleintritt
  4086. ausreichend gut sprechen können. Dafür wollen wir sorgen.
  4087.  
  4088. 134
  4089.  
  4090. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4091. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4092.  
  4093. EINE STADT FÜR ALLE.
  4094.  
  4095. Gute Schulen werden im Kiez gemacht – den ganzen Tag
  4096. Schulen sollen ein offenes Bildungszentrum für den ganzen
  4097. Stadtteil sein – am besten ganztägig. Ganztagsschulen bieten
  4098. mehr Raum für die individuelle Förderung von Kindern und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Unser Ziel
  4099. ist, dass die Ganztagsschule in Berlin zum Standard wird.
  4100.  
  4101. Lebensorte des Lernens
  4102. Wir werden dafür sorgen, dass alle Grundschulkinder an offenen Ganztagsschulen Zugang zu den Nachmittagsangeboten
  4103. bekommen, also die derzeitige Betreuungslücke in den Klassen
  4104. 5 und 6 sofort geschlossen wird. Alle Kinder sollen an Schulen
  4105. ein gesundes und ökologisches Mittagessen erhalten, für Jungen und Mädchen aus einkommensschwachen Familien muss
  4106. es kostenlos sein. Sprach- und Leseförderung müssen Schwerpunkt an allen Grundschulen werden.
  4107.  
  4108. 5. Lernfähiges Berlin
  4109.  
  4110. EINE STADT FÜR ALLE.
  4111.  
  4112. Musik, Theater, Sport, aber auch Technik, Handwerk, Schülerfirmen oder soziales Engagement sind wichtige Felder des Lernens und der Anerkennung. Sie brauchen einen starken Platz
  4113. in jeder Schule. Insbesondere bei den neuen Sekundarschulen kommt es darauf an, das duale Lernen attraktiv für alle zu
  4114. machen. Praxis- bzw. berufsbezogene Leistungen müssen als
  4115. gleichwertig neben klassischen schulischen Bildungsinhalten anerkannt werden. Unsere Kinder werden für den Frieden erzogen.
  4116. Unterrichtsinhalte und Lehrmaterialien sollten an Konfliktprävention und friedlicher Konfliktlösung ausgerichtet sein. Wenn
  4117. Bundeswehrvertreter zur politischen Bildung eingeladen werden,
  4118. dann nur zusammen mit geeigneten Fachkräften für zivile Konfliktbewältigung oder FriedensforscherInnen. Werbung für den
  4119. Eintritt in die Streitkräfte darf an Schulen nicht stattfinden.
  4120. An einer guten Schule sind viele beteiligt, doch manchmal
  4121. hapert es an der Zusammenarbeit. Schule und Jugendhilfe
  4122.  
  4123. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4124. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4125.  
  4126. 135
  4127.  
  4128. 5. Lernfähiges Berlin
  4129.  
  4130. haben viele gemeinsame Aufgaben, suchen jedoch zu selten
  4131. gemeinsame Lösungen. Wir wollen das Verhältnis von Schule
  4132. und außerschulischen Partnern neu austarieren – auf Augenhöhe und mit gegenseitiger Wertschätzung. Die Häufung von
  4133. Missbrauchsfällen, zunehmende Konflikte, Mobbingfälle und
  4134. Diskriminierungen unter Schülerinnen und Schülern, zwischen
  4135. den Eltern und den Schulen legen nahe, nach neuen Lösungen
  4136. zu suchen. Kooperationen müssen organisatorisch, personell
  4137. und finanziell besser abgesichert werden.
  4138. Bisher wird Unterschiedlichkeit zu oft als Störfaktor und zu
  4139. selten als Bereicherung wahrgenommen. Dabei ist die Vielfalt Berlins seine Chance. Individuell fördern heißt dabei nicht
  4140. nur, sich um die Schwachen zu kümmern, sondern auch, den
  4141. Starken anspruchsvolle Angebote zu machen. Wir wollen eine
  4142. Pädagogik, die es allen Schülerinnen und Schülern ermöglicht,
  4143. sich frei von Vorurteilen und Rassismus zu entfalten. Wir möchten Schulen zu einem Ort des Respekts und der gegenseitigen
  4144. Anerkennung machen. Lesbische, schwule, intersexuelle und
  4145. transidente Jugendliche sollen dort angstfrei ihr Coming-out
  4146. haben können. Wir brauchen zudem eine geschlechtersensible Erziehung, die traditionelle Rollenbilder hinterfragt und
  4147. Mädchen wie Jungs neue Freiräume eröffnet. Die Auseinandersetzung mit der Unterschiedlichkeit der Menschen gehört
  4148. fächerübergreifend in den Unterricht und in die Schulbücher.
  4149. Wir werben dafür, Schulprofile – wie etwa bei dem Projekt
  4150. Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage – entsprechend
  4151. anzupassen. Die Gemeinschaftsschule hat einen festen Platz in
  4152. der Berliner Bildungslandschaft, den wir nachhaltig sichern wollen. In ihrem Anspruch, Ernst zu machen mit der individuellen
  4153. Förderung von Kindern und längerem gemeinsamen Lernen,
  4154. hat sie für uns eine Vorbildfunktion. Gemeinsames Lernen von
  4155. Anfang an fördert den sozialen Zusammenhalt und erhöht die
  4156. Chancengerechtigkeit. Dieses gemeinsame Lernen darf aber
  4157.  
  4158. 136
  4159.  
  4160. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4161. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4162.  
  4163. EINE STADT FÜR ALLE.
  4164.  
  4165. nicht schon nach der 4. Klasse aufhören. Deshalb wollen wir
  4166. erreichen, dass durch eine attraktive Grundschule alle SchülerInnen bis zur 6. Klasse gemeinsam lernen. Eine für alle ist auch
  4167. unser Ziel für das Berliner Schulsystem.
  4168.  
  4169. Kein Kind zurücklassen – die inklusive Schule
  4170. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen muss endlich auch im Berliner Bildungssystem ankommen. Alle Kinder brauchen den gleichberechtigten Zugang
  4171. zur allgemeinbildenden Schule. Wir bauen in allen Berliner
  4172. Bezirken schrittweise mehr inklusive Schulplätze in allen Schulformen auf und Plätze an Förderzentren ab. Förderzentren mit
  4173. den Schwerpunkten emotional-soziale Entwicklung und Lernen
  4174. werden sukzessive geschlossen. Beim Umbau zur inklusiven
  4175. Schule muss jederzeit eine adäquate personelle und sächliche
  4176. Ausstattung gewährleistet sein. Kinder und Jugendliche mit
  4177. Behinderungen, deren Eltern und die Schulen müssen sich in
  4178. Zukunft auf ausreichende Unterstützung verlassen können.
  4179. Weiterhin wollen wir Kompetenzzentren und Anlaufstellen für
  4180. Eltern und Kinder mit Behinderungen aufbauen. Es braucht
  4181. Beratungsstellen, an die sich Eltern mit ihren Sorgen wenden
  4182. können, um Informationen sowie kompetente fachliche Unterstützung und individuelle Förderung für ihr behindertes Kind
  4183. erhalten zu können.
  4184.  
  4185. 5. Lernfähiges Berlin
  4186.  
  4187. EINE STADT FÜR ALLE.
  4188.  
  4189. Keine Schule zurücklassen
  4190. Viele Schulen sind erfolgreich und auf einem guten Weg – in
  4191. allen Teilen der Stadt. Allerdings hat Berlin auch Bildungseinrichtungen, deren Erfolge zu wünschen übrig lassen. Auf diese
  4192. Schulen müssen wir unser Handeln und die bestehenden
  4193. Fördermittel konzentrieren, damit kein Kind zurückbleibt. Alle
  4194. Kinder haben Anspruch auf eine gute Schule. Bildung braucht
  4195. qualitativ hochwertige Lehrmaterialien, die wir durch die
  4196.  
  4197. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4198. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4199.  
  4200. 137
  4201.  
  4202. Förderung lizenzfreier Materialien, auch bekannt als Open
  4203. Educational Resources, stärken und in Zusammenarbeit mit
  4204. allen Akteuren der Bildungsarbeit in Berlin gemeinsam weiterentwickeln wollen. Insbesondere die Versorgung mit Räumen
  4205. muss sich endlich stärker an pädagogischen Kriterien und den
  4206. Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausrichten. Wir
  4207. brauchen Schulgebäude, in denen das Lernen Spaß macht und
  4208. die den Anforderungen einer inklusiven Schule genügen.
  4209.  
  4210. Sofortprogramm für Schulen mit besonderen
  4211. Problemlagen
  4212.  
  4213. 5. Lernfähiges Berlin
  4214.  
  4215. Schulen, die aufgrund vielfältiger Problemlagen die Mindeststandards guter Bildung verfehlen, brauchen umgehend schulaufsichtliche Begleitung und Unterstützung. Auf der Basis
  4216. konkreter Zielvereinbarungen sollen sie zusätzliche Mittel erhalten, die sie für sozialpädagogische Projekte, zur Sprachförderung, zur Profilbildung oder zur Vernetzung mit bezirklichen
  4217. Strukturen einsetzen können. Zwischen Schule, beteiligten
  4218. Institutionen und freien Trägern wird eine förmliche „Verantwortungsgemeinschaft“ gegründet, um ein frühzeitiges und
  4219. abgestimmtes Vorgehen bei Problemfällen zu gewährleisten.
  4220. Zur Vermeidung von Schulschwänzen ist die aufsuchende Eltern- und Jugendarbeit zu stärken. Neue Formen der Elternbeteiligung sollen ebenso erprobt werden wie verpflichtende Bildungsvereinbarungen zwischen der Schule und den Familien.
  4221. Nötig sind außerdem mehr Coaching-Angebote für Lehrkräfte
  4222. sowie Unterstützung der Schulleitung durch Schulentwicklungsberatung und gegebenenfalls Austausch von Personal
  4223. möglichst auf freiwilliger Basis.
  4224.  
  4225. Gut ein- und umsteigen
  4226. Unser Ziel ist es, bildungsbewusste Familien in sogenannten
  4227. „Problemkiezen“ durch eine bessere Schulqualität zu halten.
  4228.  
  4229. 138
  4230.  
  4231. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4232. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4233.  
  4234. EINE STADT FÜR ALLE.
  4235.  
  4236. Dafür wollen wir die Schulen besser ausstatten und sie dabei
  4237. unterstützen, besondere Schulprofile auszubilden. Die Verankerung der Grundschulen in ihrem „Kiez“ ist im Grundsatz
  4238. richtig. Um aber die jährliche Lostrommel zu vermeiden und
  4239. das Problem mit Scheinanmeldungen abzumildern, sollen
  4240. Grundschulen über ein Fünftel ihrer Plätze selbst entscheiden
  4241. können. Das stärkt die Eigenverantwortung und Profilbildung
  4242. von Schulen und macht möglich, dass eine gewachsene soziale
  4243. Gruppe von Kita-Kindern gemeinsam an „ihre Schule“ geht.
  4244. Mehr individuelle Förderung und messbare Erfolge durch die
  4245. flexible Schulanfangsphase (SAPh) und das jahrgangsübergreifende Lernen (JÜL) setzen voraus, dass alle Beteiligten hinter
  4246. dem Konzept stehen. Um das zu erreichen, werden wir eine
  4247. Aufklärungs- und Weiterbildungsoffensive starten.
  4248. Beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende
  4249. Schule zählt für uns, dass Kinder möglichst auf der Schule bleiben können, auf der sie aufgenommen wurden, dass sie dort
  4250. optimal gefördert werden und einen Abschluss erreichen. Das
  4251. gilt auch für Kinder an Gymnasien, weshalb wir auch dort das
  4252. Sitzenbleiben abschaffen wollen. Um die Gleichwertigkeit von
  4253. integrierter Sekundarschule und Gymnasium zu sichern, wollen
  4254. wir das Probejahr auf den Prüfstand stellen und Modelle für
  4255. Alternativen entwickeln. Eine andere Lehr- und Lernkultur und
  4256. individuelle Förderung müssen auch am Gymnasium von der
  4257. Ausnahme zur Regel werden.
  4258.  
  4259. 5. Lernfähiges Berlin
  4260.  
  4261. EINE STADT FÜR ALLE.
  4262.  
  4263. Schulen vertrauen und ihnen etwas zutrauen
  4264. Wir meinen es ernst mit einem anderen Regierungsstil. Insbesondere zwischen Schulen, Bildungsverwaltung und Bezirksämtern
  4265. brauchen wir eine neue politische Kultur. Berliner Schulen haben
  4266. zu wenig Spielraum und werden zu oft gegängelt. Die Stärkung
  4267. der Eigenverantwortung muss zu einer Entbürokratisierung der
  4268. Bildung führen. Die verkrusteten Verwaltungsstrukturen sind oft
  4269.  
  4270. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4271. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4272.  
  4273. 139
  4274.  
  4275. 5. Lernfähiges Berlin
  4276.  
  4277. ein Hindernis für Bildungsinnovationen. Unser Leitbild ist die
  4278. eigenverantwortliche Schule, die ein eigenes Schulbudget für
  4279. Personal, Projekte, kulturelle Bildung, Bildung für nachhaltige
  4280. Entwicklung sowie für Fortbildung verwaltet. Eingesparte Mittel bleiben bei den Schulen. Wichtig ist auch, dass die Schulleitung ihre Managementaufgaben bewältigen kann und dafür
  4281. in jeder Schulform angemessene Ressourcen bekommt. Durch
  4282. eine zeitgemäße Softwarelösung werden wir Schulen bei ihrer Verwaltungsarbeit und der Erfüllung ihrer Berichtspflichten
  4283. entlasten. Wir werden sie bei der Beschaffung und Aufrechterhaltung einer zeitgemäßen IT-Infrastruktur unterstützen. Eine
  4284. zentrale Schülerdatei mit umfangreichen Sozialindikatoren und
  4285. Zugriffsrechten für eine Vielzahl von Behörden lehnen wir aus
  4286. datenschutzrechtlichen Gründen ab. Schulen sollten bestehende Instrumente der Qualitätsprüfung und -sicherung für ihre
  4287. Weiterentwicklung nutzen und transparent damit umgehen. Eltern und Schülerschaft müssen im Sinne einer demokratischen
  4288. Schule stärker einbezogen werden. Die Verwaltung wiederum
  4289. hat die Bringschuld, die Versorgung mit Räumen, Personal sowie Lehr- und Lernmitteln vom ersten Schultag an sicherzustellen und die Qualität von Schulen zu kontrollieren.
  4290.  
  4291. Gute Schule – eine saubere Sache
  4292. Kinder haben ein Recht darauf, in sauberen und freundlichen
  4293. Schulen zu lernen. In viel zu vielen Schulen ist das seit Jahren
  4294. nicht der Fall. Wir wollen dieses Recht durch ein nachhaltiges
  4295. Schulanlagen-Sanierungsprogramm schrittweise für alle Schulen umsetzen. Dafür müssen die Zuständigkeiten zwischen
  4296. Bezirks- und Hauptverwaltung geklärt werden.
  4297. Gemeinnützige Schulen in freier Trägerschaft sind auch Ausdruck eines aktiven BürgerInnen-Engagements in der Stadt und
  4298. ein Stück gelebte Demokratie.Wir wollen diesen Schulen nicht
  4299.  
  4300. 140
  4301.  
  4302. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4303. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4304.  
  4305. EINE STADT FÜR ALLE.
  4306.  
  4307. das Wasser abgraben, sondern Planungssicherheit geben. Wir
  4308. halten eine ein- bis dreijährige Wartefrist, in der festgestellt
  4309. wird, ob der Träger einen ordnungsgemäßen Schulbetrieb aufnehmen und dauerhaft gewährleisten kann, für angemessen.
  4310. Beim Ausbau einer Schule durch einen bewährten Schulträger
  4311. kann die Wartepflicht ganz entfallen. Die Finanzierung von
  4312. Schulen in freier Trägerschaft muss transparent sein und für
  4313. Planungssicherheit sorgen. Grundsätzlich erwarten wir einen
  4314. angemessenen finanziellen Beitrag des Trägers.
  4315. Wir wollen ein Modell prüfen, bei dem eine Erhöhung der
  4316. Finanzierung der gemeinnützigen Schulen in freier Trägerschaft nur dann möglich ist, wenn sie eine ausgewogene
  4317. soziale Mischung nachweisen und auf Schulgeld verzichten.
  4318. Eine pauschale Erhöhung der Zuschüsse zu Schulen in freier
  4319. Trägerschaft wollen wir nicht. Eine ausreichende Finanzierung
  4320. und Gewährleistung eines für alle zugänglichen, breiten und
  4321. qualitativ hochwertigen öffentlichen Bildungsangebots hat
  4322. selbstverständlich Priorität bei der Neugestaltung der Zuschussregelung für Schulen in freier Trägerschaft.
  4323.  
  4324. 5. Lernfähiges Berlin
  4325.  
  4326. EINE STADT FÜR ALLE.
  4327.  
  4328. Neue Lehrerinnen und Lehrer braucht das Land
  4329. Schulreformen bleiben Papiertiger, wenn das, was inhaltlich dahintersteht, nicht im Denken und Handeln der Lehrenden ankommt. Die individuelle Förderung von Kindern, der produktive
  4330. Umgang mit Vielfalt oder das duale Lernen an den neuen Sekundarschulen erfordern eine grundlegend andere Lehrerausund -fortbildung. Deshalb wollen wir das Lehrerbildungsgesetz
  4331. in Abstimmung mit Brandenburg novellieren. Grünes Leitbild
  4332. ist, die Lehrerausbildung nicht länger an Schularten, sondern
  4333. an Schulstufen auszurichten. Lehramtsstudierende müssen viel
  4334. früher Praxiserfahrung sammeln können und eine hochwertige
  4335. pädagogische und fachdidaktische Ausbildung bekommen, die
  4336. LehrerInnen auf den Umgang mit Heterogenität und inklusive
  4337.  
  4338. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4339. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4340.  
  4341. 141
  4342.  
  4343. 5. Lernfähiges Berlin
  4344.  
  4345. Bildung und Erziehung vorbereitet. Alle Lehramtsstudiengänge sollen künftig mit dem zweijährigen Masterstudium abschließen. Das Referendariat soll für alle Lehrämter gleich lang
  4346. dauern und im Bedarfsfall auch Teilzeitregelungen ermöglichen.
  4347. Initiativen für mehr Lehramtsstudierende mit Migrationshintergrund wollen wir stärken und weiterentwickeln. Berlin steht
  4348. vor einem dramatischen Lehrkräftemangel. Eine Stadt, die mit
  4349. anderen im Wettbewerb um die besten Köpfe steht, muss den
  4350. angehenden Lehrerinnen und Lehrern mehr bieten. Bessere Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten sind wichtige Instrumente
  4351. dafür. Einstellungsverfahren müssen früher starten und schneller vonstattengehen, Einstellungszusagen frühzeitig ausgesprochen und viel mehr unbefristete Stellen vergeben werden. Zu
  4352. diskutieren ist auch eine Reduzierung der Wochenstundenzahl
  4353. für Lehrkräfte in den ersten beiden Berufsjahren. Generell
  4354. halten wir eine Neuregelung der Lehrerarbeitszeit für sinnvoll,
  4355. die alle Aufgaben und Tätigkeiten der jeweiligen Lehrkräfte
  4356. sowie individuelle Belastungen angemessen berücksichtigt. Zur
  4357. Absicherung eines qualitativ guten Unterrichts brauchen wir
  4358. eine verlässliche Lehrkräftebedarfsplanung mit klar definiertem
  4359. Einstellungskorridor bis 2017.
  4360.  
  4361. 5.3 Aktiv für Ausbildung
  4362. Für fast zwei Drittel der Berliner Schülerinnen und Schüler beginnt die eigentliche Bildungsherausforderung erst nach der
  4363. Schulzeit. Jede und jeder hat das Recht auf eine gute Ausbildung. Aber Berliner Unternehmen bilden deutschlandweit am
  4364. wenigsten aus, die Schule entlässt zu viele nicht ausbildungsreife Jugendliche und etliche „Qualifizierungs“-Maßnahmen
  4365. entpuppen sich als Sackgasse ohne Anschlussperspektive.
  4366. Absurd: auf der einen Seite ein Geflecht aus teuren ausbildungs-
  4367.  
  4368. 142
  4369.  
  4370. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4371. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4372.  
  4373. EINE STADT FÜR ALLE.
  4374.  
  4375. und berufsvorbereitenden Kursen, in denen mehr als 20.000
  4376. Jugendliche „feststecken“ – auf der anderen Seite Unternehmen,
  4377. die händeringend Fachkräfte und Azubis suchen.
  4378. Diese Vergeudung von Potentialen und Geld können wir
  4379. uns nicht leisten. Eine kluge Stadt braucht alle Talente! Aufstieg durch Bildung kann nur gelingen, wenn Schule, Politik
  4380. und Wirtschaft ihrer Verantwortung für ein durchlässiges Bildungssystem endlich nachkommen. Notwendig ist dafür auch
  4381. die Stärkung und Weiterentwicklung der beruflichen Schulen
  4382. als duale Partner. Wir sehen Berufsbildung als gleichwertig mit
  4383. der allgemeinen Bildung an.
  4384.  
  4385. Ausbildung geht alle an
  4386. Zuallererst müssen die Unternehmen die Versäumnisse der
  4387. letzten Jahre nachholen und deutlich mehr Ausbildungsplätze schaffen – in ihrem Interesse und im Interesse der
  4388. ganzen Stadt. Es darf nicht sein, dass eine Bewerberin wegen
  4389. ihres ausländisch klingenden Namens abgelehnt wird oder ein
  4390. Schulabgänger keine Chance bekommt, weil sein Abschluss
  4391. zwei Jahre zurückliegt.
  4392. Unser Ziel ist es, mit der Berliner Wirtschaft zu einer Vereinbarung zu kommen, dass jene 50 Prozent der Berliner Betriebe,
  4393. die ausbilden könnten, dies auch wirklich tun! Unternehmen
  4394. müssen zumindest Abschnitte einer beruflichen Ausbildung bei
  4395. sich anbieten – in Arbeitsteilung mit anderen Betrieben oder Bildungsträgern. Diese Verbundausbildung wollen wir ausbauen.
  4396. Für landeseigene Unternehmen soll eine Ausbildungsquote von
  4397. sieben Prozent gelten, der Anteil von Azubis mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst muss steigen, besonders im
  4398. pädagogischen Bereich, aber auch bei Polizei und Feuerwehr.
  4399. Unternehmen bilden eher aus, wenn sie wissen, was auf sie
  4400. zukommt und welche Hilfen es für Auszubildende gibt, z.B.
  4401. Sprachförderung, Kinderbetreuung oder auch Arbeitsassistenz
  4402.  
  4403. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4404. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4405.  
  4406. 5. Lernfähiges Berlin
  4407.  
  4408. EINE STADT FÜR ALLE.
  4409.  
  4410. 143
  4411.  
  4412. 5. Lernfähiges Berlin
  4413.  
  4414. für junge Menschen mit Behinderung. Deshalb wollen wir die
  4415. Begleitung und Beratung von Betrieben stärken.
  4416. Darüber hinaus wollen wir die beruflichen Schulen stärken
  4417. und weiterentwickeln, weil sie mit ihren vielfältigen Ausbildungsangeboten einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung der
  4418. wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit Berlins und zur beruflichen
  4419. Integration junger Menschen leisten. Die vollschulischen Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote wollen wir als dauerhafte Aufgabe des öffentlichen Bildungssektors sichern und die
  4420. Oberstufenzentren (OSZ) zu Kompetenzzentren für Berufsbildung und Nachhaltigkeit entwickeln. Sie sollen eine qualifizierte Ausbildung für alle SchulabgängerInnen anbieten, die sonst
  4421. in Warteschleifen landen würden. Diese Ausbildungen müssen
  4422. zu einem anerkannten Berufsabschluss führen. Der Zugang zur
  4423. Berufsbildung darf weder von konjunkturellen Entwicklungen
  4424. noch vom Ausbildungsinteresse einzelner Unternehmen abhängig sein.
  4425. Unser Ziel, 100.000 neue Jobs in Zukunftsbranchen wie Umwelttechnik, erneuerbare Energien oder personennahe Dienstleistungen zu schaffen, muss auch mit Veränderungen in der
  4426. Ausbildung einhergehen. Wir brauchen z. B. im Energiebereich
  4427. neue Berufsbilder für die niedrig qualifizierte und FacharbeiterInnenebene. In der Gastronomie könnten mit einem zusätzlichen Berufsschultag mehr Qualifikationen für innovative Verfahren, nachhaltiges Wirtschaften und gesunde, biologische
  4428. Ernährung vermittelt werden.
  4429.  
  4430. Kein Abschluss ohne Anschluss
  4431. Wir wollen den Dschungel aus Übergangsmaßnahmen
  4432. zwischen Schule und Beruf lichten und klare Förderstrukturen schaffen. Kurse ohne verwertbares Zertifikat werden
  4433. abgeschafft. Das spart Geld für anderes. Jugendliche mit
  4434.  
  4435. 144
  4436.  
  4437. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4438. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4439.  
  4440. EINE STADT FÜR ALLE.
  4441.  
  4442. Schulabschluss, die keine betriebliche Lehrstelle bekommen
  4443. haben, können eine öffentlich geförderte, hochwertige schulische Berufsausbildung erhalten, die sich am regionalen Arbeitsmarkt orientieren muss und die Möglichkeit eines Wechsels in
  4444. eine betriebliche Ausbildung offen hält. Zusätzlich findet an
  4445. allen Schulen eine frühere Berufsorientierung statt, die viel Praxis
  4446. außerhalb der Schule einschließt und jenseits von Geschlechterklischees Raum zum Ausprobieren gibt. Dafür braucht es eine
  4447. neue Kultur der Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern,
  4448. Betrieben, Bildungsträgern, Arbeitsagentur usw. Jede und jeder
  4449. Jugendliche bekommt eine feste Ansprechperson, die sie bzw.
  4450. ihn über das Ende der Schulzeit hinaus bis in den nächsten Ausbildungsschritt begleitet.
  4451.  
  4452. Weiterbilden – weiterkommen
  4453.  
  4454. 5. Lernfähiges Berlin
  4455.  
  4456. EINE STADT FÜR ALLE.
  4457.  
  4458. Wer es mit dem Schlagwort vom lebenslangen Lernen ernst
  4459. meint, muss es endlich aus den Sonntagsreden in den Alltag holen und für flächendeckende qualitativ gute Angebote
  4460. sorgen. Eine wichtige Aufgabe von Weiterbildung ist es, den
  4461. Weg in zukunftsfähige Branchen zu erleichtern. Wir wollen u.a.
  4462. in enger Abstimmung mit den beruflichen Schulen Quereinsteigerprogramme unterstützen, um Menschen neue Jobs in
  4463. den Feldern erneuerbare Energien, neue Mobilität, Umweltschutz und Ressourceneffizienz, Gesundheit und Pflege, frühkindliche Bildung, nachhaltiger Tourismus und Kreativwirtschaft zu ermöglichen.
  4464. Alle brauchen eine zweite Chance – deshalb gilt unser Augenmerk auch den Angeboten zur Alphabetisierung und zum Nachholen von Schulabschlüssen. Wir dürfen Menschen nicht am
  4465. Lernen und Weiterkommen hindern. Deshalb fordern wir die
  4466. zügige Prüfung von ausländischen Abschlüssen, verbunden mit
  4467. einer Beratung für maßgeschneiderte Weiterbildungsangebote.
  4468. Außerdem brauchen wir genügend Plätze in Integrationskursen.
  4469.  
  4470. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4471. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4472.  
  4473. 145
  4474.  
  4475. 5.4 Hochschule neu denken
  4476.  
  4477. 5. Lernfähiges Berlin
  4478.  
  4479. „Eine Stadt für alle“ braucht Zugangsgerechtigkeit für alle
  4480. Hochschulbewerberinnen und -bewerber, eine gute Qualität
  4481. der Lehre und gute Bedingungen für Forschung. Überfüllte
  4482. Hörsäle, schlechte Betreuung und überforderte Lehrende müssen der Vergangenheit angehören. Wir lehnen Studiengebühren ab, weil sie sozial ungerecht sind. Gebühren haben eine
  4483. abschreckende Wirkung auf diejenigen, die nicht aus bildungsnahen oder ökonomisch abgesicherten Verhältnissen kommen.
  4484. Ein leistungsfähiges Studentenwerk, das Wohnheimplätze,
  4485. Essensversorgung, Kita-Plätze und vielfältige Beratungsangebote vorhält, ist das A und O, damit Studieren auch ohne
  4486. dickes Portemonnaie gelingt. Universitäten, Fach- und Kunsthochschulen sind zudem nicht nur Orte der Ausbildung und
  4487. Wissensspeicher. Sie müssen auch Ort des Nachdenkens über
  4488. aktuelle gesellschaftliche Fragen sein und bei Themen wie
  4489. Demokratie, Klimawandel, Wirtschaft oder Integration vorausdenken.
  4490.  
  4491. Bachelor und Master studierbar machen
  4492. Auch die Studierendenproteste haben gezeigt: Bachelor- und
  4493. Masterstudiengänge in Berlin müssen flächendeckend überarbeitet und verbessert werden. Die Curricula müssen wieder
  4494. individuelle Schwerpunktsetzung ermöglichen und überfachliche Qualifikationen fördern. Ebenso müssen die Studiengänge
  4495. wieder den Lebensrealitäten der Studierenden wie Teilzeitstudium, Nebenjob, Familie, gesundheitliche Beeinträchtigungen
  4496. etc. angepasst werden. Die Durchlässigkeit der Studiengänge
  4497. zwischen den Berliner Hochschulen muss wieder deutlich verbessert und bürokratische Hürden müssen abgebaut werden.
  4498. Auch dazu wollen wir das Berliner Hochschulgesetz ändern,
  4499. denn die rot-rote Novelle verschlimmert das Problem eher,
  4500.  
  4501. 146
  4502.  
  4503. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4504. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4505.  
  4506. EINE STADT FÜR ALLE.
  4507.  
  4508. als es zu verbessern. Studium darf kein Elitenprojekt sein. Der
  4509. Hochschulzugang muss offener gestaltet und die Übergangsquote vom Bachelor zum Master von nur 50 Prozent deutlich
  4510. erhöht werden. Wir lehnen die weitere Absenkung der Studienqualität zugunsten billig gerechneter Studienplätze ab und
  4511. fordern eine grundlegende Überarbeitung des Finanzierungsmodells („Preismodell“) und seiner Kriterien. Hochschulen dürfen beispielsweise nicht bestraft werden, wenn sie Fachwechsler aufnehmen oder Studierende in Teilzeit studieren. Dies muss
  4512. in den nächsten Hochschulverträgen geregelt werden. Die Verhandlungen über die notwendigen Veränderungen wollen wir
  4513. frühzeitig aufnehmen.
  4514.  
  4515. Gute Lehre als Karriereschub!
  4516. Für uns ist es entscheidend, dass gute Lehre endlich belohnt
  4517. wird: Die Hochschullehre muss aus dem Schatten der Forschung und Drittmitteleinwerbung treten und als Karriereschub
  4518. etabliert werden, um die Qualität der Lehre dauerhaft zu verbessern. Wir fordern daher den Ausbau des Weiterbildungsangebots speziell für Hochschullehrer. Wer nicht lehren kann,
  4519. kann nicht Professor oder Professorin sein. Außerdem wollen
  4520. wir ein neues Programm zur Qualitätssicherung in Studium
  4521. und Lehre für die Hochschulen. Wir wollen, dass gute Hochschullehre endlich belohnt wird. Mit seinen Exzellenzclustern,
  4522. Sonderforschungsbereichen und Instituten verfügt Berlin über
  4523. eine herausragende Forschungslandschaft, die wir weiter stärken wollen. Auch hier muss eine bessere Verzahnung mit der
  4524. Lehre stattfinden, so dass sich Forschungsqualität auch in der
  4525. Qualität der Lehre niederschlägt.
  4526.  
  4527. 5. Lernfähiges Berlin
  4528.  
  4529. EINE STADT FÜR ALLE.
  4530.  
  4531. Hochschulen wollen solide finanziert sein
  4532. Berlin ist gefragt: Auf einen Studienplatz in Berlin kommen in
  4533. der Regel mehr als fünf Bewerbungen. Dabei haben allzu oft die
  4534.  
  4535. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4536. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4537.  
  4538. 147
  4539.  
  4540. eigenen Landeskinder das Nachsehen. Wir wollen den Hochschulen helfen, ehrlich finanzierte Studienplätze bis zum Master aufzubauen, anstatt die unterfinanzierten „Studierchancen“ des Senats zu dulden. Das lohnt sich: Jeder Zuschuss-Euro
  4541. für die Hochschulen schafft eine dreimal höhere Nachfrage in
  4542. der Stadt und bringt Mittel aus dem Länderfinanzausgleich.
  4543.  
  4544. 5. Lernfähiges Berlin
  4545.  
  4546. Die Berliner Hochschulen brauchen eine transparente, zuverlässige und vor allem ausreichende Finanzierung für Forschung
  4547. und Lehre. Dazu gehören bis zum Masterabschluss ausfinanzierte Studienplätze, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
  4548. Landes- und Projektfinanzierung sowie eine ehrliche Neuberechnung des Bedarfs an Studienplätzen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bedarfe der Hochschulen von Grund auf neu
  4549. berechnet werden und alte Probleme wie die Pensionslasten
  4550. oder aufgeschobene Investitionen endlich gelöst werden. Wir
  4551. wollen Schattenhaushalte und Parallelstrukturen wie die Einsteinstiftung auflösen und die frei werdenden Gelder direkt der
  4552. Forschung und Lehre zukommen lassen. Das Land Berlin muss
  4553. den Hochschulen eine solide Grundfinanzierung bieten und die
  4554. Kofinanzierung bei Drittmittelprojekten auf sichere Beine stellen. Dabei geht es auch darum, die Hochschulen in die Lage zu
  4555. versetzen, den doppelten Abiturjahrgang 2012 aufzunehmen.
  4556.  
  4557. Vertrauen und Transparenz wiederherstellen
  4558. Das Berliner Hochschulsystem zeigte sich zuletzt an vielen Stellen blockiert – sowohl im Verhältnis zwischen Land und Hochschulen als auch innerhalb der Hochschulen und ihrer Personalgruppen. Wir wollen wieder ein Klima des Vertrauens und der
  4559. Verlässlichkeit schaffen, damit die Akteure nicht weiter gegeneinander agieren, sondern gemeinsam die Zukunftsaufgaben
  4560. anpacken. Für uns braucht es daher neue Formen der Beteiligung aller Hochschulmitglieder an wichtigen Entscheidungen.
  4561.  
  4562. 148
  4563.  
  4564. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4565. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4566.  
  4567. EINE STADT FÜR ALLE.
  4568.  
  4569. Eine moderne Hochschule definiert Hochschulautonomie nicht
  4570. als Präsidialdiktatur, sondern sorgt für mehr Demokratie und
  4571. moderne „partizipative“ Entscheidungsverfahren. Ziel ist, dass
  4572. sich alle Mitglieder einer Hochschule an der Selbstverwaltung
  4573. beteiligen können. Um der Vielfalt und Autonomie unserer
  4574. Hochschulen Rechnung zu tragen, treten wir für ein von allen
  4575. Statusgruppen paritätisch besetztes Grundordnungsgremium
  4576. ein, das die Struktur der internen Entscheidungswege unabhängig festlegt.
  4577. Für uns gehört eine ehrliche mittel- und langfristige Entwicklungsplanung der Berliner Hochschulen zur Grundvoraussetzung, damit das Land Berlin sie effektiv in ihren Aufgaben
  4578. unterstützen kann. Wir setzen dabei auf klar formulierte Ziele,
  4579. transparente Entscheidungen und ehrliche Zahlen. Wir bekennen uns zu einem guten Hochschulvertragssystem mit klaren
  4580. Zielvereinbarungen – ohne einseitige Ausstiegsklauseln – anstelle des jetzt eingeführten Preismodells und der kleinteiligen
  4581. Detailsteuerung. Zusammen mit den Beteiligten aus Hochschulen und Forschung planen wir, ein neues, modernes Berliner
  4582. Hochschulgesetz zu verfassen.
  4583.  
  4584. 5. Lernfähiges Berlin
  4585.  
  4586. EINE STADT FÜR ALLE.
  4587.  
  4588. Berliner Hochschulgesetz modernisieren
  4589. Wir wollen das Berliner Hochschulsystem zusammen mit den
  4590. Hochschulen grundlegend modernisieren. Dabei legen wir besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der Studierbarkeit
  4591. und der Bedingungen in der Lehre. Wir wollen flexible und
  4592. durchlässige Personalstrukturen schaffen, die vielfältige Karrierewege bieten. Ebenso wird die Gremienstruktur den Bedürfnissen der einzelnen Hochschulen angepasst und die Demokratisierung vorangetrieben. Die Modernisierung des Berliner
  4593. Hochschulgesetzes ist ein wichtiger Schritt, um den tiefgreifenden und dringend notwendigen Kulturwandel an den Berliner
  4594. Hochschulen zu unterstützen.
  4595.  
  4596. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4597. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4598.  
  4599. 149
  4600.  
  4601. EINE STADT FÜR ALLE.
  4602.  
  4603. EINE STADT FÜR ALLE.
  4604.  
  4605. Europaweites Lernen und Studieren
  4606.  
  4607. Geschlechtergerechtigkeit ist für uns ein selbstverständliches
  4608. und grundlegendes Ziel, das überall in Forschung, Wissenschaft und Lehre ausdrücklich gefördert werden muss. Doch
  4609. die Gleichstellung von Frauen und Männern ist in den Hochschulen noch lange nicht erreicht. Wir unterstützen Hochschulen in ihrem Bemühen um die Anwerbung von Studentinnen
  4610. und Wissenschaftlerinnen und setzen uns für offene und transparente Personalauswahlverfahren ein, die wir gesetzlich etablieren wollen. Dabei legen wir großen Wert darauf, dass die
  4611. Potentiale und Qualifikationen von Frauen auch in männlich
  4612. dominierten Fachkulturen als eine Bereicherung begriffen werden. Nur mit einem so gestalteten Kulturwandel werden die
  4613. Hochschulen im 21. Jahrhundert zukunftsorientiert ihre gesellschaftlichen Aufgaben wahrnehmen können.
  4614.  
  4615. Berlins Universitäten und Forschungseinrichtungen, sein lässiges Lebensgefühl und seine scheinbar grenzenlosen Potentiale
  4616. laden junge Menschen aus der Welt ein, mit ihren Ideen und
  4617. Potentialen hierherzukommen, unsere Stadt bunter und ideenreicher und damit chancenreicher zu machen.
  4618.  
  4619. Draht zur Stadt
  4620. Die Gesellschaft braucht einen direkten Draht zur Hochschule.
  4621. Und wir brauchen immer mehr hochqualifizierte Fachkräfte,
  4622. also einen breiteren Zugang zu höherer Bildung. Nicht zuletzt
  4623. deshalb müssen Hochschulen sich stärker öffnen, flexibler werden und ihre Angebote überarbeiten. Mehr Menschen aus migrantischen oder bildungsfernen Familien, mehr Berufstätige
  4624. ohne Abitur, mehr Männer und Frauen auf dem sogenannten
  4625. zweiten oder dritten Bildungsweg und mehr Ältere sollen an die
  4626. Hochschulen kommen. Dafür sind unterschiedliche Hochschultypen und Profile, wie sie in der Berliner Hochschullandschaft
  4627. zu finden sind, gut und richtig. Und damit keine Akademikerin und kein Akademiker auf der Straße sitzt, werden wir auch
  4628. für eine zügigere Anerkennung von im Ausland erworbenen
  4629. akademischen Abschlüssen einschließlich der Umwandlung in
  4630. entsprechende deutsche Grade und Titel sorgen.
  4631.  
  4632. 150
  4633.  
  4634. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4635. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4636.  
  4637. Wir bekennen uns zu den ursprünglichen Zielen des BolognaProzesses: der Schaffung des gemeinsamen Europäischen
  4638. Hochschulraumes, in dem Hochschulabschlüsse auf der Grundlage der Gleichwertigkeit anerkannt werden. Internationale
  4639. Mobilität, Freiheit und akademischer Austausch sollten verbessert werden. Wir wollen alles tun, um diese Ziele endlich mit
  4640. den Berliner Hochschulen zu erreichen. Und das, ohne die Berliner Landeskinder weiter durch den Verdrängungsprozess zu
  4641. benachteiligen, denn Mobilität ist ein Recht und keine Pflicht.
  4642. Wir wollen die internationale Vernetzung und Strahlkraft der
  4643. Berliner Hochschulen fördern. Unser Ziel ist es, Studierenden
  4644. in Berlin beste Bedingungen zu bieten und ihnen jede Menge
  4645. Gründe zu liefern, auch nach dem Studium hier in Berlin ihre
  4646. Potentiale auszuleben – zu unser aller Gewinn.
  4647. An den Hochschulen wollen wir den internationalen Austausch von Studierenden als auch von Lehrenden intensivieren.
  4648. Ebenso wollen wir den Austausch über Lehrinhalte und Forschung anregen. Auch an Schulen muss das Erlernen globaler
  4649. und europäischer Zusammenhänge eine höhere Priorität bekommen und die Europa-Kompetenz gestärkt werden.
  4650.  
  4651. 5. Lernfähiges Berlin
  4652.  
  4653. 5. Lernfähiges Berlin
  4654.  
  4655. Vielfalt schließt Geschlechtergerechtigkeit ein
  4656.  
  4657. 5.5 Wissenschaft und Forschung in und für Berlin
  4658. Berlin ist mit seinen vielfältigen Hochschulen und Forschungsinstitutionen einer der wichtigsten Wissenschaftsstandorte in
  4659.  
  4660. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4661. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4662.  
  4663. 151
  4664.  
  4665. Deutschland und Europa. Mit diesem Pfund wollen wir
  4666. wuchern – zum Wohle der ganzen Stadt.
  4667.  
  4668. Forschung für die Gesellschaft
  4669.  
  4670. 5. Lernfähiges Berlin
  4671.  
  4672. Forschung heißt, die Welt von morgen bereits heute zu denken und Zusammenhänge verstehen zu wollen. Das brauchen
  4673. wir, um Antworten auf soziale, kulturelle, ökologische und
  4674. ökonomische Fragestellungen zu finden. Dabei müssen Politik,
  4675. Wissenschaft und Wirtschaft eng zusammenarbeiten. Ebenso
  4676. braucht es eine bessere Verzahnung zwischen Bund und Land.
  4677. Der interdisziplinäre Austausch zwischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen muss gestärkt und verlässliche Zukunftsperspektiven für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
  4678. müssen geschaffen werden.
  4679. Wissenschaft und Forschung spielen eine entscheidende Rolle
  4680. für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins, durch den Wissenstransfer oder die Kooperation mit großen, kleinen und mittelständischen Betrieben, durch die Ausbildung von dringend
  4681. benötigten Fachkräften oder durch die Wirtschaftskraft, die
  4682. Studierende und Forschende mit nach Berlin bringen. Deshalb
  4683. werden wir die Sicherung und den Ausbau des Instituts für Angewandte Forschung vorantreiben.
  4684. Von der Öffentlichkeit geförderte Forschung muss ihre wissenschaftlichen Publikationen und die ihnen zugrundeliegende Daten der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung stellen (Open
  4685. Access). Die bisherigen Publikationsstrukturen stellen eine Privatisierung des von der Allgemeinheit finanzierten Wissens dar.
  4686. Durch Open Access soll verhindert werden, dass dieses Wissen
  4687. erneut von der Allgemeinheit finanziert bzw. von den Verlagen zurückgekauft werden muss, die durch die Publikation die
  4688. Nutzungsrechte erhalten haben. So wird auch die digitale Kluft
  4689.  
  4690. 152
  4691.  
  4692. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4693. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4694.  
  4695. EINE STADT FÜR ALLE.
  4696.  
  4697. verringert: Unter anderem können so WissenschaftlerInnen mit
  4698. geringem Budget an wissenschaftliche Ergebnisse gelangen
  4699. und am Diskurs teilnehmen. Wir wollen Berlin als Vorbild für
  4700. die Umsetzung des Open-Access-Prinzips etablieren.
  4701.  
  4702. Undank ist der Welten Lohn? – Wissenschaft als Beruf
  4703. Wissenschaft als Beruf muss endlich wieder attraktiver werden!
  4704. Akademische Laufbahnen erweisen sich als kaum planbar, kennen lange Phasen prekärer Beschäftigung und sind häufig nicht
  4705. familienkompatibel. Wir brauchen berechenbare, familienfreundliche und durchlässige Personalstrukturen, die auch den
  4706. Wechsel zwischen Wissenschaft und anderen Berufen möglich
  4707. machen.
  4708. Berliner Hochschulen sollen Arbeitgeber sein, die attraktive
  4709. Aufgabenprofile bieten. Wir setzen uns für eine gute Mischung
  4710. aus befristeten und unbefristeten Stellen im wissenschaftlichen
  4711. „Mittelbau“ ein. Der Flaschenhals der regulären Professur ist
  4712. schädlich für Berlins Hochschullandschaft, da zu viele Wissenschaftskarrieren im Aus enden. Die Verbeamtung der Professuren schafft mehr Probleme als Vorteile und gehört daher abgeschafft. Auch für das nicht wissenschaftliche Personal müssen
  4713. Hochschulen ein attraktiver Arbeitgeber sein.
  4714.  
  4715. 5. Lernfähiges Berlin
  4716.  
  4717. EINE STADT FÜR ALLE.
  4718.  
  4719. Vielfalt der Forschung
  4720. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, verlangen vielfältige Antworten, die manchmal auch in neuen oder risikoreichen Forschungsthemen liegen.
  4721. Zentrale Basis für Innovationen und Fortschritt ist die Grundlagenforschung. Sie bildet den Nährboden für gesellschaftliche
  4722. Reflexion und für erfolgreiche anwendungsorientierte Forschung. Grundlagenforschung muss daher eine wesentliche
  4723. Säule der öffentlichen Forschungsförderung bleiben.
  4724.  
  4725. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4726. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4727.  
  4728. 153
  4729.  
  4730. Wer Innovation erzwingen will, versteht nicht, wie Wissenschaft funktioniert. Wir wollen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen wieder eine Kultur des Austausches und
  4731. der „Fehlerfreundlichkeit“ etablieren. Viele Ideen müssen gedacht und diskutiert oder auch verworfen werden, auch über
  4732. disziplinäre Grenzen hinweg, ehe ein anwendungsfähiges Ergebnis entsteht. Kooperation zwischen verschiedenen Fachkulturen ist dabei das Schlüsselwort. Wir wollen interdisziplinäre
  4733. Vorbildprojekte, wie das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, sowie andere Vordenker fördern und sichtbar
  4734. machen, um Berlin als Ganzes voranzubringen.
  4735.  
  4736. 5. Lernfähiges Berlin
  4737.  
  4738. Wer in Berlin Grün wählt ...
  4739.  
  4740. 154
  4741.  
  4742. stimmt für frühe Sprachförderung für alle Kita-Kinder.
  4743. sorgt für gute Schulen mit Perspektiven für alle.
  4744. schafft Ausbildungsplätze für alle und sorgt für beruflichen
  4745. Anschluss.
  4746. sagt Nein zu Studiengebühren und stärkt die Lehre.
  4747. schafft Studienplätze statt nur Studierchancen.
  4748. fördert Forschung, die allen zugutekommt.
  4749.  
  4750. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4751. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4752.  
  4753. EINE STADT FÜR ALLE.
  4754.  
  4755. „Und ein Junge fegt den Flur
  4756. Weil er das am besten kann
  4757. Wollen wir das?
  4758. Wollen wir das?“
  4759. (Beatsteaks/Turbostaat)
  4760.  
  4761. 6. Familiengerechtes Berlin
  4762. Ein neuer Generationenvertrag
  4763. für die Stadt
  4764. „Eine Stadt für alle“ bedeutet ein generationengerechtes Berlin, in dem Jung und Alt in Solidarität zusammenleben. Berlin wird demografisch gesehen zugleich jünger und älter, die
  4765. Lebensentwürfe werden vielfältiger. Das verändert Bedürfnisse
  4766. und Ansprüche. Gerade Junge und Alte erleben unsere Gesellschaft häufig als blockiert. Kinder erhalten nicht die Förderung
  4767. und die Spielräume, die sie brauchen. Menschen, die sich um
  4768. andere kümmern – um kleine Kinder genauso wie um Alte oder
  4769. Pflegebedürftige –, werden mit dieser Aufgabe alleingelassen.
  4770. Jugendliche bekommen zu wenige Chancen auf echte Teilhabe und Beteiligung. Ältere Menschen fürchten, nicht mehr
  4771. gebraucht oder gefragt zu werden. Es ist an der Zeit, diese Blockaden aufzubrechen und die Potentiale aller Generationen für
  4772. Berlin und seine Bewohnerinnen und Bewohner zu nutzen.
  4773. Zur Wahl steht ein neuer Generationenvertrag für Berlin,
  4774. der Kindern den Platz einräumt, den sie brauchen, Eltern nicht
  4775. im Stich lässt, jungen Menschen Gehör gibt und ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter ermöglicht.
  4776.  
  4777. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4778. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4779.  
  4780. 6. Familiengerechtes Berlin
  4781.  
  4782. EINE STADT FÜR ALLE.
  4783.  
  4784. 155
  4785.  
  4786. 6.1 Ein neuer Generationenvertrag für Berlin
  4787. Wir müssen uns neu darüber verständigen, was Alt und Jung
  4788. in Berlin zusammenhält. Wir wollen eine Stadt der kulturellen
  4789. Vielfalt, in der Kinder sich willkommen und Jugendliche sich
  4790. akzeptiert fühlen. In der Familien gut leben und ältere Menschen aktiv mitgestalten können – aber auch im Pflegefall gut
  4791. versorgt sind. Ein neuer Generationenvertrag bedeutet eine
  4792. Vereinbarung darüber, wie und wo Raum für Begegnungen
  4793. zwischen den Generationen entstehen und bürgerschaftliches
  4794. Engagement gestärkt werden kann. Und er steht für eine Gesellschaft, die der nachfolgenden Generation noch Spielraum
  4795. für Entscheidungen lässt. Deshalb heißt generationengerechtes
  4796. Handeln in Berlin auch, die Stadt nicht tiefer in den Schuldensumpf zu treiben.
  4797.  
  4798. 6. Familiengerechtes Berlin
  4799.  
  4800. Bist du dabei?
  4801. Gemeinsam ist alten und jungen Menschen in Berlin, dass sehr
  4802. viele von ihnen bereits in prekären Verhältnissen gelebt haben
  4803. oder immer noch leben. Entsprechend groß ist die Angst, den
  4804. sozialen Anschluss zu verpassen. Das ist nicht unbedingt eine
  4805. Frage von Arbeitslosigkeit oder Bildungsferne, ein Leben kann
  4806. schon ins Wanken geraten, wenn im nahen Umfeld jemand
  4807. stirbt oder das Geld trotz Arbeit nur reicht, solange nichts Unvorhergesehenes passiert. Wir kämpfen gegen soziale Exklusion. Es kommt in unserer Stadt auf jede Einzelne und jeden
  4808. Einzelnen an!
  4809. Richtig organisiert und ausreichend unterstützt können Junge und Alte, Frauen und Männer, Menschen unterschiedlicher
  4810. kultureller Herkunft noch viel mehr voneinander profitieren
  4811. und lernen, etwa bei der gemeinsamen Gestaltung ihres Stadtviertels, in neuen generationsübergreifenden Wohnformen
  4812.  
  4813. 156
  4814.  
  4815. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4816. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4817.  
  4818. EINE STADT FÜR ALLE.
  4819.  
  4820. oder in Unternehmen, wenn sich Erfahrungsschatz und Ideenreichtum der Einen mit Risikobereitschaft und Kreativität der
  4821. Anderen verbinden.
  4822. Wir wollen das Zusammenleben der verschiedenen Generationen fördern und dafür auch die nötige Infrastruktur in den
  4823. Stadtteilen bereitstellen. Wenn Menschen sich repräsentiert
  4824. und von öffentlichen Institutionen ernst genommen fühlen,
  4825. wenn sie beteiligt werden und selbstbestimmt entscheiden
  4826. können, stärkt dies auch das Vertrauen in die Demokratie und
  4827. vermeidet Diskriminierung.
  4828.  
  4829. 6.2 Eine Stadt für alle Kinder
  4830. Für uns ist Familie überall dort, wo Menschen – ob verwandt
  4831. oder nicht – verbindlich füreinander Verantwortung übernehmen, insbesondere für Kinder. Dazu gehören in Berlin gerade
  4832. auch viele Alleinerziehende, Patchwork- sowie Regenbogenfamilien. Die Vielfalt der unterschiedlichen Familienmodelle muss endlich als Normalität wahrgenommen werden. Wir
  4833. wollen eine kinder- und familienfreundliche Stadt mit echten
  4834. Teilhabechancen für alle Mädchen und Jungen. Eine Stadt, in
  4835. der diejenigen, die sich um Kinder, Ältere oder Pflegebedürftige kümmern, Anerkennung erfahren und ihr Engagement mit
  4836. einer Berufstätigkeit verbinden können.
  4837.  
  4838. 6. Familiengerechtes Berlin
  4839.  
  4840. EINE STADT FÜR ALLE.
  4841.  
  4842. Kinder und Jugendliche haben eigenständige Rechte. Sie haben
  4843. ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, auf Bildung und Betreuung, und sie haben ein Recht darauf, zu spielen. Sie brauchen
  4844. die liebevolle Zuwendung ihrer Eltern, haben aber gleichzeitig
  4845. auch Anspruch auf Unterstützung und Förderung durch den
  4846. Staat. Es ist ein Erfolg grüner Politik, dass Kinderrechte in der
  4847.  
  4848. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4849. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4850.  
  4851. 157
  4852.  
  4853. Berliner Landesverfassung verankert wurden. Wir verstehen
  4854. dies als starken Auftrag an die Politik, Prioritäten zugunsten
  4855. von Kindern und Jugendlichen zu setzen.
  4856.  
  4857. Arm sein ist überhaupt nicht sexy
  4858. Berlin ist bei der Kinderarmut trauriger Spitzenreiter in Deutschland. Für die betroffenen Kinder heißt das weniger Chancen
  4859. auf Teilhabe, auf Gesundheit, auf einen Schulabschluss. An erster Stelle muss deshalb stehen: echte Teilhabe für Kinder aus
  4860. armen Familien schaffen – egal, ob sie ALG II bekommen oder
  4861. mit ihrem Einkommen knapp darüberliegen. Wir müssen die
  4862. gesamte Infrastruktur für Familien, wie z.  B. Kindertagesstätten, Familienbildung, Erziehungs- und Gesundheitsberatung,
  4863. konsequent am Bedarf armer und sozial benachteiligter Kinder
  4864. ausrichten.
  4865.  
  4866. Ein Strauß Hilfe
  4867. 6. Familiengerechtes Berlin
  4868.  
  4869. Der beste Schutz gegen Kinderarmut ist die Erwerbstätigkeit
  4870. der Eltern. Deshalb braucht Berlin eine gut aufeinander abgestimmte Wirtschafts-, Ausbildungs- und Arbeitsmarktpolitik. Dazu kommt die Bildungsinfrastruktur: Kitas und Schulen
  4871. müssen früher, individuell und ganzheitlich fördern. Wir wollen
  4872. stärker für einen frühen Kita-Besuch werben und mit einem
  4873. Kita-Gutschein dafür sorgen, dass alle Kinder ab drei Jahren für
  4874. sieben Stunden pro Tag ohne Bedarfsprüfung die Kita besuchen können. Und natürlich müssen Kinder sozial abgesichert
  4875. sein, weshalb wir am tatsächlichen Bedarf orientierte Regelsätze brauchen und gezielte Sachleistungen wie ein gesundes
  4876. Mittagessen.
  4877. Kinder haben ein Recht darauf, sich unabhängig von den
  4878. Möglichkeiten, die ihnen ihre Familien geben können, zu entwickeln. Wir wollen alles dafür tun, dass der Zugang zu Sport-,
  4879. Musik- und Kulturangeboten nicht vom Geldbeutel der Eltern,
  4880.  
  4881. 158
  4882.  
  4883. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4884. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4885.  
  4886. EINE STADT FÜR ALLE.
  4887.  
  4888. sondern von den Interessen der Kinder abhängt.
  4889. Im Interesse der Kinder müssen Leistungen des Bildungspaketes der Bundesregierung möglichst unbürokratisch eingelöst werden können. Es ist sicherzustellen, dass vorhandene
  4890. Angebote in der Stadt nicht abgebaut oder plötzlich kostenpflichtig werden, sondern dass sie effizient und unentgeltlich
  4891. erhalten werden.
  4892.  
  4893. Frühe Hilfe statt später Hilflosigkeit
  4894. Täglich setzen Eltern alles daran, ihre Kinder zu selbstständigen
  4895. und eigenverantwortlichen Persönlichkeiten zu erziehen. Den
  4896. allermeisten gelingt diese beachtliche Leistung. Es gibt aber
  4897. auch Eltern, die grundsätzlich überfordert sind und Schwierigkeiten mit der Erziehung ihrer Kinder haben. Diese Familien
  4898. wollen wir mit niedrigschwelligen Angeboten möglichst früh
  4899. und präventiv erreichen, am besten schon in gut organisierten
  4900. bezirklichen Netzwerken rund um die Geburt.
  4901. 6. Familiengerechtes Berlin
  4902.  
  4903. EINE STADT FÜR ALLE.
  4904.  
  4905. Dazu gehören ein wertschätzender Begrüßungsbesuch aller
  4906. Neugeborenen durch den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst und der Einsatz von Familienhebammen und Elternbriefen. Das verbindliche Einladungswesen zu den Vorsorgeuntersuchungen ist auf seine Wirksamkeit hin zu prüfen und ggf.
  4907. zugunsten verbesserter Förderangebote und Hilfen für Familien aufzugeben. Wir wollen außerdem aus Kitas interkulturelle Familienzentren machen, die Beratungsangebote für Eltern
  4908. verzahnen und ihnen in vielfältigen Lebenslagen Unterstützung und Bildung bieten.
  4909. Auch Gesundheitsförderung sowie präventiver und reaktiver
  4910. Kinderschutz müssen als Querschnittsaufgabe und im unmittelbaren Lebensumfeld von Kindern, also in Kitas, Schulen und
  4911. Jugendfreizeiteinrichtungen, verankert werden.
  4912.  
  4913. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4914. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4915.  
  4916. 159
  4917.  
  4918. EINE STADT FÜR ALLE.
  4919.  
  4920. EINE STADT FÜR ALLE.
  4921.  
  4922. Spiel- und Bewegungsräume für Kinder
  4923.  
  4924. Mitsprechen lassen, nicht nur so tun
  4925.  
  4926. Es gilt, in der Stadt- und Verkehrsplanung verstärkt den Schwerpunkt auf sichere Spiel- und Schulwege und die Entwicklung von
  4927. Spiel- und Bewegungsräumen für Kinder und Jugendliche zu legen. Öffentliche Plätze und Freiflächen müssen zu attraktiven
  4928. Kommunikations- und Aufenthaltsorten für Kinder, Erwachsene
  4929. und alte Menschen umgestaltet werden. Damit Freiräume ihren
  4930. Namen verdienen, müssen sie auch barrierefrei sein.
  4931.  
  4932. Partizipation ist ein zentraler Ansatz grüner Jugendpolitik. Wir
  4933. sind der Überzeugung, dass diejenigen, die es angeht, auch
  4934. über ihre eigenen Anliegen mitentscheiden sollen. Deshalb treten wir dafür ein, dass Jugendliche schon ab 16 Jahren an der
  4935. Wahl zum Abgeordnetenhaus teilnehmen können. Das stärkt
  4936. die Demokratie und fördert die politische Bildung. Beteiligung
  4937. beschränkt sich aber nicht darauf, einmal in fünf Jahren zu
  4938. wählen. Kinder und Jugendliche sollten sich auch über Jugendbüros, Jugendparlamente oder Projekte wie die Kiezdetektive
  4939. einbringen können. Genauso wichtig ist es, Mitbestimmung
  4940. und Demokratie in der Schule und in Jugendeinrichtungen zum
  4941. Alltag zu machen.
  4942.  
  4943. 6. Familiengerechtes Berlin
  4944.  
  4945. Unser Ziel ist, dass Berlin zu einer bespielbaren Stadt für alle
  4946. Generationen wird. Wir brauchen ein Netz von Spiel-, Bewegungs-, Erlebnis- und Aufenthaltsbereichen, die fußläufig erreichbar sind. Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und
  4947. Experten für die Schätze ihres Kiezes. Deshalb entscheiden sie
  4948. bei der Gestaltung ihrer Spielräume mit – und zwar am besten
  4949. schon im Planungsstadium. Wir wollen die in Pankow bereits
  4950. erprobte Spielleitplanung auf möglichst viele Bezirke ausweiten. Es geht darum, für ein bestimmtes Gebiet ein Konzept zu
  4951. entwickeln, das auf einer gemeinsamen Leitidee beruht. Alle
  4952. Planungs- und Umsetzungsebenen sollten in diesen Prozess
  4953. einbezogen sein.
  4954.  
  4955. 6.3 Die Jugend von heute
  4956. Es ist wichtig, jungen Menschen ausreichend Gehör zu verschaffen und sie ernsthaft, nicht alibimäßig, an politischen
  4957. Prozessen zu beteiligen. Jugendliche sind in aller Regel in einer besonderen Phase der Persönlichkeitsentwicklung und dafür einerseits auf große Freiräume, andererseits aber auch auf
  4958. bestmögliche Unterstützung angewiesen. Das gilt vor allem in
  4959. Sachen Schulabschluss, Ausbildung und Berufseinstieg.
  4960.  
  4961. 160
  4962.  
  4963. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4964. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4965.  
  4966. Bestimmt selbst! Jugendbudget in jedem Bezirk
  4967. Wir meinen es ernst mit der Mitbestimmung. Wir wollen dafür sorgen, dass jeder Bezirk ein Budget von mehreren tausend
  4968. Euro für jugendpolitische Zwecke erhält, über dessen Verwendung Jugendliche aus dem Bezirk selbst bestimmen. Organisiert
  4969. werden kann die Verteilung etwa über Kinder- und Jugendjurys
  4970. oder andere Formen der Jugendbeteiligung. Auch Stiftungen
  4971. oder andere private Geldgeber können dieses Budget auffüllen.
  4972.  
  4973. 6. Familiengerechtes Berlin
  4974.  
  4975. Bespielbares Berlin
  4976.  
  4977. Wir wollen die Vielfalt der Jugendkulturen fördern, auch weil
  4978. kulturelle Vielfalt der beste Schutz gegen rechtsextreme Einfalt
  4979. ist. Die Eigenständigkeit von Jugendarbeit und Jugendeinrichtungen muss erhalten bleiben. Sie spielen eine wichtige Rolle
  4980. im Bildungssystem als Lernort mit vielen Freiräumen, an dem
  4981. Selbstvertrauen, Selbstorganisation, Teamfähigkeit und andere
  4982. soziale Kompetenzen gestärkt werden. Wir verlangen zugleich
  4983. aber eine gute Kooperation mit Schulen auf Augenhöhe. Wir
  4984. brauchen engagierte Jugendverbände und eine starke Jugendhilfe, die benachteiligte Jugendliche gezielt unterstützen
  4985.  
  4986. Abgeordnetenhauswahl 2011
  4987. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  4988.  
  4989. 161
  4990.  
  4991. können und auch zukünftig vielfältige Angebote machen, vor
  4992. allem im Bereich Qualifizierung und Persönlichkeitsentwicklung. Öffentliche und freie Träger der Jugendhilfe sind so auszustatten, dass sie ihre vielfältigen Aufgaben verantwortlich
  4993. wahrnehmen können. Die Jugendhilfeausgaben sind in Richtung Prävention umzuschichten.
  4994.  
  4995. Ihr seid uns nicht egal
  4996.  
  4997. 6. Familiengerechtes Berlin
  4998.  
  4999. Wir wollen dafür sorgen, dass jede und jeder Jugendliche in
  5000. Berlin einen Schulabschluss schafft und danach ein Ausbildungsplatzangebot bekommt. Durch unser Projekt „Kein Abschluss ohne Anschluss“ wollen wir die Berufsorientierung in
  5001. der Schule stärken, den Übergang in die Ausbildung durch eine
  5002. gute Begleitung verbessern und das Dickicht der ausbildungsoder berufsvorbereitenden Maßnahmen lichten und klarer
  5003. strukturieren. Außerdem setzen wir uns für ausreichende und
  5004. ausfinanzierte Studienplätze ein.
  5005.  
  5006. EINE STADT FÜR ALLE.
  5007.  
  5008. Freiräume schaffen – die Stadt erobern
  5009. Jugendliche sind besonders auf Freiraum jenseits der eigenen
  5010. vier Wände angewiesen. Sie brauchen Raum, um auch außerhalb von Institutionen wie der Schule frei von Leistungsdenken
  5011. und Erfolgsdruck aktiv sein zu können. Aber junge Menschen
  5012. sind im öffentlichen Raum unbeliebt: Sie machen Lärm, sie
  5013. fallen auf. Wir meinen: Junges Leben gehört in die Mitte der
  5014. Gesellschaft, in die Mitte von Kiez und Stadt.
  5015. Leider werden in einer Großstadt wie Berlin Freiflächen immer
  5016. seltener. Schulhöfe sind viel zu oft nachmittags geschlossen,
  5017. Spielplätze oft nur für kleine Kinder. Wir wollen in einer Kampagne dafür werben, dass Jugendliche Bolzplätze und ähnliche
  5018. Freiflächen in der Stadt in einem friedlichen Miteinander mit
  5019. den Nachbarn besser nutzen können.
  5020. Viele Jugendliche kommen aus ihrem Kiez nicht heraus, kennen nur die paar Straßen um sich herum, obwohl sie in einer
  5021. spannenden, großen Metropole mit vielfältigen Menschen,
  5022. Kulturen und Stadtteilen leben, die es zu entdecken gilt.
  5023.  
  5024. 6. Familiengerechtes Berlin
  5025.  
  5026. EINE STADT FÜR ALLE.
  5027.  
  5028. Freiwillige vor
  5029. Junge Menschen wollen sich gesellschaftlich einbringen. Die
  5030. Nachfrage nach Freiwilligendiensten ist in Berlin weit höher als
  5031. das Angebot an Plätzen. Sollte durch die Reform der Wehrpflicht der Zivildienst entfallen, müssen die frei werdenden
  5032. Mittel für den sofortigen Ausbau von Freiwilligendiensten zur
  5033. Verfügung stehen. Wir wollen das freiwillige soziale und das
  5034. freiwillige ökologische Jahr in ihrem Charakter als Bildungs- und
  5035. Lernzeit stärken und die pädagogische Betreuung sicherstellen.
  5036. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, mehr Jugendliche aus
  5037. bildungsferneren Familien für solche Angebote zu begeistern.
  5038. Freiwilligendienste sind klar von arbeitsmarktqualifizierenden
  5039. Maßnahmen und vom klassischen Ehrenamt abzugrenzen.
  5040.  
  5041. 162
  5042.  
  5043. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5044. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5045.  
  5046. Kiezaustausch
  5047. Warum nicht mal Schüleraustausch zwischen Zehlendorf und
  5048. Kreuzberg? Oder eine Chorreise von Marzahn nach Reinickendorf? Wir starten ein Kiezaustauschprogramm, das Innenstadt
  5049. und Vorstadt, Ost und West, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und viele andere mehr zusammenbringt.
  5050. Schulen, Jugendeinrichtungen, soziale Projekte usw. sollen dafür Ideen einreichen, die besten werden finanziell unterstützt.
  5051.  
  5052. 6.4 Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  5053. Eltern müssen sicher sein, dass sie auch nach der Elterngeldzeit
  5054. das Leben mit ihrem Kind und eine Berufstätigkeit miteinander
  5055.  
  5056. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5057. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5058.  
  5059. 163
  5060.  
  5061. verbinden können. Das gilt insbesondere für Alleinerziehende.
  5062. Aber auch jene, die Angehörige pflegen, sind auf Unterstützung angewiesen. Deshalb brauchen wir einerseits eine andere Arbeitskultur in Unternehmen und Organisationen, andererseits ausreichende, verlässliche und qualitativ hochwertige
  5063. Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Die Pflege von pflegebedürftigen Angehörigen wird heute immer noch überwiegend
  5064. durch weibliche Angehörige durchgeführt. Sie sind zumeist
  5065. selbst auch noch berufstätig. Dies stellt eine Doppelbelastung
  5066. dar, die sie oft an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit bringt.
  5067. Damit pflegebedürftige Menschen, wie wir es wollen, in ihrer
  5068. Wohnumgebung verbleiben können und wir gleichzeitig die
  5069. pflegenden Angehörigen entlasten, muss es auch mehr und
  5070. bessere Angebote der Tagespflege für Pflegebedürftige geben.
  5071. Den Ausbau dieser Angebote werden wir aktiv unterstützen.
  5072.  
  5073. Verlass dich drauf
  5074. 6. Familiengerechtes Berlin
  5075.  
  5076. Wir setzen uns für eine bessere Abstimmung von Kita-Öffnungszeiten, ergänzender Kindertagespflege und flexiblen Kinderbetreuungsprojekten in der Stadt ein und unterstützen dort,
  5077. wo es nötig ist, die Einrichtung von Nacht- und Wochenendbetreuung in Kitas, z. B. in Unternehmen mit Schichtbetrieben.
  5078. Unser Kita-Gutschein zum dritten Geburtstag erlaubt Eltern,
  5079. auf unbürokratische Weise sieben Stunden Bildungszeit pro
  5080. Tag für ihre Kinder einzulösen. Die Qualifizierung und Weiterbildung von Tagesmüttern wollen wir verbessern. Außerdem
  5081. setzen wir uns für den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen
  5082. in Berlin ein. Alle Kinder von der 1. bis zur 6. Klasse müssen
  5083. im offenen Ganztag an der Nachmittagsbetreuung teilnehmen.
  5084. Die bestehende Betreuungslücke in der 5. und 6. Klasse wollen
  5085. wir sofort schließen.
  5086. Alleinerziehende haben es schwer auf dem Arbeitsmarkt und
  5087. sind auch im Alltag stärker belastet. Daher brauchen gerade
  5088.  
  5089. 164
  5090.  
  5091. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5092. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5093.  
  5094. EINE STADT FÜR ALLE.
  5095.  
  5096. Einelternfamilien ein gutes Netz aus flexibler Kinderbetreuung
  5097. und auf sie zugeschnittene Angebote und soziale Dienste.
  5098. Berlin ist auch als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort mit
  5099. zunehmendem Fachkräftemangel darauf angewiesen, familienfreundliche Strukturen zu schaffen. Das gilt auch für Unternehmen. Ihr Engagement für Betriebs-Kitas und ähnliche Angebote wollen wir unterstützen. Männer müssen darin bestärkt
  5100. werden, ihre Vaterrolle im Spannungsfeld zwischen Familie und
  5101. Beruf wahrnehmen zu können. Überstunden müssen ein für
  5102. allemal uncool werden.
  5103. Auch wer Angehörige pflegt, leistet wichtige Familienarbeit, die es noch viel stärker wertzuschätzen gilt. Wir wollen
  5104. Pflegenden mehr Unterstützung bei der Organisation der
  5105. Pflege bieten und entsprechende Beratungsangebote, aber
  5106. auch Möglichkeiten für den Austausch Betroffener untereinander fördern. Auch die Arbeitgeber sind in der Pflicht, Pflegenden flexiblere Arbeitszeitmodelle anzubieten und eine andere
  5107. Arbeitskultur voranzutreiben.
  5108.  
  5109. 6. Familiengerechtes Berlin
  5110.  
  5111. EINE STADT FÜR ALLE.
  5112.  
  5113. 6.5 Selbstbestimmt im Alter
  5114. Der Anteil alter Menschen, darunter auch viele mit Migrationshintergrund, wird in den kommenden Jahren in Berlin rasant
  5115. ansteigen. Immer mehr Menschen können bereits heute bis
  5116. ins hohe Alter ihr Leben aktiv und selbstbestimmt führen. Und
  5117. gleichzeitig gibt es Ältere, die den Eindruck haben, dass sie
  5118. nirgends mehr gefragt sind, dass niemand mehr zuhört. Altern
  5119. im 21. Jahrhundert ist vielfältig und verlangt nach differenzierten und flexiblen Antworten. Zentral ist für uns der Wunsch
  5120. nach Selbstbestimmung, dessen Verwirklichung nicht an ein
  5121. bestimmtes Lebensalter, den Gesundheitszustand, den finanziellen oder ethnischen Hintergrund, die sexuelle Identität oder
  5122.  
  5123. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5124. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5125.  
  5126. 165
  5127.  
  5128. eine Behinderung gekoppelt sein darf. Ebenso wenig sollte das
  5129. selbstständige Leben im Alter durch Barrieren im öffentlichen
  5130. Leben eingeschränkt werden.
  5131.  
  5132. Heim oder WG?
  5133.  
  5134. 6. Familiengerechtes Berlin
  5135.  
  5136. Ältere wie pflegebedürftige Menschen wünschen sich andere
  5137. Wohn- und Lebensformen als das klassische Heim. Wir wollen
  5138. Angebote fördern, die dem Bedürfnis nach Individualität,
  5139. Vertrautheit und Häuslichkeit Rechnung tragen. Dazu gehört
  5140. generationenübergreifendes Wohnen genauso wie neue
  5141. Wohn- und Pflegeformen in Haus- oder Siedlungsgemeinschaften. Gerade in einer Stadt wie Berlin bieten sich vielfältige
  5142. Möglichkeiten, „mitten im Leben“ zu bleiben.
  5143. Viele Ältere leben alleine in ihren Wohnungen. Neben pflegerischer Hilfe brauchen sie Ansprache und Kontakt zu anderen.
  5144. Teilhabe bedeutet für diese Menschen, sie nicht zu vergessen.
  5145. Sie brauchen ein gutes Hilfenetz aus professioneller und ehrenamtlicher Betreuung in ihrem Wohnumfeld. Deshalb müssen
  5146. Nachbarschaftshilfe und bürgerschaftliches Engagement gestärkt bzw. neu aufgebaut werden. Dazu gehören beispielsweise
  5147. Stadtteilprojekte wie Mehrgenerationenhäuser, in denen es
  5148. um Begegnung und Bildungsangebote für alle Generationen
  5149. geht, aber auch ehrenamtliche Mobilitätshilfedienste, die Begleithilfen für hochbetagte oder behinderte Menschen leisten.
  5150. Für die Koordination und Bereitstellung dieser Strukturen ist die
  5151. Altenhilfeplanung der Bezirke verantwortlich, die dafür mehr
  5152. Personal braucht.
  5153.  
  5154. Treffpunkt Mittagessen
  5155. Wir wollen keine „Sonderwelten“ für alte Menschen, in
  5156. denen sie vereinsamen. Die wohnortnahe Infrastruktur soll
  5157. für verschiedene Zielgruppen nutzbar sein. Das bedeutet zum
  5158. Beispiel, ein Mittagessensangebot in der Schule nebenan
  5159.  
  5160. 166
  5161.  
  5162. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5163. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5164.  
  5165. EINE STADT FÜR ALLE.
  5166.  
  5167. für alte Menschen zu öffnen, statt sie mit einem fahrbaren
  5168. Mittagstisch zu versorgen. Wir wollen generationsübergreifende Treffs in Nachbarschaftszentren schaffen und stärker
  5169. auf Betreuungsformen setzen, die familiäre, nachbarschaftliche, ehrenamtliche Hilfen einbeziehen.
  5170.  
  5171. Der eigene Wille zählt
  5172. Wir wollen die Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen
  5173. stärken. Dafür müssen Senat und Bezirke gemeinsam dafür
  5174. Sorge tragen, dass die Hilfe bei den betroffenen Menschen
  5175. ankommt und nicht in den Taschen von unlauteren Anbietern
  5176. landet. Das hilft den Menschen, die Pflege brauchen und den
  5177. vielen PflegerInnen und Pflegeunternehmen, die engagiert und
  5178. ehrlich arbeiten. Alle Leistungen müssen mit Qualitätsstandards
  5179. verbunden werden, auch für die Pflegewohngemeinschaften.
  5180. Ein weiteres wichtiges Ziel ist, Transparenz in Heimangelegenheiten zu bringen. Darüber hinaus wollen wir, dass bürgerschaftliche Projekte mit Angehörigen das „wahre“ Leben in die
  5181. Versorgungseinrichtungen tragen und mit ihrer Anwesenheit
  5182. gleichzeitig Garanten einer guten Versorgung werden. Angesichts der steigenden Anzahl pflegebedürftiger Menschen mit
  5183. Migrationshintergrund sind kultursensible Pflegekonzepte nötig.
  5184. Die meisten Menschen sterben in Institutionen wie Pflegeheimen und Krankenhäusern, obwohl der Großteil es vorziehen
  5185. würde, im Kreis von vertrauten Personen die letzte Lebenszeit
  5186. zu verbringen. Wir wollen ein menschenwürdiges Lebensende
  5187. und Sterben Schwerstkranker sicherstellen und unterstützen
  5188. den Ausbau wohnortnaher Hospizeinrichtungen.
  5189.  
  5190. 6. Familiengerechtes Berlin
  5191.  
  5192. EINE STADT FÜR ALLE.
  5193.  
  5194. Barrieren abbauen
  5195. In einer generationengerechten Gesellschaft dürfen ältere
  5196. Menschen nicht durch fehlendes Personal oder andere
  5197.  
  5198. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5199. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5200.  
  5201. 167
  5202.  
  5203. 6. Familiengerechtes Berlin
  5204.  
  5205. Zugangshürden von Mobilität ausgeschlossen werden.
  5206. Ältere sind in besonderer Weise auf einen gut ausgebauten und
  5207. tatsächlich barrierefreien öffentlichen Nahverkehr angewiesen.
  5208. Ein frommer Wunsch: Zurzeit sind nicht einmal die Hälfte der
  5209. U- und S-Bahnhöfe barrierefrei. Wir brauchen schnellstmöglich
  5210. einen verbindlichen Zeitplan für den Umbau der noch fehlenden Haltestellen – im Interesse von Älteren, von Menschen mit
  5211. Behinderungen und von Eltern, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind. Für sie alle ist es auch ein großes Ärgernis, dass
  5212. viele Straßen im Stadtgebiet nicht in einer Ampelphase überquert werden können. Hier wollen wir für mehr fußgängerfreundliche Ampelschaltungen sorgen.
  5213. Barrieren im Alltag entstehen außerdem durch die mangelnde
  5214. Altenfreundlichkeit vieler Produkte. Das fängt bei kaum lesbaren Beipackzetteln an und hört bei der schwierigen Bedienbarkeit vieler Geräte noch lange nicht auf. Eine aktive Verbraucherschutzpolitik muss die berechtigten Interessen der Älteren
  5215. klarer zur Geltung bringen. Wenn gesellschaftliche Teilhabe immer mehr über neue Medien gewährleistet wird, dann müssen
  5216. wir auch die Medienkompetenz von Älteren stärken. Wir setzen
  5217. uns außerdem dafür ein, dass ältere Menschen eine gut erreichbare Gesundheitsinfrastruktur in ihrer Nähe vorfinden.
  5218.  
  5219. Wer in Berlin grün wählt ...
  5220.  
  5221. 168
  5222.  
  5223. stimmt für einen besseren Zusammenhalt der
  5224. Generationen in Berlin.
  5225. kämpft mit uns gegen Kinderarmut.
  5226. nimmt Jugendliche ernst und beteiligt sie.
  5227. stimmt für eine bessere Vereinbarung von Familie und
  5228. Beruf.
  5229. stimmt für bessere Teilhabe älterer Menschen.
  5230.  
  5231. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5232. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5233.  
  5234. EINE STADT FÜR ALLE.
  5235.  
  5236. „Glaube nicht, es muss so sein,
  5237. weil es nie anders war.“
  5238. (Hedwig Dohm)
  5239.  
  5240. 7. Demokratisches Berlin
  5241. Mit der Stadt regieren: eine neue
  5242. politische Kultur für die Stadt
  5243. „Eine Stadt für alle“ braucht dringend ein demokratisches
  5244. Berlin mit einer neuen politischen Kultur für unsere Stadt. Wir
  5245. wollen die Stadt mit ihren Bürgerinnen und Bürgern regieren
  5246. – und nicht gegen sie oder an ihnen vorbei. Das entspricht
  5247. unserer langen demokratischen Tradition. Wir wollen deshalb
  5248. unsere Politik im Dialog entwickeln, Beteiligung ermöglichen,
  5249. Maßstäbe offenlegen und Transparenz schaffen. „Eine Stadt
  5250. für alle“ braucht eine bürgernahe Verwaltung, die die Menschen unterstützt, anstatt sie zu gängeln. Wir wollen die
  5251. Bezirke stärken, denn vor Ort lassen sich die Probleme oftmals
  5252. am besten lösen. Wir wollen die BürgerInnenrechte und die Privatsphäre besser schützen, als dies bislang der Fall ist. Und zu
  5253. einer demokratischen Kultur für Berlin gehört eine vielfältige
  5254. Medienlandschaft. Dabei gilt unser besonderes Augenmerk
  5255. den neuen Medien, die zu einem immer wichtigeren Teil
  5256. unserer Kommunikation werden.
  5257. In der ganzen Republik geben sich Bürgerinnen und Bürger
  5258. nicht mehr einfach zufrieden mit Entscheidungen von Politik
  5259. und Verwaltung: Sie wollen an diesen Entscheidungen früher
  5260. und effizienter beteiligt werden. Auch wir Berlinerinnen und
  5261.  
  5262. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5263. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5264.  
  5265. 7. Demokratisches Berlin
  5266.  
  5267. EINE STADT FÜR ALLE.
  5268.  
  5269. 169
  5270.  
  5271. 7. Demokratisches Berlin
  5272.  
  5273. Berliner kritisieren, protestieren, verlangen Informationen und
  5274. Erklärungen, machen uns ein eigenes Bild, gründen Bürgerinitiativen, unterbreiten Vorschläge und sammeln gegebenenfalls
  5275. Unterschriften, um über unsere Forderungen abstimmen zu
  5276. lassen.
  5277. Der SPD-geführte Senat scheint diese Stimmen vor allem als
  5278. lästiges Rauschen im Betrieb wahrzunehmen, das es so lange
  5279. wie möglich zu ignorieren gilt. Beim Tempelhof-Volksbegehren
  5280. machte der Regierende Bürgermeister bereits vor der Abstimmung deutlich, dass das Ergebnis für ihn nichts ändert. Wir
  5281. sehen Einmischung als Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft. Nicht alle Anliegen der Volksentscheid-Initiativen teilen
  5282. wir, aber gerade dann gilt es, ernsthaft zu diskutieren, statt Kritik als Majestätsbeleidigung zu behandeln. Eine Stadt für alle ist
  5283. nicht eine Stadt für einen.
  5284. Wir meinen, es ist Zeit für mehr Demokratie, Kommunikation
  5285. und Transparenz in Berlin. Die Arbeitsteilung zwischen „die da
  5286. oben machen sowieso, was sie wollen“ und „das Volk murrt“
  5287. bringt Berlin nicht weiter. Im Gegenteil: Wahlerfolge extrem
  5288. rechter Parteien und eine unbefriedigend niedrige Wahlbeteiligung von zuletzt nur 58 Prozent sind ernst zu nehmende Anzeichen einer tiefen Vertrauenskrise der Bürgerinnen und Bürger in die politische Führung unserer Stadt. Wir wollen einen
  5289. anderen Politikstil, eine neue politische Kultur in Berlin, die alle
  5290. einbezieht, Informationen teilt, Entscheidungen transparent
  5291. macht, Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden lässt.
  5292. Wir machen uns und Ihnen nichts vor: Auch Grüne in Regierungsverantwortung werden angesichts der Haushaltslage
  5293. harte und schmerzhafte Entscheidungen fällen müssen und
  5294. können nicht alle Wünsche erfüllen. Gerade deshalb müssen
  5295. und wollen wir unsere Politik erklären, Einwände und Alternativen ernsthaft prüfen und uns gegebenenfalls Volksentscheiden
  5296. stellen. Die Herausforderungen, vor denen Berlin steht, sind
  5297.  
  5298. 170
  5299.  
  5300. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5301. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5302.  
  5303. EINE STADT FÜR ALLE.
  5304.  
  5305. enorm. Aber die Potentiale der Berlinerinnen und Berliner sind
  5306. es auch. Darum gilt es, gemeinsam Ideen und Problemlösungen zu entwickeln. Wir sind überzeugt, dass Berlin sich nur mit
  5307. den Berlinerinnen und Berlinern regieren lässt und nicht über
  5308. sie hinweg.
  5309.  
  5310. 7.1 Demokratie neu und anders wagen
  5311. Beteiligung und Transparenz sollen Markenzeichen einer neuen politischen Kultur werden. Dabei geht es sowohl um einen
  5312. neuen Politikstil als auch um konkrete Maßnahmen. Wir wollen das Wahlrecht erweitern und die Bedingungen für direkte
  5313. Demokratie ebenso verbessern wie die Informationsmöglichkeiten. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen auch jenseits
  5314. von Wahlen Möglichkeiten, aktiv und gestaltend in politische
  5315. Prozesse einzugreifen. „Ja“ oder „nein“ zu sagen, genügt den
  5316. meisten Menschen schon lange nicht mehr. Entscheidungen
  5317. und Verfahren müssen transparent sein. Mit Transparenz kann
  5318. auch Korruption verhindert werden.
  5319.  
  5320. 7. Demokratisches Berlin
  5321.  
  5322. EINE STADT FÜR ALLE.
  5323.  
  5324. Wahlrecht erweitern
  5325. Wie wollen, dass sich mehr BerlinerInnen und Berlin an Wahlen
  5326. und Abstimmungen beteiligen können. Wer 16 ist, soll nicht
  5327. nur in den Bezirken an Wahlen teilnehmen können, sondern
  5328. auch auf Landesebene. Auch beim kommunalen Ausländerwahlrecht wollen wir einen neuen Vorstoß wagen. Es kann
  5329. kein Dauerzustand sein, dass Deutsche und andere EU-Bürger
  5330. wählen dürfen, anderen BerlinerInnen und Berliner aber ausgeschlossen bleiben. Wir setzen uns für entsprechende Verfassungsänderungen ein. Wir wollen die 5-Prozent-Hürde überprüfen, damit die Stimmen von mehr Bürgerinnen und Bürgern
  5331. wirksam werden.
  5332.  
  5333. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5334. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5335.  
  5336. 171
  5337.  
  5338. Demokratie direkt und fair
  5339.  
  5340. 7. Demokratisches Berlin
  5341.  
  5342. Die direktdemokratischen Instrumente auf Bezirksebene (Bürgerbegehren und Bürgerentscheid) und auf Landesebene
  5343. (Volksbegehren und Volksentscheid) werden von den Berlinerinnen und Berlinern rege genutzt. Mit dem Wasser-Volksentscheid war erst ein Volksentscheid erfolgreich, aber alle haben
  5344. viel erreicht.
  5345. In einer neuen politischen Kultur ergänzen sich parlamentarische Demokratie und direkte demokratische Beteiligung der
  5346. Bürgerinnen und Bürger. Abgeordnetenhaus und Senat müssen
  5347. sich frühzeitig und ernsthaft mit den Bürgerinitiativen auseinandersetzen. Jeder Anschein von Trickserei muss vermieden
  5348. werden. Faire Bedingungen dürfen nicht im Ermessen des Senats liegen, sondern müssen klar gesetzlich geregelt werden.
  5349. Dazu gehört, dass der Termin der Abstimmung mit Wahlen zusammengelegt wird, wenn die Trägerin oder der Träger eines
  5350. Volksbegehrens das will.
  5351. Die Bürgerentscheide auf Bezirksebene müssen endlich verbindlich werden. Bisher sind sie praktisch nur als „Ersuchen“
  5352. und „Empfehlung“ möglich. Das wird der lokalen Demokratie
  5353. nicht gerecht. Die Partei „Die Linke“ und die SPD beschränkten
  5354. sich darauf, die Unverbindlichkeit der Bürgerentscheide zu betonen. Für Grüne kommt es darauf an, dies zu ändern.
  5355.  
  5356. Zugang zu Informationen verbessern
  5357. Wer sich einmischen will, braucht Informationen. Wir wollen
  5358. das von Grünen erstrittene Informationsfreiheitsgesetz weiterentwickeln. Die Berlinerinnen und Berliner sollen nicht nur ihr
  5359. gutes Recht auf Akteneinsicht leichter wahrnehmen können.
  5360. Die Verwaltung soll von sich aus alle relevanten Informationen nutzungsfreundlich und bereinigt von Daten zu Privatpersonen ins Netz stellen. „Eine Stadt für alle“ bedeutet auch,
  5361. dass alle Zugang zu Daten der öffentlichen Verwaltung haben.
  5362.  
  5363. 172
  5364.  
  5365. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5366. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5367.  
  5368. EINE STADT FÜR ALLE.
  5369.  
  5370. Geheimverträge der öffentlichen Hand darf es nicht mehr
  5371. geben. Nicht nur die Wasserverträge, sondern auch z.B.
  5372. Verträge zum Verkauf großer Bestände öffentlicher Wohnungen gehören veröffentlicht. Die Verwaltung soll auch regelmäßig über den Stand der Verwirklichung geplanter Projekte
  5373. Auskunft geben – nicht nur auf Anfrage gegenüber dem Parlament, sondern allen.
  5374.  
  5375. Transparente Politik braucht transparente Abgeordnete
  5376. Wir wollen das Abgeordnetengesetz ändern und mehr Transparenz schaffen: Künftig soll veröffentlicht werden, in welcher
  5377. Größenordnung Abgeordnete welche Einkünfte neben ihren
  5378. Diäten beziehen. Mögliche Interessenkonflikte und Verflechtungen müssen deutlich werden. Wer solche Einkünfte nicht
  5379. anzeigt, soll mit Sanktionen rechnen müssen. Die Verhaltensregeln im Berliner Abgeordnetenhaus müssen mindestens ebenso
  5380. streng sein wie im Bundestag. Mögliche Interessenverflechtungen müssen offengelegt werden.
  5381.  
  5382. Konsequent gegen Filz und Korruption
  5383.  
  5384. 7. Demokratisches Berlin
  5385.  
  5386. EINE STADT FÜR ALLE.
  5387.  
  5388. Wir wollen, dass die einstige Hauptstadt der Korruption zur
  5389. Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung wird. Auch nach
  5390. dem Berliner Bankenskandal bleibt hier viel zu tun, um z.B.
  5391. Filz bei der Vergabe öffentlicher Mittel und Aufträge entgegenzuwirken. Die Aufdeckung der dubiosen Machenschaften
  5392. des ehemaligen SPD-Abgeordneten Hillenberg müssen endlich
  5393. auch in den Zentralen der anderen Parteien das Bewusstsein
  5394. dafür schärfen, dass Berlin im Wettbewerb mit anderen Metropolen insgesamt nur verlieren kann, wenn jedem Spatenstich in
  5395. Berlin der Verdacht der Korruption anhaftet. Vergabe nach dem
  5396. Motto „Man kennt sich eben“ muss ein für alle Mal aufhören.
  5397. Wir brauchen klare Vergaberegeln, ohne großzügige Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht, zumal für Genossen und
  5398.  
  5399. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5400. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5401.  
  5402. 173
  5403.  
  5404. Parteifreunde. Das Personal, das in der Verwaltung für die
  5405. Vergabe zuständig ist, muss regelmäßig rotieren. Über alle
  5406. Zuwendungen und erbrachten Leistungen muss öffentlich Rechenschaft abgelegt werden. Die Kontrolle darf nicht Personen
  5407. oder Trägern überlassen werden, die selbst in die Geschäfte
  5408. verwickelt sind. Vier-Augen-Prinzip, Ombudsleute, Korruptionsbeauftragte und die Möglichkeit anonymer Hinweise auf
  5409. Korruption müssen selbstverständlicher Teil der Praxis werden. Die Intensität der Prüfungen des Rechnungshofes wollen
  5410. wir verstärken, gerade bei den landeseigenen Unternehmen.
  5411. Bei Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, muss die
  5412. Vergütung von Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat
  5413. vollständig transparent gemacht werden. Außerdem sollen alle
  5414. Senatsverwaltungen nach einheitlichen strengen Regeln öffentlich berichten, von wem sie in welchem Umfang und zu
  5415. welchem Zweck Sponsoring erhalten haben. Auch Beratungsleistungen, die in Gesetzesvorlagen des Senates eingeflossen
  5416. sind, müssen transparent gemacht werden.
  5417. 7. Demokratisches Berlin
  5418.  
  5419. Berlin – kein Ort für Nazis!
  5420. Demokratiefeindliche Entwicklungen haben in einem vielfältigen, demokratischen und bunten Berlin keinen Platz.
  5421. Rassismus, Antisemitismus, Islamhass und andere Formen
  5422. gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit stellen nicht allein
  5423. ein Problem extremistischer Randgruppen dar, sondern kommen in der Mitte der Gesellschaft vor. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, ist eine demokratische und aktive Zivilgesellschaft unerlässlich.
  5424. Im Kampf gegen Rechts leisten viele Akteure, insbesondere die
  5425. Opferberatungen und mobilen Beratungsstellen, vor Ort bedeutende Arbeit. Diese unabhängigen zivilgesellschaftlichen
  5426. Projekte und Initiativen sind unersetzlich. Daher setzen Bündnis
  5427.  
  5428. 174
  5429.  
  5430. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5431. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5432.  
  5433. EINE STADT FÜR ALLE.
  5434.  
  5435. 90/Die Grünen Berlin auf eine Stärkung dieser zivilgesellschaftlichen Akteure.
  5436. Aber auch staatliche Strukturen müssen ihren Teil im Kampf
  5437. gegen Demokratiefeindlichkeit beitragen. Bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der Berliner Landeskonzeption gegen Rechtsextremismus müssen alle Senatsverwaltungen und
  5438. Dienststellen mit einbezogen werden.
  5439. Im Kampf gegen Rechtsextremismus müssen Prävention und
  5440. Aufklärung im Vordergrund stehen.
  5441. Die rechtsextreme Szene ist einem ständigen Wandel
  5442. unterzogen und entwickelt stets neue Strategien, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten.
  5443. Rechtsradikale versuchen, insbesondere Kinder und Jugendliche für sich zu gewinnen. An Berliner Schulen finden rechtsextreme Kinderturnveranstaltungen statt oder es werden CDs und
  5444. Zeitungen mit neonazistischem Gedankengut verteilt. Mit neuen
  5445. Symbolen und Erscheinungsformen wie der „Anti-Antifa“, den
  5446. „Rechtsextremen Autonomen“ oder scheinbar harmlosen Kleidercodes sollen insbesondere Jugendliche für die gewaltbereite
  5447. rechte Szene gewonnen werden. Berliner Schulen und andere
  5448. Bildungseinrichtungen, Vereine etc. müssen über diese Entwicklung aufgeklärt werden und auf neue Strategien der Neonazis vorbereitet werden, um den neuen Nazis entschlossen
  5449. und gezielt entgegenwirken zu können.
  5450.  
  5451. 7. Demokratisches Berlin
  5452.  
  5453. EINE STADT FÜR ALLE.
  5454.  
  5455. 7.2 Bezirke stärken
  5456. „Eine Stadt für alle“ braucht starke Bezirke. Viele Berlinerinnen
  5457. und Berliner identifizieren sich in erster Linie mit dem Kiez, in
  5458. dem sie leben. Wir wollen deshalb die demokratische Selbstverwaltung der Bezirke stärken, denn hier werden die örtlichen
  5459.  
  5460. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5461. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5462.  
  5463. 175
  5464.  
  5465. 7. Demokratisches Berlin
  5466.  
  5467. Belange des Gemeinwohls beraten und entschieden. Rot-Rot
  5468. hat trotz anderslautender Wahlversprechen eine entsprechende Bezirksreform und gemeinsam mit der CDU durch eine Verfassungsänderung das politische Bezirksamt verhindert.
  5469. Die Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlungen (BVV)
  5470. stellen meist nur Empfehlungen und Ersuchen dar. Wir wollen
  5471. ein verbindliches Entscheidungsrecht der BVV für alle Bezirksaufgaben. Das schafft auch mehr Planungssicherheit.
  5472. Wir wollen den „Rat der Bürgermeister (RdB)“ zu einem „Rat
  5473. der Bezirksämter“ mit echter Relevanz und wirksamen Mitgestaltungsmöglichkeiten machen.
  5474. Mit den Bezirksverwaltungen kommen alle in Kontakt. Sei es
  5475. bei der An- und Ummeldung, der Beantragung eines Hort-Platzes
  5476. oder bei der Diskussion über das Bauprojekt um die Ecke. Wenn
  5477. die Bezirke nicht funktionieren, spüren wir alle das unmittelbar. Etwa durch endloses Warten auf den Bürgerämtern oder
  5478. monatelanges Warten bei der Bewilligung von Wohngeld. Wir
  5479. alle merken, wenn nicht genügend Geld für Jugendförderung,
  5480. Sozialarbeit oder die Pflege von Grünanlagen vorhanden ist.
  5481. Ein starkes Berlin braucht aber auch steuernde Senatsverwaltungen und serviceorientierte Landesämter. Um dieses Zusammenspiel gut zu gestalten, bedarf es klarerer Aufgaben- und
  5482. Verantwortungsabgrenzungen als bisher.
  5483.  
  5484. SOS für die Bezirksfinanzen - Gelder gerechter verteilen
  5485. In Berlin wurde jahrelang vor allem bei den Bezirken gespart
  5486. und Personalabbau betrieben. Für die Bezirke ist es immer
  5487. schwieriger geworden, gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben
  5488. überhaupt noch erfüllen zu können. Ein eigener Gestaltungsspielraum für bezirkliche Schwerpunktsetzungen ist kaum mehr
  5489. gegeben. Anders als Kommunen sind die Bezirke von den Mittelzuweisungen des Senates abhängig. Hier zu sparen, war einfach, aber vielfach kurzsichtig. Wir wollen, dass die Zahl von
  5490.  
  5491. 176
  5492.  
  5493. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5494. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5495.  
  5496. EINE STADT FÜR ALLE.
  5497.  
  5498. 24.000 MitarbeiterInnen in den zwölf Bezirken nicht weiter
  5499. reduziert wird.
  5500. Die Produktbudgetierung auf der Grundlage der Kosten- und
  5501. Leistungsrechnung, also die Art und Weise, wie das Geld den
  5502. Bezirken vom Abgeordnetenhaus zugewiesen und zwischen
  5503. den Bezirken verteilt wird, hat sich grundsätzlich bewährt. Sie
  5504. führt jedoch durch die bezirkliche Konkurrenz in eine Abwärtsspirale. Wo die Mittel nicht reichen, zementieren die Zuweisungen Ungerechtigkeiten. Die Bezirke sind aber verschieden
  5505. und sehen sich ganz unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber – ob es soziale Problemlagen sind oder alte bezirkliche
  5506. Gebäude, die teuer im Unterhalt sind. Wo Hilfe nötig ist, muss
  5507. sie gewährt werden und darf nicht nur quantitativ in Leistung
  5508. und Kosten gemessen werden. Eine solche Politik ignoriert
  5509. zudem die oft viel höheren Folgekosten. Wir wollen das System
  5510. transparenter und gerechter machen.
  5511. Den Bezirken sind in den letzten Jahren vielfach Aufgaben
  5512. zugewiesen worden, ohne für eine entsprechende Finanzierung
  5513. zu sorgen. Damit wollen wir Schluss machen. Neue Aufgaben an
  5514. die Bezirke wird es unter grüner Beteiligung nur zusammen mit
  5515. der erforderlichen finanziellen Ausstattung geben. Für bezirkliche
  5516. Aufgaben sollen durch das Abgeordnetenhaus in Abstimmung
  5517. mit den Bezirken qualitative und quantitative Standards plus
  5518. einem Gestaltungsspielraum erstellt werden als Grundlage für
  5519. die Zuweisung der bezirklichen Globalsummen. Strukturell eingesparte Mittel werden wir den Bezirken zum Teil belassen für
  5520. die dringend notwendige Sanierung von Schulen, für funktionsfähige Musikschulen, Volkshochschulen und Bibliotheken, für
  5521. Jugendeinrichtungen, den öffentlichen Gesundheitsdienst, für
  5522. Grünflächen und serviceorientierte Bürgerdienste. Nur handlungsfähige Bezirke, die Schwerpunkte setzen können, sind
  5523. dazu in der Lage, einen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu führen und wirkliche Beteiligung umzusetzen.
  5524.  
  5525. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5526. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5527.  
  5528. 7. Demokratisches Berlin
  5529.  
  5530. EINE STADT FÜR ALLE.
  5531.  
  5532. 177
  5533.  
  5534. Personal für die Bezirke
  5535.  
  5536. 7. Demokratisches Berlin
  5537.  
  5538. Viel Kompetenz, Erfahrung und Wissen gehen in den nächsten
  5539. Jahren in den Ruhestand. Wir brauchen dringend junge Leute in
  5540. den Bezirksverwaltungen, um einen Wissens- und Erfahrungstransfer jetzt zu gestalten. Gleichzeitig sind im zentralen Stellenpool des Landes viele gesuchte berufliche Qualifikationen
  5541. längst nicht mehr zu finden. Den zentralen Stellenpool wollen
  5542. wir in einem schrittweisen Verfahren zu einer echten Personalvermittlungsagentur umbauen, die auch als Dienstleister für
  5543. die einzelnen Verwaltungen tätig wird. Im Rahmen eines nachhaltigen Personalbedarfskonzeptes sollen die Bezirke selbst für
  5544. leistungsstarke und bürgerorientierte Bezirksämter sorgen. Der
  5545. Abbau von präventiven und beratenden Angeboten der Bezirke
  5546. hat in den letzten Jahren in vielen Fällen nicht zu Kosteneinsparungen, sondern nur zu Kostenverlagerungen geführt. Hinzu
  5547. kommt, dass viele Ämter heute die Leistungen, die etwa freie
  5548. Träger erbringen, nicht kontrollieren. Hier müssen die Bezirke
  5549. Steuerungsfähigkeit zurückgewinnen. Starke Bezirke müssen
  5550. nicht alle Leistungen selber erbringen, aber sie müssen unbedingt die Fähigkeit behalten, die Erbringung der Leistungen zu
  5551. kontrollieren. Das verhindert Verschwendung und Korruption.
  5552.  
  5553. Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in den Bezirken
  5554. Wer sich heute für seinen Bezirk engagieren will, stößt schnell
  5555. an Grenzen. Unklare und intransparente Zuständigkeiten der
  5556. Verwaltung und der Verweis auf knappe Ressourcen lassen Initiativen häufig ins Leere laufen. Die Bezirksämter sind mit ihren
  5557. Leistungen oft die erste Anlaufstelle für alle Berlinerinnen und
  5558. Berliner. Sie sollen effizient und bürgernah organisiert sein. Bürgernähe bedeutet heute eine zielgerichtete, transparente Informationspolitik und eine aktive Beteiligung an den wichtigen
  5559. Vorhaben im Bezirk. Wir werden die Grundlagen für neue und
  5560. moderne Beteiligungsverfahren befördern und unterstützen.
  5561.  
  5562. 178
  5563.  
  5564. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5565. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5566.  
  5567. EINE STADT FÜR ALLE.
  5568.  
  5569. Bürgerbeteiligungshaushalte sind ein gutes Instrument, damit Bürgerinnen und Bürger die Prioritäten gerade auch für
  5570. begrenzte Bezirksfinanzen mit setzen können. Sobald eine
  5571. Bezirksverordnetenversammlung oder ein Bürgerentscheid dies
  5572. wünscht, werden wir den Prozess aus Senat und Abgeordnetenhaus heraus politisch, finanziell und organisatorisch aktiv
  5573. unterstützen und unsere guten Erfahrungen aus den Bezirken
  5574. mit einbringen.
  5575.  
  5576. Information über Beteiligungsmöglichkeiten verbessern
  5577. Viele Berlinerinnen und Berliner können und wollen sich
  5578. engagieren, einmischen, mitentscheiden. Sie wollen Verantwortung übernehmen, in ihrer Stadt oder in ihrer Nachbarschaft mitgestalten. Doch viele wissen nicht, welche Möglichkeiten es gibt, z.B. auf Bauvorhaben oder Gesetzgebung
  5579. Einfluss zu nehmen, direktdemokratische Instrumente zu nutzen, Petitionen zu unterstützen, Beschwerden einzureichen, an
  5580. Stadtteiltreffen teilzunehmen oder sie zu initiieren, Fragestunden für Einwohnerinnen und Einwohner zu nutzen oder sich an
  5581. lokalen Bürgerinitiativen zu beteiligen. Wir wollen, dass solche
  5582. Informationen gebündelt und nutzungsfreundlich aufbereitet werden. Sowohl im Internet als auch schriftlich soll über
  5583. alle Beteiligungs-, Mitbestimmungs- und Entscheidungsmöglichkeiten auf Landes-, Bezirks- und Stadtteilebene informiert
  5584. werden. Dabei soll auch die Vielfalt der Berlinerinnen und Berliner
  5585. berücksichtigt werden, z.B. durch altersgerechte und mehrsprachige Publikationen.
  5586.  
  5587. 7. Demokratisches Berlin
  5588.  
  5589. EINE STADT FÜR ALLE.
  5590.  
  5591. 7.3 Bürgerfreundliche und zukunftsfähige Verwaltung
  5592. Verwaltungsreform – ein langweiliges Thema? Nicht für die
  5593. Berlinerinnen und Berliner, wenn sie mit einem Anliegen
  5594.  
  5595. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5596. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5597.  
  5598. 179
  5599.  
  5600. Kontakt zu Behörden haben. Zu Recht erwarten sie einen kompetenten, effektiven, bürgerfreundlichen und transparenten
  5601. öffentlichen Dienst. Berlins Verwaltung hat dieses Image noch
  5602. nicht. Dabei sind einzelne Projekte wie die Servicenummer 115,
  5603. die elektronische Terminvergabe oder das Pankower SmileySystem für Gaststättenhygiene durchaus innovativ. Doch die
  5604. Verwaltungsmodernisierung blieb Stückwerk. Eine tragfähige
  5605. Verbindung zwischen EinwohnerInnenbeteiligung, moderner
  5606. Verwaltung und E-Government scheitert zu oft an den RessortEgoismen und an mangelnder politischer Führung. Das wollen
  5607. wir ändern.
  5608.  
  5609. Konzentrierte Aufgabenerledigung
  5610.  
  5611. 7. Demokratisches Berlin
  5612.  
  5613. Zur Neuaufstellung der Berliner Verwaltung brauchen wir dringend eine erneute Aufgabenkritik: Was soll und kann die Verwaltung künftig leisten? Welche Aufgaben können zugunsten
  5614. welcher neuen Aufgaben wegfallen? Welche Effizienzgewinne
  5615. sind durch neue Technik erwartbar? Diese Fragen sind zu klären, wenn Personal zielgenau eingestellt werden soll.
  5616. Sparen wollen wir vor allem bei der „Verwaltung der Verwaltung“. Die Personal- und Gebäudeverwaltung und die Bereitstellung von Informationstechnik können effizienter werden.
  5617. Vergleichbare Vorgänge in unterschiedlichen Bezirken und auf
  5618. Landesebene müssen angeglichen werden. Für wesentliche Verwaltungsprozesse wird eine einheitliche IT-Anwendung genutzt.
  5619.  
  5620. Serviceversprechen der Berliner Verwaltung
  5621. Wir wollen schrittweise für alle Verwaltungsteile mit Bürgerkontakten auf Landes- und Bezirksebene erreichen, dass sie bei
  5622. Antragstellung mitteilen, wie lange eine Entscheidung dauert,
  5623. nachdem alle notwendigen Unterlagen abgegeben sind. In
  5624. Pilotbereichen soll unter Beachtung aller datenschutzrechtlichen
  5625.  
  5626. 180
  5627.  
  5628. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5629. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5630.  
  5631. EINE STADT FÜR ALLE.
  5632.  
  5633. Bedingungen erprobt werden, den Bearbeitungsstand des jeweiligen Antrags im Internet für die Berechtigten einsehbar zu
  5634. machen.
  5635.  
  5636. Neue Angestellte braucht das Land
  5637. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Verwaltung
  5638. haben durch Stellenabbau, Arbeitsverdichtung und Gehaltseinbußen wesentlich zur Haushaltskonsolidierung beigetragen.
  5639. Dafür gebührt ihnen Anerkennung, die ihnen vom rot-roten Senat häufig verweigert wurde. Nun steht der öffentliche Dienst
  5640. in Berlin erneut vor großen Herausforderungen. Bis 2020 geht
  5641. ein Drittel des heutigen Personals in den Ruhestand. Schon im
  5642. Laufe der nächsten Legislaturperiode wird der Personalabbau
  5643. abgeschlossen sein.
  5644. Wir müssen jetzt anfangen, dafür zu sorgen, dass die dann
  5645. frei werdenden Stellen auch wieder besetzt werden können
  5646. und der Personalaufbau beginnt. In Tätigkeitsbereichen, deren
  5647. Funktionsfähigkeit infolge der Personalfluktuation gefährdet
  5648. ist, müssen schon jetzt gezielt Einstellungskorridore eröffnet
  5649. werden. Es ist höchste Zeit, durch ein modernes Personalmanagement auf den demografischen Wandel in der Verwaltung
  5650. zu reagieren. Die Gewinnung, Führung und Entwicklung des
  5651. Personals werden dabei eine Schlüsselrolle spielen. Denn Berlin
  5652. konkurriert mit dem Bund und anderen Bundesländern um die
  5653. besten Köpfe.
  5654. Wir wollen dafür sorgen, dass die Besoldung der Berliner
  5655. Beamtinnen und Beamten bis 2017 der durchschnittlichen
  5656. Besoldung in den Bundesländern entspricht. Den Anteil von
  5657. Migrantinnen und Migranten im öffentlichen Dienst und von
  5658. Frauen in Führungspositionen der Verwaltung werden wir
  5659. gezielt erhöhen. Des Weiteren sollen SchülerInnen und StudentInnen unabhängig von ihrer finanziellen Situation die Möglichkeit
  5660. haben, Praktika in der Verwaltung und den öffentlichen
  5661.  
  5662. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5663. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5664.  
  5665. 7. Demokratisches Berlin
  5666.  
  5667. EINE STADT FÜR ALLE.
  5668.  
  5669. 181
  5670.  
  5671. Einrichtungen der Stadt Berlin abzulegen. Daher sollen mehrmonatige Praktika mit einer angemessenen Aufwandsentschädigung vergütet werden.
  5672. Wir wollen, dass das Land Berlin in allen Bereichen vorbildlicher Arbeitgeber wird. Weitere Bausteine dafür sind: verlässliche
  5673. Aus- und Fortbildung, Gesundheitsförderung, Diversity-Management, familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung, zeitgemäße Arbeitsplatzausstattungen und ein modernes Mitbestimmungsrecht. Zudem muss die Verwaltung durchlässiger werden.
  5674. Wir brauchen dringend den Austausch zwischen Verwaltung,
  5675. Wissenschaft und Wirtschaft und werden den Wechsel zwischen
  5676. diesen Bereichen erleichtern. Wir werden das öffentliche Dienstrecht weiter modernisieren, um diese Ziele zu erreichen.
  5677.  
  5678. Projektberichte für die Öffentlichkeit
  5679.  
  5680. 7. Demokratisches Berlin
  5681.  
  5682. Die Öffentlichkeit erfährt oft erst spät oder gar nicht, welche
  5683. Projekte die Verwaltung plant und wie es um die Umsetzung
  5684. steht. Zur neuen politischen Kultur gehört ehrliche Rechenschaft darüber, ob und wie gesteckte Ziele erreicht werden.
  5685. Darum wollen wir alle Verwaltungen verpflichten, regelmäßig
  5686. an die Bürgerinnen und Bürger zu berichten, um den Stand der
  5687. Verwirklichung ihrer zentralen Projekte offenzulegen und zu
  5688. benennen, wo es möglicherweise klemmt.
  5689.  
  5690. 7.4 Stadt der Freiheit: Bürgerrechte wahren, private
  5691. Daten schützen
  5692. Berlin steht schon lange nicht mehr für Untertanengeist. Der
  5693. Hauptmann von Köpenick hätte heute keine Chance, seinen
  5694. Coup zu landen. Das heutige Berlin zeichnet sich aus durch ein
  5695. freiheitliches Klima, das individueller Lebensgestaltung ebenso
  5696. Raum bietet wie dem gemeinsamen öffentlichen Engagement.
  5697.  
  5698. 182
  5699.  
  5700. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5701. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5702.  
  5703. EINE STADT FÜR ALLE.
  5704.  
  5705. Freiheit ist die Grundbedingung einer lebendigen demokratischen Kultur, in der die Rechte der Bürgerinnen und Bürger
  5706. geschätzt und geschützt werden. Sie brauchen die Gewissheit,
  5707. dass der Staat ihre Rechte achtet, nicht unverhältnismäßig in sie
  5708. eingreift und auch Eingriffen von Unternehmen entgegenwirkt.
  5709. Diese Sicherheit wollen wir verbessern, das Versammlungsrecht stärken und den Schutz privater Daten auch in Zeiten des
  5710. technologischen Wandels gewährleisten.
  5711.  
  5712. E-Government
  5713. Wir wollen Berlin zu einer Modellstadt für modernes E-Government machen, die BürgerInnen und Wirtschaft zugutekommt.
  5714. Dies spart mittelfristig Personal im öffentlichen Dienst und gibt
  5715. Impulse für die regionale IT-Wirtschaft. Gemeinsam mit anderen
  5716. Bundesländern streben wir eine einheitliche IT-Plattform an,
  5717. um überteuerte Insellösungen in gemeinsam verwendete Anwendungen zu überführen. Wir wollen die Entwicklung einer
  5718. „Public Cloud“-Infrastruktur für Berlin mit Partnern vor Ort
  5719. vorantreiben.
  5720. Die bisherige Unverbindlichkeit von Berliner IT-Standards
  5721. hat zu teuren Reibungsverlusten geführt. Durch ein modernes
  5722. E-Government-Gesetz werden wir klare Regeln zur Durchsetzung einer einheitlichen IT-Strategie schaffen. Das ITKompetenzzentrum braucht echte Kompetenzen, damit es
  5723. seine Steuerungsfunktion auch tatsächlich wahrnehmen kann.
  5724.  
  5725. 7. Demokratisches Berlin
  5726.  
  5727. EINE STADT FÜR ALLE.
  5728.  
  5729. Informationelle Selbstbestimmung vor neuen
  5730. Herausforderungen
  5731. Informationelle Selbstbestimmung bedeutet, dass jeder Mensch
  5732. die Kontrolle über seine Daten behält. Jederzeit zu wissen, wer
  5733. was über mich auf welcher Rechtsgrundlage gespeichert hat,
  5734. ist in Zeiten der Digitalisierung und Vernetzung, immer neuer
  5735. Technologien und Verfahren, die personenbezogene Daten
  5736.  
  5737. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5738. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5739.  
  5740. 183
  5741.  
  5742. EINE STADT FÜR ALLE.
  5743.  
  5744. EINE STADT FÜR ALLE.
  5745.  
  5746. generieren, immer schwieriger. Umso wichtiger ist es, den Datenschutz ernst zu nehmen. Datenaustausch ist oft notwendig
  5747. und bietet neue Möglichkeiten für Behörden wie auch für die
  5748. Bürgerinnen und Bürger. Grüne stehen für Datensparsamkeit,
  5749. Verhältnismäßigkeit und enge gesetzliche Vorgaben unter Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten. Öffentliche Stellen
  5750. müssen von sich aus über ihren Umgang mit persönlichen Daten Auskunft geben. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass der
  5751. Einsatz von RFID-Technologie immer erkennbar gemacht wird.
  5752. Die anlasslose Speicherung von personenbezogenen Daten auf
  5753. Vorrat lehnen wir ab und werden alle Möglichkeiten nutzen,
  5754. um die immer weiter gehenden Eingriffe in unsere Bürgerrechte
  5755. in diesem Bereich zu verhindern.
  5756.  
  5757. Demonstrationsrecht kommt. Es darf nicht sein, dass die Polizei
  5758. friedliche Demonstrierende ohne Anlass und konkrete Gefahr
  5759. abfilmt. Wir wollen das elementare demokratische Grundrecht
  5760. der Versammlungsfreiheit stärken. Grundsätzlich müssen Demonstrationen und Gegendemonstrationen überall in Berlin
  5761. möglich sein, Beschränkungen kann es nur aus ernsten Sicherheitsgründen geben. Auch vor dem Abgeordnetenhaus muss
  5762. demonstriert werden können.
  5763. Wir wollen zudem prüfen, wie eine deeskalierende Kooperation zwischen Polizei und Veranstaltenden verbessert, unabhängige Demonstrationsbeobachtungen geschützt und mehr
  5764. öffentliche Transparenz über anstehende Demonstrationen
  5765. hergestellt werden kann.
  5766.  
  5767. Datenschutzbeauftragte stärken
  5768.  
  5769. 7.5 Demokratische Medien- und Netzpolitik
  5770.  
  5771. Versammlungsrecht für Berlin: frei und friedlich
  5772. Für uns ist und bleibt die Versammlungsfreiheit ein hohes
  5773. demokratisches Gut. Seit der Föderalismusreform können
  5774. die Bundesländer eigene Versammlungsgesetze beschließen.
  5775. Wir wollen verhindern, dass es dabei zu Abstrichen beim
  5776.  
  5777. 184
  5778.  
  5779. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5780. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5781.  
  5782. Medien sind Teil unseres Alltages und unverzichtbar für das
  5783. Funktionieren der Demokratie. Eine aktive und gute Medienund Netzpolitik ist deshalb für den Zukunftsstandort Berlin von
  5784. großer Bedeutung. Dazu gehören eine funktionierende Medienaufsicht, die demokratische Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und eine zeitgemäße Politik für die Chancen
  5785. und Herausforderungen, die Internet und Digitalisierung mit
  5786. sich bringen.
  5787.  
  5788. 7. Demokratisches Berlin
  5789.  
  5790. 7. Demokratisches Berlin
  5791.  
  5792. Wir wollen die Stelle der Datenschutzbeauftragten stärken. Die
  5793. Berliner Beauftragte wacht über die korrekte Behandlung von
  5794. personenbezogenen Daten – sowohl in der Verwaltung wie
  5795. auch in den Unternehmen, die ihren Sitz in Berlin haben. Die
  5796. Datensammelwut privater Unternehmen übersteigt mitunter
  5797. die staatliche. Auch hier sind Kontrollen notwendig, für die der
  5798. bzw. die Beauftragte mehr Ressourcen braucht.
  5799. Datenschutz muss zunehmend als Verbraucherschutz begriffen werden. Aufklärung über Gefahren leichtfertigen Umgangs
  5800. mit den eigenen Daten spielt eine immer wichtigere Rolle.
  5801. Berlin ist in der Verantwortung, die Sensibilität zu stärken und
  5802. praktisch aufzuzeigen, wie man sich schützen kann.
  5803.  
  5804. Hörfunk und Fernsehen demokratisch weiterentwickeln
  5805. Wirtschaftlich und politisch unabhängige Medien sind für
  5806. Demokratie und Gesellschaft von enormer Bedeutung. Daran
  5807. ändert auch die starke Zunahme an medialen Kanälen durch die
  5808. Digitalisierung nichts. Im Gegenteil: Wer in der Flut der medialen
  5809. Angebote nicht untergehen will, braucht verlässliche Quellen.
  5810. Deswegen bleibt für uns der öffentlich-rechtliche Rundfunk
  5811. auch und gerade im digitalen Zeitalter ein unverzichtbarer
  5812.  
  5813. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5814. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5815.  
  5816. 185
  5817.  
  5818. 7. Demokratisches Berlin
  5819.  
  5820. Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft. Seine vom
  5821. Bundesverfassungsgericht garantierte Bestands- und Entwicklungsgarantie macht nicht beim klassischen Rundfunk Halt,
  5822. sondern erstreckt sich auch auf neue Technologien wie das
  5823. Internet. Mit dem RBB verfügt die Region Berlin-Brandenburg
  5824. über eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die unter permanentem Sparzwang steht. In keinem anderen Sendegebiet
  5825. leben so viele Menschen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen
  5826. Situation von den Rundfunkgebühren befreit sind.
  5827. Wir Grünen setzen uns deshalb für eine gerechtere Verteilung
  5828. der Gebühren innerhalb der ARD ein. Neben der Gebührenfinanzierung und dem Programmauftrag ist die Kontrolle durch
  5829. gesellschaftliche Gruppen im Rundfunkrat das dritte konstituierende Merkmal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir
  5830. fordern die regelmäßige Überprüfung der Zusammensetzung
  5831. dieses Gremiums, das die gesellschaftliche Wirklichkeit möglichst gut widerspiegeln soll. Die Parteien dürfen keinen bestimmenden Einfluss auf den RBB haben. Wir wollen, dass der Rundfunkrat wissenschaftliche Expertisen und Gutachten in Auftrag
  5832. geben oder besondere Sachverständige hinzuziehen kann.
  5833. Der RBB muss in seinen öffentlich-rechtlichen Programmen
  5834. die Vielfalt unserer Stadtgesellschaft abbilden. Dazu gehört insbesondere eine gezielte Nachwuchsförderung geeigneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in mehreren Kulturen aufgewachsen sind. Unterhaltungsangebote in den Medien sollen
  5835. zudem positive Leitbilder für eine interkulturelle Gesellschaft
  5836. anbieten und den Informationsbedarf von Migrantinnen und
  5837. Migranten decken.
  5838. Wir begrüßen, dass es nach jahrelangem Stillstand mit 88.4
  5839. endlich eine Frequenz für ein freies Radio in Berlin gibt. Freies
  5840. Radio ist eine dringend notwendige Ergänzung zum öffentlichrechtlichen Rundfunk und zum Privatradio. Gleichzeitig kann
  5841. die starke Zersplitterung durch die Vergabe der Sendezeiten
  5842.  
  5843. 186
  5844.  
  5845. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5846. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5847.  
  5848. EINE STADT FÜR ALLE.
  5849.  
  5850. an fünf verschiedene Initiativen und den Offenen Kanal Berlin nicht überzeugen – eine Bindung an Hörerinnen und Hörer
  5851. kann so nicht entstehen. Unser Ziel bleibt ein wiedererkennbares freies Radio. Daran wollen wir gemeinsam mit allen Akteuren arbeiten. Im privaten Rundfunkbereich müssen klare
  5852. Rahmenbedingungen gelten. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg führt die Aufsicht über den privaten Rundfunk und
  5853. muss dafür sorgen, dass Verstöße gegen die Lizenzbedingungen nicht folgenlos bleiben. Der Verbraucher- und Datenschutz
  5854. wird im Zuge von Bezahlfernsehen und modernen Decodern
  5855. eine Aufgabe, der sich die Medienanstalt Berlin-Brandenburg
  5856. verstärkt widmen muss. Medienpädagogik wird im digitalen
  5857. Zeitalter immer wichtiger. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg sollte sich daher verstärkt bemühen, die Medienkompetenz junger Menschen zu fördern. Dazu gehört auch der
  5858. Offene Kanal, ALEX.
  5859.  
  5860. Netzpolitik ist Zukunftspolitik
  5861. Das Land Berlin muss die Chancen des Internets und der digitalen Welt ergreifen und vom Zuschauer zum Akteur werden,
  5862. Risiken erkennen, gute Lösungen auf Landesebene anbieten
  5863. sowie durch aktive Mitgestaltung der Informationsgesellschaft
  5864. – auch im Bundesrat – die Zukunft gestalten. Netzpolitik ist
  5865. ein Querschnittsthema. Sie muss für alle Bereiche wesentliches
  5866. Kriterium werden. Während die Gesellschaft tagtäglich die digitale Welt nutzt oder von ihr betroffen ist, hat die Berliner
  5867. Landesregierung diese Themen weitgehend ignoriert, statt sie
  5868. aktiv zu gestalten.
  5869. Bündnis 90/Die Grünen Berlin geben auf diese Herausforderungen gute Antworten: Die Mitwirkungsmöglichkeiten aller
  5870. BürgerInnen an politischen Entscheidungen und Beratungen
  5871. müssen verbessert, Verwaltungsvorgänge müssen transparenter und einfacher zugänglich werden. Den Umgang mit neuen
  5872.  
  5873. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5874. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5875.  
  5876. 7. Demokratisches Berlin
  5877.  
  5878. EINE STADT FÜR ALLE.
  5879.  
  5880. 187
  5881.  
  5882. 7. Demokratisches Berlin
  5883.  
  5884. Medien wollen wir aktiv fördern, damit er in allen Bildungsbereichen selbstverständlich wird. Digitale Teilhabe bedeutet
  5885. nicht nur, dass jede und jeder an der Digitalisierung teilhaben
  5886. kann, sondern dass auch staatliche Institutionen von diesem
  5887. Fortschritt profitieren können. Mit gezielten Maßnahmen
  5888. sollen die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und offene Netzwirtschaft in Berlin geschaffen werden, für GründerInnen, Unternehmen und Selbstständige. Nachhaltige Netzwirtschaft umfasst dabei auch Fragen des ressourcenschonenden
  5889. Umgangs, der Einbeziehung von Umweltfragen in die Informationstechnologie und der Förderung nicht proprietärer Software, also Open Source und Green IT. Die Förderung von Open
  5890. Source sehen wir als eine Kernaufgabe der Netzpolitik an.
  5891. Die Bereitstellung öffentlicher Daten wie die der Lebensmittelkontrollen und der bessere Schutz privater Daten, wie die der
  5892. Einwohnermeldeämter, sind uns wichtige Anliegen. Wir sehen
  5893. im Informationsfreiheitsgesetz ein Bürgerrechtsgesetz. Die Zeiten, in denen Akten wie ein Eigentum der Berliner Verwaltung
  5894. angesehen wurden, müssen ein für alle mal vorbei sein. Damit
  5895. machen wir Berlin zur Modellstadt für die digitale Zukunft.
  5896.  
  5897. Berlin als Standort für Netzwirtschaft stärken
  5898. Berlin ist reich an Wissen, Können und Talenten: eine einmalige Hochschullandschaft, eine große Anzahl an kleinen und
  5899. mittleren Unternehmen wie Start-ups, freischaffende Kreative
  5900. und Programmierer, Unternehmen aus der Games- und OpenSource-Branche und vielen weiteren Bereichen. Ihnen kann das
  5901. Land unter die Arme greifen und diesen Wirtschaftswachstumsmotor ankurbeln: Hilfestellung für gezielte Vernetzung,
  5902. konkrete Unterstützung, Wissens- und Technologietransfer,
  5903. Marketing/Vertrieb und Einwerbung von Fördermitteln sind
  5904. hier notwendig. Sie benötigen günstige Wachstumsbedingungen, bessere Finanzierungs- und Beratungsangebote.
  5905.  
  5906. 188
  5907.  
  5908. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5909. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5910.  
  5911. EINE STADT FÜR ALLE.
  5912.  
  5913. Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich für neue Unternehmensformen ein, die sozial- und steuerrechtlich die neuen Arbeitsformen fördern und unterstützen. Die Belange der Freelancer, prekär Beschäftigter wie in klassischen Verhältnissen
  5914. Angestellter, von Gründerinnen und Gründern, aber auch Unternehmerinnen und Unternehmern finden bei uns ein offenes
  5915. Ohr. Die internationale Präsenz Berlins und die Gewinnung von
  5916. Talenten müssen durch stärkere und systematische Kooperation der Beteiligten verbessert werden.
  5917. Die Initiative „dotberlin“, die sich für die Einführung einer eigenen Top-Level-Domain „Berlin“ einsetzt, benötigt die volle
  5918. Unterstützung durch den Berliner Senat, um ihrer Rolle als Repräsentant Berlins in den Gremien der ICANN („Internetregierung“) besser nachkommen zu können und den Standort dort
  5919. besser darzustellen.
  5920.  
  5921. Offenes Netz in Berlin: Förderung drahtloser
  5922. Angebote (WLAN) und Breitband für alle
  5923. Das Internet ermöglicht eine zusätzliche Informations- und
  5924. Interaktionsebene überall im Alltag. Deshalb setzen wir uns
  5925. dafür ein, dass es in ganz Berlin mobilen Netzzugang mit modernen Technologien gibt, angeboten von Bürgern, privaten
  5926. Initiativen, Firmen, in Verkehrsmitteln und öffentlichen Einrichtungen. Die Möglichkeiten des drahtlosen Internetzuganges
  5927. wollen wir schnellstmöglich besonders im Bereich des ÖPNV
  5928. gemeinsam mit den Betreibergesellschaften umsetzen, um die
  5929. Nutzung dieser Verkehrsangebote noch attraktiver zu machen.
  5930. Damit Berlin digitale Hauptstadt bleibt, muss die Versorgung
  5931. mit Internetzugängen gefördert werden.
  5932. Wir Grünen werden gemeinsam mit den NetzbetreiberInnen,
  5933. ExpertInnen und interessierten NutzerInnen einen Plan aufstellen,
  5934. damit alle Gebiete der Stadt gleichermaßen mit schnellem
  5935.  
  5936. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5937. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5938.  
  5939. 7. Demokratisches Berlin
  5940.  
  5941. EINE STADT FÜR ALLE.
  5942.  
  5943. 189
  5944.  
  5945. Internet versorgt sind. Die Breitbanddefinition muss über die
  5946. der Bundesregierung in ihrem Breitbandatlas hinausgehen.
  5947.  
  5948. Aktiv für netzpolitische Themen einsetzen
  5949. Viele Themen der Netzpolitik werden maßgeblich im Bund
  5950. oder in Brüssel behandelt. Bündnis 90/Die Grünen Berlin werden sich aktiv für eine umfassende Modernisierung des Datenschutzrechts, für eine transparente Verwaltung und Gesetzgebung, für das Recht von Hartz-IV-Empfängern auf die
  5951. Wahl zwischen Fernseher und Computer mit Internetanschluss,
  5952. für einen zeitgemäßen Jugendmedienschutz und für eine umfassende Reform des Urheberrechts einsetzen, die NutzerInnen
  5953. und Kreative gleichermaßen schützt.
  5954.  
  5955. Wer in Berlin Grün wählt …
  5956. 7. Demokratisches Berlin
  5957.  
  5958.  
  5959. 190
  5960.  
  5961. stimmt für mehr Beteiligungsrechte – auch nach den
  5962. Wahlen.
  5963. setzt sich für starke Bezirke ein, die über tatsächliche
  5964. Entscheidungsmacht verfügen.
  5965. stimmt für eine bürgerfreundliche Modernisierung der
  5966. Berliner Verwaltung.
  5967. stärkt Bürgerfreiheiten und Datenschutz.
  5968. nutzt die demokratischen Potentiale des Internets und
  5969. stärkt die Medienkompetenz aller.
  5970.  
  5971. Abgeordnetenhauswahl 2011
  5972. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  5973.  
  5974. EINE STADT FÜR ALLE.
  5975.  
  5976. „Frauenrecht ist nicht nur ein abstrakter Begriff;
  5977. es ist vor allem eine persönliche Sache.
  5978. Es geht dabei nicht nur um uns,
  5979. es geht ebenso um mich und dich.“
  5980. (Toni Morrison)
  5981.  
  5982. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  5983. Die Hälfte der Stadt
  5984. „Eine Stadt für alle“ gibt es nur in einem geschlechtergerechten
  5985. Berlin, in dem Frauen die gleichen Rechte und Chancen haben
  5986. wie Männer. Die Gleichberechtigung aller Geschlechter ist ein
  5987. Grundrecht, aber in unserer Stadt in vielen Fällen noch immer
  5988. ein uneingelöstes Versprechen. Ob beim Einkommen, bei den
  5989. Karrierechancen oder bei der doppelten Belastung mit Familie
  5990. und Beruf: Diese Blockaden müssen überwunden werden, damit auch in Berlin Bewegung in die Geschlechterverhältnisse
  5991. kommt. Daher kann es „eine Stadt für alle“ nur geben, wenn
  5992. wir Unternehmen darin bestärken, familienfreundliche Arbeitskulturen zu schaffen, damit Frauen wie Männer Familie und
  5993. Beruf leichter miteinander vereinbaren können. „Eine Stadt für
  5994. alle“ gibt es nur, wenn wir Gewalt gegen Frauen und Mädchen
  5995. konsequent begegnen, Zwangs-Ehen nicht dulden und Frauenhandel und Zwangsprostitution in unserer Stadt bekämpfen.
  5996. „Eine Stadt für alle“ erfordert eine Gesundheitsversorgung,
  5997. die unterschiedliche Bedürfnisse und Probleme von Frauen
  5998. und Männern ernst nimmt – unabhängig vom Geldbeutel.
  5999. „Eine Stadt für alle“ gibt es nur, wenn wir den Frauenanteil in der
  6000. Politik und in der Verwaltung deutlich erhöhen.
  6001.  
  6002. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6003. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6004.  
  6005. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6006.  
  6007. EINE STADT FÜR ALLE.
  6008.  
  6009. 191
  6010.  
  6011. Und „eine Stadt für alle“ heißt auch, dass wir moderne Männerrollen anerkennen und unterstützen.
  6012. In Berlin leben über 3,4 Millionen Menschen, 51 Prozent davon
  6013. sind Frauen. Ihr Leben ist so unterschiedlich wie der Alltag in
  6014. unseren zwölf Bezirken. Unsere Politik orientiert sich an den
  6015. Ausgangslagen und Lebenswünschen von Frauen und Männern aller Altersstufen, unterschiedlicher ethnischer und sozialer Herkunft, verschiedener sexueller Identitäten sowie ihren
  6016. körperlichen, geistigen und seelischen Fähigkeiten. Wir nehmen Stereotype und sich wandelnde Rollenbilder in den Blick,
  6017. schauen genau hin, wie Berlinerinnen und Berliner heute leben
  6018. wollen, und gestalten unsere Politik so, dass sie zur Förderung
  6019. einer tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter beiträgt.
  6020.  
  6021. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6022.  
  6023. Die Erfolge der Frauenbewegung sind in einer Metropole wie
  6024. Berlin täglich spürbar. Die junge Generation von Frauen ist
  6025. selbstbewusst, gut ausgebildet und verfolgt zielstrebig ihre
  6026. Pläne für die Zukunft. Trotzdem bleibt in Sachen Geschlechtergerechtigkeit viel zu tun. Frauen und Männer werden im
  6027. Arbeitsleben wie im Privaten ungleich behandelt und Erreichtes
  6028. muss immer wieder neu erkämpft werden. Die Gleichstellung
  6029. von Frauen und Männern ist für uns eine zentrale Gerechtigkeitsfrage.
  6030. Wir wollen, dass Frauen und Männer auf Augenhöhe miteinander umgehen – dazu gehören gleiche Chancen und Rechte für
  6031. alle. Mit den Instrumenten Gender-Mainstreaming und Gender-Budgeting werden die Folgen von politischen Maßnahmen
  6032. für Männer und Frauen abgeschätzt und in den Landeshaushalt einbezogen. Wir wollen dafür sorgen, dass diese Konzepte
  6033. durchgängig und in allen Politikfeldern Anwendung finden.
  6034.  
  6035. 192
  6036.  
  6037. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6038. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6039.  
  6040. EINE STADT FÜR ALLE.
  6041.  
  6042. 8.1 Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt
  6043. Vielfältige Lebensmodelle bekräftigen die Notwendigkeit, sich
  6044. endgültig vom traditionellen „Ernährermodell“ zu verabschieden und Frauen und Männer im Erwerbsleben auf allen Ebenen gleichzustellen. Nur eine eigenständige Existenzsicherung
  6045. schützt Frauen vor finanziellen Notlagen und Altersarmut. Daher streben wir eine deutliche Steigerung der Frauenerwerbsquote an – aber nicht durch Minijobs und prekäre Arbeitsverhältnisse, sondern durch existenzsichernde Arbeit.
  6046. Der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern liegt
  6047. in Berlin bei bis zu 25 Prozent. Dies hat viele Ursachen. Einerseits spielen die hohen Beschäftigungszahlen von Frauen im
  6048. Niedriglohnsektor und die schlechtere Bezahlung von frauentypischen Arbeitsplätzen eine Rolle. Andererseits werden Frauen durch die Zahlung von weniger Lohn für die gleiche Arbeit
  6049. diskriminiert. Sonderzahlungen sind beispielsweise für Männer
  6050. im Durchschnitt doppelt so hoch wie für Frauen. Wir setzen uns
  6051. für Klagerechte im Landesgleichstellungsgesetz ein, das einem
  6052. Verbandsklagerecht vergleichbar wäre, sowie für mehr Frauen
  6053. im öffentlichen Dienst.
  6054. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6055.  
  6056. EINE STADT FÜR ALLE.
  6057.  
  6058. Nicht gegeneinander: miteinander
  6059. Die Vorteile von gemischten Teams werden durch Studien immer wieder aufgezeigt. Wir werben für Personalentwicklungspläne, in denen Vielfalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  6060. und von deren Familien und Partnern berücksichtigt werden.
  6061. Je nach Betriebsgröße müssen Maßnahmen zur Gleichstellung
  6062. umgesetzt werden. Außerdem müssen Programme zur Qualifizierung von Frauen und für ihren beruflichen Ein- und Wiedereinstieg ausgebaut werden.
  6063. Berlin kann es sich nicht erlauben, die Potentiale seiner gut
  6064. ausgebildeten Frauen und Mädchen einfach liegen zu lassen.
  6065.  
  6066. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6067. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6068.  
  6069. 193
  6070.  
  6071. Berlin kann es sich ebenso nicht leisten, den Wunsch von immer mehr Männern zu ignorieren, Familie und Beruf besser
  6072. vereinbaren zu können. Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie, Privatleben und Beruf in den Mittelpunkt einer neuen
  6073. Arbeitskultur stellen und flexible Arbeitszeitmodelle für Frauen
  6074. und Männer anstreben und mit Betreuungsangeboten für die
  6075. Jüngsten begleiten. In den landeseigenen Unternehmen und
  6076. Verwaltungen wollen wir dies umgehend angehen. Das ist
  6077. nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage, sondern auch ein Gebot der
  6078. ökonomischen Vernunft. Die Privatwirtschaft wird gut beraten
  6079. sein, dem zu folgen.
  6080.  
  6081. Entdecke die Möglichkeiten
  6082.  
  6083. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6084.  
  6085. Kinder und Jugendliche brauchen neue Anreize, um beim Berufswahlverhalten nicht nur die bekannten Pfade – Mechatroniker, Friseurin – zu begehen. Denn trotz durchschnittlich
  6086. besserer Schulabschlüsse entscheiden sich viele Mädchen nur
  6087. für eine kleine Auswahl der Ausbildungsberufe und sind in den
  6088. MINT-Berufen (MINT: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) deutlich unterrepräsentiert. Wir unterstützen
  6089. Projekte wie den Girls’ Day und wollen weitere Maßnahmen
  6090. von klein auf anstoßen. Die Berufsberatung durch die Jobcenter muss geschlechtsneutral ablaufen und darf keine Optionen
  6091. von vornherein ausschließen. Schließlich ist die Entscheidung
  6092. für einen Beruf grundlegend für Gehalts- und Rentenzahlung
  6093. und somit für ein finanziell gesichertes Leben. Viele Frauen
  6094. beziehen trotz Vollzeit-Arbeit Sozialleistungen, weil sie nicht
  6095. entsprechend entlohnt werden. Die Einführung eines flächendeckenden und branchenspezifischen Mindestlohns ist deshalb
  6096. unerlässlich.
  6097. Das Berufswahlverhalten von Mädchen und jungen Frauen mit
  6098. Migrationshintergrund ist häufig stärker eingeschränkt als das
  6099.  
  6100. 194
  6101.  
  6102. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6103. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6104.  
  6105. EINE STADT FÜR ALLE.
  6106.  
  6107. ihrer Mitschülerinnen. Wir wollen spezifische Ausbildungsprojekte fördern und Jugendliche mit Migrationshintergrund verstärkt im öffentlichen Dienst ausbilden. Wir arbeiten dafür, dass
  6108. Berufsabschlüsse, die nicht in Deutschland erworben wurden,
  6109. anerkannt werden.
  6110. Rollenbilder und damit auch das Berufswahlverhalten werden
  6111. maßgeblich in den Kindertagesstätten und Schulen gefestigt
  6112. und weitergegeben. Da die traditionellen Muster die Weiterentwicklung und berufliche Ausbildung von Jugendlichen häufig stark einengen, brauchen wir moderne Rollenbilder. Daher
  6113. setzen wir uns dafür ein, dass Pädagoginnen und Pädagogen
  6114. bereits in ihrer Ausbildung sowie in ihrer Weiterbildung für
  6115. Geschlechteraspekte sensibilisiert werden und im Arbeitsalltag
  6116. somit alte Rollenmuster hinterfragen und über Bord werfen.
  6117. Wir wollen außerdem mehr geschlechtersensibles und qualifiziertes männliches Personal für pädagogische Berufe begeistern und somit Männerrollen erweitern.
  6118.  
  6119. Girls‘ Day Akademie
  6120. Ein seit Jahren bewährter Baustein zur Erweiterung des
  6121. Berufswahlverhaltens von Mädchen ist der Girls‘ Day. Damit
  6122. Mädchen zukünftig ihre Berufsmöglichkeiten voll ausschöpfen, wollen wir, dass dies nicht nur einmal im Jahr zum Thema
  6123. gemacht wird, sondern für ein gesamtes Schuljahr. Wir wollen
  6124. uns dafür einsetzen, dass, ähnlich wie in Baden-Württemberg,
  6125. eine Girls‘ Day Akademie eingeführt wird. In Kooperation mit
  6126. Betrieben und Universitäten wollen wir innerhalb jeder Schulform Mädchen für gewerblich-technische sowie naturwissenschaftliche Bereiche interessieren, das Wissen über die Tätigkeitsfelder ausbauen und eine vertiefende Berufsfelderkundung
  6127. ermöglichen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Verminderung
  6128. der Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern.
  6129.  
  6130. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6131. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6132.  
  6133. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6134.  
  6135. EINE STADT FÜR ALLE.
  6136.  
  6137. 195
  6138.  
  6139. 8.2 Schutz vor Gewalt
  6140. Sexuelle und häusliche Gewalt ist für viele Frauen immer noch
  6141. bittere Realität. Gewalt innerhalb von Beziehungen ist ein Problem, das in allen sozialen Schichten auftritt, unabhängig vom
  6142. sozialen Status, ethnischen Hintergrund, von Bildung und Alter. Konfliktsituationen wie Trennung und Scheidung erhöhen
  6143. deutlich die Gefahr für Frauen, Opfer von Stalking, körperlicher oder sexueller Gewalt zu werden. Frauen mit Behinderung
  6144. sind besonders häufig gefährdet, insbesondere dann, wenn sie
  6145. durch Pflege oder Assistenz in Abhängigkeitsstrukturen leben.
  6146. Jährlich suchen etwa 1.500 Frauen und fast ebenso viele Kinder Schutz, Hilfe und Unterkunft in Berliner Frauenhäusern und
  6147. Zufluchtswohnungen.
  6148. Es ist die Aufgabe eines jeden, Gewalt gegen Frauen und Kinder in allen Formen zu ächten. Und es ist die Aufgabe des Staates, präventive Arbeit zu leisten und rechtsverbindlichen Schutz
  6149. bereitzustellen.
  6150.  
  6151. Opferschutz verbessern
  6152. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6153.  
  6154. Seit der Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes im Jahr
  6155. 2001 muss nicht mehr das Opfer von Gewalttaten die gemeinsame Wohnung verlassen, sondern der Täter. Allerdings ist
  6156. die praktische Umsetzung noch nicht zufriedenstellend. Aufenthaltsrechtliche Beschränkungen dürfen einem wirksamen
  6157. Opferschutz bei Migrantinnen nicht entgegenstehen. Menschenrechte sind unteilbar und sie gelten für alle: für Frauen
  6158. und Männer, für Alte und Junge, für Berlinerinnen und Berliner mit deutschem Pass ebenso wie für jene ohne deutschen
  6159. Pass. Häusliche Gewalt, Zwangsverheiratung und sogenannte
  6160. Ehrenmorde nehmen wir nicht hin und werden sie weiterhin
  6161. entschieden bekämpfen.
  6162.  
  6163. 196
  6164.  
  6165. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6166. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6167.  
  6168. EINE STADT FÜR ALLE.
  6169.  
  6170. Zur Bekämpfung von Frauenhandel und Zwangsprostitution
  6171. wollen wir einen umfassenden Schutz und ein dauerhaftes
  6172. Bleiberecht für Zeuginnen und Opfer. Ebenso müssen die Freier von Zwangsprostituierten strafrechtlich zur Verantwortung
  6173. gezogen werden.
  6174. Die Finanzierung von Schutzräumen für Frauen und Kinder
  6175. sowie Frauenhilfeeinrichtungen in den Bereichen Akutversorgung, Prävention, Opferhilfe und Opferschutz muss verlässlich
  6176. sichergestellt werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter öffentlicher Behörden müssen für einen sensiblen Umgang mit
  6177. Opfern von Gewalt geschult werden.
  6178.  
  6179. Schlüsselprojekt: S.I.G.N.A.L. e.V. macht Schule
  6180. Häusliche Gewalt ist eines der zentralen Gesundheitsrisiken für
  6181. Frauen und Kinder. Gesundheitsfachkräfte spielen eine Schlüsselrolle beim Erkennen der Gewalterfahrungen, der rechtssicheren Dokumentation von Verletzungsfolgen und der psychosozialen Versorgung der Frauen und Kinder. Nach dem ersten
  6182. Bundesmodellprojekt „S.I.G.N.A.L.: Hilfe für Frauen“ in Kooperation mit der Charité hat die SIGNAL-Koordinierungsstelle
  6183. die Interventionsmaßnahmen in der Gesundheitsversorgung
  6184. verbreitet. Weitere Krankenhäuser und Kliniken arbeiten mit
  6185. dem SIGNAL-Interventionsprogramm zusammen. Im Rahmen
  6186. des Bundesmodellprojektes „Medizinische Intervention gegen
  6187. Gewalt“ wurden die Interventionsmaßnahmen jetzt erstmals
  6188. auch in der niedergelassenen Versorgung erprobt. Es ist ein
  6189. Handlungsleitfaden für Arztpraxen und Aufklärungsmaterial
  6190. für betroffene Patientinnen entwickelt worden.
  6191.  
  6192. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6193.  
  6194. EINE STADT FÜR ALLE.
  6195.  
  6196. Zur Unterstützung der wegweisenden Interventionsarbeit muss
  6197. die SIGNAL-Koordinierungsstelle in Zukunft finanziell gefördert
  6198. bleiben, damit Intervention weiter Schule macht und großflächig
  6199. an Berliner Krankenhäusern und in Arztpraxen umgesetzt wird.
  6200.  
  6201. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6202. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6203.  
  6204. 197
  6205.  
  6206. 8.3 Geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung
  6207. Medizinische Forschung und gesundheitliche Versorgung orientieren sich leider immer noch überwiegend an den Normen
  6208. des männlichen Körpers. Gesundheitsversorgung, -berichterstattung und -forschung müssen stärker auf die besonderen
  6209. Bedürfnisse und Problemlagen von Frauen insgesamt und auf
  6210. die spezifischen Zielgruppen wie Migrantinnen, Mädchen, arbeitslose und ältere Frauen ausgerichtet werden. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen und
  6211. Männern muss zukünftig zur Genehmigungsvoraussetzung für
  6212. öffentlich geförderte Forschungsvorhaben, insbesondere bei
  6213. der Arzneimittelforschung und bei der Festlegung von Grenzwerten für Schadstoffe, gemacht werden.
  6214. Wir setzen uns dafür ein, dass in Aus- und Weiterbildung
  6215. aller Gesundheitsberufe verstärkt geschlechtsspezifisches Wissen um Gesundheit und Krankheit einfließen. Kulturelle Unterschiede müssen stärker als bisher im Gesundheitswesen wahrgenommen werden.
  6216.  
  6217. Selbstbestimmter Umgang mit dem eigenen Körper
  6218. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6219.  
  6220. Zu einem selbstbestimmten Leben gehört auch die freie Entscheidung einer Frau für oder gegen eine Schwangerschaft.
  6221. Für Konfliktsituationen muss es ein breit gefächertes freiwilliges
  6222. Beratungsangebot geben. Eine verbesserte Sexualaufklärung
  6223. sowie partnerschaftlicher Umgang mit Verhütungsmitteln sind
  6224. ebenso wichtig wie der einfache Zugang zur „Pille danach“.
  6225. Essstörungen prägen den Alltag vieler Mädchen und hinterlassen oft bleibende körperliche und seelische Schäden. Auch
  6226. junge Männer sind längst vom körperlichen Normierungswahn
  6227. erfasst. Auch wenn das gesellschaftliche Schlankheitsideal nicht
  6228. alleinige Ursache für eine Essstörung ist, sondern genetische,
  6229. psychische oder familiäre Faktoren hinzukommen, tragen auch
  6230.  
  6231. 198
  6232.  
  6233. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6234. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6235.  
  6236. EINE STADT FÜR ALLE.
  6237.  
  6238. Medien und Mode dazu bei. Als internationale Modestadt
  6239. muss Berlin Gesundheitsstandards für Models in der Berliner
  6240. Modebranche einführen. Wir treten für einen selbstbestimmten Umgang mit dem eigenen Körper, dem Aussehen und dem
  6241. Alter ein.
  6242. Auch transidenten und intersexuellen Menschen wird der
  6243. selbstbestimmte Umgang mit dem eigenen Körper verweigert.
  6244. Intersexuelle Menschen werden – oft schon in frühen Jahren –
  6245. Eingriffen unterworfen, die medizinisch nicht notwendig sind
  6246. und über deren Folgen nur unzureichend aufgeklärt wird. Wir
  6247. unterstützen transidente und intersexuelle Menschen in ihrem Kampf um mehr körperliche Selbstbestimmung. Hierfür
  6248. müssen umfassende Beratungs- und Unterstützungsangebote eingerichtet werden. In der Ausbildung des medizinischen
  6249. Personals müssen Kenntnisse über die besondere Situation von
  6250. Intersexuellen und Transgendern zum Standard werden.
  6251.  
  6252. 8.4 Frauen in der Politik, Wirtschaft und Verwaltung
  6253. Ein kurzer Blick in die Sitzungssäle der Bezirksverordnetenversammlungen und des Abgeordnetenhauses genügt, um
  6254. sicher festzustellen, dass Frauen in der Berliner Politik unterrepräsentiert sind. Für alle verbindliche Geschlechterquoten bei
  6255. politischen Nominierungen würden die Berliner Politik weiblicher und mit Sicherheit vielfältiger machen. Doch Quoten allein schaffen noch nicht die Veränderung in den Köpfen. Sie
  6256. müssen von weiteren Maßnahmen der Frauenförderung in der
  6257. Politik flankiert werden. Was für die Arbeitswelt gilt, muss für
  6258. die Politik erst recht gelten: Die Vereinbarkeit von Familie und
  6259. Politik muss auch in der Berliner Politik erkennbar werden.
  6260. Wir treten ein für die Hälfte der Macht, sowohl in der Politik,
  6261. in der Verwaltung als auch in der Wirtschaft. In Aufsichts- und
  6262.  
  6263. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6264. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6265.  
  6266. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6267.  
  6268. EINE STADT FÜR ALLE.
  6269.  
  6270. 199
  6271.  
  6272. EINE STADT FÜR ALLE.
  6273.  
  6274. Verwaltungsräten, Vorständen und sonstigen Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung sollen in absehbarer Zeit zu
  6275. 50 Prozent Frauen sitzen. Dafür brauchen wir auch eine neue
  6276. Unternehmenskultur, die z.B. die Vereinbarkeit von Familie und
  6277. Beruf für beide Elternteile sicherstellt. Deshalb wollen wir ein
  6278. Gleichstellungsgesetz, das neben Anreizen auch Sanktionen
  6279. enthält, weil sich sonst nie etwas ändern wird.
  6280.  
  6281. EINE STADT FÜR ALLE.
  6282.  
  6283. diese Barrieren für sich überwinden. Viele Männer wünschen
  6284. sich sowohl im Erwerbs- wie im Privatleben neue Wege und
  6285. Entwicklungsmöglichkeiten. Forschung und Politik müssen die
  6286. sich wandelnden Rollenbilder von Jungen, Männern und Vätern stärker in den Blick nehmen. Um Diskriminierungen von
  6287. Männern klar definieren zu können, bedarf es einer soliden
  6288. Erforschung dieses Themengebiets und entsprechender Beratungsangebote.
  6289.  
  6290. Frauen an die Spitze
  6291.  
  6292. 8.5 Neue Männer braucht die Stadt
  6293. Immer mehr Männer erkennen auch für sich die negativen
  6294. Auswirkungen traditioneller Geschlechterrollen und wollen
  6295.  
  6296. 200
  6297.  
  6298. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6299. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6300.  
  6301. Traditionelle Geschlechterrollen nehmen Vätern die Chance, Familienverantwortung wahrzunehmen, und verhindern
  6302. Erwerbstätigkeit von Müttern und damit eine gerechte Aufteilung der Verantwortung für die Familie. Das Modell des
  6303. Alleinernährers ist überholt. Stereotype Rollenbilder verhindern
  6304. auch eine Politik, die nicht nur den heterosexuellen Familienvater als Leitbild hat. Wir wollen eine Vielfalt männlicher Rollenbilder ermöglichen, indem wir Rahmenbedingungen schaffen, die kein Lebensmodell privilegieren. Männlichkeiten und
  6305. Familienformen sind vielfältig und sollen es auch sein dürfen.
  6306.  
  6307. Neue Wege von Anfang an
  6308. Durch die Erziehung in Kindertagesstätten und in Schulen
  6309. können sich geschlechtsspezifische Rollenmuster verfestigen.
  6310. Erwachsene gehen mit Jungen und Mädchen oftmals unterschiedlich um und bewerten das gleiche Verhalten ungleich.
  6311. Diese Muster verhindern im späteren Leben eine gezielte Weiterentwicklung der Jugendlichen. Daher wollen wir, dass bereits in der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher sowie
  6312. Lehrerinnen und Lehrer stärker für Geschlechteraspekte sensibilisiert wird. Wir wollen außerdem mehr geschlechtersensibles
  6313. und qualifiziertes männliches Personal für pädagogische Berufe
  6314. begeistern und somit positive Rollenbilder ermöglichen.
  6315.  
  6316. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6317. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6318.  
  6319. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6320.  
  6321. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6322.  
  6323. Mit den Projekten „Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“ und „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAr) kämpfen
  6324. sowohl der Deutsche Juristinnenbund (DJB) als auch der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) dafür, geeignete
  6325. Frauen in diese Positionen zu bringen. Der VdU hat bereits
  6326. eine Datenbank mit mehr als 400 qualifizierten Frauen erstellt,
  6327. auf die die Unternehmen zugreifen und geeignete Aufsichtsrätinnen wählen können.
  6328. Derartige Projekte müssen weiterhin gefördert und ausgeweitet werden, z.B. auf Vorstände und weitere leitende Positionen in Wirtschaft und Verwaltung. Dies gilt insbesondere für
  6329. leitende Positionen in den landeseigenen Betrieben.
  6330. Ergänzend zu dem Projekt „Frauen in die Aufsichtsräte“
  6331. sollen daher in Berlin Projekte, die die gezielte Förderung von
  6332. Frauen in leitenden Positionen bezwecken, unterstützt werden.
  6333. Es soll vor allem Frauen der Zugang erleichtert werden und
  6334. frauenunfreundliche Strukturen in Unternehmen und Verwaltung sollen aufgelöst werden.
  6335.  
  6336. 201
  6337.  
  6338. Solidarisch und glücklich
  6339. Wir brauchen einen Feminismus für die neue Zeit, der solidarisch und generationsübergreifend ist und der gesellschaftlich
  6340. konstruierte Geschlechter(rollen) zu überwinden versucht.
  6341. Wir wollen die Frage erneut aufwerfen, was ein gutes Leben
  6342. ausmacht, wie wir unsere Zeit einteilen wollen, um glücklich
  6343. mit Arbeit, Partnerin und Partner, Familie und Freunden sein
  6344. zu können.
  6345.  
  6346. Wer in Berlin Grün wählt ...
  6347. 8. Geschlechtergerechtes Berlin
  6348.  
  6349.  
  6350. 202
  6351.  
  6352. stimmt für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und
  6353. Beruf.
  6354. wählt gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
  6355. sieht nicht weg, sondern setzt sich gegen häusliche
  6356. Gewalt ein.
  6357. sieht genau hin, wenn es um die Gesundheit von Frauen
  6358. und Männern geht.
  6359. bringt mehr Frauen in Vorstände, Aufsichtsräte und
  6360. Politik.
  6361. hat mehr vom Leben durch Rollenvielfalt und Chancengleichheit.
  6362.  
  6363. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6364. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6365.  
  6366. EINE STADT FÜR ALLE.
  6367.  
  6368. „Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe,
  6369. könnte man nicht hundert Bilder über
  6370. dasselbe Thema malen.“
  6371. (Pablo Picasso)
  6372.  
  6373. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6374. Berlins Stärken stärken
  6375. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6376.  
  6377. EINE STADT FÜR ALLE.
  6378.  
  6379. „Eine Stadt für alle“ ist nur in einem kreativen Berlin zu haben. Berlin verdankt seinen internationalen Ruf einer vitalen
  6380. Kunst- und Kulturszene. Diese inspiriert eine der größten Kreativindustrien der Welt. Ihretwegen siedeln sich Verlage, Agenturen, Labels, Studios, Produktionsfirmen und Sender in Berlin
  6381. an. Kulturschaffende aus der ganzen Welt kommen nach Berlin
  6382. um hier zu lernen, zu leben, zu arbeiten. Berlin bietet Freiräume und ein aufgeschlossenes und kritisches Publikum. Berlin
  6383. hat vergleichsweise günstige Lebenshaltungskosten und viele
  6384. Jobmöglichkeiten für die hoch qualifizierten und oft schlecht
  6385. bezahlten Kreativen. Deshalb sind wir für eine vielfältige Kulturlandschaft in Berlin aktiv – mit einer starken Infrastruktur,
  6386. gezielter Förderung und gesicherten Arbeitsbedingungen
  6387. für die Berliner Kulturschaffenden. Neben den großen Häusern schenken wir unser Augenmerk den vielen freien Initiativen und Projekten, die die Stadt bereichern und bislang zu
  6388. wenig Anerkennung erfahren. Die „Kreativarbeit“ ist eines der
  6389. größten Potentiale der Stadt. Wir wollen zudem die Erinnerung an verschiedene Facetten deutscher Geschichte in Berlin
  6390. wachhalten und deshalb die Orte des Gedenkens und der
  6391. Aufklärung pflegen.
  6392.  
  6393. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6394. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6395.  
  6396. 203
  6397.  
  6398. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6399.  
  6400. „Eine Stadt für alle“ heißt: Wir sehen uns in der Verantwortung
  6401. für Kultur in der ganzen Stadt, von Spandau bis Köpenick und
  6402. von Pankow bis Neukölln. Berlin als Deutschlands Kulturstadt
  6403. Nummer 1 mit starkem und klarem Profil zu etablieren erfordert
  6404. eine langfristige, gesamtstädtische Perspektive für das kulturpolitische Handeln. Diese kann nur in enger Abstimmung mit
  6405. den Bezirken und VertreterInnen der verschiedenen Sparten
  6406. des Berliner Kulturlebens entwickelt werden. Die kommunalen
  6407. Kultureinrichtungen in den Bezirken sind integraler Bestandteil
  6408. der städtischen Kulturlandschaft Berlins. Mit ihren Bibliotheken, Musikschulen, Volkshochschulen, mit ihren kommunalen
  6409. Galerien, Bezirksmuseen und Veranstaltungsorten stellen die
  6410. Bezirke die grundlegende, dezentrale kulturelle Infrastruktur
  6411. für die Bevölkerung in den Stadtteilen bereit. Die Kultur- und
  6412. Bildungsangebote der kommunalen Einrichtungen werden tagtäglich von tausenden von Menschen aller Altersgruppen in
  6413. ihren Kiezen genutzt. Ihren Erhalt und ihre Weiterentwicklung
  6414. betrachten wir als gesamtstädtische Aufgabe.
  6415. Die Kulturpolitik des Berliner Senats hat sich in den vergangenen Jahren vor allem durch Nichtstun ausgezeichnet. Gerade
  6416. in Zeiten knapper Kassen braucht es klare Prioritäten und professionelle Einzelsteuerung für die Kultureinrichtungen, aber
  6417. auch die Einbettung in eine übergreifende Strategie. Deshalb
  6418. braucht Berlin einen Kulturentwicklungsplan auf Landesebene.
  6419. Wir sind auch verantwortlich für die Kultur, die nicht aus öffentlichen Mitteln gefördert wird. Die Entwicklung darf nicht
  6420. allein den Kräften des Marktes überlassen werden. Hier wollen
  6421. wir alle Möglichkeiten nutzen, um zu unterstützen, zu beraten
  6422. und zu moderieren. Für ein lebendiges und kreatives Berlin sind
  6423. neben den großen Theatern, Opern und Musikhäusern die vielen kulturellen Kleinode in den Kiezen genauso wichtig. Kleine
  6424. Theater, Galerien, Clubs und Initiativen bereichern das Leben
  6425. in ganz Berlin und sind maßgeblich auch für die touristische
  6426.  
  6427. 204
  6428.  
  6429. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6430. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6431.  
  6432. EINE STADT FÜR ALLE.
  6433.  
  6434. Attraktivität der Stadt. Viele alternative und private Kulturprojekte sind gefährdet, da sie oft aufgrund einer dramatischen
  6435. Mietentwicklung von ihren Standorten vertrieben werden. Hier
  6436. sind mehr Unterstützung und Vermittlung seitens der Politik
  6437. notwendig.
  6438.  
  6439. 9.1 Eine neue Form der Kulturförderung
  6440. Welche Kultureinrichtungen welchen Förderanspruch durch
  6441. das Land haben, muss einer qualitativen Prüfung standhalten. In einer Stadt für alle müssen Kunst und Kultur für jede
  6442. und jeden attraktiv und erschwinglich sein. Unser Ziel ist es,
  6443. dass mehr Menschen in die Theater, Museen, Bibliotheken
  6444. kommen. Eintrittspreise dürfen kein Hinderungsgrund sein, am
  6445. kulturellen Leben teilzunehmen.
  6446.  
  6447. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6448.  
  6449. EINE STADT FÜR ALLE.
  6450.  
  6451. In Berlin leben Menschen mit vielfältigen Herkünften und
  6452. Erfahrungshorizonten zusammen. Die Vielfalt der Berliner
  6453. Bevölkerung bildet sich jedoch in den Kultureinrichtungen
  6454. nicht ab. BerlinerInnen mit Migrationshintergrund sind in den
  6455. Kultureinrichtungen der Stadt unterrepräsentiert - inhaltlichprogrammatisch, als MitarbeiterInnen und als BesucherInnen.
  6456. Hier sehen wir großen Handlungsbedarf. Wir wollen Berlins
  6457. Kultureinrichtungen interkulturell öffnen.  Wir brauchen an
  6458. unseren öffentlich geförderten Theatern, Museen und Opern
  6459. inhaltliche Programmangebote, die relevante Themen der Einwanderungsgesellschaft mit künstlerischen Mitteln verhandeln.
  6460. Um dies zu erreichen, müssen in allen Sparten verstärkt KünstlerInnen, KuratorInnen, AutorInnen und DramaturgInnen mit
  6461. Migrationshintergrund in die Programmentwicklung und –gestaltung eingebunden werden. Wir wollen in den Einrichtungen eine Personal- und Publikumsentwicklung voranbringen,
  6462.  
  6463. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6464. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6465.  
  6466. 205
  6467.  
  6468. die der Situation in Berlin gerecht wird. Die vielfältige Kulturlandschaft Berlins braucht eine vielfältige Kulturpolitik, die sich
  6469. mit den unterschiedlichen Bedingungen und Bedürfnissen auseinandersetzt, den Dialog mit den ProtagonistInnen führt und
  6470. gemeinsam nach Lösungen sucht.
  6471.  
  6472. Stärkung der freien Szene
  6473.  
  6474. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6475.  
  6476. Die finanzielle Kluft zwischen den Opern, Sprechtheatern und
  6477. großen Orchestern auf der einen und der freien Szene auf der
  6478. anderen Seite wird immer größer. Eine unserer zentralen Forderungen ist deshalb eine stärkere Kooperation der etablierten
  6479. und großen Institutionen mit der freien Szene. Wir wollen ein
  6480. Prozent der Zuschüsse für die Großen für eine dauerhafte Förderung der freien Szene sichern. Langfristiges Ziel muss sein,
  6481. zehn Prozent des Kulturetats für die freie Szene festzuschreiben.
  6482. Gerade in der freien Szene leben Künstlerinnen und Künstler
  6483. oft am Rande des Existenzminimums. Auch in diesem Bereich
  6484. sollen die Kulturschaffenden von ihrer Arbeit leben können.
  6485. Zukünftig sollen nur solche Förderanträge entgegengenommen werden, die eine angemessene Vergütung aller an der
  6486. Produktion Beteiligten enthalten.
  6487.  
  6488. Vorhang auf!
  6489. Berlin hat einige der besten Theater der Welt und gilt als innovativer Standort der darstellenden Kunst mit den großen
  6490. Bühnen und hunderten freier Ensembles. Die Berliner Theaterlandschaft zeichnet sich durch eine einzigartige Vielfalt aus, die
  6491. es zu erhalten und weiterzuentwickeln gilt. Die Koexistenz von
  6492. etablierter und unkonventioneller Theaterproduktion sorgt für
  6493. die notwendige künstlerische Dynamik und ständige Weiterentwicklung. Die institutionell geförderten Sprechtheater in
  6494.  
  6495. 206
  6496.  
  6497. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6498. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6499.  
  6500. EINE STADT FÜR ALLE.
  6501.  
  6502. Berlin profitieren vom Austausch und der Konkurrenz mit der
  6503. freien Szene. Wir wollen alle kreativen Theaterformen in Berlin
  6504. optimal fördern: Die künstlerischen Profile der einzelnen Häuser müssen geschärft werden. Wer heute in Berlin als Intendantin oder Intendant vom Senat berufen wird, muss sich an den
  6505. vertraglich vereinbarten Zielen messen lassen und sich dafür
  6506. auch verantworten.
  6507. Für alle anderen Bühnen gelten das Prinzip der Begutachtung
  6508. der künstlerischen Leistung durch Fachgremien und eine befristete Förderperiode.
  6509.  
  6510. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6511.  
  6512. EINE STADT FÜR ALLE.
  6513.  
  6514. Kulturelle Bildung und eine Programmgestaltung, die die kulturelle Vielfalt der Stadt berücksichtigt, müssen sich in der
  6515. Schwerpunktsetzung der Arbeit wiederfinden. Die Stärkung
  6516. von Frauen in den künstlerischen Leitungspositionen ist eine
  6517. Aufgabe, die die Theater dieser Stadt in den kommenden
  6518. Jahren erfüllen müssen.
  6519.  
  6520. Große Oper
  6521. Die Opernhäuser in Berlin, Staatsoper, Deutsche Oper, Komische Oper, Neuköllner Oper und eine ganze Reihe von freien
  6522. Opern- und Musiktheaterensembles machen Berlin attraktiv.
  6523. Allerdings gibt es z.B. bei der Opernstiftung noch eine Menge
  6524. Synergiemöglichkeiten, die im administrativen Bereich Einsparungen ermöglichen, die für Kunstprojekte zur Verfügung
  6525. stehen können. Die drei großen Opernhäuser der Stadt stehen
  6526. für die Breite des Angebots, von Operette bis klassische große
  6527. Oper. Auch der zeitgenössischen Oper sollen sie als hoch
  6528. bezuschusste Einrichtungen eine Bühne bieten. Musiktheaterproduktion auf internationalem Niveau ist immer kostenintensiv, aber lohnenswert. Nur mit genug BesucherInnen wird
  6529. Berlin seine Operntradition erhalten und entwickeln können.
  6530.  
  6531. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6532. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6533.  
  6534. 207
  6535.  
  6536. EINE STADT FÜR ALLE.
  6537.  
  6538. Um diese Welt mehr Menschen zugänglich zu machen, fordern
  6539. wir von den beteiligten Häusern der Opernstiftung die Bereitschaft, noch stärker miteinander zu kooperieren, eine deutlichere Öffnung für die Zusammenarbeit mit der freien Szene
  6540. und mehr Investitionen in die kulturelle Bildungsarbeit.
  6541.  
  6542. EINE STADT FÜR ALLE.
  6543.  
  6544. als neuer Standort für den zeitgenössischen Tanz eingeweiht
  6545. werden – dort ist auch das Hochschulübergreifende Zentrum
  6546. Tanz beheimatet. Um dieses Potential auch in vollem Umfang
  6547. ausschöpfen zu können, gilt es jetzt, die Strukturen der freien
  6548. Tanzszene zu stärken und das Netzwerk im nationalen und internationalen Rahmen zu unterstützen.
  6549.  
  6550. Erste Geige
  6551. Willkommen im Club
  6552. Berlin lebt von seiner vielfältigen Club-Szene, in der DJs und
  6553. Bands aus aller Welt auftreten und sich ausprobieren. Hier finden sich zahlreiche Bühnen für lokale Künstlerinnen und Künstler. Hier findet aber auch der internationale Austausch statt, der
  6554. Berlin zur vibrierenden Metropole macht. Räume zu erhalten
  6555. und bei Problemen nach Lösungen zu suchen zählt zu den Aufgaben einer engagierten Kulturpolitik.
  6556.  
  6557. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6558.  
  6559. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6560.  
  6561. Berlins professionelle Orchester und Chöre musizieren in der
  6562. ersten internationalen Liga. Mehr als jede andere Kunstsparte
  6563. sind die Orchester und Chöre Botschafter Berlins in alle Welt.
  6564. Das gilt seit weit über hundert Jahren vor allem für die Berliner
  6565. Philharmoniker.
  6566. Das Konzerthaus muss neben der Orchesterarbeit ein Ort sein,
  6567. in dem die Bandbreite der Berliner Musikszene ein Zuhause findet.
  6568. Wir wollen eine musikalische Vielfalt in der Stadt sichern,
  6569. haben aber den Anspruch, dass sich die Sinfonieorchester mit
  6570. ihren Programmen weiter profilieren und voneinander unterscheidbar machen. Neben den Profiensembles sehen wir unsere Verantwortung aber ebenso für die Vielzahl von hochkarätigen und überaus engagierten semiprofessionellen Ensembles
  6571. sowie Laienchören und -orchestern.
  6572. Wir wollen eine Förderstruktur für Orchester und Chöre etablieren, die es den besten Ensembles Berlins ermöglicht, sich
  6573. mehr auf die künstlerische und kreative Arbeit zu konzentrieren.
  6574.  
  6575. Bilderwelten
  6576. 170 Museen gibt es in Berlin. Die staatlichen Museen als Teil
  6577. der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit ihren großartigen Beständen sind weltberühmt und Anziehungsort für Menschen
  6578. aus der ganzen Welt. Die Landesmuseen, wie die Stiftung
  6579. Stadtmuseum, das Deutsche Technikmuseum oder die Berlinische Galerie, haben eine Menge Entwicklungsmöglichkeiten.
  6580. Sie sollen Orte der Auseinandersetzung mit der Geschichte und
  6581. Kultur der Stadt sein. Dabei werden wir sie unterstützen.
  6582.  
  6583. Berlin tanzt
  6584. Mit dem Staatsballett Berlin, der Company Sasha Waltz &
  6585. Guests und über 200 freischaffenden Tanz-Kompanien und
  6586. Choreografen hat Berlin eine Schatzkiste im Bereich Tanz.
  6587. Die Tanzszene hat sich viele kleine Standorte in der Stadt erobert, die aber nur dann mit Leben gefüllt werden können,
  6588. wenn auch in angemessenem Umfang Produktionsmittel zur
  6589. Verfügung stehen. Jüngst konnten die Uferstudios im Wedding
  6590.  
  6591. 208
  6592.  
  6593. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6594. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6595.  
  6596. Einwanderung als Teil deutscher Geschichte würdigen
  6597. Die Geschichte und Kultur Berlins ist in starkem Maße durch
  6598. Zuwanderung geprägt. Es ist an der Zeit, dies in einem angemessenen Rahmen darzustellen und zu würdigen. Es gilt, die
  6599. vielfältigen Facetten von Migration sowie die daraus resultierende Dynamik und Veränderung unserer Stadtgesellschaft für
  6600. eine breite Öffentlichkeit erlebbar zu machen. Wir werden uns
  6601.  
  6602. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6603. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6604.  
  6605. 209
  6606.  
  6607. deshalb dafür einsetzen, dass die Bedeutung der Migrationsgeschichte für die Entwicklung und Veränderung Berlins bei
  6608. der Stiftung Stadtmuseum als thematischer Schwerpunkt verankert, ein entsprechendes Ausstellungskonzept erarbeitet und
  6609. in den Räumen des Stadtmuseums nachhaltig umgesetzt wird.
  6610.  
  6611. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6612.  
  6613. Den gewerblichen Galerien in Berlin verdanken wir inzwischen
  6614. den Ruf der Stadt als eines Ortes, an dem hervorragende Kunst
  6615. besichtigt und gekauft werden kann.
  6616. Von unschätzbarem Wert sind für die Berliner Kunstszene die
  6617. vielen kleinen und meist ehrenamtlich arbeitenden Projekträume und ProduzentInnengalerien, denen es den Rücken zu stärken gilt und denen Unterstützung bei der weiteren Vernetzung
  6618. mit dem Kunstmarkt angeboten werden soll.
  6619. Berlin ist der europäische Treffpunkt für bildende Künstlerinnen und Künstler, Kuratorinnen und Kuratoren. Für sie ist
  6620. Berlin besonders attraktiv, weil die Produktionsbedingungen
  6621. mit öffentlich geförderten Ateliers und preiswerten Miet- und
  6622. Lebenshaltungskosten im Vergleich zu anderen Metropolen
  6623. immer noch sehr günstig sind. Das soll auch so bleiben.
  6624. Der zeitgenössischen Kunstszene Berlins fehlt ein Ort der
  6625. öffentlichen Präsentation, der Auseinandersetzung und der
  6626. Vermittlung zeitgenössischer Kunst. Wir wollen in enger Zusammenarbeit mit der Berliner Kunstszene und den bestehenden Einrichtungen einen offenen Ort schaffen, von dem aus
  6627. die aktuellen Diskurse der zeitgenössischen Kunst geführt werden können. Dazu bedarf es keines Neubaus, sondern kreativer
  6628. Ideen.
  6629.  
  6630. EINE STADT FÜR ALLE.
  6631.  
  6632. wir künftig stärker auf die Einbeziehung der regionalen Filmund Medienwirtschaft.
  6633. Wir wollen eine zentrale Anlaufstelle für alle Film- und Fernsehschaffenden einrichten, die es insbesondere auch kleineren
  6634. und freien Produktionen ermöglicht, in Berlin auf einem hohen
  6635. Niveau zu arbeiten. Ohne Kinos gibt es keine Filmkultur. Wir
  6636. wollen die Berliner Kinolandschaft durch eine gerechte Förderung stärken.
  6637.  
  6638. Bibliotheken für alle
  6639. Bibliotheken sind oft die ersten kulturellen Einrichtungen, die
  6640. junge Menschen nutzen. Niedrigschwellige und wohnortnahe
  6641. Angebote sind darum auch im Informationszeitalter notwendig. Wir brauchen deshalb bezirksübergreifende Konzepte zur
  6642. qualitativen und quantitativen Ausstattung. Eine bezirksübergreifende, gemeinsame Standortplanung ist ebenso wichtig
  6643. wie die enge Verzahnung zwischen Schulen und Kinder- und
  6644. Jugendbibliotheken.
  6645. Der Zentral- und Landesbibliothek kommt in der Stadt eine
  6646. immer größere Bedeutung zu. Sie ist die größte öffentliche Bibliothek in Berlin. Dieser Bedeutung kann sie heute aufgrund
  6647. der unzureichenden baulichen Situation an den verschiedenen
  6648. Standorten kaum noch gerecht werden. Wir werden in der
  6649. nächsten Legislaturperiode eine Lösung für einen zentralen,
  6650. verkehrsgünstigen und urbanen Standort finden.
  6651.  
  6652. Film ab
  6653.  
  6654. 9.2 Kultur in der Bundeshauptstadt braucht auch die
  6655. Hilfe vom Bund
  6656.  
  6657. Die Film- und Fernsehproduktion in Berlin und Brandenburg ist
  6658. führend in Deutschland. Diese Entwicklung wollen wir mit dem
  6659. Medienboard Berlin-Brandenburg weiter stärken. Dabei achten
  6660.  
  6661. 210
  6662.  
  6663. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6664.  
  6665. EINE STADT FÜR ALLE.
  6666.  
  6667. Nur durch die Hilfe des Bundes konnten in den vergangenen 20
  6668. Jahren viele Kultureinrichtungen vor der Schließung bewahrt
  6669.  
  6670. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6671. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6672.  
  6673. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6674. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6675.  
  6676. 211
  6677.  
  6678. werden. Auch die Förderung durch den Hauptstadtkulturvertrag mit den besonderen Mitteln des Hauptstadtkulturfonds
  6679. für kulturelle Einzelprojekte von überregionaler Bedeutung ist
  6680. nicht mehr wegzudenken. Wir wollen klare Kriterien vereinbaren, welche kulturellen Einrichtungen von gesamtstaatlicher
  6681. Bedeutung der Bund fördert.
  6682.  
  6683. Humboldtforum gestalten
  6684.  
  6685. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6686.  
  6687. Das Gelände des Berliner Schlosses ist ein zentraler Platz mit
  6688. gesamtstaatlicher Bedeutung für die Geschichte Deutschlands.
  6689. Ein Gebäude an diesem Ort beinhaltet hohe symbolische Bedeutung, der sich Berlin im nationalen und internationalen
  6690. Kontext bewusst sein muss. Wir wollen das Humboldtforum
  6691. nicht nur zu einem interkulturellen Dialog nutzen, sondern es
  6692. zu einem Ort von internationaler Ausstrahlungskraft machen,
  6693. an dem über die Globalisierung und ihren Einfluss auf die Kulturen weltweit diskutiert wird.
  6694. Wir wollen diesen Ort im Herzen der Stadt für die Auseinandersetzung mit der Kultur der außereuropäischen Länder nutzen. Wir sehen in der Präsentation der Sammlungen aus den
  6695. Dahlemer Museen einen idealen Beitrag zum Anstoß einer interkulturellen Verständigung über Geschichte, Gegenwart und
  6696. Zukunft unserer Gesellschaft.
  6697. Wir wollen die Idee eines Humboldtforums weiter konkretisieren und eine konzeptionelle Debatte, an der sich die wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen in Berlin sowie die
  6698. Zivilgesellschaft beteiligen.
  6699.  
  6700. 9.3 Schmerzhafte Erinnerung wachhalten
  6701. Berlin ist eine Stadt voller Geschichte, die sichtbare Spuren und
  6702. Narben hinterlassen hat. Wir wollen die Geschichte gerade an
  6703.  
  6704. 212
  6705.  
  6706. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6707. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6708.  
  6709. EINE STADT FÜR ALLE.
  6710.  
  6711. den vielen authentischen Orten erfahrbar machen. Berlin war
  6712. Ausgangspunkt der beiden Weltkriege. Berlin war das politische Zentrum des nationalsozialistischen Terrors. Der historischen Verantwortung wird sich Berlin immer stellen müssen.
  6713. Die spätere Teilung der Stadt war das Synonym für die Teilung
  6714. Europas. In Ost-Berlin, Hauptstadt der DDR, wurde tausenden Bürgerinnen und Bürgern systematisch Unrecht und Leid
  6715. zugefügt. Die Überwindung der Berliner Mauer, die friedliche
  6716. Revolution, war das Ende der Teilung Europas und der Beginn
  6717. eines neuen Berlins.
  6718. Die Geschichte erfahrbar zu machen, ist nicht von Berlin allein zu bewältigen. Der Erhalt und der Ausbau überregional
  6719. bedeutender Gedenkstätten und Erinnerungsorte sind eine
  6720. gesamtstaatliche Verpflichtung von Bund und Ländern. Die
  6721. bestehenden Gedenkstätten müssen kontinuierlich weiterentwickelt und besser miteinander vernetzt werden. Besonders
  6722. unterstützen wollen wir die Bildungsarbeit der Gedenkstätten.
  6723. Als offene, außerschulische Lernorte fördern sie eine aktive
  6724. Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und schärfen unser Bewusstsein für Demokratie und Menschenrechte.
  6725. Die Umsetzung des Konzepts zur Erinnerung an die Berliner
  6726. Mauer mit der Gedenkstätte und Gedenklandschaft an der
  6727. Bernauer Straße und die weitere Entwicklung der Gedenkstätten Hohenschönhausen und Normannenstraße zur Geschichte
  6728. und zu den Verbrechen der Staatssicherheit der DDR müssen
  6729. mit Hilfe des Bundes und der Länder vorangetrieben werden.
  6730. Ein Freiheits- und Einheitsdenkmal, das breite gesellschaftliche
  6731. Anerkennung erlangen soll, braucht vor seiner Entstehung das
  6732. intensive und durchaus auch streitbare öffentliche Abwägen
  6733. über seinen Sinn, seinen Ort, seine Symbolik und Gestaltung.
  6734. Wir wollen den Bund dazu auffordern, zunächst diese Debatte
  6735. zu führen und die Realisierung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals auf der Schlossfreiheit nicht weiter zu verfolgen.
  6736.  
  6737. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6738. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6739.  
  6740. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6741.  
  6742. EINE STADT FÜR ALLE.
  6743.  
  6744. 213
  6745.  
  6746. Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft dauerhaft
  6747. öffnen
  6748.  
  6749. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6750.  
  6751. Die Robert Havemann-Gesellschaft ist inzwischen das Archiv
  6752. der DDR-Oppositionsbewegung und der Friedlichen Revolution von 1989. Wir wollen, dass dieses Archiv endlich einen
  6753. neuen, den Erfordernissen angepassten und für alle Menschen
  6754. zugänglichen Standort erhält. Dazu gehört auch, dass die Inhalte der großartigen Ausstellung zur Friedlichen Revolution,
  6755. die zum 20. Jahrestag auf dem Alexanderplatz mit gut einer
  6756. Million Besucherinnen und Besucher zu sehen war, wieder zugänglich sind.
  6757. Außerdem wollen wir den Blick auch auf die Geschichte Berlins als „Kolonialmetropole“ in der Zeit des deutschen Reiches
  6758. lenken. In der Erinnerungskultur Deutschlands kommt dieses
  6759. Thema so gut wie nicht vor. Wir wollen daher ein gesamtstädtisches Erinnerungskonzept entwickeln, das die „vergessene“
  6760. Geschichte Berlins als Kolonialmetropole für die Öffentlichkeit
  6761. zugänglich macht. Als einen Bestandteil dieses Konzeptes sehen wir die Umbenennung von Straßen. Die Ehrung kolonialer
  6762. Akteure sollte beendet werden, an deren statt könnten beispielsweise Menschen geehrt werden, die sich mit Kolonialismus und seinen Folgen kritisch auseinandergesetzt haben.
  6763.  
  6764. 9.4 Kultur für Kids – Kultur von Kids
  6765. Wir wollen Kultur für alle, von allen und mit allen ins Zentrum
  6766. unserer kulturellen Bildung setzen. Kultur fördert die Potentiale – gerade bei Kindern und Jugendlichen. Damit auch die
  6767. nachwachsende Generation selbstbewusst und aufgeschlossen mit der Palette des Berliner Kulturlebens umgehen kann,
  6768. brauchen wir einen weiteren Ausbau der kulturellen Bildung an
  6769.  
  6770. 214
  6771.  
  6772. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6773. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6774.  
  6775. EINE STADT FÜR ALLE.
  6776.  
  6777. verschiedenen Lernorten, in den Schulen, in der freien Jugendarbeit, in der Kita und in den Kulturinstitutionen.
  6778. Wer selber künstlerisch aktiv sein will, sucht nach geeigneten
  6779. Räumen und Unterstützung in seinem nächsten Umfeld. Berlin
  6780. muss diese Freiräume bieten und schützen, damit Kinder und
  6781. Jugendliche experimentieren und ihre Kunst öffentlich präsentieren können. Musikschulen, Bibliotheken, Jugendkulturzentren und Jugendkunstschulen, die Soziokulturellen Zentren und
  6782. die Kulturinstitutionen in den Bezirken bieten dezentrale und
  6783. niedrigschwellige Angebote, die wir stärken müssen, um junge
  6784. Menschen in ihrem Alltag zu erreichen.
  6785. Gleichzeitig sehen wir die große Vielfalt der professionellen
  6786. Kinder- und Jugendtheater, der Musikensembles, der Zirkuskunst und der Kinder-Museen, die es sehr genau verstehen, ihr
  6787. junges Publikum auf eine fantasievolle und inspirierende Reise
  6788. mitzunehmen und ihm neue Welten zu eröffnen. Genau dieses
  6789. Wachrütteln der Gesellschaft brauchen wir in Berlin, um einen
  6790. respektvollen und toleranten Umgang miteinander zu leben.
  6791.  
  6792. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6793.  
  6794. EINE STADT FÜR ALLE.
  6795.  
  6796. 9.5 Berlin bewegt alle
  6797. Sport verbindet und hält gesund – Jung und Alt, Mann oder
  6798. Frau, gleich welches kulturellen Hintergrundes oder welcher
  6799. sexueller Identität. Wir setzen uns für eine vielfältige Sport-,
  6800. Spiel- und Bewegungskultur ein: beim Radfahren, Schwimmen, Joggen und Fußballspielen. Wir wollen „eine Sportstadt
  6801. für alle“.
  6802. Tausende stehen in Erfolg und Misserfolg hinter den Fußballern von Hertha BSC und vom 1. FC Union, den Eisbären,
  6803. unterstützen die Handball-Füchse und fiebern mit den Basketballern von Alba Berlin oder auch den Wasserballern von
  6804. Spandau 04. Sportliche Großereignisse wie Fußball-WM oder
  6805.  
  6806. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6807. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6808.  
  6809. 215
  6810.  
  6811. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6812.  
  6813. der alljährliche Marathonlauf ziehen viele Millionen Menschen
  6814. in die Stadt. Sport bringt Geld in die Stadt und schafft Arbeitsplätze. Unser „Green Goal“ heißt, dass Sportveranstaltungen
  6815. umwelt- und klimafreundlich durchgeführt werden sollen.
  6816. Dem Breitensport als einem Angebot für alle sollte unser
  6817. Hauptaugenmerk gelten. Ob im Verein oder in Initiativen - wir
  6818. wollen die Sportangebote besonders fördern und unterstützen, die im Kiez und darüber hinaus für alle zugänglich und
  6819. erschwinglich sind.
  6820. Das zuverlässige und breite Berliner Vereinsangebot leistet
  6821. einen wichtigen gesellschaftspolitischen Beitrag zum sozialen
  6822. Zusammenhalt, zur Integration und zum Gesundheitsschutz.
  6823. Sportvereine sind ein Ort der Kinder- und Jugendarbeit, an
  6824. dem soziale Kompetenzen anerzogen, ausgebaut und trainiert
  6825. werden. Teamgeist, der Umgang mit Erfolgen und Misserfolgen und Fairness werden den Jüngsten in den Berliner Sportvereinen nahegebracht. Auch das macht Kooperationen von
  6826. Sportvereinen mit Schulen so wichtig und sinnvoll.
  6827. Sport für alle und mit allen bietet auch die Möglichkeit, Vorurteile abzubauen. Der Appell des Berliner Fußballverbandes
  6828. „Gemeinsam gegen Rassismus“ ist nur ein Beispiel für die vielfältigen couragierten Initiativen des Berliner Sports. Wir werden
  6829. die Initiativen der Verbände und Vereine gemeinsam gegen
  6830. Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Homophobie vorzugehen, ebenso fördern und unterstützen wie Gewaltprävention durch Sozialarbeit in den einzelnen Fanprojekten.
  6831. Auch Spiel- und Bolzplätze sind Bewegungsorte. Gemeinsam
  6832. mit Kindern und Jugendlichen müssen ausreichende Angebote
  6833. im Kiez erhalten und ausgebaut werden. Für die Sanierung von
  6834. Schwimmhallen und Sportplätzen gilt es, öffentliche Mittel zu
  6835. aktivieren wie auch private Mittel zu mobilisieren.
  6836. Die sportlichen Bedürfnisse der Menschen sind im Wandel –
  6837. mehr als 75 Prozent der Berliner Sporttreibenden wollen ihren
  6838.  
  6839. 216
  6840.  
  6841. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6842. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6843.  
  6844. EINE STADT FÜR ALLE.
  6845.  
  6846. Sport nicht im Verein, sondern selbst organisieren. Dies muss
  6847. auch bei der Nutzung und Sanierung von Sportanlagen berücksichtigt werden. Wir wollen die Möglichkeiten erweitern, dass
  6848. BerlinerInnen ihren Sport auch selbst organisiert auf öffentlichen Anlagen treiben können.
  6849. Ein zukunftsfähiges Leitbild im Sport nimmt die Herausforderungen des demografischen Wandels an. Wir wollen alle Teile
  6850. der Gesellschaft einbeziehen, auch weil wir Sport als einen Teil
  6851. des Bildungs- und Gesundheitssystems sehen.
  6852.  
  6853. Wer in Berlin Grün wählt …
  6854.  
  6855. 9. Kreatives und bewegtes Berlin
  6856.  
  6857. EINE STADT FÜR ALLE.
  6858.  
  6859. unterstützt die Berliner Kulturschaffenden in ihrer Vielfalt.
  6860. stimmt für ein gutes kulturelles Angebot für alle in der
  6861. ganzen Stadt.
  6862. stärkt die freie Szene.
  6863. wählt kulturelle Bildung von Kindesbeinen an.
  6864. unterstützt den Breiten- und Spitzensport in Berlin.
  6865.  
  6866. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6867. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6868.  
  6869. 217
  6870.  
  6871. „Berlin ist mehr ein Weltteil als eine Stadt“
  6872. (Jean Paul)
  6873.  
  6874. 10. Weltstadt Berlin
  6875. Die Welt zu Hause in der Stadt
  6876.  
  6877. 10. Weltstadt Berlin
  6878.  
  6879. „Eine Stadt für alle“ bedeutet mehr als nur Hauptstadt zu sein.
  6880. Berlin ist Weltstadt und macht seine Tore für alle weit auf. Als
  6881. weltoffene Metropole ist Berlin ein attraktiver Ort, den Menschen aus allen Teilen der Welt nicht nur als Touristen aufsuchen. Berlin entzündet Fantasien in der ganzen Welt. Viele
  6882. kommen, um hier zu arbeiten, zu studieren und die vielfältigen
  6883. kreativen Räume zu nutzen. Sie wollen hier ihre Ideen verwirklichen und werden damit Teil der Ausstrahlung unserer Stadt.
  6884. Berlin profitiert davon: wirtschaftlich, kulturell und durch die
  6885. Vielfalt seiner Menschen. Menschen aus 170 Ländern leben in
  6886. Berlin und bilden Brücken zu ihren Herkunftsländern. Sie bereichern unsere Stadt durch ihren lebendigen Austausch zwischen
  6887. den Kulturen. Dabei spielt Berlin eine wichtige Rolle als Mittlerin zwischen Ost und West. Berlin muss diese Potentiale besser
  6888. nutzen und auch seiner Verantwortung in Europa und in der
  6889. Welt besser gerecht werden. Deshalb wollen wir uns mehr in
  6890. die Europapolitik einmischen. Wir werden Berlin in Europa und
  6891. Europa in Berlin präsenter machen.
  6892.  
  6893. 10.1 Internationale Verantwortung wahrnehmen
  6894. Wir wollen Berlin stärker als bisher zu einem Ort der internationalen Politik, des wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Berlin
  6895.  
  6896. 218
  6897.  
  6898. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6899. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6900.  
  6901. EINE STADT FÜR ALLE.
  6902.  
  6903. seine internationale Politikfähigkeit demonstriert, indem sich
  6904. die Stadt als Ort internationaler Entscheidungen profiliert. Berlin ist darüber hinaus Ort vielfältiger internationaler Vernetzung
  6905. von zivilgesellschaftlichen Akteuren, von Nichtregierungsorganisationen, Verbänden und Institutionen. Wir wollen, dass
  6906. Berlin eine aktive internationale Rolle spielt und insbesondere
  6907. im Hinblick auf Demokratie- und Freiheitsbewegungen seinen
  6908. Beitrag leistet.
  6909. Der internationale Charakter der Stadt ist aber nicht nur
  6910. Chance, sondern auch Verpflichtung. Unser Handeln in Berlin
  6911. muss sich seiner internationalen Verantwortung bewusst sein.
  6912. Wir leben in „Einer Welt“, in der unsere Wirtschaftsweise und
  6913. unsere Lebensweise gravierende Auswirkungen auf die Länder
  6914. des Südens haben. Deshalb sind fairer Handel und eine nachhaltige öffentliche Beschaffung, die strengen ökologischen
  6915. und sozialen Kriterien genügt, und deren Einhaltung von einer
  6916. unabhängigen Stelle überprüft wird, ebenso Teil der internationalen Beziehungen der Stadt wie eine klima- und ressourcenschonende Verkehrs- und Stadtplanung. Denn unter der
  6917. Verletzung der Prinzipien der Nachhaltigkeit, wie sie auf der
  6918. Konferenz von Rio 1992 formuliert wurden und jetzt weiterentwickelt werden, leiden vor allem die ärmeren Länder. Die Lokale
  6919. Agenda 21, die das Abgeordnetenhaus 2006 beschlossen hat,
  6920. und die den Grundsatz „Global denken – lokal handeln“ für Berlin
  6921. umsetzt, hat bislang keinen Niederschlag in der Politik des Senats
  6922. gefunden.
  6923. Es gilt, die vielfältigen Kontakte in Netzwerken und Städtepartnerschaften aufzuwerten und zu unterstützen. Dazu müssen auch die Landes- und Bezirksebene enger verzahnt werden.
  6924. Es gehört zu den wichtigen Aufgaben der Politik auf Landesebene und in den Bezirken, transnationale Kontakte, Partnerschaften und Netzwerke auf der zivilgesellschaftlichen Ebene
  6925. und der politischen Institutionen anzuregen, zu ermöglichen
  6926.  
  6927. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6928. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6929.  
  6930. 10. Weltstadt Berlin
  6931.  
  6932. EINE STADT FÜR ALLE.
  6933.  
  6934. 219
  6935.  
  6936. 10. Weltstadt Berlin
  6937.  
  6938. und - politisch und finanziell - zu unterstützen. Dies gilt auch
  6939. und gerade für die Städtepartnerschaften und Netzwerke, für
  6940. die Zusammenarbeit mit den Ländern des Südens und für die
  6941. Achtung der Menschenrechte in den Partnerländern.
  6942. Berlin hat mit seiner Landesentwicklungszusammenarbeit
  6943. einen wichtigen Schritt in seiner globalen Verantwortung getan.
  6944. Aber es mangelt an politischer Unterstützung und Umsetzung
  6945. der vielfältigen Versprechungen und Selbstverpflichtungen
  6946. wie der Landesleitlinien zur Entwicklungspolitik, des Beschlusses der Ministerpräsidenten zur Entwicklungszusammenarbeit
  6947. auf Landesebene, des neuen Außenwirtschaftsprogramm des
  6948. Senats, der vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Berliner
  6949. Lokalen Agenda oder des Klimabündnisses.
  6950. Deshalb werden wir neue Initiativen ergreifen, um das
  6951. zivilgesellschaftliche Engagement zu ermutigen und zu fördern.
  6952. Berlin muss sich an dem geplanten Eine-Welt-Promotorenprogramm des Bundes beteiligen und seinen Anteil der KoFinanzierung leisten, damit in Zukunft die Eine-Welt-Arbeit auf
  6953. eine solide und dauerhafte Grundlage gestellt werden kann. Die
  6954. Rahmenvereinbarung zwischen dem Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag und der Bildungsverwaltung zum globalen
  6955. Lernen ist, zum Beispiel durch Pilotprojekte zwischen Schulen
  6956. und Nichtregierungsorganisationen, mit Leben zu füllen.
  6957. Die Etablierung einer Partnerschaft zwischen einem Berliner Bezirk und erstmals auch einer palästinensischen Stadt
  6958. würden wir ausdrücklich begrüßen. Dieses breitgefächerte
  6959. Netzwerk um die ganze Welt stellt eine Chance, aber auch
  6960. eine Verpflichtung für Berlin dar: nämlich immer dann, wenn es
  6961. notwendig ist, auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen.
  6962. Wir möchten, dass auch die internationalen Partner unserer
  6963. Stadt für die Rechte von Lesben, Schwulen und Transgendern,
  6964. von Menschen mit Migrationsgeschichte oder mit Behinderung einstehen. Berlin muss seine Städtepartnerschaften in der
  6965.  
  6966. 220
  6967.  
  6968. Abgeordnetenhauswahl 2011
  6969. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  6970.  
  6971. EINE STADT FÜR ALLE.
  6972.  
  6973. Bevölkerung bekannter machen, damit sie von Berlinerinnen
  6974. und Berlinern wiederbelebt, mitgestaltet und gepflegt werden.
  6975. Berlin muss sich auch mit seiner verdrängten Geschichte als
  6976. Metropole des deutschen Kolonialismus auseinandersetzen
  6977. und ein postkoloniales Erinnerungskonzept für die Stadt entwickeln, das zum Beispiel durch die Umbenennung von Straßen
  6978. die kritische Auseinandersetzung mit Rassismus fördert. Wir
  6979. wollen ein reguläres, standardisiertes Programm zur Neuansiedlung von Flüchtlingen (Resettlement). Berlin als Hauptstadt
  6980. sollte sich ausdrücklich dazu bekennen, regelmäßig Flüchtlinge
  6981. aufzunehmen. Schutzbedürftige, die sich in ausweglosen Situationen befinden, sollen in Berlin eine neue Heimat finden und
  6982. eine Lebensperspektive erhalten. Dafür müssen ihnen alle erforderlichen Hilfen und Unterstützungen gewährt werden.
  6983.  
  6984. Den internationalen Beziehungen einen Ort geben
  6985. Die vielfältigen international aktiven zivilgesellschaftlichen Initiativen in der Stadt brauchen einen gemeinsamen Ort des
  6986. Austauschs und der Zusammenarbeit, d.h. als Adresse für internationale Kontakte. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass
  6987. die seit langem bestehenden Pläne für ein Eine-Welt-Zentrum
  6988. in die Tat umgesetzt werden, das allen zivilgesellschaftlichen
  6989. Initiativen offensteht, die sich für interkulturelle Verständigung
  6990. und globale Entwicklung einsetzen. Wir wollen insbesondere
  6991. Diaspora- und MigrantInnenorganisationen ansprechen. Berlin
  6992. muss die Voraussetzungen dafür schaffen, damit die Nichtregierungsorganisationen in der Stadt, die ein sehr großes Interesse an einem Eine-Welt-Zentrum haben, ihrerseits das Haus
  6993. perspektivisch selber tragen können.
  6994.  
  6995. 10. Weltstadt Berlin
  6996.  
  6997. EINE STADT FÜR ALLE.
  6998.  
  6999. Wir fordern die Einrichtung einer Abschiebebeobachtung am
  7000. neuen Flughafen BBI nach den Vorbildern an den Flughäfen in
  7001. Düsseldorf, Frankfurt a.M. und Hamburg.
  7002.  
  7003. Abgeordnetenhauswahl 2011
  7004. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  7005.  
  7006. 221
  7007.  
  7008. EINE STADT FÜR ALLE.
  7009.  
  7010. EINE STADT FÜR ALLE.
  7011.  
  7012. Im Zuge der europäischen Freizügigkeit reisen häufig Roma
  7013. und Sinti aus dem europäischen Ausland zum kurzzeitigen
  7014. Erwerb des Lebenseinkommens nach Berlin. Viele flüchten
  7015. auch vor Verfolgung und Gewalt in ihren Herkunftsländern.
  7016. Wir unterstützen das gesellschaftliche Engagement gegen die
  7017. Diskriminierung von Roma und Sinti (Antiziganismus), um die
  7018. humanitäre und menschenrechtliche Situation der Roma in
  7019. Berlin, im Bund und in ganz Europa zu verbessern.
  7020.  
  7021. von internationalen Netzwerken fördern und unterstützen,
  7022. anstatt sich nur auf dem internationalen Parkett mit deren Erfolgen zu brüsten und auf deren Kosten Werbung zu machen.
  7023. Wir wollen international aktiv kooperieren und uns gegenseitig
  7024. inspirieren, so z.B. im Bereich Elektromobilität zusammen mit
  7025. unserer Partnerstadt Los Angeles.
  7026.  
  7027. 10.2 Berlin in der internationalen Wirtschaft
  7028.  
  7029. Die Europäische Union spielt für Berlin eine große Rolle - für
  7030. die Bürgerinnen und Bürger bleibt ihr Einfluss jedoch meist abstrakt oder unsichtbar. Begeisterung für Europa kann nur durch
  7031. Information und Beteiligung entstehen. Die Berlinerinnen und
  7032. Berliner sollen in Zukunft besser über Entscheidungen, die auf
  7033. europäischer Ebene getroffen werden, informiert und in die
  7034. Positionierung des Landes einbezogen werden. Berlin braucht
  7035. endlich eine umfassende europapolitische Strategie! Sie soll
  7036. dazu dienen, Öffentlichkeit für Europapolitik zu schaffen und
  7037. Berliner Ziele innerhalb Europa stringenter zu vertreten.
  7038.  
  7039. Netze bilden
  7040. Berlin steht zwar mit anderen Weltstädten im Wettbewerb um
  7041. Ideen, Kreativität und politischen Einfluss - kann aber auch aus
  7042. Kooperationen viel Nutzen ziehen. Berlin ist bereits in Netzwerken wie Eurocities, dem Metropolennetzwerk sowie der Gipfelkonferenz der Weltmetropolen und deren Projekten beteiligt.
  7043. Dieses Engagement wollen wir verstärken und besser auf die
  7044. spezifischen Berliner Ziele ausrichten. Gerade in den Bereichen
  7045. “Green Economy” und “Kreativwirtschaft” müssen Senat und
  7046. Verwaltungen die Unternehmen zielgerichtet durch Ausbau
  7047.  
  7048. 222
  7049.  
  7050. Abgeordnetenhauswahl 2011
  7051. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  7052.  
  7053. 10. Weltstadt Berlin
  7054.  
  7055. 10. Weltstadt Berlin
  7056.  
  7057. Der internationale Wirtschaftsstandort Berlin lebt vom toleranten Klima in der Stadt und der Kreativität seiner Akteure.
  7058. Wer nach Berlin kommt, ist darauf angewiesen, schnell integriert zu werden. Der Maßstab der Neu-BerlinerInnen an das
  7059. gesellschaftliche Klima in der Stadt ist der Umgang der Mehrheit mit Minderheiten. Es kommt also darauf an, die Verschiedenartigkeit der Menschen, ihre unterschiedlichen Lebensstile,
  7060. Religionen, Ethnien als Chance für mehr Kreativität zu nutzen.
  7061. Somit ist Berlins gesellschaftliches Klima ein Teil globaler Wirtschaftspolitik.
  7062.  
  7063. 10.3 Berlin – eine europäische Stadt für alle
  7064.  
  7065. Europa sichtbarer und lebendiger machen
  7066. Europa ist in Berlin schon überall. So spielen zum Beispiel europäische Fördergelder eine große Rolle in Berlin. Die EU finanziert Stadtteilprojekte, arbeitsmarkt- und umweltpolitische Programme, oder Infrastruktur. Für die Berlinerinnen und Berliner
  7067. ist dies aber kaum transparent, denn Anträge auf Fördermittel
  7068. laufen hauptsächlich über Landesbehörden, die scheinbar reine
  7069. Landesprogramme durchführen.
  7070. Auch der Einfluss von europäischem Recht auf die Berliner
  7071. Politik bleibt oftmals für die Öffentlichkeit im Dunkeln. Wir
  7072. wollen deshalb die europäische Öffentlichkeitsarbeit ausbauen
  7073.  
  7074. Abgeordnetenhauswahl 2011
  7075. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  7076.  
  7077. 223
  7078.  
  7079. und gemeinsam mit den Bezirken, der Wissenschaft und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) das Europabewusstsein stärken. Außerdem brauchen wir eine zentrale Anlaufstelle für die
  7080. Beratung in EU-Angelegenheiten.
  7081.  
  7082. Europa muss lebendiger werden
  7083. Berlinerinnen und Berlinern sollen die Möglichkeit haben, europäische Politik und Projekte in Berlin und mit Berlin mitzugestalten. Deshalb wollen wir zum Beispiel die europäische
  7084. Jugendarbeit besser unterstützen und die Schulen motivieren,
  7085. europaweite Austauschmöglichkeiten stärker zu nutzen.
  7086.  
  7087. 10.4 Europa in Berlin
  7088.  
  7089. 10. Weltstadt Berlin
  7090.  
  7091. In seiner Anziehungskraft und seinem internationalen Profil
  7092. stellt sich Berlin heute als Gegenentwurf zu jener Stadt dar, von
  7093. der zwei Weltkriege ausgingen und die im Nachkriegseuropa
  7094. das Symbol der Blockkonfrontation und des Kalten Krieges war.
  7095. Berlin liegt heute geografisch und politisch im Herzen der Europäischen Union. Was weit über die Stadtgrenzen hinaus zu
  7096. spüren ist, scheint an der Berliner Politik ungehört vorbei zu
  7097. gehen. Dabei ist eine engagierte Vertretung Berliner Interessen
  7098. in Brüssel notwendig, um die Entscheidungsprozesse zu verfolgen, mitzugestalten und eigene Themen auf der richtigen
  7099. europäischen Ebene einzubringen. Eine leistungsfähige Landesvertretung in Brüssel kann auch helfen, europäische Förderprogramme besser als bisher zu nutzen.
  7100. Die mittel- und osteuropäischen Länder bilden für die internationalen Beziehungen Berlins einen Schwerpunkt, denn mit
  7101. ihnen verbinden uns nicht nur gemeinsame und leidvolle Erfahrungen, sondern aufgrund der Nachbarschaft auch gemeinsame Interessen.
  7102.  
  7103. 224
  7104.  
  7105. Abgeordnetenhauswahl 2011
  7106. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  7107.  
  7108. EINE STADT FÜR ALLE.
  7109.  
  7110. Schienenanbindung an Mittel- und Osteuropa verbessern
  7111. Auf der Schiene spürt man von Berlins Nähe zu Mittel- und Osteuropa nur wenig. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden
  7112. viele Straßenprojekte umgesetzt, die Anbindung auf der Schiene
  7113. lässt jedoch nach wie vor zu wünschen übrig. Ein Beispiel
  7114. dafür ist die Verbindung Berlin-Wrocław (Breslau): Heute
  7115. beträgt die Fahrzeit fast sechs Stunden und es gibt nur eine
  7116. direkte Verbindung pro Tag. Vor 75 Jahren brauchte man für die
  7117. gleiche Strecke nur 2 Stunden 34 Minuten! Bei vielen anderen
  7118. Strecken verhält es sich ähnlich. Besonders der zügige Ausbau der Bahnstrecken Berlin-Szczecin und Berlin-Wrocław ist
  7119. dringend notwendig. Die gemeinsame Bestellung eines grenzüberschreitenden Regionalverkehrs durch Berlin, Brandenburg,
  7120. Westpommern und Lebus sowie ein qualitativ und quantitativ
  7121. hochwertiges Angebot im Fernverkehr sollen jedem eine umweltschonende grenzüberschreitende Mobilität ermöglichen.
  7122. Nur wenn ausreichende Kapazitäten im Schienengüterverkehr
  7123. vorhanden sind, kann verhindert werden, dass die verstärkte
  7124. wirtschaftliche Zusammenarbeit zu Lasten von Menschen und
  7125. Umwelt geht.
  7126. Berlin muss seine Schienenanbindung auch an andere europäische Metropolen verbessern. Der Ostsee-Adria Korridor nimmt
  7127. dabei eine wichtige Stellung ein. Er führt von Skandinavien bis
  7128. zum Mittelmeer und kann Berlin Impulse für die wirtschaftliche
  7129. Entwicklung geben. Vor allem im Bereich des Schienengüterverkehrs bleibt noch viel zu tun, damit der internationale Wirtschaftsverkehr umweltfreundlich abgewickelt werden kann!
  7130.  
  7131. 10. Weltstadt Berlin
  7132.  
  7133. EINE STADT FÜR ALLE.
  7134.  
  7135. Kooperation mit Polen verstärken
  7136. Berlin ist ein Tor nach Mittel- und Osteuropa! Polen ist nur eine
  7137. knappe Stunde entfernt. Mit der Oderpartnerschaft soll eine
  7138. engere Zusammenarbeit der grenznahen Bundesländer Brandenburg, Berlin, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf
  7139.  
  7140. Abgeordnetenhauswahl 2011
  7141. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  7142.  
  7143. 225
  7144.  
  7145. der deutschen Seite und den Wojewodschaften Lebus, Westpommern, Niederschlesien und Großpolen auf der polnischen
  7146. Seite erreicht werden. Die Region links und rechts der Oder
  7147. soll mit Hilfe von Projekten im Bereich Wirtschaft, Tourismus,
  7148. Verkehr, Kultur und Zivilgesellschaft enger zusammenwachsen.
  7149. Wir wollen der Oderpartnerschaft eine höhere Priorität einräumen, um die Wirtschaft grenzüberschreitend zu fördern.
  7150. Berlin ist zwar an zahlreichen Aktivitäten der Ostseestrategie
  7151. beteiligt, hat aber bisher im Gegensatz zu anderen deutschen
  7152. Regionen keine Eigeninitiative gezeigt. Das sollte sich ändern!
  7153. Berlin hat nicht nur viel zu bieten, sondern kann auch erheblich
  7154. von Kooperationen profitieren - sei es zur Netzwerkschaffung
  7155. für die Kreativwirtschaft, Austausch zu Stadtmobilität oder im
  7156. Bereich der Bildung.
  7157.  
  7158. 10. Weltstadt Berlin
  7159.  
  7160. 10.5 Berlin in Europa – Mittlerin zwischen Ost und
  7161. West
  7162. Die Auswirkungen der Entscheidungen und Beschlüsse der EU
  7163. gewinnen einen immer größeren Einfluss auf die regionale Politik - auch in Berlin. Europapolitik ist längst auch ein Teil der
  7164. Innenpolitik geworden und muss auch als solcher verstanden
  7165. und betrieben werden. Es darf nicht sein, dass der Senat die
  7166. Europapolitik immer erst dann entdeckt, wenn europäische
  7167. Richtlinien auf Landesebene umgesetzt werden müssen. Wir
  7168. müssen die neuen Kompetenzen, die die Länder durch den Vertrag von Lissabon erhalten haben, nutzen, um Berlins Stimme
  7169. in Brüssel hörbar zu machen! Wir wollen dazu beitragen, dass
  7170. Europa ökologischer und sozialer wird. Deshalb soll sich das
  7171. Abgeordnetenhaus frühzeitig mit Vorhaben der europäischen
  7172. Ebene beschäftigen. Wir wollen, dass das Parlament genauso
  7173. informiert wird wie der Senat. Der Berliner Senat berücksichtigt
  7174.  
  7175. 226
  7176.  
  7177. Abgeordnetenhauswahl 2011
  7178. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  7179.  
  7180. EINE STADT FÜR ALLE.
  7181.  
  7182. bei der Mitwirkung im Bundesrat, insbesondere bei Angelegenheiten der Europäischen Union, Stellungnahmen des Abgeordnetenhauses. Dafür soll ein eigenständiger Europaausschuss
  7183. einrichtet werden.
  7184. Die Europäisierung vieler Politikfelder hat Auswirkungen für
  7185. die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen. Sie
  7186. brauchen fortgesetzte Weiterbildungen um Kenntnisse der Institutionen der EU, der Entscheidungsprozesse in Europa und
  7187. des europäischen Rechts zu erlangen und zu vertiefen. Berlin
  7188. braucht Verwaltungen, in denen Europa ein selbstverständlicher
  7189. Teil des Denken und Handelns bei allen MitarbeiterInnen ist.
  7190. Wir wollen MitarbeiterInnen motivieren, Erfahrungen in Brüssel
  7191. zu sammeln und vor Ort die Europakompetenz zu erwerben, sei
  7192. es bei der EU-Kommission oder der Landesvertretung.
  7193.  
  7194. Fördermittel besser nutzen
  7195. In Europa wird derzeit die Zukunft der zwei Strukturfonds Programmlinien und Budgets - verhandelt. Es ist wahrscheinlich, dass Berlin ab 2014 eher weniger europäische Mittel
  7196. erhalten wird. Daher ist es umso wichtiger, dass sich Berlin
  7197. dafür einsetzt, dass seine ökologischen und sozialen Ziele für
  7198. die Mittelvergabe eine große Rolle spielen.
  7199.  
  7200. 10. Weltstadt Berlin
  7201.  
  7202. EINE STADT FÜR ALLE.
  7203.  
  7204. Die europäischen Fördermittel spielen in der Landespolitik eine
  7205. große Rolle. Die wichtigsten sind der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und der europäische Sozialfonds
  7206. (ESF). Insgesamt kann Berlin in der aktuellen Förderperiode
  7207. 2008-2013 über 875 Millionen Euro EFRE-Mittel verfügen.
  7208. In fast allen Förderprogrammen des Landes sind EFRE-Gelder
  7209. enthalten. Bisher werden diese Gelder noch nicht optimal ausgegeben. Der Senat ließ in der letzten Förderperiode sogar
  7210. einen Teil der Mittel ungenutzt verfallen! Wir wollen die Förderschwerpunkte neu setzen. Wir legen die Schwerpunkte auf
  7211.  
  7212. Abgeordnetenhauswahl 2011
  7213. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  7214.  
  7215. 227
  7216.  
  7217. EINE STADT FÜR ALLE.
  7218.  
  7219. die Green Economy, auf die energetische Sanierung, auf neue
  7220. Formen der Stadtmobilität, auf Kreativwirtschaft und Dienstleistungen.
  7221. Der Einsatz der EFRE-Mittel muss in Zukunft klaren strategischen Zielen folgen und stärker an ihren Wirkungen gemessen
  7222. werden. Um dies zu erreichen, sind weit reichende Reformen
  7223. der Verwaltung nötig.
  7224. Ein Großteil der sozialpolitischen Projekte in Berlin ist nur
  7225. durch die Gelder des Europäischen Sozialfonds (ESF) möglich. Ohne den Europäischen Sozialfonds gäbe es kein arbeitsmarktpolitisches Programm. Mit dem Europäischen Sozialfonds
  7226. wollen wir die Ziele des Green New Deal unterstützen und beispielsweise ArbeitnehmerInnen für „grüne” Jobs qualifizieren.
  7227.  
  7228. EINE STADT FÜR ALLE.
  7229.  
  7230. Wer in Berlin Grün wählt ...
  7231.  
  7232.  
  7233. stärkt Berlin als Stadt internationaler Kooperation und
  7234. Entscheidungen mit globaler Verantwortung.
  7235. fördert die internationale wirtschaftliche Vernetzung der
  7236. Stadt und sorgt für eine größere Sichtbarkeit und
  7237. Transparenz Europas in Berlin
  7238. stimmt für eine bessere Vernetzung Berlins mit seinen
  7239. europäischen Nachbarregionen.
  7240. stimmt für eine stärkere Stimme in Europa.
  7241.  
  7242. 10. Weltstadt Berlin
  7243.  
  7244. 10. Weltstadt Berlin
  7245.  
  7246. Wir wollen das europarechtlich vorgegebene Partnerschaftsprinzip für die Auswahl der Projekte ernst nehmen und
  7247. den sog. Begleitausschuss beleben. Die Kontrolle bei der Umsetzung der ESF-und EFRE-Programme durch Wirtschafts-,
  7248. Umwelt- und Sozialpartner funktioniert in Berlin nicht. Wir
  7249. werden diese Kontrolle demokratischer und transparenter gestalten und für eine bessere Beteiligung sorgen.
  7250.  
  7251. Arbeitsmarktöffnung: Vorteile nutzen - Nachteile
  7252. verhindern
  7253. Wir begrüßen die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für
  7254. Europäer und Europäerinnen aus Mittel- und Osteuropa. Berlin
  7255. braucht auch aufgrund des demographischen Wandels-qualifizierte ArbeitnehmerInnen. Deshalb fassen wir die Arbeitsmarktöffnung für Berlin als große Chance auf. Wir wollen sie aktiv
  7256. gestalten und einen besseren Austausch mit den Arbeitsmarktagenturen aus diesen Ländern fördern. Gleichzeitig darf der
  7257. Wegfall der Grenzen für Arbeitnehmer nicht dazu führen, dass
  7258. Arbeitskräfte zu Dumpinglöhnen angeboten werden. Hier hilft
  7259. nur ein branchenübergreifender, flächendeckender Mindestlohn.
  7260.  
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